Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.02.2010, Az. VII R 9/08

7. Senat | REWIS RS 2010, 9065

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

(Unterbrechung der Zahlungsverjährung durch Schriftsatz des HZA im AdV-Verfahren - Außenwirkung der Maßnahme i.S.d. § 231 Abs. 1 Satz 1 AO - Streitgegenstand im steuergerichtlichen Verfahren - Anwendung eines Drittlandszollsatzes auf Einfuhren von Bananen)


Leitsatz

Teilt das HZA im AdV-Verfahren mit, von der Vollstreckung des "angefochtenen Verwaltungsakts" bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens absehen zu wollen, unterbricht dies die Zahlungsverjährung im Allgemeinen auch insoweit, als ein Teilbetrag der festgesetzten Abgabe von vornherein außer Streit war .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) hat im August 1995 Bananen aus [[[X.].].] eingeführt und die dafür zu entrichtenden Einfuhrabgaben unter Zugrundelegung eines Zollsatzes von 75 ECU/t berechnet, der nach Maßgabe der Verordnung ([[[X.].].]) Nr. 404/93 ([[[X.].].]) des Rates vom 13. Februar 1993 über die gemeinsame Marktorganisation für Bananen ([[[X.].].], damals anzuwenden in der Fassung der Änderungsverordnungen ([[[X.].].]) Nr. 3518/93, ABl[[[X.].].] Nr. L 320/15, und Nr. 3290/94, ABl[[[X.].].] Nr. L 349/105) im Rahmen eines [[[X.].].] bei Erteilung einer Einfuhrlizenz anzuwenden war, welche die Klägerin jedoch nicht besaß. Das Hauptzollamt [[X.].] hat deshalb in der Ansicht, es sei der Drittlandszollsatz von 822 ECU/t anzuwenden, die Einfuhrabgaben auf rund 2.550.000 DM durch den in diesem Verfahren angefochtenen Bescheid vom September 1995 festgesetzt.

2

Hiergegen richtet sich die Klage, die das [[X.].] ([[X.].]) abgewiesen hat. Es urteilte, der Bescheid finde in Art. 18 [[[X.].].] seine Rechtsgrundlage. Die Vorschrift sei zwar mit dem Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen ([[[X.].].]) nicht vereinbar. Darauf könne sich die Klägerin jedoch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [[X.].] ([[X.].]) nicht berufen. Um einen ausbrechenden Rechtsakt, bei dem Art. 18 [[[X.].].] nach der Rechtsprechung des [[X.].] ([[X.].]) aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht angewandt werden dürfe, handele es sich nicht; denn die [[X.].] habe in vorgenannter Vorschrift ihre sachliche Kompetenz nicht überschritten. Ein allgemeiner Prüfungsvorbehalt des [[X.].] hinsichtlich der Rechtmäßigkeit von [[X.].]srecht und seiner Vereinbarkeit mit den Grundrechten bestehe nicht.

3

Die bezüglich anderer Einfuhrpartien zuvor zugunsten der Klägerin ergangenen einstweiligen Anordnungen, durch die das Hauptzollamt [[X.].] zur Abfertigung von Bananen aus [[[X.].].] nach Maßgabe des [X.] verpflichtet worden war, die jedoch vom erkennenden Senat durch Beschluss vom 22. August 1995 [X.]/95 u.a. ([X.], 15) aufgehoben worden sind, begründeten keinen Vertrauensschutzanspruch der Klägerin. Es sei auch keine Zahlungsverjährung hinsichtlich des [X.] eingetreten, der ungeachtet vorgenannter Anordnung des [[X.].] geschuldet war; denn die Verjährungsfrist sei dadurch unterbrochen worden, dass der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --[X.]--) der Klägerin mit Schriftsatz vom April 1998 in dem wegen Aussetzung der Vollziehung (AdV) des angefochtenen Bescheids anhängig gewesenen Verfahren [X.] bekanntgegeben habe, dass vor Bestandskraft des Bescheids keine Zahlung gefordert werde.

