Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.04.2005, Az. VII ZB 20/05

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4244

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BUNDESGERICHTSHOF [X.]/05
vom 5. April 2005 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

ZPO § 850e, [X.] § 54 Sowohl § 850e Nr. 2a ZPO als auch § 54 Abs. 4 [X.] schließen es aus, [X.] auf Arbeitseinkommen mit Sozialleistungen oder Ansprüche auf ver-schiedene Sozialleistungen untereinander zusammenzurechnen, soweit diese der Pfändung nicht unterworfen sind.

[X.], Beschluß vom 5. April 2005 - [X.]/05 - LG [X.]

AG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 5. April 2005 durch den [X.] [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 3. Zivilkammer des [X.]s [X.] vom 15. September 2004 wird auf Ko-sten des Gläubigers zurückgewiesen. Wert: 1.260 •

Gründe: [X.] Der Gläubiger betreibt gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung wegen einer Hauptforderung in Höhe von 3.078,22 • zuzüglich Zinsen und Ko-sten. Er erwirkte einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß, der die gegen-wärtigen und künftigen Forderungen der Schuldnerin auf einmalige und laufen-de Geldleistungen gegen die Drittschuldner zum Gegenstand hat. Die Schuld-nerin bezieht neben ihrem wöchentlichen Arbeitseinkommen in Höhe von 7,67 • (30,68 • monatlich) vom Drittschuldner zu 1) Sozialhilfe und Wohngeld in Höhe von 668,34 • monatlich sowie Leistungen nach dem [X.] in Höhe von 333 • monatlich, vom Drittschuldner zu 2) für ihre drei minderjähri-gen Kinder, denen sie unterhaltspflichtig ist, Kindergeld in Höhe von 462 • mo-natlich und vom Drittschuldner zu 3) Bundeserziehungsgeld in Höhe von 307 • - 3 - monatlich sowie Landeserziehungsgeld in Höhe von 256 • monatlich. Den [X.], die Sozialleistungen gemäß § 850e Nr. 2a ZPO zusam-menzurechnen und den pfändbaren Betrag gemäß § 850c Abs. 1 ZPO auf 105 • monatlich festzusetzen, hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Die dage-gen gerichtete sofortige Beschwerde hat das [X.] durch den Einzelrich-ter als unbegründet zurückgewiesen. Auf die zugelassene Rechtsbeschwerde hat der [X.] den Beschluß wegen fehlerhafter Besetzung des [X.] aufgehoben und die Sache an das [X.] zurückver-wiesen. Der Einzelrichter hat das Verfahren der Kammer zur Entscheidung übertragen; die sofortige Beschwerde ist wiederum ohne Erfolg geblieben. [X.] wendet sich der Gläubiger mit seiner erneut zugelassenen Rechtsbe-schwerde. I[X.] Das gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsmittel ist unbegründet. 1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Die Schuldnerin, die [X.] von insgesamt 2.026,34 • monatlich beziehe, könne im gegebenen Fall einem Arbeitnehmer mit einem (Netto-)Einkommen in derselben Höhe nicht gleichgestellt werden. Für jede Sozialleistung müsse zunächst gesondert ge-prüft werden, ob und in welchem Umfang sie der Pfändung unterworfen sei. Dabei seien Ansprüche auf Sozialhilfe und auf Leistungen nach dem [X.] von vornherein unpfändbar (§ 54 Abs. 1 und 4 [X.] i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 [X.], § 54 Abs. 3 Nr. 1 [X.]). Die Ansprüche auf Kinder-geld und auf Leistungen nach dem BayLErzGG seien nur unter bestimmten - hier nicht gegebenen - Voraussetzungen pfändbar (§ 76 EStG; § 54 Abs. 3 - 4 - Nr. 1, Abs. 5 [X.], Art. 5 BayLErzGG). Die verbleibenden Ansprüche nach dem [X.] und auf Wohngeld erreichten in Addition mit dem monatlichen Arbeitseinkommen der Schuldnerin die Pfändungsfreigrenzen nicht, wobei noch nicht einmal berücksichtigt sei, daß der Betrag von 668,34 • neben dem Wohngeld auch (unpfändbare) Sozialhilfeleistungen enthalte. Die Rechtsbeschwerde vertritt demgegenüber die Auffassung, das Ar-beitseinkommen müsse mit sämtlichen Sozialleistungen zusammengerechnet werden. Die Schuldnerin dürfe [X.] nicht besser stehen als ein Arbeitnehmer mit Einnahmen in gleicher Höhe, der mit seinem Arbeitsein-kommen nach der Tabelle zu § 850c ZPO in Höhe von 105 • monatlich der Pfändung unterliege. Mehr als die einem Arbeitnehmer danach verbleibenden 1.921,34 • könne die Schuldnerin nicht für sich beanspruchen. Die Vorschrift des § 850e Nr. 2a Satz 2 ZPO müsse im Lichte des Art. 14 Abs. 1, 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verfassungskonform ausgelegt wer-den. Die Schuldnerin werde dadurch nicht unangemessen benachteiligt. Die einzelnen Sozialleistungen blieben - für sich betrachtet - weiterhin unpfändbar. Lediglich in ihrer Zusammenrechnung ergebe sich ein Betrag, der bei einem Arbeitnehmer zur (teilweisen) Pfändbarkeit führe; insoweit sei auch ein entspre-chender Teil der Sozialleistungen der Pfändung zu unterwerfen. 