Bundessozialgericht, Urteil vom 03.12.2015, Az. B 4 AS 47/14 R

4. Senat | REWIS RS 2015, 1290

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Gegenstand

Arbeitslosengeld II - Unterkunft und Heizung - Stromkosten für den Betrieb einer Heizungsanlage - auch nach neuem Recht nicht Bestandteil des Regelbedarfs - keine gesonderte Erfassung - Schätzung - geeignete Schätzungsmethode - Rückgriff auf die mietrechtliche Rechtsprechung


Leitsatz

1. Auch nach der Rechtslage ab dem 1.1.2011 sind die Aufwendungen eines Hauseigentümers für den Strom zum Betrieb einer Heizungsanlage in die Berechnung der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II einzustellen (Fortführung und Weiterentwicklung von BSG vom 7.7.2011 - B 14 AS 51/10 R = SGb 2012, 428).

2. Diese Aufwendungen sind der Höhe nach grundsätzlich einer Schätzung zugänglich.

Tenor

Auf die Sprungrevision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. Oktober 2014 aufgehoben und der Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit steht die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] im Zeitraum von Februar 2011 bis Juli 2011.

2

Der Kläger bewohnt ein Eigenheim. Es steht in seinem und dem Miteigentum seiner dauernd von ihm getrennt lebenden Ehefrau. Die Beheizung des Hauses erfolgt mit Gas. Der zum Betrieb der Heizungsanlage benötigte Strom kann in Ermangelung einer Einrichtung hierfür nicht separat vom Haushaltsstrom gemessen werden. Durch Bescheid vom [X.] bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum von Februar bis Juli 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die Stromkosten für den Betrieb der Heizungsanlage blieben bei deren Berechnung unberücksichtigt. Am 28.9.2011 und 12.10.2011 erhöhte der Beklagte zwar die Leistungen, weiterhin jedoch unter Außerachtlassung der Aufwendungen für Strom zum Betrieb der Heizungsanlage. Der Widerspruch des [X.] hiergegen blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13.10.2011).

3

Das [X.] hat den Beklagten unter Änderung des Bescheids vom [X.] in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26.3.2011, 28.9.2011 und 12.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.10.2011 verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum von Februar bis Juli 2011 weitere 21,96 Euro zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe im Rahmen der Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 S 1 [X.] ein Anspruch auf Übernahme der Stromkosten für den Betrieb der Heizungsanlage in Höhe von 3,66 Euro monatlich, mithin insgesamt weitere 21,96 Euro, zu. Die Kosten für den zum Betrieb einer Heizungsanlage benötigten Strom seien Teil der Kosten der Unterkunft und Heizung. Dies sei für Zeiten vor dem 1.1.2011 durch die Rechtsprechung des B[X.] (Beschluss vom [X.] [X.]/10 B; Urteil vom 7.7.2011 - [X.] [X.]/10 R) geklärt. Eine Veränderung der bisherigen Regelungssystematik sei durch das [X.]/[X.]/[X.] vom 24.3.2011 nicht eingetreten. Die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile der Haushaltsenergie seien weiterhin nicht vom Regelbedarf nach § 20 Abs 1 S 1 [X.] erfasst. Da die hier geltend gemachten Aufwendungen für Strom durch das Beheizen der Unterkunft entstanden seien, habe die Bedarfsdeckung durch den Beklagten demnach auf der Grundlage des § 22 Abs 1 S 1 [X.] zu erfolgen.

4

Der Höhe nach erfolge die Leistungsbemessung aufgrund einer Schätzung gemäß § 202 [X.]G, § 287 Abs 2 ZPO. Denn die angefallenen Kosten für den Betriebsstrom seien im streitigen Zeitraum nicht gesondert erfasst worden. Für die Schätzung werde auf die technischen Daten des Herstellers zum Bereitschaftsenergieverbrauch der Heizungsanlage zurückgegriffen. Dabei sei davon auszugehen, dass der aus dem technischen Datenblatt entnommene Wert die bei dem Betrieb der Heizungsanlage - inklusive des Steuerungselements - anfallenden Stromkosten mit einem Durchschnittswert abbilde, ohne dass es darauf ankomme, dass vorliegend die Heizperiode nicht den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum erfasst habe und die Anlage auch während der Heizperiode nicht ohne Unterbrechung und mit differierender Leistungsaufnahme in Betrieb gewesen sei.

