Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 17.06.2019, Az. 2 B 82/18

2. Senat | REWIS RS 2019, 6292

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Disziplinare Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinder- und jugendpornografischer Bild- und Videodateien bei einem Lehrer


Gründe

1

1. [X.]er im Jahr 1951 geborene [X.] war beamteter Lehrer an einer Gemeinschaftshauptschule in [X.], bevor er mit Ablauf des 31. Juli 2015 auf eigenen Antrag in den Ruhestand versetzt wurde. Anlässlich einer [X.]urchsuchung seiner Wohnung im Oktober 2013 wurden auf seinem [X.]omputer 59 kinderpornografische [X.]ilddateien sowie 19 kinderpornografische Videodateien gefunden, die im Zeitraum von Oktober 2010 bis Oktober 2013 auf dem Rechner gespeichert worden waren. [X.]ie [X.]ild- und Videodateien zeigen unter 14 Jahre alte Jungen und Mädchen u.a. beim Geschlechts- und Oralverkehr mit erwachsenen Männern. Nachdem der [X.] zur Hauptverhandlung im Strafverfahren im März 2015 nicht erschien, erließ das Amtsgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen im April 2015 rechtskräftig gewordenen Strafbefehl, wonach der [X.] wegen Erwerbs kinderpornografischer Schriften gemäß § 184b Abs. 4 StG[X.] zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt wurde.

2

Im April 2015 leitete der Kläger gegen den [X.]n ein [X.]isziplinarverfahren ein und erhob im [X.]ezember 2015 [X.]isziplinarklage. Hinsichtlich der Tatvorwürfe bezog er sich auf die Feststellungen in dem gegen den [X.]n ergangenen Strafbefehl, die der Entscheidung ohne nochmalige Prüfung zugrunde gelegt werden könnten.

3

[X.]as Verwaltungsgericht hat dem [X.]n das Ruhegehalt aberkannt. [X.]as Oberverwaltungsgericht hat die [X.]erufung des [X.]n zurückgewiesen. Es hat zur [X.]egründung u.a. ausgeführt: [X.]er [X.] habe durch [X.]esitzverschaffung und [X.]esitz an 59 kinderpornografischen [X.]ild- und 19 kinderpornografischen Videodateien ein schwerwiegendes einheitliches außerdienstliches [X.]ienstvergehen begangen. Als noch im [X.]ienst befindlicher [X.]eamter hätte er aus dem [X.]eamtenverhältnis entfernt werden müssen. [X.]aher sei ihm das Ruhegehalt abzuerkennen. [X.]er [X.]esitz kinderpornografischer Schriften sei mit den berechtigten Erwartungen an die charakterliche Eignung eines Lehrers unvereinbar. Mit [X.]lick auf den von 2004 bis zum 26. Januar 2015 geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StG[X.] von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe habe sich die [X.]estimmung der [X.]isziplinarmaßnahme für den außerdienstlichen [X.]esitz kinderpornografischer Schriften bei Lehrern angesichts der besonderen [X.]ienstpflichten dieser [X.]eamten an der Entfernung aus dem [X.]eamtenverhältnis zu orientieren. [X.]ie Entfernung aus dem [X.]eamtenverhältnis komme dabei in [X.]etracht, wenn das strafbare Verhalten aufgrund der Tatumstände, insbesondere der Anzahl und des Inhalts des Materials, als besonders verwerflich einzustufen sei und dem [X.]eamten keine entlastenden Umstände von erheblichem Gewicht zugute kämen. Eine solche besondere Verwerflichkeit der Tat ohne erheblich entlastende Umstände sei hier festzustellen. [X.] bedeutsam sei bereits, dass sich der [X.] als Lehrer des - wenngleich außerdienstlichen - [X.]esitzes an kinderpornografischen Schriften schuldig gemacht habe und die Tat damit einen besonders engen [X.]ienstbezug aufweise. [X.]em bei einem Lehrer besonders engen [X.]ienstbezug werde bei der Strafbemessung im Strafverfahren nicht Rechnung getragen. Schon dies lege nahe, bei der disziplinaren Maßnahmebemessung, die gerade der Vertrauenseinbuße in die ordnungsgemäße Erfüllung dienstlicher Aufgaben Rechnung zu tragen habe, eine im Strafverfahren verhängte maßvolle Strafe nur mit Zurückhaltung als Indiz für ein geringeres Gewicht des [X.]ienstvergehens zu werten. Hinzu komme, dass das [X.]ienstvergehen des [X.]n aufgrund des konkreten Inhalts der sichergestellten kinderpornografischen [X.]ateien als besonders verwerflich einzustufen sei. [X.]en [X.]n belasteten auch die Anzahl der [X.]ateien und der Tatzeitraum; bei 59 [X.]ild- und 19 Videodateien, insgesamt also 78 kinderpornografischen [X.]ateien, handele es sich bereits um eine durchaus erhebliche Anzahl.

