Bundessozialgericht, Beschluss vom 16.07.2010, Az. B 11 AL 180/09 B

11. Senat | REWIS RS 2010, 4715

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Gegenstand

Vermittlung Arbeitsloser und Arbeitsuchender - Selbst- bzw Berufsinformationssystem (SIS bzw BIZ) der BA - personenbezogene Nutzerregistrierung für Internetseiten außerhalb des Hausangebots - kein Anspruch auf anonyme Nutzung - Verfassungsmäßigkeit


Tatbestand

1

In der Hauptsache ist streitig, ob die Beklagte dem Kläger als Bezieher von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in ihren Berufsinformationszentren ([X.]) [X.]arbeitsplätze ohne personenbezogene Nutzerregistrierung für von ihr nicht freigegebene [X.]seiten zur Verfügung stellen muss.

2

Die Beklagte stellt ihren Nutzern eine anonyme und anmeldefreie Nutzung ihrer eigenen arbeitsmarktbezogenen Angebote im [X.] zur Verfügung. Zur Vermeidung von Missbrauch ist jedoch seit 2009 allen Dienststellen die personenbezogene Nutzerregistrierung für [X.]seiten außerhalb des eigenen Angebots der [X.] durch eine interne Handlungsempfehlung verbindlich vorgegeben. Hiergegen wendet sich der Kläger ua mit der Begründung, die Registriermaßnahme verstoße gegen sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

3

Klage und Berufung waren ohne Erfolg. Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision und hat hierfür Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt.

Entscheidungsgründe

4

1. Dem Kläger steht [X.] nicht zu, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Sozialgerichtsgesetz iVm § 114 Zivilprozessordnung ). Die Revision ist nur zuzulassen, wenn einer der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe (grundsätzliche Bedeutung, Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung oder Verfahrensmangel) vorliegt. Ein solcher Grund ist nach den Ausführungen des [X.] und nach Lage der Akten nicht zu erkennen.

5

Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 [X.] SGG) zu. Das Urteil des [X.] ([X.]) wirft klärungsbedürftige und im konkreten Verfahren klärungsfähige Rechtsfragen von allgemeinem Interesse ([X.] § 160a [X.] und 65; [X.]-1500 § 160a [X.]6 mwN; [X.], 304; vgl auch [X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.]) nicht auf. Eine Rechtsgrundlage für das Begehren des [X.] auf registrierungsfreie Nutzung von [X.]eiten in den [X.] der Beklagten außerhalb des von ihr zur Verfügung gestellten Angebots ist weder einfachrechtlich in §§ 35 Abs 3, 41 Abs 2 [X.] (<[X.]> iVm § 16 Abs 1 Satz 1 und [X.]) vorhanden noch aus der Verfassung über Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 Grundgesetz (, Recht auf informationelle Selbstbestimmung) noch Art 20 GG (Sozialstaatsprinzip) abzuleiten. Ziel der genannten Regelungen des einfachen Rechts des [X.] ist es vornehmlich, die Internetjobbörse "Virtueller Arbeitsmarkt" weiterzuentwickeln. Nur im Zusammenhang mit der Verpflichtung der [X.] ([X.]), Vermittlung auch über [X.] durchzuführen, sehen §§ 35, 41 [X.] eine beschränkte Datenaufnahme, Nutzung und Übermittlung der Daten vor (§§ 35 Abs 3 Satz 2, 41 Abs 3 [X.] idF des [X.] vom [X.], [X.] 2917; vgl dazu BT-Drucks 16/10810 S 29 ff). Darüber hinausgehende Serviceleistungen werden davon ersichtlich nicht erfasst. Es steht dem Kläger frei, für [X.]eiten außerhalb des Angebots der Beklagten Internetzugänge außerhalb des [X.] zu nutzen. Dies entspricht dem von Art 2 Abs 1 iVm Art 1 Abs 1 GG gewährleisteten allgemeinen Persönlichkeitsrecht in der Ausprägung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, welches die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden, mit umfasst (grundlegend [X.]E 65, 1 ). Das [X.] ([X.]) hat überdies zuletzt in seiner Entscheidung vom [X.] (1 BvL 1/09, 1 [X.], 1 [X.] = NJW 2010, 505) einen einklagbaren Leistungsanspruch unmittelbar aus dem Sozialstaatsgebot (iVm Art 1 Abs 1 GG) nur bei Fehlen der notwendigen materiellen Mittel zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins abgeleitet. Die Tatsache, dass der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] bezieht, rechtfertigt als solche keinen weitergehenden Leistungsanspruch. Die Antwort auf die Frage nach einem Recht zur registrierungsfreien Nutzung des [X.] außerhalb der hauseigenen Angebote in den [X.] der [X.] ergibt sich im verneinenden Sinne damit unmittelbar aus dem Gesetz (vgl BSG [X.] 4-1500 § 160a [X.]) bzw der Rechtsprechung des [X.]. Die Rechtslage ist insoweit nicht mit Zweifeln behaftet, welche Klärungsbedarf aufwerfen (vgl [X.], [X.], 2. Aufl, 2010, Rd[X.]13).

6

Das Urteil des [X.] weicht danach auch nicht von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des [X.] oder des [X.] ab (§ 160 Abs 2 [X.] SGG).

7

Anhaltspunkte für Verfahrensfehler, auf denen das Urteil der Vorinstanz beruhen könnte (§ 160 Abs 2 [X.] SGG), sind ebenfalls nicht zu erkennen.

8

2. Die von dem Kläger selbst eingelegte Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht von einem beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingereicht und unterzeichnet ist (§ 73 Abs 4 SGG).

9

3. [X.] beruht auf § 193 SGG.

Meta

B 11 AL 180/09 B

16.07.2010

Bundessozialgericht 11. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Freiburg (Breisgau), 16. Juni 2009, Az: S 7 AL 1338/09, Gerichtsbescheid

§ 35 Abs 3 SGB 3, § 41 Abs 1 SGB 3, § 41 Abs 2 SGB 3, § 41 Abs 3 S 1 SGB 3, § 16 Abs 1 S 2 SGB 2, Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 16.07.2010, Az. B 11 AL 180/09 B (REWIS RS 2010, 4715)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4715

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1 BvL 1/09

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