4

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin, zu deren Begründung im Wesentlichen vorgetragen wird:

5

Nach Art. 300 Abs. 7 des Vertrags zur Gründung der [X.]n [[X.].] ([[[X.].].]) seien von der [[X.].] geschlossene Abkommen wie das [[[X.].].] 1994 für die Organe der [[X.].] und die Mitgliedstaaten verbindlich. Unabhängig von der Frage, ob das [[[X.].].] 1994 subjektive Berechtigungen auslöse, sei es also integraler Bestandteil des [[X.].]srechts, sodass die [[X.].]sgerichte es unmittelbar zur Prüfung der Rechtmäßigkeit von [[X.].]shandlungen auch dann heranziehen müssten, wenn das gemeinschaftliche [X.] mit dem Primärrecht der [[X.].] vereinbar ist.

6

Das bei Streitigkeiten über die Anwendung des [[[X.].].] 1994 berufene [X.] ([X.]) der [X.] ([X.]) habe in Sachen [[[X.].].] ./. [X.] [[X.].] am 25. September 1997 eine Entscheidung getroffen (vgl. [X.] Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 1997, 722), aus der sich aber auch die Unvereinbarkeit des [X.]s mit dem Primärrecht ergebe, weil alle Akten des [X.]s an den völkerrechtlichen Grundsatz von Treu und Glauben sowie an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebunden seien, welche die [[X.].] mit der Bananenmarktordnung verletzt habe.

7

Überdies habe die gemeinschaftsrechtliche Einfuhrregelung für Bananen eine Verpflichtung der [[X.].] umsetzen sollen, die diese im Rahmen der [X.] übernommen habe. Die in der Entscheidung des [X.] vom 25. September 1997 festgestellte Unvereinbarkeit der damaligen Bananenmarktordnung mit den [X.]-Regeln sei jedoch durch die Nachfolgeregelungen nicht behoben worden.

8

Ferner sei auch der Gesichtspunkt der [[X.].]streue nach Art. 10 [[[X.].].] zu berücksichtigen, der nicht nur im Verhältnis der Mitgliedstaaten zur [[X.].], sondern auch umgekehrt gelte; wenn die [[X.].] im [X.]-Streitbeilegungsverfahren endgültig unterliege und die Umsetzungsfrist für die dort getroffene Entscheidung abgelaufen sei, müsse der [[X.].] Welthandelsrecht als Maßstab des [X.]s anerkennen.

9

Der [[X.].] könne nach den neuen Entscheidungen des [X.] nicht an seiner Rechtsprechung festhalten, dass das [X.]-Recht innerhalb der [[X.].] keine unmittelbare Wirkung in dem Sinne habe, dass der einzelne Marktbürger sich auf dieses berufen könne, wenn er die Rechtswidrigkeit von [[X.].]shandlungen geltend machen wolle. Denn es stehe fest, dass die [[X.].] fortwährend und nachhaltig gegen das [X.]-Recht und damit gegen den völkerrechtlichen Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen habe.

Der [[X.].] könne auch nicht an der Auffassung festhalten, dass das [[X.].]srecht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspreche.

Die früheren Vorbehalte des [[X.].] gegenüber dem [[[X.].].] 1947 seien infolge dessen Verrechtlichung nicht mehr durchgreifend; aus ihnen lasse sich eine Ablehnung der unmittelbaren Anwendbarkeit des [[[X.].].] 1994 nicht rechtfertigen. Auch die vom [[X.].] angeführten prozessualen Spielräume, die auch nach der Verrechtlichung weiterhin bestünden, seien kein Argument, welches gegen die unmittelbare Anwendbarkeit des [[[X.].].] 1994 spreche. Vor allem aber sei dies keine Rechtfertigung für die Nichteinhaltung des Grundsatzes, dass eine völkerrechtliche Verpflichtung zur Rücknahme vertragswidriger Maßnahmen im [X.]-Recht existiere, an welchen die [[X.].] und die vollziehenden Mitgliedstaaten gebunden seien. Daher sei die bisherige Rechtsprechung des [[X.].] dahin zu korrigieren, dass eine unmittelbare Wirkung von [X.]-Recht für den einzelnen Marktteilnehmer auch dann anzunehmen sei, wenn die [[X.].] ihre [X.]sakte nicht ausdrücklich auf das [X.]-Recht stütze, aber die [X.]-Widrigkeit durch eine gerichtsförmige [X.]-Entscheidung völkerrechtlich verbindlich festgestellt sei.