4

2. [X.]ie Revision ist nicht wegen grundsätzlicher [X.]edeutung (§ 67 [X.] NRW i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

5

Grundsätzliche [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom [X.]eschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des [X.] erheblich sein wird (stRspr, [X.], [X.]eschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 [X.] 78.61 - [X.]E 13, 90 <91 f.>). Ein Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne [X.]urchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 [X.] 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4, vom 9. April 2014 - 2 [X.] 107.13 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9 und vom 20. Juni 2017 - 2 [X.] 84.16 - juris Rn. 9).

6

[X.]ie beiden von der [X.]eschwerde als rechtsgrundsätzlich aufgeworfenen Fragen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.

7

a) Soweit die [X.]eschwerde der Sache nach die Frage aufwirft,

ob dann, wenn der konkret festgestellte [X.]esitz kinderpornografischer Schriften keine Anhaltspunkte für eine Einordnung als besonders schweren Fall bietet, die disziplinarrechtliche [X.] stets ausgeschlossen ist, also unabhängig von der [X.]erufsgruppe und damit auch bei Lehrern,

würde sich die Frage in einem Revisionsverfahren nicht stellen. [X.]as [X.]erufungsgericht ist gerade von einer besonderen Verwerflichkeit der Tat (aufgrund des Inhalts und der Anzahl der [X.]ateien) ausgegangen. Soweit die Frage in verallgemeinerungsfähiger Form zu beantworten ist, ist sie im Übrigen in der Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts geklärt.

8

[X.]er Senat geht zum einen davon aus, dass Straf- und [X.]isziplinarrecht unterschiedliche Zwecke verfolgen ([X.], Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 [X.] 9.14 - [X.]E 152, 228 Rn. 37). [X.]as Strafrecht ist vom Vergeltungsprinzip mit dem Ziel der individuellen Sühne durch ein Unwerturteil über gemeinschaftswidriges Verhalten und strafrechtliche Sanktionen geprägt. [X.]emgegenüber ist es ausschließlich Zweck des [X.]isziplinarverfahrens, das Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der [X.]eamten und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen [X.]ienstes sicherzustellen. [X.]ei einer außerdienstlich begangenen Straftat kann zur Festlegung der Schwere des begangenen [X.]ienstvergehens, die richtungweisend für die [X.]estimmung der erforderlichen [X.]isziplinarmaßnahme ist, zwar indiziell auf die vom Strafgericht konkret ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden ([X.], Urteile vom 25. März 2010 - 2 [X.] 83.08 - [X.]E 136, 173 Rn. 21 und 26 und vom 18. Juni 2015 - 2 [X.] 9.14 - [X.]E 152, 228 Rn. 37). Aber selbst dann, wenn von den Strafgerichten bei einem außerdienstlich begangenen [X.]ienstvergehen lediglich auf eine Geldstrafe erkannt worden ist, kommt im Rahmen der den [X.] obliegenden [X.]emessungsentscheidung die Entfernung des [X.]eamten aus dem [X.]eamtenverhältnis dann in [X.]etracht, wenn disziplinarrechtlich bedeutsame Umstände vorliegen ([X.], Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 [X.] 9.14 - [X.]E 152, 228 Rn. 38; [X.]eschlüsse vom 5. Juli 2016 - 2 [X.] - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 38 Rn. 13 und vom 27. [X.]ezember 2017 - 2 [X.] - [X.] 235.2 L[X.]isziplinarG Nr. 54 Rn. 9).

