Bundessozialgericht, Beschluss vom 16.08.2016, Az. B 5 R 98/16 B

5. Senat | REWIS RS 2016, 18135

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Gegenstand

(Witwerrentenanspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 303 SGB 6 - Auslegung des Tatbestandsmerkmals "überwiegendes Bestreiten des Familienunterhalts im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tod")


Tenor

Der Antrag des [X.], ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 18. Februar 2016 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt [X.], B., beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des [X.] gegen die Nichtzulassung der Revision im vorbezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Mit Urteil vom 18.2.2016 hat das [X.] einen Anspruch des [X.] auf Witwerrente verneint.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde beim [X.] eingelegt und beantragt, ihm Prozesskostenhilfe (PKH) für das [X.] zu bewilligen sowie Rechtsanwalt [X.], B., beizuordnen.

3

Der Antrag auf PKH und Beiordnung eines Rechtsanwalts ist abzulehnen, weil die Nichtzulassungsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a [X.] SGG iVm § 114 [X.], § 121 Abs 1 ZPO). Es ist nicht zu erkennen, dass ein nach § 73 Abs 4 SGG zugelassener Prozessbevollmächtigter in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] erfolgreich zu begründen.

4

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

-       

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 [X.] SGG),

-       

das Urteil von einer Entscheidung des [X.], des [X.] oder des [X.] abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO [X.]) oder

-       

ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO [X.]).

5

Solche Zulassungsgründe sind nach Prüfung des Streitstoffs nicht ersichtlich.

6

Es ist nicht erkennbar, dass eine Zulassung der Revision gegen das vom Kläger angegriffene Urteil auf § 160 Abs 2 [X.] SGG gestützt werden könnte. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine klärungsbedürftige Rechtsfrage aufwirft. Das ist nicht der Fall, wenn die Rechtsfrage höchstrichterlich bereits geklärt ist ([X.] [X.] 1300 § 13 [X.]; [X.] [X.] 1500 § 160 [X.] 51; [X.] [X.] 1500 § 160a [X.]3, 65) oder bereits anhand des klaren Wortlauts und [X.] des Gesetzes beantwortet werden kann, die Rechtslage also von vornherein praktisch außer Zweifel steht ([X.]E 40, 40, 42 = [X.] 1500 § 160a [X.] 4 S 5; [X.]E 40, 158, 159 = [X.] 1500 § 160a [X.]1 S 15 f; [X.] [X.] 4-1500 § 160a [X.] 7 Rd[X.] 8). Eine solche Konstellation ist vorliegend gegeben: Zu den Leistungsvoraussetzungen der hier in Rede stehenden Witwerrente nach § 46 Abs 3 [X.] iVm § 303 [X.] existiert bereits eine umfangreiche Rechtsprechung des [X.]. So sind für die Auslegung des überwiegenden Bestreitens des [X.] im letzten wirtschaftlichen Dauerzustand vor dem Tode iS des § 303 S 1 [X.] die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 43 Angestelltenversicherungsgesetz ([X.] = § 1266 Abs 1 Reichsversicherungsordnung ) entwickelten Grundsätze heranzuziehen (vgl [X.] Urteil vom 16.3.2006 - B 4 RA 15/05 R - [X.] 4-2600 § 46 [X.] Rd[X.]0). § 43 Abs 1 [X.] ist zwar mit Wirkung zum [X.] außer [X.] getreten (vgl Art 2 [X.]7 des [X.] sowie zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung <[X.]> vom 11.7.1985, [X.] 1450). Für die Fälle, in denen der Tod des Versicherten vor dem [X.] eintrat (die Versicherte ist hier am 17.11.1981 verstorben), galt die bisherige Rechtslage des § 43 Abs 1 [X.] weiter (vgl Art 5 [X.] 4 [X.] iVm Art 2 § 18 Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Arbeiter vom 23.2.1957, [X.] 45 bzw Art 4 [X.] 4 [X.] iVm Art 2 § 19a ArVNG; zur Verfassungsmäßigkeit der Übergangsregelung und des Stichtags vgl [X.] < Kammer> Beschluss vom [X.] - 1 BvR 1284/86 - [X.] 2200 § 1264 [X.] 8).