Die Revision beruft sich ferner auf die Urteile des Gerichts erster Instanz der [[X.].] vom 21. September 2005 [X.]/01 --Yusuf-- (Slg. 2005, [X.]) und [X.]/01 --Kadi-- (Slg. 2005, [X.], [X.] Grundrechte Zeitschrift 2005, 592), in denen das Gericht den Vorrang des [X.] vor [X.] anerkannt habe. Gleiches müsse für Verpflichtungen der Mitgliedstaaten gegenüber der [X.] gelten. Wenn ein Beschluss des Sicherheitsrats Anwendungsvorrang vor [X.] habe und eine diesbezügliche Prüfungskompetenz des [[X.].]sgerichts verworfen werde, müsse dies auch für ein bindendes völkerrechtliches Urteil im [X.]-Verfahren gelten.

Der [[X.].] habe in seiner bisherigen Rechtsprechung zum [X.]-Recht übersehen, dass dieses zwar auf Zwangsmittel gegenüber den Vertragsstaaten verzichte, die Verpflichtungen der in einem Streitbeilegungsverfahren unterlegenen [X.] aber quasi vollstreckungsreif sind. Das [X.]-Recht sei dann unmittelbar anzuwenden, wenn der [[X.].] im [X.]-Prozess keine Handlungsalternativen mehr verblieben. Dieser Fall sei bei der Bananenmarktordnung eingetreten. Durch die Aufhebung der Bananenmarktordnung zum 31. Dezember 2005 habe die [[X.].] allerdings eine einvernehmliche Lösung auf [[[X.].].] unmöglich gemacht; sie dürfe jedoch aus als völkerrechtswidrig festgestellten Regelungen keine Rechte wie Zollforderungen herleiten.

Schließlich macht die Revision in diesem Zusammenhang geltend, die zu der Frage der Berufungsfähigkeit des [X.]-Rechts vorlie-gende Rechtsprechung des [[X.].] habe noch nicht die hier zu entscheidende Frage behandelt, ob [X.]-Recht bzw. [X.]-Entschei-dungen dann unmittelbar anwendbar seien, wenn die ihnen entgegenstehenden [[X.].]srechtsakte außer [[[X.].].] getreten seien. Deshalb müsse dem [[X.].] folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt werden:

"Ist Art. 300 Abs. 7 [[[X.].].]V so auszulegen, dass Natur und Struktur der [X.]-Abkommen sowie der Grundsatz der Gegenseitigkeit auch dann einer Überprüfung von [[[X.].].]-[X.] entgegenstehen, wenn dieses außer [[[X.].].] getreten ist und gegen völkerrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat, nationale Verwaltungsakte aber noch darauf gestützt und durchgesetzt werden sollen?"

Die Revision ist des Weiteren der Auffassung, dass ein ausbrechender Rechtsakt im Sinne der Rechtsprechung des [[X.].] vorliege, wenn der [[X.].] eine unmittelbare Anwendung des [X.]-Rechts verneine bzw. an seiner diesbezüglichen Haltung festhalten sollte. Da der [[X.].] eine unmittelbare Anwendung des [X.]-Rechts bejahe, wenn die [[X.].] dieses Recht ausdrücklich umsetzen wolle, müsse ein ausbrechender Rechtsakt dann angenommen werden, wenn sich die [[X.].] einer völkerrechtlichen Verpflichtung entziehe, weil sie eine solche Umsetzung gerade nicht beabsichtige. Der Begriff "ausbrechender Rechtsakt" sei nicht auf die Überschreitung der sachlichen Kompetenz eines Hoheitsträgers zu beschränken, sondern dahingehend zu erweitern, dass die bewusste und nachhaltige Nichtanerkennung zwingender Beschlüsse des [X.] durch den [[X.].] einen solchen Rechtsakt darstelle.

