Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.09.2011, Az. IV ZR 250/10

4. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 2914

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Gegenstand

Verurteilung zur Auskunftserteilung: Wert der Beschwer für Rechtsmittel des Verurteilten; Stundensatz für den Zeitaufwand des Auskunftspflichtigen


Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Revision gegen das Urteil des [X.], 2. Zivilsenat, vom 26. Oktober 2010 gemäß § 552a ZPO auf Kosten der Beklagten zurückzuweisen.

Die Parteien erhalten Gelegenheit, hierzu binnen

vier Wochen

Stellung zu nehmen.

Gründe

1

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor und das Rechtsmittel hat keine Aussicht auf Erfolg.

2

I. Das Berufungsurteil unterliegt nicht schon deshalb der Aufhebung und Zurückverweisung, weil es unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters ergangen wäre. Die durch den Einzelrichter wegen Grundsätzlichkeit im weiteren Sinne des § 543 Abs. 1 ZPO (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 13. März 2003 - [X.] 134/02, NJW 2003, 1254 = [X.]Z 154, 200, 202; BT-Drucks. 14/4722 S. 103 ff.) zugelassene Revision führt nicht wegen Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG zur Aufhebung des Berufungsurteils (vgl. dazu [X.], Urteil vom 16. Juli 2003 - [X.], NJW 2003, 2900).

3

II. Die Revision wirft keine grundsätzlichen Fragen i.S. von § 543 Abs. 2 ZPO auf und hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

4

1. Nach § 511 Abs. 2 ZPO ist die Berufung gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Urteile nur zulässig, wenn der Wert des [X.] € übersteigt oder das Gericht erster Instanz die Berufung zugelassen hat. Da letzteres hier nicht geschehen ist, hat das Berufungsgericht zu Recht den Wert des [X.] geprüft und ist dabei zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass er 600 € nicht übersteigt.

5

a) Wie auch die Revisionsführerin nicht in Abrede nimmt, bemisst sich im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zu einer Auskunft oder zur Rechnungslegung der Wert des [X.] abgesehen von dem hier nicht gegebenen Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses allein nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erfordert (vgl. [X.], Beschlüsse vom 24. November 1994 - [X.], [X.]Z 128, 85, 87 m.w.N.; vom 22. März 2010 - [X.], NJW-RR 2010, 786 Rn. 2; Senatsbeschluss vom 10. März 2010 - [X.], [X.], 891 Rn. 6 m.w.N. und ständig).

6

b) Anders als die Revision meint, bemisst sich der Stundensatz für die zur Auskunftserteilung erforderliche eigene Tätigkeit der [X.] nicht nach einem für rechtsanwaltliche Tätigkeit üblichen Stundensatz von 170 €. Die mit der Bewertung des eigenen Aufwandes der [X.] zusammenhängenden Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des [X.] hinreichend geklärt.

7

Der eigene Zeitaufwand des Auskunftspflichtigen ist entsprechend den Bestimmungen für Zeugen im [X.] zu bewerten, mithin mit maximal 17 € pro Stunde (§ 22 [X.]; vgl. Senatsbeschlüsse vom 20. Februar 2008 - [X.], NJW-RR 2008, 889 Rn. 14; vom 10. März 2010 aaO). Das gilt auch dann, wenn der Auskunftspflichtige zwar Rechtsanwalt ist, die geforderte Auskunft sich aber auf eine private Tätigkeit bezieht.

8

Dass es für die Rekonstruktion der von der [X.] übernommenen Besorgungen besonderer Rechtskenntnisse bedürfte, die ausnahmsweise einen höheren Stundensatz rechtfertigen könnten (Senatsbeschlüsse vom 10. März 2010 aaO; vom 1. Oktober 2008 - [X.], [X.] 2009, 38 Rn. 9; [X.], Beschluss vom 31. Januar 2007 - [X.] 133/06, [X.], 714 Rn. 4), ist nicht ersichtlich. Wenngleich der Beruf der [X.] das Motiv ihrer Eltern gewesen sein mag, sie mit der Verwaltung der Konten zu betrauen, belegt dies nicht, dass von der [X.] auch rechtlich schwierige, schwer rekonstruierbare Vorgänge abzuwickeln gewesen wären.