9

[X.]er Senat hat darüber hinausgehend entschieden, dass sogar ein außerdienstliches [X.]ienstvergehen, das keinen Straftatbestand erfüllt, die [X.] zwar nicht im Regelfall, wohl aber im Ausnahmefall rechtfertigen kann; ob dies im konkreten [X.]isziplinarverfahren gegeben ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls und ist einer [X.]eantwortung in verallgemeinerungsfähiger Form nicht zugänglich ([X.], [X.]eschluss vom 4. April 2019 - 2 [X.] 32.18 - juris Rn. 12 ff.).

Nach der Rechtsprechung des Senats ist im Rahmen der disziplinarrechtlichen Maßnahmebemessung bei außerdienstlichen [X.]ienstvergehen, insbesondere von Lehrern und Polizeibeamten, von folgenden Grundsätzen auszugehen (vgl. zuletzt: [X.], [X.]eschluss vom 4. April 2019 - 2 [X.] 32.18 - juris Rn. 13 ff.):

[X.]as [X.]eamtenverhältnis wird auf Lebenszeit begründet. Gleichwohl dürfen [X.]ienstherr und Öffentlichkeit Pflichtverletzungen von [X.]eamten nicht "hilflos ausgeliefert" sein. Es muss Reaktions- und Einwirkungsmöglichkeiten des [X.]ienstherrn geben. [X.]eshalb stellt das [X.]isziplinarrecht Maßnahmen zur Verfügung, um den [X.]eamten im Falle eines [X.]ienstvergehens zur Pflichterfüllung anzuhalten oder ihn aus dem [X.]eamtenverhältnis zu entfernen, wenn das notwendige Vertrauen des [X.]ienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren ist. Nur so können die Integrität des [X.]erufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der [X.]eamten aufrechterhalten werden ([X.], Urteile vom 23. Januar 1973 - 1 [X.] 25.72 - [X.]E 46, 64 <66>, vom 25. Juli 2013 - 2 [X.] 63.11 - [X.]E 147, 229 Rn. 21, vom 27. Februar 2014 - 2 [X.] 1.13 - [X.]E 149, 117 Rn. 16 f. und vom 18. Juni 2015 - 2 [X.] 9.14 - [X.]E 152, 228 Rn. 26).

Seit 1967 (vgl. das [X.] des [X.] vom 20. Juli 1967, [X.]) reicht bei außerdienstlichen Verfehlungen nicht bereits die Pflichtverletzung selbst zur Annahme eines [X.]ienstvergehens aus, und zwar auch dann nicht, wenn hierdurch eine Straftat begangen worden ist ([X.], Urteil vom 25. März 2010 - 2 [X.] 83.08 - [X.]E 136, 173 Rn. 14). Hinzutreten müssen vielmehr weitere, auf die Eignung zur [X.] bezogene Umstände. Nur soweit es um die Wahrung des Vertrauens der [X.]ürger in die Integrität der Amtsführung und damit in die künftige Aufgabenwahrnehmung geht, kann das durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Interesse an der Funktionsfähigkeit des [X.]erufsbeamtentums die im privaten [X.]ereich des [X.]eamten wirkenden Grundrechte einschränken ([X.], [X.] vom 8. [X.]ezember 2004 - 2 [X.]vR 52/02 - [X.]K 4, 243 <254>). Unterhalb dieser Schwelle erwartet der Gesetzgeber von [X.]eamten kein wesentlich anderes Sozialverhalten mehr als von jedem anderen [X.]ürger ([X.]T-[X.]rs. 16/7076, [X.] zum [X.] sowie [X.]T-[X.]rs. 16/4027, [X.] zum [X.]eamtStG; vgl. hierzu auch [X.], Urteile vom 30. August 2000 - 1 [X.] 37.99 - [X.]E 112, 19 <26>, vom 27. Juni 2013 - 2 A 2.12 - [X.]E 147, 127 Rn. 24 und vom 18. Juni 2015 - 2 [X.] 9.14 - [X.]E 152, 228 Rn. 26). Soweit außerdienstliches Verhalten disziplinarrechtlich zu ahnden ist, muss der außerdienstliche [X.]harakter auch bei der Maßnahmebemessung [X.]erücksichtigung finden. Jedenfalls statusberührende [X.]isziplinarmaßnahmen kommen deshalb nur bei schwerwiegenden Verfehlungen in [X.]etracht ([X.], Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 [X.] 9.14 - [X.]E 152, 228 Rn. 39).

