9. Senat | REWIS RS 2012, 941
Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Ausreichende Gewähr rechtlichen Gehörs mit Wiedereröffnung einer mündlichen Verhandlung; kumulative FG Begründung
1. NV: Der Kläger genügt seiner ihm bei Wahrung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör obliegenden besonderen Prozessverantwortung nicht, wenn er nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Beweisaufnahme trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung zu einer weiteren, wieder eröffneten mündlichen Verhandlung auf deren Durchführung verzichtet .
2. NV: Hat das FG sein Urteil kumulativ begründet, d.h. auf mehrere selbständig tragende Grunde gestützt, so muss wegen jeder Begründung ein Zulassungsgrund i.S.d. § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden und vorliegen .
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Das Finanzgericht ([X.]) hat nicht verfahrensfehlerhaft entschieden. Indem der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) dessen Beweiswürdigung angreift, macht er keinen Verfahrensfehler geltend (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--), sondern rügt materiell-rechtliche Fehler der Vorentscheidung. Das [X.] hat auch nicht seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 [X.]O) verletzt. Es hat nicht überraschend entschieden. Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird begrenzt durch die Mitverantwortung der Beteiligten (vgl. [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 119 [X.]O Rz 58). Danach haben diese alles in ihren Kräften Stehende und nach Lage der Dinge Erforderliche zu tun, um ihr Recht auf Gehör zu verwirklichen. Daran fehlt es, wenn der Beteiligte trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung nicht zum Termin erscheint (Beschluss des [X.] --[X.]-- vom 7. Juli 2012 IX B 179/11, [X.], 1633). So verhält es sich hier: Das [X.] hat nach Durchführung der mündlichen Verhandlung mit Beweisaufnahme am 18. April 2012 mit Beschluss vom 15. Mai 2012 die mündliche Verhandlung wieder eröffnet. Damit hat das [X.] dem Kläger ausreichend Gelegenheit gegeben, sich Gehör zu verschaffen. Diese Möglichkeit hat er aber nicht genutzt, sondern auf die Durchführung dieser mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 [X.]O).
2. Die Zulassungsgründe gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.]O liegen nicht vor. Auf die vom Kläger herausgehobenen Rechtsfragen kommt es nämlich nicht an. Sie sind in einem Revisionsverfahren nicht zu klären. Denn das [X.] hat bereits nicht feststellen können, dass der Kläger aus der Bürgschaft in Anspruch genommen wurde. Es hat sein klageabweisendes Urteil mithin auf zwei unterschiedliche Gründe gestützt, und zwar einerseits, dass der Kläger schon gar nicht in Anspruch genommen wurde und andererseits, dass er --wenn er in Anspruch genommen worden [X.] den dann entstandenen Aufwand nicht hätte als nachträgliche Anschaffungskosten geltend machen können.
Hat das [X.] aber sein Urteil wie hier kumulativ begründet, d.h. auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt, so muss wegen jeder Begründung ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 [X.]O dargelegt werden und vorliegen (ständige Rechtsprechung, z.B. [X.] vom 3. Juli 2012 IX B 185/11, [X.], 1764, m.w.N.). Das ist nicht geschehen. Denn in Bezug auf die --wie sich aus den Ausführungen unter 1. ergibt-- tatsächlichen Feststellungen des [X.] liegt kein Verfahrensfehler vor. Damit steht für den [X.] nach § 118 Abs. 2 [X.]O bindend fest, dass der Kläger nicht als Bürge in Anspruch genommen worden ist. Ausführungen zu den tatbestandlichen Voraussetzungen von nachträglichen Anschaffungskosten erübrigen sich demnach. Überdies ist das [X.] bei seiner Entscheidung von der ständigen Rechtsprechung ausgegangen (s. [X.]-Urteil vom 4. März 2008 IX R 78/06, [X.]E 220, 446, [X.], 575) und hat diese zutreffend umgesetzt. Von daher sind die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen bereits geklärt.
Meta
28.11.2012
Beschluss
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 31. Mai 2012, Az: 2 K 1176/08, Urteil
Art 103 Abs 1 GG, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 96 Abs 2 FGO, § 76 FGO
Zitiervorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28.11.2012, Az. IX B 125/12 (REWIS RS 2012, 941)
Papierfundstellen: REWIS RS 2012, 941
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
Nichtzulassungsbeschwerde: EigZulG ausgelaufenes Recht; rechtliches Gehör und kumulative FG-Begründung
Ausreichende Gewähr rechtlichen Gehörs mit Durchführung einer mündlichen Verhandlung
Ausreichende Gewähr rechtlichen Gehörs mit Durchführung einer mündlichen Verhandlung - Rechtsschutzbedürfnis für Streitwertfestsetzung durch das …
VIII B 35/21 (Bundesfinanzhof)
Verletzung rechtlichen Gehörs im Zusammenhang mit der Beiziehung von zivilgerichtlichen Akten
Anwendungsvoraussetzungen der 1 %-Regelung beim Alleingesellschafter-Geschäftsführer
Keine Referenz gefunden.
Keine Referenz gefunden.