5

Mit der vom [X.] zugelassenen Sprungrevision rügt der Beklagte die Verletzung von § 22 Abs 1 [X.]. Ausweislich der Entwurfsbegründung zum [X.]/[X.]/[X.] (BT-Drucks 17/3404 [X.] f) habe die Sonderauswertung der [X.] zu einer wesentlichen Änderung bei der Bemessung der Regelsatzbestandteile geführt, weshalb die Rechtsprechung des B[X.] zur Zuordnung der Kosten des [X.] der Heizungsanlage auf die Rechtslage ab dem 1.1.2011 nicht mehr anzuwenden sei. Nach Aufnahme der Stromkosten von [X.] in die Bemessung der Regelsätze nach § 20 [X.] seien diese Kosten nicht mehr als Leistung nach § 22 Abs 1 [X.] zu berücksichtigen.

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.] vom 20. Oktober 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Entscheidung des [X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Beklagten ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet 170 Abs 2, 4 [X.]G).

1. Der erkennende Senat vermochte nicht abschließend darüber zu befinden, ob dem Kläger die vom [X.] ausgeurteilten weiteren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 21,96 Euro für den Zeitraum vom 1.2. bis 31.7.2011 zustehen. Abgesehen davon, dass es in der erstinstanzlichen Entscheidung bereits an Feststellungen zur Leistungsberechtigung des [X.] gemäß § 7 Abs 1 S 1 [X.]B II mangelt, lassen sich den Ausführungen des [X.] keine Tatsachen entnehmen, die eine Überprüfung der Leistungshöhe, wie sie von dem Beklagten durch den angefochtenen Bescheid vom [X.] in der Fassung der Änderungsbescheide vom 28.9.2011 und 12.10.2011, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.10.2011, bewilligt worden sind, ermöglichen. Zwar hat nur der Beklagte die zulässige Sprungrevision eingelegt. Daher ist der, dem Kläger über die von dem Beklagten in den Bescheiden festgestellte Leistungshöhe hinaus, maximal zustehende Betrag auf 21,96 Euro begrenzt. Selbst wenn der Beklagte mit seinem Rechtsmittel obsiegen sollte, könnte sich ein Anspruch des [X.] in der ausgeurteilten Höhe jedoch aus anderen Gründen, etwa eines höheren Regelbedarfs, ggf eines Mehrbedarfs oder weiteren Bedarfen für Unterkunft und Heizung ergeben. Umgekehrt könnte im Falle des Unterliegens des Beklagten dessen Verurteilung zur Erbringung weiterer Leistungen niedriger ausfallen, weil dem Kläger aus den genannten Gründen zu hohe Leistungen erbracht worden sind. Denn es ist vorliegend die Höhe der dem Kläger ggf zustehenden passiven Leistungen nach dem [X.]B II insgesamt, einschließlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung, zu überprüfen.

Streitgegenstand sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.]B II. Es ist weder in der Klageschrift, noch in dem Teilvergleich vom [X.] oder durch den in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] gestellten Klageantrag eine Abtrennung der Leistungen für Unterkunft und Heizung als eigener [X.] gegenüber Regel- und Mehrbedarf erfolgt. Ebenso wenig hat das [X.] dargelegt, dass sich aus dem sonstigen Vorbringen der Beteiligten hierauf schließen ließe. Soweit das [X.] darüber hinaus eine Beschränkung des Streitgegenstands auf ein Berechnungselement der Leistungen - hier die Stromkosten zum Betrieb der Heizungsanlage als Faktor zur Bestimmung der Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung - vornehmen wollte, wäre dies nicht zulässig. Es handelt sich hierbei nur um ein Begründungselement für das klägerische Begehren auf höhere Leistungen. Eine zulässige Begrenzung des Streitgegenstands hätte nur auf den Anspruch des [X.] wegen Bedarfen für Unterkunft und Heizung in ihrer Gesamtheit gerichtet sein können (vgl B[X.] Urteil vom 11.2.2015 - [X.] AS 26/14 R - [X.] 4-4200 § 21 [X.] Rd[X.]; B[X.] Urteil vom 18.11.2014 - [X.] [X.]/14 R - B[X.]E 117, 240 = [X.] 4-4200 § 21 [X.], Rd[X.]; B[X.] Urteil vom 6.8.2014 - [X.] [X.]/13 R - B[X.]E 116, 254 = [X.] 4-4200 § 7 [X.], Rd[X.] 12; B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] [X.]2/13 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.] Rd[X.]).