Nach § 13 Abs. 1 [X.] und den dieser Vorschrift inhaltlich entsprechenden [X.]emessungsregelungen der [X.]isziplinargesetze der Länder ist die Entscheidung über die [X.]isziplinarmaßnahme nach der Schwere des [X.]ienstvergehens und unter angemessener [X.]erücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des [X.]eamten sowie des Umfangs der [X.]eeinträchtigung des Vertrauens des [X.]ienstherrn oder der Allgemeinheit zu treffen. [X.]as Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes [X.]emessungskriterium für die [X.]estimmung der erforderlichen [X.]isziplinarmaßnahme ([X.], Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 [X.] 1.12 - [X.]E 148, 192 Rn. 39 f.). [X.]ies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im [X.]isziplinarverfahren gelten ([X.], [X.] vom 8. [X.]ezember 2004 - 2 [X.]vR 52/02 - [X.]K 4, 243 <257>). [X.]ie gegen den [X.]eamten ausgesprochene [X.]isziplinarmaßnahme muss unter [X.]erücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des [X.]ienstvergehens und zum Verschulden des [X.]eamten stehen ([X.], Urteil vom 20. Oktober 2005 - 2 [X.] 12.04 - [X.]E 124, 252 <258 f.>).

[X.]abei gewährleistet grundsätzlich die Orientierung des Umfangs des [X.] am gesetzlichen Strafrahmen eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die [X.]isziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des [X.] eines [X.]elikts an die Stelle der [X.]ewertung des Gesetzgebers setzen ([X.], Urteile vom 19. August 2010 - 2 [X.] 5.10 - [X.] 235.2 L[X.]isziplinarG Nr. 12 Rn. 22 und - 2 [X.] 13.10 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 12 Rn. 25). Nicht die Vorstellung des jeweiligen [X.]isziplinargerichts, sondern die Einschätzung des [X.] bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.

Allerdings bedürfen zum einen [X.]elikte mit einer möglichen Variationsbreite der [X.]egehungsformen einer sorgsamen Würdigung der Einzelfallumstände. [X.]ie [X.]isziplinargerichte müssen für eine solche [X.]etrachtung und Ausschöpfung des Orientierungsrahmens - nach oben wie nach unten - unter [X.]erücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein ([X.], Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 [X.] 63.11 - [X.]E 147, 229 Rn. 32 und [X.]eschluss vom 20. [X.]ezember 2013 - 2 [X.] 35.13 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 21 Rn. 21). Ein wie auch immer gearteter Schematismus verbietet sich hier in besonderer Weise ([X.], [X.]eschluss vom 5. März 2014 - 2 [X.] 111.13 - juris Rn. 13).

Zum anderen ist bei Lehrern - ebenso wie bei Polizisten (vgl. [X.], Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 [X.] 9.14 - [X.]E 152, 228 Rn. 39) - zu beachten, dass sie eine besondere Stellung innehaben. Ein Lehrer ist nach dem umfassenden [X.]ildungsauftrag der Schule nicht nur zur Vermittlung von Wissen, sondern auch zur Erziehung der Kinder verpflichtet. Er muss insbesondere die geistige und sittliche Entwicklung der ihm anvertrauten Kinder fördern und schützen. Zudem muss der Lehrer in seiner Vorbildfunktion die verfassungsrechtlich geschützte Wertordnung glaubhaft vermitteln ([X.], Urteil vom 19. August 2010 - 2 [X.] 5.10 - [X.] 235.2 L[X.]isziplinarG Nr. 12 Rn. 17). Außerdienstliches Verhalten kann bei diesen [X.]eamten angesichts der mit dem Amt verbundenen Aufgaben- und Vertrauensstellung zu einem mittelbaren Amtsbezug und damit auch zur [X.]isziplinarwürdigkeit entsprechender Verfehlungen führen. Verstöße gegen die vorgenannten Anforderungen können bei einem Lehrer namentlich bereits dann die [X.]ienstausübung berühren und damit einen Amtsbezug begründen, wenn zu befürchten ist, dass der Lehrer ihretwegen auf Vorbehalte der Eltern der von ihm unterrichteten Kinder stößt und deswegen nicht mehr die Autorität und das Vertrauen genießt, auf die er für die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben zwingend angewiesen ist. Insoweit genügt die bloße Eignung für einen solchen Ansehens- und Vertrauensverlust, ohne dass dieser konkret eingetreten sein muss (vgl. [X.], Urteil vom 19. August 2010 - 2 [X.] 5.10 - [X.] 235.2 L[X.]isziplinarG Nr. 12 Rn. 15; [X.]eschlüsse vom 21. [X.]ezember 2010 - 2 [X.] 29.10 - NVwZ-RR 2011, 413 Rn. 6 und vom 4. April 2019 - 2 [X.] 32.18 - juris Rn. 18). [X.]ie mit § 77 Abs. 1 Satz 2 [X.] und § 47 Abs. 1 Satz 2 [X.]eamtStG beabsichtigte [X.]egrenzungswirkung für die disziplinarrechtliche Relevanz außerdienstlicher Pflichtenverstöße kommt bei [X.]eamten mit einer solchen Aufgaben- und Vertrauensstellung nur eingeschränkt zum Tragen (vgl. [X.], Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 [X.] 9.14 - [X.]E 152, 228 Rn. 39).