7

Zur vom Kläger gerügten Diskriminierung als [X.] iS von Art 3 Abs 2 S 1 GG bzw Art 3 Abs 3 S 1 GG ist auf das Urteil des [X.] vom 12.3.1975 - 1 BvL 15/71 ua - ([X.]E 39, 169, 185 f = [X.] 2200 § 1266 [X.] S 6 f) zu verweisen. Das [X.] hat dort den Gesetzgeber verpflichtet, im Hinblick auf die Veränderung im Rollenverhalten der Frau in Ehe und Familie und auf das gewandelte [X.] verheirateter Frauen § 43 Abs 1 [X.] zu ändern. Die mit Wirkung zum [X.] erlassene Neuregelung durch das [X.] hat das [X.] als verfassungsgemäß beurteilt ([X.] [X.] 5750 Art 2 § 18 [X.] 4) und ebenfalls bestätigt, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Neuordnung des Hinterbliebenenrechts die vor dem [X.] liegenden Versicherungsfälle weiterhin nach altem und nicht nach geändertem Recht beurteilt hat (vgl [X.] [X.] 2200 § 1264 [X.] 8).

8

Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 [X.] SGG) könnte ebenfalls nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Divergenz (Abweichung) bedeutet Widerspruch im Rechtssatz oder - anders ausgedrückt - das [X.] tragender abstrakter Rechtssätze, die den miteinander zu vergleichenden Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das [X.] einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des [X.], des [X.] oder des [X.] aufgestellt hat ([X.] [X.] 3-1500 § 160a [X.]4 S 72 mwN). Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden.

9

Schließlich lässt sich auch kein Verfahrensmangel feststellen, der gemäß § 160 Abs 2 [X.] SGG zur Zulassung der Revision führen könnte. Nach [X.] 2 dieser Bestimmung kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 [X.] SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Ein derartiger Beweisantrag, den das Berufungsgericht unter Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) übergangen haben könnte, ist hier nicht ersichtlich.

Auch sonstige Verfahrensfehler des Berufungsgerichts sind nicht erkennbar. Insbesondere hat das [X.] nicht das Recht des [X.] auf den gesetzlichen [X.] nach Art 101 Abs 1 S 2 GG verletzt. [X.] im Sinne dieser Vorschrift sind auch ehrenamtliche [X.] (vgl [X.]E 48, 246, 253 ff; 48, 300, 317; 91, 93, 117). Dieses Recht nach Art 101 Abs 1 S 2 GG ist auch nicht deswegen verletzt, weil die [X.] des 3. Senats an dem Urteil des [X.] vom 18.2.2016 mitgewirkt haben. Ein solcher Einwand würde nur durchgreifen, wenn das [X.] über das Ablehnungsgesuch willkürlich oder manipulativ entschieden hätte (vgl [X.] vom 2.11.2007 - B 1 KR 72/07 B - [X.] 4-1100 Art 101 [X.] Rd[X.] 5). Anhaltspunkte dafür sind nicht ersichtlich.

Soweit der Kläger im Übrigen die inhaltliche Richtigkeit des Berufungsurteils angreift, lässt sich hierauf nach dem eindeutigen Wortlaut des § 160 Abs 2 [X.] bis 3 SGG eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht stützen (vgl [X.] [X.] 1500 § 160a [X.] 7).

Da dem Kläger somit keine PKH zu bewilligen ist, hat er nach § 73a [X.] SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO auch keinen Anspruch auf Beiordnung eines Rechtsanwalts.

Die gleichzeitig eingelegte Beschwerde des [X.] ist unzulässig, weil sie nicht der gesetzlichen Form entspricht. Der Kläger konnte, worauf er in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils ausdrücklich hingewiesen worden ist, die Beschwerde wirksam nur durch zugelassene Prozessbevollmächtigte einlegen lassen (§ 73 Abs 4 SGG).

Die Verwerfung der formwidrig vom Kläger persönlich eingelegten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 [X.] 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung ehrenamtlicher [X.].

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Meta

B 5 R 98/16 B

16.08.2016

Bundessozialgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Berlin, 5. Dezember 2013, Az: S 1 R 3809/11

§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 46 Abs 3 SGB 6, § 303 S 1 SGB 6, § 43 AVG, § 1266 Abs 1 RVO, HEZG, Art 3 Abs 2 S 1 GG, Art 3 Abs 3 S 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 16.08.2016, Az. B 5 R 98/16 B (REWIS RS 2016, 18135)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 18135

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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