Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19.03.2013, Az. 2 B 17/12

2. Senat | REWIS RS 2013, 7280

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Gegenstand

Lehrer; Besitz von kinderpornografischen Bilddateien; Disziplinarmaßnahme; Milderungsgrund


Gründe

1

Die auf die grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache sowie auf Divergenz (§ 67 Satz 1 [X.] NRW i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO) gestützte [X.]eschwerde des [X.]eklagten hat keinen Erfolg.

2

1. Der [X.]eklagte, der als beamteter Gymnasiallehrer im Dienst des klagenden [X.] stand, wurde wegen des [X.]esitzes kinderpornografischer Schriften nach § 184b Abs. 4 StG[X.] rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur [X.]ewährung ausgesetzt wurde. Nach den Feststellungen des Strafgerichts war er im Jahr 2007 im [X.]esitz von kinderpornografischen [X.]ilddateien gewesen, die er auf einem privaten [X.]omputer gespeichert hatte. Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den [X.]eklagten aus dem [X.]eamtenverhältnis entfernt. Das Oberverwaltungsgericht hat die [X.]erufung des [X.]eklagten zurückgewiesen.

3

2. Die Revision ist nicht wegen Divergenz zuzulassen. Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 67 Satz 1 [X.] NRW i.V.m. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die [X.]eschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des [X.] aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des [X.] tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (vgl. [X.]eschluss vom 21. Juni 1995 - [X.]VerwG 8 [X.] - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 18 S. 3). Zwischen beiden Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den [X.]edeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines bestimmten allgemeinen Rechtsgrundsatzes bestehen. Demzufolge liegt eine Divergenz nicht vor, wenn das Oberverwaltungsgericht einen abstrakten Rechtssatz im Einzelfall rechtsfehlerhaft anwendet oder daraus nicht die rechtlichen Folgerungen zieht, die etwa für die Sachverhalts- und [X.]eweiswürdigung geboten sind (stRspr; vgl. [X.]eschluss vom 19. August 1997 - [X.]VerwG 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14).

4

Diesen Voraussetzungen genügt die [X.]eschwerde nicht. Sie benennt bereits weder eine Entscheidung des [X.] noch einen abstrakten Rechtssatz. Soweit die [X.]eschwerde auf den im Urteil vom 19. August 2010 - [X.]VerwG 2 [X.] 5.10 - ([X.] 235.2 LDisziplinarG Nr. 12) aufgestellten Leitsatz rekurriert, nach dem sich der außerdienstliche [X.]esitz kinderpornografischer Schriften wegen der Variationsbreite der denkbaren Fallgestaltungen keiner bestimmten Disziplinarmaßnahme im Sinne einer Regelmaßnahme zuordnen lässt, waren die diesem Leitsatz zugrunde liegenden Erwägungen auf die bis zum 31. März 2003 geltende Rechtslage bezogen. Danach konnte der [X.]esitz kinderpornografischer Schriften nach § 184 Abs. 5 StG[X.] a.F. mit Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr geahndet werden. Diesen Strafrahmen hat der Gesetzgeber durch das Gesetz vom 27. Dezember 2003 ([X.]) mit Wirkung vom 1. April 2004 auf zwei Jahre erhöht. Daher hat der Senat bereits in dem Urteil vom 19. August 2010 klargestellt, dass sich seitdem die [X.]estimmung der Disziplinarmaßnahme für den außerdienstlichen [X.]esitz kinderpornografischer Schriften bei Lehrern angesichts der besonderen Dienstpflichten dieser [X.]eamten an der Entfernung aus dem [X.]eamtenverhältnis zu orientieren hat (Rn. 24).

5

Dies hat der Senat in dem [X.]eschluss vom 25. Mai 2012 - [X.]VerwG 2 [X.] 133.11 - (NVwZ-RR 2012, 607) dahingehend ergänzt, dass ein beamteter Lehrer, der sich nach § 184b Abs. 4 StG[X.] strafbar gemacht hat, aus dem [X.]eamtenverhältnis entfernt werden kann, wenn das strafbare Verhalten aufgrund der Tatumstände, insbesondere der Anzahl und des Inhalts des Materials, als besonders verwerflich einzustufen ist und keine entlastenden Umstände von erheblichem Gewicht zu berücksichtigen sind (Rn. 11).