Wenn nach den Maßgaben des § 13 [X.] bzw. der entsprechenden [X.]estimmung des Landesdisziplinargesetzes der [X.]eamte das Vertrauen des [X.]ienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist auf die [X.] zu erkennen. Ein solcher endgültiger Vertrauensverlust kann ausnahmsweise auch bei einem außerdienstlichen [X.]ienstvergehen gegeben sein. [X.]ies gilt selbst bei einem [X.]ienstvergehen, das - anders als im vorliegenden Fall - keinen Straftatbestand erfüllt (vgl. [X.], Urteil vom 18. Juni 2015 - 2 [X.] 25.14 - [X.]ok[X.]er 2015, 323 Rn. 29).

Nach der Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts wiegt bei Lehrern der außerdienstliche [X.]esitz kinderpornografischen Materials besonders schwer, weil hier stets ein enger dienstlicher [X.]ezug gegeben ist. Ein derartiges Verhalten gibt begründeten Anlass zu Zweifeln an der Eignung für den Lehrerberuf. Ein Lehrer, der sich nach § 184b Abs. 4 StG[X.] strafbar gemacht hat, bietet keine Gewähr, dass er die ihm dienstlich obliegenden Erziehungsaufgaben mit der erforderlichen Autorität erfüllen kann. [X.]araus hat der Senat den Schluss gezogen, dass der Orientierungsrahmen für den außerdienstlichen [X.]esitz kinderpornografischen Materials bei Lehrern bis zur Entfernung aus dem [X.]eamtenverhältnis reicht. [X.]emnach kommt die Entfernung aus dem [X.]eamtenverhältnis in [X.]etracht, wenn das strafbare Verhalten aufgrund der Tatumstände, insbesondere der Anzahl und des Inhalts des Materials, als besonders verwerflich einzustufen ist und dem [X.]eamten keine entlastenden Umstände von erheblichem Gewicht zugute kommen ([X.], [X.]eschluss vom 25. Mai 2012 - 2 [X.] 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 11 m.w.N.). Somit ist geklärt, dass die Anzahl und der Inhalt des Materials eine besondere Verwerflichkeit begründen können, die die [X.] rechtfertigen kann. Ob im konkreten Fall entlastende Umstände vorliegen, die eine mildere Maßnahme rechtfertigen, ist eine Frage der Rechtsanwendung im Einzelfall und kann nicht in verallgemeinerungsfähiger Form beantwortet werden ([X.], [X.]eschluss vom 16. März 2017 - 2 [X.] 42.16 - [X.] 235.1 § 13 [X.] Nr. 40 Rn. 13).

[X.]ie [X.]eschwerde zeigt keinen über diese Rechtsprechung hinausgehenden Klärungsbedarf auf. Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus einer von der [X.]eschwerde angeführten judikativen Praxis, wonach in Fällen beamteter Lehrer realiter eine Regelmaßnahme - nämlich die [X.] - existiere. Es ist und bleibt Aufgabe des [X.]isziplinargerichts, im Rahmen der Maßnahmebemessung auf der Grundlage der Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts zum Orientierungsrahmen eine sorgfältige einzelfallbezogene Abwägung aller zugunsten und zulasten des [X.]eamten sprechenden Gesichtspunkte vorzunehmen.

b) [X.]ie Frage,

ob es sich bei 79 kinderpornografischen Schriften hinsichtlich der Anzahl der Schriften um einen besonders verwerflichen Fall handelt und ab welcher Zahl eine besonders verwerfliche Anzahl von kinderpornografischen Schriften grundsätzlich vorliegt,

würde sich so in einem Revisionsverfahren nicht stellen und ist nicht in verallgemeinerungsfähiger Form zu beantworten. Sie rechtfertigt deshalb nicht die Zulassung der Revision.