2. Zutreffend hat das [X.] jedoch die Aufwendungen eines Eigentümers für den Betrieb einer Heizungsanlage dem Grunde nach als einen Bedarf angesehen, der durch Leistungen für Heizung nach § 22 Abs 1 S 1 [X.]B II zu decken ist. Der erkennende Senat hält insoweit an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest. Auch auf Grundlage des § 20 Abs 1 S 1 [X.]B II idF des [X.]/[X.]B II/[X.]B XII-ÄndG (vom 24.3.2011, [X.]) oder der statistischen Erhebungen zur Bemessung des Regelbedarfs in der Abteilung 04 (Erwachsene) nach der [X.] vermag er keinen Anlass zur Änderung dieser zu erkennen.

So haben die für die Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des B[X.] befunden, dass die Übernahme der Kosten des [X.] der Heizungsanlage grundsätzlich in die Berechnung der angemessenen Heizkosten einzustellen ist (vgl B[X.] Urteil vom 7.7.2011 - [X.] [X.]/10 R - Rd[X.] 15; B[X.] Beschluss vom 26.5.2010 - [X.] [X.]/10 B - Rd[X.] 8; B[X.] Urteil vom 19.9.2008 - [X.] [X.]/07 R - Rd[X.]). Zwar war zunächst die Grenzziehung zwischen den durch die Regelleistung zu deckenden Bedarfen und solchen, die als Unterkunftsleistungen zu übernehmen sind, durch den Wortlaut des § 20 Abs 1 [X.]B II in der Fassung des [X.] von Kommunen nach dem [X.]B II vom 30.7.2004 ([X.] 2014) noch nicht klar konturiert. Die Haushaltsenergie wurde in der ersten Gesetzesfassung noch nicht ausdrücklich von den Bedarfen ausgenommen, die durch die Regelleistung gedeckt werden sollten. Mit der Einfügung der Worte "Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile" durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende mit Wirkung vom 1.8.2006 (vom [X.], [X.] 1706) ist insoweit eine sprachliche, wenn auch letztlich keine inhaltliche Änderung im Hinblick auf diese Abgrenzung erfolgt. Die Ergänzung wurde - so die Begründung im Gesetzentwurf - lediglich zur Klarstellung (BT-Drucks 16/1410 [X.]) vorgenommen. Es sollte verdeutlicht werden, dass insbesondere Energiekosten für die [X.], Warmwasserbereitung und Beleuchtung aus der Regelleistung zu bestreiten sind und nicht als Bestandteil von Kosten der Unterkunft und Heizung gesondert übernommen werden können. Dementsprechend waren umgekehrt die Kosten für Strom, die zur Erzeugung von Heizenergie genutzt werden, den Unterkunftskosten zuzuordnen (B[X.] Urteil vom 19.2.2009 - [X.] [X.]8/08 R - B[X.]E 102, 274 = [X.] 4-4200 § 22 [X.], Rd[X.]4). Dies sollte im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot nach Art 3 Abs 1 [X.] für Eigentümer eines selbst genutzten Hausgrundstücks und Mieter gleichermaßen gelten.