9

Im Übrigen führe auch der von der Revision geltend gemachte "übliche Stundensatz einer Rechtsanwältin" zu keinem anderen Ergebnis. Die in Ansatz gebrachten 170 € wären überhöht. Die Revisionsführerin verkennt, dass sie im Rahmen der Beschwer nur ihren eigenen Aufwand geltend machen kann, während die übliche Vergütung eines Rechtsanwalts nicht nur den eigenen Aufwand des Anwalts, sondern zusätzlich auch den Kostenaufwand des [X.] umfasst, der betriebswirtschaftlich in die Höhe des Stundensatzes einfließt. Nach der Rechtsprechung des [X.] ist deshalb auch bei rechtsanwaltlicher Tätigkeit des Auskunftspflichtigen ein Stundensatz von 100 € bis allenfalls 150 € angemessen ([X.], Beschlüsse vom 22. März 2010 - [X.], aaO Rn. 6; vom 11. Februar 2008 - [X.], juris Rn. 5, 6).

Bei dem von der [X.] behaupteten Zeitaufwand von drei Stunden (mithin maximal 3 x 150 € = 450 €) und 120 € als Kosten für die Beschaffung von [X.], wird ein Beschwerdewert von 600 € ebenfalls nicht erreicht.

2. Offen bleiben kann weiter, ob das Berufungsgericht gehalten war, die Frage einer Zulassung der Berufung zu prüfen (vgl. dazu einerseits [X.], Beschlüsse vom 26. Oktober 2010 - [X.], [X.], 124; vom 27. April 2010 - [X.], NJW-RR 2010, 1582 Rn. 3; vom 16. Juni 2008 - [X.], [X.], 615 Rn. 13; vom 3. Juni 2008 - [X.], [X.], 614 Rn. 5 und Urteil vom 14. November 2007 - [X.], [X.], 218 Rn. 12; andererseits [X.], Urteil vom 10. Februar 2011 - [X.], NJW 2011, 926 Rn. 15-18).

a) Hat das Gericht des ersten [X.] erkannt, dass der Streitwert und die Beschwer der [X.] wegen der Besonderheiten der Verurteilung zur Auskunft hier auseinanderfielen, und insoweit bewusst von einer Zulassung der Berufung abgesehen (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 10. Februar 2011 aaO), erübrigt sich die weitere Prüfung, denn das Berufungsgericht ist an eine solche Nichtzulassung der Berufung gebunden ([X.]/[X.], ZPO 28. Aufl. § 511 Rn. 41).

b) Hat das erstinstanzliche Gericht aber - wofür die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils erster Instanz sprechen könnte - eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung für entbehrlich gehalten, weil es irrtümlich die Beschwer der [X.] mit dem hier auf 10.000 € festgesetzten Streitwert gleichgesetzt hat, so hätte das Berufungsgericht im Weiteren zu Recht geprüft, ob [X.] von § 511 Abs. 4 ZPO vorlagen.

c) Auch in diesem Falle kann die Revision indessen keinen Erfolg haben, denn das Berufungsgericht hat Gründe für die Zulassung der Berufung ohne Rechtsfehler verneint. Es hat insbesondere zutreffend dargelegt, dass die Entscheidung erster Instanz nicht in Divergenz zum Urteil des [X.] vom 6. Juli 2007 (10 U 27/07, juris) steht.

[X.]

                        [X.]                                        Lehmann

Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss mit ergänzender Begründung erledigt worden.

Meta

IV ZR 250/10

28.09.2011

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 26. Oktober 2010, Az: 2 U 22/10

§ 3 ZPO, § 511 ZPO, § 22 JVEG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.09.2011, Az. IV ZR 250/10 (REWIS RS 2011, 2914)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2914

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