Bundesfinanzhof, Beschluss vom 10.07.2012, Az. IX B 179/11

9. Senat | REWIS RS 2012, 4892

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Gegenstand

Ausreichende Gewähr rechtlichen Gehörs mit Durchführung einer mündlichen Verhandlung


Leitsatz

NV: Der Kläger genügt seiner ihm bei Wahrung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör obliegenden besonderen Prozessverantwortung nicht, wenn er trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung nicht zur mündlichen Verhandlung erscheint.

Gründe

1

Die auf Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) gestützte Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.

2

a) Das Finanzgericht ([X.]) hat, indem es den Antrag des [X.] und Beschwerdeführers (Kläger) auf Verlegung des Termins der mündlichen Verhandlung abgelehnt hat, nicht dessen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 [X.]O) verletzt. Nach § 227 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 [X.]O kann das Gericht aus erheblichen Gründen --auf Antrag oder von Amts wegen-- u.a. einen Termin zur mündlichen Verhandlung aufheben oder verlegen. Ein solcher erheblicher Grund wurde in dem [X.], der am 17. Oktober 2011 erst einen Tag vor der anberaumten mündlichen Verhandlung gestellt wurde, nicht in ausreichender Weise dargetan. Die angekündigte Nichtteilnahme der als Zeugin geladenen Mutter reicht dazu ersichtlich nicht aus. Deshalb musste der Kläger davon ausgehen, dass die mündliche Verhandlung --wie geschehen-- stattfinden würde.

3

b) Auch die überdies geltend gemachten Gehörsverletzungen und Verfahrensfehler, die sich im Wesentlichen mit dem Nichtberücksichtigen von [X.] beschäftigen, liegen nicht vor. Dies gilt schon deshalb, weil der Kläger nicht jede zumutbare Gelegenheit wahrgenommen hat, sich Gehör zu verschaffen.

4

Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird begrenzt durch die Mitverantwortung der Beteiligten (vgl. [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 119 [X.]O Rz 58). Danach haben diese alles in ihren Kräften Stehende und nach Lage der Dinge Erforderliche zu tun, um ihr Recht auf Gehör zu verwirklichen. Daran fehlt es, wenn der Beteiligte trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung nicht zum Termin erscheint. So stehen auch die Hinweispflichten des Gerichts aus § 76 Abs. 2 [X.]O mit der prozessualen Mitwirkung der Beteiligten in einer gewissen Wechselwirkung. Wer zur mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung unentschuldigt nicht erscheint, kann regelmäßig anschließend nicht deren Verletzung rügen (vgl. Beschlüsse des [X.] vom 29. Oktober 1999 III B 32/99, [X.], 580, und vom 1. Februar 2010 XI B 50/09, [X.], 921).

5

Wenn der Kläger --wie er jetzt [X.] schon im Klageverfahren des zweiten [X.] wiederholt vorgebracht hatte, die Akten (des Beklagten und Beschwerdegegners --Finanzamt--) seien unvollständig, so hätte er an der mündlichen Verhandlung teilnehmen müssen. Das Gleiche gilt für die beantragte und mit Verfügung vom 3. Juni 2010 abgelehnte Akteneinsicht ([X.]. 50 der Gerichtsakten des [X.], Bd. II, 2. Rechtszug). Mit der anberaumten und durchgeführten mündlichen Verhandlung hat das [X.] dem Kläger ausreichend Gelegenheit gegeben, sich Gehör zu verschaffen. Diese Möglichkeit hat er nicht genutzt. Er ist seiner Prozessverantwortung nicht nachgekommen. Dies gilt für die unter [X.] 2., 5. und 6. der Beschwerdebegründung geltend gemachten Zulassungsgründe.

6

c) Soweit der Kläger eine Überraschungsentscheidung in Bezug auf seine Einkünfteerzielungsabsicht moniert (Beschwerdebegründung unter [X.] 3.), steht dieser Zulassungsgrund im Zusammenhang mit der geltend gemachten mangelnden Sachaufklärung, für die die Ausführungen oben unter b) gelten. Überdies bringt der Kläger keinen Verfahrensfehler vor, sondern wendet sich gegen die seiner Auffassung nach unrichtige Tatsachenwürdigung des [X.]. Für einen entsprechenden Rechtsfehler legt er aber keine Zulassungsgründe dar.

7

d) Das als Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 119 Nr. 3 [X.]O) sowie des Anspruchs auf Mitteilung der Entscheidungsgründe (§ 119 Nr. 6 [X.]O) gerügte Übergehen des [X.] liegt --soweit der Senat die entsprechenden Ausführungen in der Beschwerdebegründung (unter [X.] 4.) nachvollziehen kann-- ersichtlich nicht vor. Das [X.] beschäftigt sich ausdrücklich auf S. 11 des angefochtenen Urteils mit dieser Problematik. Der Senat verweist überdies auf seinen im ersten Rechtszug ergangenen Beschluss vom 23. September 2009 IX B 52/09 ([X.], 220, unter 2. b) der Gründe.

8

Der Senat hält es für angemessen, von einer weiteren Begründung nach § 116 Abs. 5 Satz 2, 2. Halbsatz [X.]O abzusehen.

Meta

IX B 179/11

10.07.2012

Bundesfinanzhof 9. Senat

Beschluss

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 18. Oktober 2011, Az: 8 K 310/09, Urteil

Art 103 Abs 1 GG, § 96 Abs 2 FGO, § 76 FGO, § 227 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 10.07.2012, Az. IX B 179/11 (REWIS RS 2012, 4892)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4892

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