§ 22 Abs 1 [X.]B II sieht keine Differenzierung danach vor, ob der Wohnbedarf durch Eigentum oder Miete gedeckt wird (B[X.] Urteil vom 19.9.2008 - [X.] [X.]/07 R - Rd[X.]), denn der in § 22 [X.]B II verwandte Begriff der Unterkunft geht nicht vom Leitbild der Mietwohnung aus (vgl [X.], [X.]b 2012, 430, 431). Maßgeblich ist der bei Wohnungsmietern und Eigentümern gleichermaßen bestehende Wohnbedarf. Im Rahmen dieser gesetzgeberischen Festlegung muss gewährleistet werden, dass Wohnungsmieter und Eigentümer gleichbehandelt werden, soweit zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl [X.] Beschluss vom 11.5.2005 - 1 BvR 368/97, 1 BvR 1304/98, 1 BvR 2144/98, 1 BvR 2300/98 - [X.]E 112, 368 Rd[X.] 98 = [X.] 4-2600 § 307a [X.] Rd[X.]4; [X.] Urteil vom [X.] - 1 BvL 22/95, 1 BvL 34/95 - [X.]E 100, 59, 90 = [X.] 3-8570 § 6 [X.], juris Rd[X.] 129). Da die Angemessenheit der Unterkunftskosten für Mieter und Eigentümer nach einheitlichen Kriterien zu bewerten ist (B[X.] Urteil vom 23.8.2011 - [X.] [X.]/10 R - Rd[X.] 17; vgl dazu grundlegend B[X.] Urteil vom 15.4.2008 - [X.]/7b [X.] - B[X.]E 100, 186 = [X.] 4-4200 § 12 [X.], Rd[X.]5), hat jede im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot nicht gerechtfertigte Unterscheidung zu unterbleiben (B[X.] Urteil vom 19.9.2008 - [X.] [X.]/07 R - Rd[X.]). Dies gilt auch für eine leistungsrechtlich gleiche Behandlung von Eigentümern und Mietern im Hinblick auf die Kosten für den Betrieb einer Heizungsanlage. Diese sind in der Regel gemäß § 2 [X.] a BetrKV in den Vorauszahlungen der Mieter für Heizenergie enthalten, soweit eine zentrale Heizungsanlage zum Mietobjekt gehört. Denn der Betrieb der Heizungspumpe ist untrennbar mit dem Betrieb der Heizung als solcher verbunden (B[X.] Urteil vom 7.7.2011 - [X.] [X.]/10 R - Rd[X.] 15). Hieraus folgt, dass diese Aufwendungen bei Mietern im Rahmen der Angemessenheit in vollem Umfang bei den Bedarfen für Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen sind (vgl B[X.] Urteil vom 24.11.2011 - [X.] [X.]/10 R - [X.] 4-4200 § 22 [X.] Rd[X.] 16). Dementsprechend hat dies auch für Eigentümer zu gelten, denen diese Aufwendungen entstehen.

Eine Änderung der Grenzziehung zwischen den [X.] und den Bedarfen für Unterkunft und Heizung ist zum 1.1.2011 insoweit nicht eingetreten. Der von dem Beklagten vorgenommenen Auslegung des § 20 Abs 1 S 1 [X.]B II, wonach "Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile" nun auch den Betriebsstrom der Heizungsanlage einschließe, kann nicht gefolgt werden. Im Hinblick auf die Heizenergie hat der Wortlaut des § 20 Abs 1 S 1 [X.]B II durch das [X.]/[X.]B II/[X.]B XII-ÄndG keine Änderung gegenüber der zuvor benannten Fassung erfahren. Der auf die Heizung entfallende Anteil der Haushaltsenergie ist weiterhin aus dem Regelbedarf ausgenommen. Daher kann für den Betriebsstrom der Heizungsanlage bereits begrifflich weiterhin nichts anderes gelten. Eine andere Zuordnung in rechtlicher Hinsicht lässt sich auch nicht aus der Ergänzung des Wortlauts des § 20 Abs 1 S 1 [X.]B II um die Worte "… und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile" entnehmen. Der Gesetzgeber hat dadurch im Gegenteil die systematische Grenzziehung der Bedarfe nach §§ 20 und 22 [X.]B II weiter erleichtert und auf die Rechtsprechung des B[X.] reagiert. Dieses hatte 2008 festgestellt, die Kosten der Warmwasserbereitung seien seit dem 1.1.2005 mit einem gewissen Anteil in der Regelleistung enthalten und daher in dessen Höhe von den Kosten für Heizung in Abzug zu bringen (B[X.] Urteil vom 27.2.2008 - [X.]/11b [X.] - B[X.]E 100, 94 = [X.] 4-4200 § 22 [X.]). Für die "Warmwasserkosten" ist nun ab dem 1.1.2011 bei dezentraler Warmwassererzeugung ein Mehrbedarf nach § 21 Abs 7 [X.]B II vorgesehen. Dort wird zugleich für den Fall der zentralen Warmwassererzeugung auf die Deckung durch § 22 [X.]B II verwiesen.