Außerdem werde das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz vom [[X.].] durch Missachtung des Völkerrechts versagt, weil die Rechtsprechung des [[X.].] weder den Mitgliedstaaten noch den [X.] eine Berufung auf einen [[[X.].].]-Verstoß erlaube und das Recht auf effektiven Rechtsschutz generell vereitele, indem verbindliches und höherrangiges Völkerrecht nachhaltig missachtet werde. Wenn das [[X.].] in seinem Beschluss vom 7. Juni 2000  2 BvL 1/97 ([[X.].]E 102, 147) einen ausbrechenden Rechtsakt durch die Bananenmarktordnung verneint habe, so betreffe dies nur das Verhältnis der Grundrechte der Art. 3, 12 und 14 des Grundgesetzes zum [[X.].]srecht, dem durch die vom [[X.].] für erforderlich gehaltene Härtefallregelung zumindest annähernd entsprochen werden solle. Dies umfasse aber nicht den Rechtsschutz bezüglich der Weigerung des [[X.].], dafür Sorge zu tragen, dass völkerrechtswidriges [[X.].]srecht nicht umgesetzt werde. Da das [X.]-Recht nur den Mitgliedstaaten die Möglichkeit biete, gegen Vertragsverletzungen zu klagen, könne der Individualrechtsschutz natürlicher und juristischer Personen nur von den mitgliedstaatlichen Gerichten und dem [[X.].] gewährt werden. Komme aber der [[X.].] seiner in diesem Rahmen bestehenden Pflicht nicht nach, liege ein ausbrechender Rechtsakt vor. Die Missachtung der Verbindlichkeit von Völkerrecht durch den [[X.].] beinhalte eine unzulässige Erweiterung der durch den [[[X.].].]-Vertrag begründeten Kompetenzen der [[X.].]. Daher sei insoweit die Prüfungskompetenz beim [[X.].] verblieben.

Im Übrigen sei die Verpflichtung [X.] Gerichte, Völkerrecht anzuwenden, nach der Rechtsprechung des [[X.].] anerkannt; es spreche nichts dagegen, diese Verpflichtung auch auf das [X.]-Recht zu übertragen. Die [[X.].] dürfe die Mitgliedstaaten nicht an der Erfüllung ihrer völkerrechtlichen Verpflichtungen hindern, wie es die [[X.].]-Rechtsprechung bewirke.

Ferner liege ein ausbrechender Rechtsakt auch deshalb vor, weil der [[X.].] sonst die Anwendbarkeit völkerrechtlicher Entscheidungen bejahe und dies nur im Bereich der [X.] ablehne.

Das vom [[X.].] verwandte Argument der Reziprozität, dass nämlich auch andere Vertragsstaaten eine unmittelbare innerstaatliche Geltung des [X.]-Rechts ablehnten, rechtfertige nicht den Ausschluss von Rechtsschutzmöglichkeiten. Die [X.] müsse als Vertragspartner der [X.] die Möglichkeit der Anwendung von [X.]-Recht haben und dürfe nicht durch die Rechtsprechung des [[X.].] zu einem Verstoß gegen ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen gezwungen werden.

Die Klägerin sieht schließlich den Grundsatz des Vertrauensschutzes deshalb verletzt, weil sie nicht nur nach dem Beschluss des erkennenden Senats vom 9. Januar 1996 [X.]/95 ([X.], 501) von der Unanwendbarkeit der [[[X.].].], sondern vor allem nach dem Beitritt der [[X.].] zum [[[X.].].] 1994 davon habe ausgehen können, dass die [[X.].] völkerrechtswidriges [[X.].]srecht baldmöglich außer [[[X.].].] setzen werde.

Im Übrigen handele es sich im Streitfall um eine (unzulässige) Nacherhebung i.S. des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 des Zollkodex ([X.]). Denn das [X.] habe die [X.], die den Hinweis auf die nach Maßgabe des [X.] geschuldeten Einfuhrabgaben enthalten hätten, zunächst angenommen und dadurch eine buchmäßige Erfassung der Einfuhrabgaben vorgenommen.

Die Nacherhebung der Differenz zwischen dem Kontingentszoll und dem [X.] sei aber auch deshalb unzulässig, weil die Zwei-Tages-Frist des Art. 220 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht eingehalten worden sei, was der erkennende Senat in dem Urteil vom 23. März 1999 [X.] ([X.], 164, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 1999, 271) zu Unrecht als für den [X.] nicht rechtsbegründend angesehen habe.