2. [X.] ist nicht zuzustimmen. a) Schon ihr Ausgangspunkt, die Schuldnerin sei besser gestellt als ein Arbeitnehmer mit vergleichbarem Arbeitseinkommen, ist nicht richtig. Dabei wird übersehen, daß in den von der Schuldnerin bezogenen Sozialleistungen in Höhe von 2.026,34 • Kindergeldleistungen enthalten sind, die gemäß § 66 Abs. 1 EStG in gleicher Höhe auch einem Arbeitnehmer zustünden und bei Er-mittlung des pfändungsfreien Betrages des Arbeitseinkommens gemäß § 850c - 5 - Abs. 1 ZPO nicht zu berücksichtigen wären. Das Kindergeld ist nicht als [X.] anzusehen, sondern dient dem Ausgleich der aus dem Familienunterhalt folgenden Belastungen ([X.]. § 850i ZPO Rdn. 45); es wird dem berechtigten Arbeitnehmer im laufenden Kalenderjahr als monatliche Steuervergütung gezahlt (§ 31 Satz 3 EStG). Dem Umstand, daß ein Schuld-ner, der einem oder mehreren Kindern unterhaltspflichtig ist, regelmäßig [X.] für diese bezieht, hat der Gesetzgeber bereits bei der Bemessung des pauschalierten ([X.], Beschluß vom 12. Dezember 2003 - [X.]/03 - Rpfleger 2004, 232) pfändungsfreien Betrages in der Tabelle zu § 850c Abs. 1 ZPO Rechnung getragen (BT-Drucks. 10/229, 40 f. zum Entwurf eines [X.]). Die um das Kindergeld in Höhe von 462 • bereinigten Leistungen, die die Schuldnerin monatlich erhält, betragen nur noch 1.564,34 •. Aus der Lohnpfän-dungstabelle zu § 850c Abs. 1 ZPO ergibt sich, daß bei einem Arbeitnehmer mit monatlichen Nettobezügen in dieser Höhe, für den Unterhaltspflichten gegen-über drei Personen bestehen, kein für den Gläubiger pfändbarer Teil des [X.] verbleibt. Die von der Rechtsbeschwerde vorgebrachte Bes-serstellung des Empfängers von Sozialleistungen gegenüber einem [X.] Schuldner besteht somit nicht. b) Auch sonst ist die Entscheidung des [X.] nicht zu [X.]. Die Rechtsbeschwerde verkennt, daß der Gesetzgeber die von ihr geforderte pfändungsrechtliche Gleichstellung von erwerbstätigen und nichter-werbstätigen Schuldnern bereits vollzogen hat. (1) Nach § 54 Abs. 4 [X.] sind Ansprüche auf laufende Sozialleistun-gen, die in Geld zu erbringen sind, "wie Arbeitseinkommen" pfändbar. Damit unterliegen die Ansprüche der Schuldnerin gegen die Drittschuldner den - 6 - §§ 850 ff. ZPO (vgl. [X.], Beschluß vom 12. Dezember 2003 aaO; Beschluß vom 10. Oktober 2003 - [X.]/03 - Rpfleger 2004, 111). Ihr [X.] Teil bestimmt sich nach § 850c ZPO; bei ihrer Zusammenrechnung ist - ebenso wie bei der Zusammenrechnung von Arbeitseinkommen mit [X.] - die Vorschrift des § 850e Nr. 2a ZPO zu beachten. Sowohl § 850e Nr. 2a ZPO als auch § 54 Abs. 4 [X.] schließen es [X.] aus, Ansprüche auf Arbeitseinkommen mit Sozialleistungen oder Ansprü-che auf verschiedene Sozialleistungen untereinander zusammenzurechnen, soweit diese der Pfändung nicht unterworfen sind. Das ist verfassungsrechtlich unbedenklich, weil der Gesetzgeber in § 54 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 [X.] die [X.] im Hinblick auf die Zweckbestimmung der Sozialleistungen erklärt hat ([X.], ZPO 22. Aufl. § 850i Rdn. 73). Sie sollen dem Berech-tigten ungeschmälert verbleiben und nicht - letztlich auf Kosten der [X.] - dazu dienen, titulierte Ansprüche seines Gläubigers zu befriedigen. Darin liegt ein ebenso sachlich gerechtfertigter Grund, wie er in der Anordnung der Unpfändbarkeit für bestimmte Bezüge des erwerbstätigen Schuldners in § 850a ZPO zu sehen ist, die gleichfalls auf [X.] Erwägungen sowie darauf beruht, daß Bezüge wie etwa das Weihnachts- oder das Urlaubsgeld dem Arbeitneh-mer zweckgebunden zugewendet werden ([X.]/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl. § 850a ZPO Rdn. 1). Hinsichtlich der Pfändbarkeit des Kindergeldes sind erwerbstätige und nichterwerbstätige Schuldner ohnehin gleichgestellt: Die Ansprüche auf Geldleistungen für Kinder dürfen mit Arbeitseinkommen oder mit anderen Sozialleistungen nur insoweit zusammengerechnet werden, als sie nach § 76 EStG oder nach § 54 Abs. 5 [X.] gepfändet werden könnten (§ 850e Nr. 2a Satz 3 ZPO). (2) Die danach pfändbaren Sozialleistungen übersteigen bei ihrer [X.] mit dem monatlichen Arbeitseinkommen der Schuldnerin die - 7 - Pfändungsfreigrenzen des § 850c Abs. 1 ZPO nicht; auf die zutreffenden Grün-de des angefochtenen Beschlusses nimmt der Senat Bezug. Von einer weiteren Begründung wirdgemäß § 577 Abs. 6 ZPO abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen. Dressler Kuffer [X.]
[X.] [X.]

Meta

VII ZB 20/05

05.04.2005

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.04.2005, Az. VII ZB 20/05 (REWIS RS 2005, 4244)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4244

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