Schließlich lässt sich die Auffassung des Beklagten auch nicht damit begründen, die Kosten des [X.] der Heizungsanlage in [X.] seien in die Ermittlung des Regelbedarfs auf Grundlage der Sonderauswertung [X.] eingeflossen und daher aus dem Regelbedarf zu decken. Die in [X.] gegenüber Mieterhaushalten anfallenden Strommehrkosten sind nicht in die Ermittlung des Regelbedarfs nach dem [X.]/[X.]B II/[X.]B XII-ÄndG eingegangen (zur begrenzten Überprüfbarkeit der in den einzelnen Abteilungen der [X.] zum Ausdruck kommenden Verbrauchspositionen vgl B[X.] Urteil vom 27.2.2008 - [X.]/11b [X.] - B[X.]E 100, 94 = [X.] 4-4200 § 22 [X.], Rd[X.]2 ff, 28). Der Gesetzentwurf zum [X.]/[X.]B II/[X.]B XII-ÄndG führt hierzu zwar aus, dass im Unterschied zur Sonderauswertung [X.] 2003 nicht nur die [X.] von Mietern berücksichtigt worden seien, sondern auch die Ausgaben der Eigentümer für Haushaltsstrom, allerdings nicht in Höhe der durch die [X.] ermittelten tatsächlichen Kosten. Vielmehr seien für die Verbrauchsausgaben der Eigentümer für Strom die durchschnittlichen Stromkosten von Mieterhaushalten unterstellt worden. Als existenzsichernd wurden damit die Stromkosten der Haushalte von Mietern bewertet (BT-Drucks 17/3404 [X.] f). Das Zahlenwerk zur Bedarfsermittlung belegt dies.

§ 5 [X.] sieht in der Abteilung 4 für Erwachsene (Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung) als regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgaben einen Betrag von 30,24 Euro vor. Die entsprechende Angabe findet sich auch im Gesetzentwurf (BT-Drucks 17/3404 [X.]). Der hierin enthaltene Anteil für den Strom der Eigentümerhaushalte ist mit 1,32 Euro ausgewiesen. Dabei handelt es sich allerdings nicht um die umgerechneten Stromkosten der Eigentümerhaushalte, sondern einen nach dem Ergebnis der [X.] aus den Angaben der Mieterhaushalte abgeleiteten Wert (vgl Anlage zu Art 1 des Entwurfs zum [X.]/[X.]B II/[X.]B XII-ÄndG; so auch die Lesart des [X.] Beschluss vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 - Rd[X.] 112). Hiernach betragen die Stromkosten der Mieterhaushalte 30,56 Euro. Umgerechnet nach dem Anteil der Haushalte mit jeweiliger Wertangabe gegenüber allen erfassten Haushalten (30,56 Euro x 1703 / 1942) ergeben sich hieraus 26,80 Euro, die für den Stromverbrauch der Mieterhaushalte in die Abteilung 04 für Erwachsene eingestellt worden sind. Statt der Angaben der Eigentümerhaushalte zum Haushaltsstrom (44,44 Euro) sind an ihrer Stelle die [X.] der Mieter nach dem Verhältnis der Eigentümerhaushalte mit jeweiliger Wertangabe gegenüber allen erfassten Haushalten anteilig berücksichtigt und so 1,32 Euro ermittelt (30,56 [X.]) worden. Allein dieser Wert fließt für die Eigentümerhaushalte in die Regelbedarfsermittlung ein. In der Summe ergeben sich 28,12 Euro (26,80 Euro + 1,32 Euro) anstelle von 30,56 Euro. Der in den Regelbedarf eingestellte Wert von 28,12 Euro entstammt also allein den Angaben der Mieterhaushalte, deren Verbrauch auch lediglich anteilig nach dem Verhältnis der Haushalte mit jeweiliger Wertangabe gegenüber allen erfassten Haushalten berücksichtigt worden ist (30,56 Euro x 1787 / 1942 = 28,12 Euro). Im Gesetzentwurf heißt es daher folgerichtig, bei [X.] fielen zudem auch Ausgaben für Strom an, "die als gesondert zu erbringende Kosten der Unterkunft zu bewerten seien (zum Beispiel Außenbeleuchtung, Umwälzpumpe)" (BT-Drucks 17/3404 S 56).

3. Im Hinblick auf die Höhe der Leistung geht das [X.] zutreffend davon aus, dass nur tatsächliche Aufwendungen bei der Berechnung der Leistungen für Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen sind. Diese zu erforschen ist das [X.] nach § 103 [X.]G grundsätzlich von Amts wegen verpflichtet. In einem Fall wie dem vorliegenden bestehen jedoch keine Bedenken, unter Anwendung von § 202 [X.]G, § 287 Abs 2 ZPO die Aufwendungen zu schätzen.