Zudem sei die Nacherhebung nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 [X.] unzulässig. Das [X.] sei bei der zunächst erfolgten Anwendung des [X.] einem Irrtum nicht nur unterlegen, sondern habe ihn aktiv begangen; es habe von dem Fehlen der Einfuhrlizenzen und der daraus gesetzlich folgenden Anwendung des Drittlandszollsatzes gewusst. Die vom [[X.].] erlassenen einstweiligen Anordnungen hätten das [X.] nicht gehindert, die Einfuhrabgaben nach Maßgabe des Drittlandszollsatzes von Anfang an buchmäßig zu erfassen; denn sie hätten ihm nur untersagt, [X.] zu erheben. Die Klägerin habe den Irrtum des [X.] auch nicht erkennen können; die Rechtslage sei schwierig gewesen und die Klägerin habe zur Vermeidung eines Irrtums nicht mehr Anstrengungen unternehmen müssen als das [[X.].], das immerhin erhebliche Zweifel an der Anwendbarkeit des Drittlandszollsatzes gehabt habe. Das Gleiche gelte im Hinblick darauf, dass die Klägerin den rechtlichen Unterschied zwischen der buchmäßigen Erfassung des Drittlandszollsatzes und der dem [X.] verbotenen Mitteilung desselben nicht erkannt habe.

Im Übrigen sei der von Anfang an nicht streitige, nach Maßgabe des [X.] berechnete Teilbetrag der in dem angefochtenen Bescheid festgesetzten Abgabeschuld von rund 315.000 [X.]. Die [X.] seit Erlass jenes Bescheids sei verstrichen, ohne dass das [X.] verjährungsunterbrechende Maßnahmen ergriffen habe. Anders als das [[X.].] meine, habe das [X.] nicht dadurch Vollstreckungsaufschub gewährt, dass es in dem Schriftsatz vom April 1998 erklärt habe, von der Vollstreckung des "angefochtenen Bescheids" bis zum [X.] absehen zu wollen. Denn im Hinblick auf vorgenannten Teilbetrag habe die Klägerin diesen Bescheid gerade nicht angefochten.

Das [X.] nimmt zur Begründung auf das Urteil des [[X.].] Bezug und weist darauf hin, dass durch die Annahme der von der Klägerin abgegebenen [X.] eine buchmäßige Erfassung der Einfuhrabgaben nicht stattgefunden habe und auch nicht hätte durchgeführt werden können, weil in diesen Anmeldungen keine Angaben zu den Bemessungsgrundlagen enthalten seien. Eine buchmäßige Erfassung sei also gemäß Art. 218 Abs. 1 Unterabs. 2 [X.] erstmals aufgrund der ergänzenden Anmeldungen der Klägerin mit dem angefochtenen Bescheid erfolgt.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das Urteil des [X.] entspricht dem [X.]undesrecht (§ 118 Abs. 1 [X.]O). Der angefochtene [X.]escheid ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 [X.]O). Die Einfuhrabgaben sind zu Recht nach Maßgabe des regulären Drittlandszollsatzes erhoben worden.

A. Die Klägerin kann sich auf die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen, die ihr eine zollbegünstigte Einfuhr der streitigen Waren aufgrund einer entsprechenden Einfuhrlizenz ermöglicht hätten, nicht berufen. Das ist zwischen den [X.]eteiligten nicht strittig und bedarf keiner weiteren Ausführung. Auf ihre Einfuhren ist daher der für [X.]ananen geltende Drittlandszollsatz anzuwenden; denn anders als die Revision meint, sind die diesbezüglichen Regelungen der [X.] weder nichtig noch wegen eines Anwendungsvorrangs des [X.] unanwendbar, selbst wenn sie mit diesem unvereinbar sein mögen, noch steht ihrer Anwendung [X.] Verfassungsrecht entgegen. Das ergibt sich aus den eingehenden Gründen Teil A des zwischen den [X.]eteiligten ergangenen Urteils [X.] ([X.], 442) vom heutigen Tag, auf das [X.]ezug genommen wird.

[X.]. Das Urteil des [X.] verletzt auch nicht deshalb [X.]undesrecht, weil das [X.] die Voraussetzungen für eine Nacherhebung von Zoll durch den angefochtenen [X.]escheid nicht geprüft hat; es ist insofern zumindest im Ergebnis richtig (§ 126 Abs. 4 [X.]O).