Aus der vorstehend (Rn. 18) zitierten Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts ergibt sich, dass es für die [X.]eurteilung der besonderen Verwerflichkeit des strafbaren Verhaltens auf die Tatumstände ankommt, zu denen insbesondere Anzahl und Inhalt des Materials gehören. [X.]ies bedeutet aber nicht, dass mit [X.]lick auf jeden dieser beiden Aspekte (Anzahl und Inhalt) jeweils eine besondere Verwerflichkeit erforderlich ist und nur bei kumulativer Erfüllung beider Aspekte eine die disziplinare [X.] rechtfertigende besondere Verwerflichkeit des strafbaren Verhaltens vorliegt. Vielmehr ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die beide Aspekte, die gleichsam in einem Verhältnis kommunizierender Röhren zueinander stehen, in den [X.]lick zu nehmen und zu würdigen hat. Eine die disziplinare [X.] rechtfertigende besondere Verwerflichkeit kann daher auch dann vorliegen, wenn bei nicht sehr großer Anzahl ein besonders schwerwiegender Inhalt oder bei nicht sehr schwerwiegendem Inhalt eine große Anzahl kinder- und jugendpornografischer Schriften, [X.]ild- und Videodateien in Rede steht. [X.]ie Frage, ab welcher Anzahl oder ab welchem Inhalt eine besondere Verwerflichkeit anzunehmen ist, kann deshalb nicht allgemein beantwortet werden; es kommt stets auf eine Gesamtbetrachtung von Anzahl und Inhalt im konkreten Einzelfall an.

3. Soweit die [X.]eschwerde - ohne einen Zulassungsgrund zu benennen - die Verletzung von [X.]undesrecht durch einen Verstoß gegen das grundgesetzliche Verbot der [X.]oppelbestrafung rügt, weil das Verhalten des [X.]n nicht nur strafrechtlich, sondern auch disziplinarrechtlich sanktioniert worden ist, hat sie damit ebenfalls keinen Erfolg.

[X.]ie [X.]eschwerde erkennt selbst, dass ihre Rechtsansicht, wonach das [X.]isziplinarrecht insgesamt gegen das Schuldprinzip verstößt, im Gegensatz zur ständigen und vom [X.]undesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts steht. [X.]ie von der [X.]eschwerde zitierte abweichende Literaturauffassung zeigt keinen neuen Klärungsbedarf auf (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 29. April 2019 - 2 [X.] 25.18 - juris Rn. 27).

Soweit die [X.]eschwerde meint, der Umstand, dass das [X.]erufungsgericht keine "kritische Würdigung" des Verhältnisses von Strafrecht und [X.]isziplinarrecht vorgenommen habe, führe zu einem Fehler bei der Maßnahmebemessung, zeigt sie auch keinen Verfahrensfehler auf.

4. [X.]ie Kostenentscheidung folgt aus § 74 Abs. 1 [X.] NRW, § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts bedarf es nicht, weil für das [X.]eschwerdeverfahren Festgebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 75 [X.] NRW erhoben werden.

Meta

2 B 82/18

17.06.2019

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 26. September 2018, Az: 3d A 1455/16.O, Urteil

§ 13 DG NW, § 184b Abs 4 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 17.06.2019, Az. 2 B 82/18 (REWIS RS 2019, 6292)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 6292

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 B 42/16 (Bundesverwaltungsgericht)

Anzahl und Inhalt kinderpornografischer Schriften können eine besondere Verwerflichkeit begründen


2 C 3/18 (Bundesverwaltungsgericht)

Disziplinare Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischen Bildmaterials bei Lehrern


2 C 4/18 (Bundesverwaltungsgericht)


2 C 12/19 (Bundesverwaltungsgericht)

Disziplinare Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Bild- und Videodateien bei einem Justizvollzugsbeamten


16a D 17.2126 (VGH München)

Entfernung eines Lehrers aus dem Dienst wegen außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Bild- und Videodateien


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.