Nach § 287 Abs 2 ZPO sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen als der Schadensermittlung die Vorschriften des § 287 Abs 1 S 1, 2 ZPO entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung in keinem Verhältnis stehen. In diesem Fall entscheidet das Gericht nach § 287 Abs 2 iVm § 287 Abs 1 S 1 ZPO über die Höhe der Forderung unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung und es bleibt gemäß § 287 Abs 2 iVm § 287 Abs 1 S 2 ZPO seinem Ermessen überlassen, ob und inwieweit - von Amts wegen - eine Begutachtung durch einen Sachverständigen anzuordnen ist ([X.] Urteil vom 28.10.2015 - [X.] - [X.]). Die vom Tatrichter nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung, ob und inwieweit er eine Beweisaufnahme durchführt, unterliegt dabei nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht darauf, ob das [X.] von unzutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen ist, ob für seine Entscheidung grundsätzlich falsche oder offenbar unsachliche Erwägungen maßgebend waren oder ob wesentliche entscheidungserhebliche Tatsachen außer Acht gelassen wurden ([X.] Urteil vom 28.10.2015 - [X.] - Rd[X.] 93; [X.] Urteil vom [X.] - III ZR 231/12 - [X.]Z 196, 285 = juris Rd[X.]9 ff; siehe auch B[X.] Urteil vom 24.3.2015 - [X.] [X.] 12/14 R - [X.] 4-3500 § 90 [X.] Rd[X.] 15; B[X.] Urteil vom 17.4.2013 - B 9 SB 3/12 R - Rd[X.] 49). Dies ist hier im Hinblick auf die grundsätzliche Entscheidung für den Weg der Schätzung von dem Beklagen nicht gerügt worden. Der erkennende Senat folgt dem [X.] auch insoweit.

Die soeben dargelegten Voraussetzungen für die Anwendung der Methode einer Schätzung liegen vor. Dem Grunde nach steht die Erbringung von Leistungen nach § 22 Abs 1 S 1 [X.]B II für die Aufwendungen für den Strom zum Betrieb der Heizungsanlage fest. Die Bestimmung ihrer Höhe unterliegt jedoch der tatsächlichen Schwierigkeit, dass es vorliegend an einer Vorrichtung - separater Zähler bzw Zwischenzähler - fehlt, mit dessen Hilfe diese bestimmt werden könnte. Ihre Ermittlung wäre nur mittels eines Sachverständigengutachtens und - wohl auch in diesem Rahmen - einer Schätzung der Betriebsdauer der Anlage möglich. Dieses Vorgehen stünde jedoch im Hinblick auf die Bedeutung des hier streitigen Berechnungselements für die Höhe der gesamten Leistungen für Unterkunft und Heizung in keinem Verhältnis.

4. Im Berufungsverfahren wird das L[X.] allerdings zu beachten haben, dass Schätzungen eine realistische Grundlage haben sowie in sich schlüssig und wirtschaftlich nachvollziehbar sein müssen. Bei einer Schätzung entscheidet das Gericht zwar wie bei einer sonstigen Tatsachenfeststellung nach freier Überzeugung; es hat alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen (§ 287 Abs 1 S 1 iVm § 287 Abs 2 ZPO); seine Schätzung ist aber rechtsfehlerhaft, wenn es die Schätzungsgrundlagen nicht richtig festgestellt oder nicht alle wesentlichen, in Betracht kommenden Umstände hinreichend gewürdigt hat, oder wenn die Schätzung selbst auf falschen oder unsachlichen Erwägungen beruht (B[X.] Urteil vom 14.7.1988 - 11/7 [X.] - [X.] 4100 § 115 [X.] = juris Rd[X.]5). Um einen Bezugspunkt für eine realitätsnahe Schätzung des [X.], der auf die Heizung entfällt, zu finden, sind vom Tatrichter die Tatsachen festzustellen, die der Schätzung nachvollziehbare Ausgangs- und Anknüpfungstatsachen verschaffen (vgl B[X.] Urteil vom 7.7.2011 - [X.] [X.]/10 R - Rd[X.] 16; [X.] Urteil vom [X.], 1801, 1802 = juris Rd[X.]2). Es ist zwar nicht Aufgabe des [X.], die Tatsacheninstanzen für die Schätzung auf bestimmte Berechnungsmethoden zu verpflichten oder ihnen die Berücksichtigung bestimmter Schätzungsgrundlagen aufzuerlegen (B[X.] Urteil vom [X.] [X.] 12/85 - B[X.]E 62, 5 = [X.] 1750 § 287 [X.] 1 = juris LS 2 Rd[X.]), jedoch ist die Geeignetheit der ausgewählten Berechnungsmethode vom Tatrichter nachvollziehbar zu begründen. Hiernach bestimmt sich dann, welche zu ermittelnden Umstände als wesentliche Anknüpfungstatsachen in die Schätzung einzustellen sind.