Es bedarf keiner Erörterung, ob im Streitfall überhaupt von einer "Nacherhebung" gesprochen werden kann, deren Rechtmäßigkeit an den Art. 220, 221 ZK zu messen ist. Es kann dahinstehen, ob diese Vorschriften einschlägig sind, weil das [X.] die geschuldeten Einfuhrabgaben nicht sogleich gemäß Art. 220 Abs. 1 ZK buchmäßig erfasst hat, sondern erst, nachdem es die von der Klägerin abgegebenen und mit einem Hinweis auf die deren Meinung nach geschuldeten Abgaben versehenen Sammelzollanmeldungen angenommen hatte (dazu Art. 221 Abs. 2 ZK), die tatsächlich geschuldeten Abgaben gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1, § 155 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung ([X.]) festgesetzt hat. Denn eine Nacherhebung wäre jedenfalls zu Recht erfolgt. Auch insofern bedarf keiner Wiederholung, was der Senat in vorgenanntem Urteil [X.] ([X.], 442) Teil [X.] zu einem entsprechenden Sachverhalt erkannt hat.

C. Das [X.] hat auch zu Recht erkannt, dass die Einfuhrabgabenschuld der Klägerin nicht teilweise, nämlich in Höhe des anfangs nicht streitigen [X.]etrags von rund 315.000 DM, der sich bei Anwendung des Kontingentszollsatzes ergibt, infolge Zahlungsverjährung gemäß § 232 [X.] erloschen ist. Denn die insofern Ende 1995 in Lauf gesetzte Frist des § 228 [X.] ist durch das Schreiben des [X.] vom April 1998 in dem Verfahren wegen AdV des angefochtenen [X.]escheids gemäß § 231 Abs. 1 [X.] unterbrochen worden, weil sich aus diesem Schreiben für die Klägerin erkennbar ergab und ihr gegenüber mit diesem Schreiben auch klargestellt werden sollte, dass das [X.] die Vollstreckung seines Steuerbescheids vom September 1995, der den vorgenannten [X.]etrag umfasst, nur aufschieben wollte, bis über die gegen jenen [X.]escheid anhängige Klage rechtskräftig entschieden ist.

Verjährungsunterbrechende Wirkung misst § 231 Abs. 1 Satz 1 [X.] u.a. bestimmten Willenserklärungen der Finanzbehörde bei, aus denen sich deren Absicht klar ergibt, die Steuerforderung durchzusetzen. Dazu gehört die schriftliche Geltendmachung des Anspruchs, aber auch die Gewährung von [X.], wofür eine einseitige Erklärung des [X.] genügen kann, von Maßnahmen zur Durchsetzung seines Anspruchs einstweilen absehen zu wollen ([X.]eschluss des erkennenden Senats vom 10. November 2003 VII [X.] 342/02, [X.]FH/NV 2004, 315).

Nach der Rechtsprechung des Senats unterbricht eine Maßnahme allerdings nur dann die Zahlungsverjährung, wenn sie "nach außen wirkt"; denn bei rein innerdienstlichen Maßnahmen der [X.]ehörde ist für den [X.]etroffenen nicht mit der erforderlichen Klarheit feststellbar, ob der Zahlungsanspruch durch Verjährung erloschen ist oder ob er wegen Unterbrechung der Verjährung weiterhin zur Leistung verpflichtet ist (vgl. statt aller Urteil vom 28. November 2006 [X.], [X.]FHE 216, 4, [X.]St[X.]l II 2009, 575). An einer solchen Außenwirkung fehlt es indes bei einem Schriftsatz, der gerade auch den Zahlungspflichtigen darüber unterrichten soll, ob die [X.]ehörde an ihrer Forderung festhalten will und wie sie das weitere diesbezügliche Verwaltungsverfahren führen will, nicht etwa deshalb, weil diese Mitteilung dem Zahlungspflichtigen nicht unmittelbar, sondern durch Vermittlung des Gerichts übersandt wird und an dieses adressiert ist. Denn ein solcher Schriftsatz in einem gerichtlichen Verfahren richtet sich --auch-- an den Gegner und pflegt ihm, nicht anders, als wenn er ihm direkt übersandt würde, zur Kenntnis zu gelangen.