6

Einen hiervon abweichenden Rechtssatz hat das Oberverwaltungsgericht nicht aufgestellt. Es hat die einschlägige Rechtsprechung des erkennenden Senats vielmehr ausdrücklich zitiert. Das Oberverwaltungsgericht hat die Maßgabe seiner Entscheidungsfindung auch der Sache nach zugrunde gelegt und sich mit den Umständen des vorliegenden Falles - insbesondere auch Zeitdauer und Häufigkeit der Zugriffe auf das [X.]ildmaterial - sowie dem Persönlichkeitsbild des [X.]eklagten auseinandergesetzt.

7

Dass es hierbei auf das Lehreramt des [X.]eklagten [X.]ezug genommen hat, ist nicht zu beanstanden. Die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlicher Pflichtverletzungen ist daran zu messen, ob das Verhalten in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für das Amt des [X.]eamten oder das Ansehen des [X.]eamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Maßstab der [X.]etrachtungen ist deshalb das Amt des [X.]eamten im konkret-funktionellen Sinne (Urteil vom 19. August 2010 a.a.[X.] Rn. 14). Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass die strafrechtlich geahndeten außerdienstlichen Pflichtenverstöße des [X.]eklagten einen [X.]ezug zu seinem Dienstposten aufweist. Der außerdienstliche [X.]esitz kinderpornografischer Schriften bei einem Lehrer gibt begründeten Anlass zu Zweifeln an der Eignung für den Lehrerberuf. Ein Lehrer, der sich nach § 184 Abs. 4 StG[X.] strafbar gemacht hat, bietet keine Gewähr, dass er die ihm obliegenden Erziehungsaufgaben mit der erforderlichen Autorität erfüllen kann ([X.]eschluss vom 25. Mai 2012 a.a.[X.] Rn. 11).

8

Die bisher beanstandungsfreie Tätigkeit des [X.]eklagten steht der Maßnahme nicht entgegen. Es ist in der Rechtsprechung vielmehr geklärt, dass auch eine langjährige Dienstleistung ohne [X.]eanstandungen und ggf. mit überdurchschnittlichen Leistungen bei gravierenden Dienstpflichtverletzungen neben der Schwere des Dienstvergehens in aller Regel nicht mildernd ins Gewicht fällt (vgl. zuletzt [X.]eschluss vom 23. Januar 2013 - [X.]VerwG 2 [X.] 63.12 - Rn. 13). Gleiches gilt für die Frage, ob das Dienstvergehen in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist (Urteil vom 20. Oktober 2005 - [X.]VerwG 2 [X.] 12.04 - [X.]VerwGE 124, 252 <260> = [X.] 235.1 § 13 [X.]DG Nr. 1 Rn. 26 m.w.N.).

9

Der Vortrag, die erforderliche Gesamtabwägung habe im vorliegenden Fall nicht stattgefunden, wendet sich gegen die fallbezogene disziplinarrechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhalts durch das Oberverwaltungsgericht und ist ersichtlich nicht geeignet, eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO darzulegen.

3. Die [X.]eschwerde des [X.]eklagten hat auch keine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage aufgezeigt. Die generellen Anforderungen an die [X.]emessung einer Disziplinarmaßnahme für den außerdienstlichen [X.]esitz kinderpornografischen Materials von Lehrern sind, wie oben unter 2. dargelegt, in der Rechtsprechung des [X.] geklärt (vgl. zuletzt [X.]eschluss vom 25. Mai 2012 a.a.[X.] Rn. 8 ff.). Neuen oder zusätzlichen Klärungsbedarf zeigt die [X.]eschwerde nicht auf. Sie wendet sich vielmehr auch mit der Grundsatzrüge in der Sache gegen die fallbezogene Anwendung dieser Anforderungen durch das Oberverwaltungsgericht.

Meta

2 B 17/12

19.03.2013

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 16. November 2011, Az: 3d A 128/11.O, Urteil

§ 184b Abs 4 StGB, § 13 BDG, § 13 DG NW 2004

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19.03.2013, Az. 2 B 17/12 (REWIS RS 2013, 7280)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7280

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