Das [X.] hat vorliegend seine Berechnung auf die Annahme gestützt, der aus dem technischen Datenblatt entnommene Wert des [X.]s für 24 Stunden sei eine geeignete Anknüpfungstatsache für den Stromverbrauch der Heizungsanlage. Nach seiner Einschätzung vermag dieser Wert näherungsweise die anfallenden Stromkosten im Sinne eines Durchschnittswerts hinreichend abzubilden, um die durch den Verlauf der Heizperiode, Witterungseinflüsse, Gebrauchsgewohnheiten und Lastzustände der Anlage bedingten Unwägbarkeiten auszugleichen. Für diese Annahme fehlt es aber an einer nachvollziehbaren Begründung. Es drängt sich auch nach Lage der Akten nicht auf, warum der [X.] geeignet sein soll, die Betriebsstromkosten der Heizungsanlage abzubilden. Die im technischen Datenblatt als Referenz für die Ermittlung des [X.]s angegebene [X.] 4753 Teil 8 wurde ua durch die [X.] 4753-7 (11/2011) ersetzt (vgl http://www.beuth.de/en/draft-standard/din-4753-8/3263530), nach deren Ziffer 3 die Begriffe der [X.] 12897 (11/2014) gelten. Der [X.] beschreibt demnach den [X.], also die Abgabe der Wärmeenergie über die Außenfläche des Speichers an die Umgebung (ohne die [X.] außerhalb des Speichers, vgl [X.] des technischen Datenblatts). Bei der herstellerseitigen Messung des [X.]s wird ein elektrisches Heizelement eingesetzt, um die Temperatur konstant zu halten, durch dessen Energieverbrauch im [X.] der Heizungsanlage der [X.] ermittelt wird (vgl [X.] 12897, 11/2014, Anhang B: "Messung des [X.] bei werkseitig gedämmten [X.]"). Das [X.] scheint stattdessen versehentlich davon ausgegangen zu sein, dass es sich um den Energieverbrauch der Heizungspumpe sowie des Steuerungsgeräts handelt (vgl Ziffer 6 und 7 des [X.] vom [X.]).

Anknüpfungspunkte für die Schätzung könnten sich vielmehr aus den in der mietrechtlichen Rechtsprechung gebräuchlichen Berechnungsmethoden ergeben. Sie stellen entweder - worauf auch das [X.] zutreffend hinweist - auf einen geschätzten Anteil (üblicherweise 4 - 10 %) der Brennstoffkosten ab (vgl [X.] Urteil vom [X.]; [X.] Beschluss vom [X.]; L[X.] Niedersachsen-Bremen Urteil vom 10.7.2012 - L 7 AS 988/11 [X.]; L[X.] Baden-Württemberg Urteil vom [X.] [X.]) oder auf den geschätzten Stromverbrauch der Heizungsanlage während der ebenfalls geschätzten durchschnittlichen Betriebsstunden ihrer wesentlichen elektrischen Vorrichtungen (vgl [X.] Beschluss vom 22.12.2005 - 15 W 375/04; L[X.] Sachsen-Anhalt Urteil vom 22.11.2012 - L 5 AS 83/11; L[X.] Sachsen-Anhalt Beschluss vom [X.] [X.]27/10 B ER).

5. Das L[X.] wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Meta

B 4 AS 47/14 R

03.12.2015

Bundessozialgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Altenburg, 20. Oktober 2014, Az: S 27 AS 4108/11, Urteil

§ 22 Abs 1 S 1 SGB 2, § 20 Abs 1 S 1 SGB 2, § 20 Abs 1 SGB 2 vom 20.07.2006, § 20 Abs 1 SGB 2 vom 24.12.2003, § 5 Abs 1 RBEG, § 2 Nr 4 Buchst a BetrKV, § 202 S 1 SGG, § 287 Abs 2 ZPO, § 287 Abs 1 S 1 ZPO, § 287 Abs 1 S 2 ZPO, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 03.12.2015, Az. B 4 AS 47/14 R (REWIS RS 2015, 1290)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 1290

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VIII ZR 158/11

III ZR 231/12

15 W 375/04

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