Der diesbezügliche Schriftsatz des [X.] musste von der Klägerin auch dahin verstanden werden, dass das [X.] die Vollstreckung des gesamten, durch den dort bezeichneten [X.]escheid festgesetzten [X.] einstweilen unterlassen, aber nicht endgültig aufgeben wolle. Dass mit dem "angefochtenen [X.]escheid" der Steuerbescheid nur insoweit gemeint sei, wie die Klägerin gegen diesen damals rechtliche Einwendungen erhoben hatte, legt schon das Sprachverständnis nicht nahe. Denn die Klägerin hatte mit ihrer Klageschrift den [X.]escheid vom September 1995 --uneingeschränkt-- angefochten. Ihr ist im Übrigen offenbar die Entscheidung des Großen Senats des [X.]undesfinanzhofs vom 17. Juli 1967 [X.] ([X.]FHE 91, 393, [X.]St[X.]l II 1968, 344) nicht geläufig, dass Streitgegenstand im steuergerichtlichen Verfahren nicht einzelne [X.]esteuerungsmerkmale (hier also der Zollsatz), sondern die Rechtmäßigkeit des die Steuer festsetzenden Steuerbescheids insgesamt ist, weshalb dieser grundsätzlich ungeachtet des rechtlichen Vorbringens der Klägerin vom Gericht in vollem Umfang zu überprüfen ist, was im Allgemeinen dafür sprechen wird, von einer teilweisen Vollziehung desselben vor [X.]estandskraft abzusehen.

Vor allem aber musste sich der Klägerin aufdrängen, dass das [X.] keinen Anlass hat, nicht auf der [X.]egleichung eines (damals angeblich sogar unstreitigen) [X.] der Abgabenschuld zu bestehen, und die Klägerin konnte auch schwerlich ernstlich vermuten, dass das [X.] diesen Teilbetrag "vergessen" habe, wie sie jetzt offenbar Glauben machen will.

Das [X.] hat schließlich auch richtig geurteilt, dass die Gewährung von [X.] auch dann die Zahlungsverjährung unterbricht, wenn sie nicht ausdrücklich erfolgt, sondern sich nur aus den Erklärungen der [X.]ehörde deren Absicht hinreichend klar ergibt, auf der [X.]egleichung der Abgabenschuld letztlich zu bestehen. Dies aber ergibt sich, wie ausgeführt, aus dem vorgenannten Schriftsatz des [X.] im Aussetzungsverfahren.

Meta

VII R 9/08

23.02.2010

Bundesfinanzhof 7. Senat

Urteil

vorgehend FG Hamburg, 30. Januar 2008, Az: 4 K 225/07, Urteil

§ 228 AO, § 231 AO, Art 18 EWGV 404/93, GATTAbk, Art 2 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 GG, Art 79 Abs 3 GG, Art 100 GG, Art 300 Abs 7 EG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.02.2010, Az. VII R 9/08 (REWIS RS 2010, 9065)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 9065

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VII R 8/08 (Bundesfinanzhof)

Keine Bananeneinfuhr zum Kontingentszollsatz ohne Einfuhrlizenz - Zur Gültigkeit der Bananenmarktordnung - Bemessung der Gültigkeit …


VII B 104/11 (Bundesfinanzhof)

Einfuhrabgaben: Maßgebender Zeitpunkt für die Gültigkeit eines Agrar-Ursprungszeugnisses


VII R 36/10 (Bundesfinanzhof)

Nacherhebung von Einfuhrabgaben wegen Änderung einer langjährigen, den Vorschriften nicht entsprechenden Praxis der Zollbehörde - …


VII R 22/13 (Bundesfinanzhof)

Erhebung eines Zusatzzolls bei der Einreihung im vereinfachten Verfahren; Tarifierung als "Leggings" bezeichneter Waren


VII R 38/10 (Bundesfinanzhof)

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 7.6.2011 VII R 36/10 - Nacherhebung von Einfuhrabgaben wegen …


Referenzen
Wird zitiert von

AN 11 K 15.01384

Zitiert

VII R 8/08

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.