Bundesfinanzhof, Beschluss vom 15.07.2013, Az. IX B 22/13

9. Senat | REWIS RS 2013, 4144

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Gegenstand

Ausreichende Gewähr rechtlichen Gehörs mit Durchführung einer mündlichen Verhandlung - Rechtsschutzbedürfnis für Streitwertfestsetzung durch das Prozessgericht


Leitsatz

1. NV: Der Kläger genügt seiner ihm bei Wahrung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör obliegenden besonderen Prozessverantwortung nicht, wenn er trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung nicht zur mündlichen Verhandlung erscheint.

2. NV: Auch wenn das Gericht das persönliche Erscheinen des Klägers nicht angeordnet hat, entbindet das nicht von der prozessualen Mitverantwortung des Beteiligten, persönlich an der Verhandlung teilzunehmen, um sich hinreichend Gehör zu verschaffen.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet; die geltend gemachten Zulassungsgründe gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) liegen nicht vor.

2

1. Die Vorentscheidung leidet unter keinem Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O).

3

a) Das Finanzgericht ([X.]) musste die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) angebotenen Beweise nicht erheben. Nach der maßgeblichen materiell-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz kam es nämlich auf die unter Beweis gestellten Tatsachen nicht an. Das [X.] hat den Aktivitäten des [X.], die der Kläger im Einzelnen aufgeführt und unter Beweis gestellt hat, keinerlei streitentscheidende Bedeutung beigemessen. Es hat sich in seinem Urteil auf S. 14/15 (dritter Spiegelstrich) im Rahmen der Gesamtwürdigung explizit damit auseinandergesetzt.

4

b) Das [X.] hat den Anspruch des [X.] auf rechtliches Gehör nicht verletzt. Dies gilt schon deshalb, weil der Kläger nicht jede zumutbare Gelegenheit wahrgenommen hat, sich Gehör zu verschaffen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird begrenzt durch die Mitverantwortung der Beteiligten (vgl. Beschluss des [X.] --BFH-- vom 10. Juli 2012 IX B 179/11, [X.], 1633; [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 119 [X.]O Rz 58). Danach haben diese alles in ihren Kräften Stehende und nach Lage der Dinge Erforderliche zu tun, um ihr Recht auf Gehör zu verwirklichen. Daran fehlt es, wenn der Beteiligte trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung nicht zum Termin erscheint. So stehen auch die Hinweispflichten des Gerichts aus § 76 Abs. 2 [X.]O mit der prozessualen Mitwirkung der Beteiligten in einer gewissen Wechselwirkung. Wer zur mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung unentschuldigt nicht erscheint, kann regelmäßig anschließend nicht rügen, das [X.] habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (vgl. [X.] in [X.], 1633; vom 29. Oktober 1999 III B 32/99, [X.], 580, und vom 1. Februar 2010 XI B 50/09, [X.], 921).

5

Das [X.] hat dem Kläger mit der mündlichen Verhandlung ausreichend Gelegenheit gegeben, sich Gehör zu verschaffen. Diese Möglichkeit hat er nicht genutzt. Er ist seiner Prozessverantwortung nicht nachgekommen. Er hätte dort als Partei oder informatorisch das vortragen können und müssen, was er nun in seiner Beschwerdebegründung ausführt. Dabei hat das Gericht das Fernbleiben des [X.] von der mündlichen Verhandlung entgegen der Beschwerdebegründung keineswegs verursacht. Der Kläger ist ordnungsgemäß geladen worden. Es steht im Ermessen des Gerichts, das persönliche Erscheinen eines Beteiligten gemäß § 80 Abs. 1 [X.]O zur Aufklärung des Sachverhalts anzuordnen; einen Anspruch darauf hat der Beteiligte nicht. Deshalb stellt es keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dar, wenn das [X.] das persönliche Erscheinen des [X.] --wie auch der [X.] nicht anordnet ([X.] vom 20. August 2010 IX B 41/10, [X.], 2239; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 80 [X.]O Rz 70, m.w.N.).

6

Auch wenn das Gericht das persönliche Erscheinen des [X.] nicht angeordnet hat, entbindet das nicht von der prozessualen Mitverantwortung des Beteiligten, persönlich an der Verhandlung teilzunehmen, um sich hinreichend Gehör zu verschaffen. Dies gilt hier umso mehr, als sich dem Kläger nach Ergehen eines Gerichtsbescheides sowie nach eingehender schriftlicher Einlassung der Beigeladenen die Notwendigkeit erschließen musste, seine (abweichende) Sicht der Dinge nochmals darzustellen. Zutreffend führt das [X.] nach diesen Maßstäben aus, dass "der Kläger die mündliche Verhandlung nicht genutzt" habe, "dem [X.] die Sachverhalte selbst und in unmittelbarer Gegenüberstellung zum Vortrag der Beigeladenen darzulegen".

7

2. Die Rechtssache ist auch nicht grundsätzlich bedeutsam (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O); ebenso wenig ist das Recht fortzubilden (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 [X.]O) oder eine einheitliche Rechtsprechung zu sichern (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 [X.]O). Mit seinen Formulierungen auf den Seiten 14 ff. der Beschwerdebegründung legt der Kläger im [X.] keine konkreten Rechtsfragen dar, sondern wendet sich gegen die Rechtsanwendung im Einzelfall. Damit allein ist eine Zulassung der Revision nicht zu erreichen. Denn ein qualifizierter Rechtsanwendungsfehler ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil ist das [X.] in Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgrund der Gesamtwürdigung aller Umstände zu einer mindestens vertretbaren subjektiven Zurechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gelangt.

8

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2, 2. Halbsatz [X.]O ab.

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O. Einer Festsetzung des Streitwerts gemäß § 63 Abs. 2 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes bedarf es mangels [X.] nicht, da sich die Höhe des Streitwerts aus dem Klageantrag ergibt (vgl. [X.] vom 29. Oktober 2008 I R 84/07, juris, und vom 23. Mai 2001 IV S 1/01, [X.] 2001, 1431).

Meta

IX B 22/13

15.07.2013

Bundesfinanzhof 9. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht des Saarlandes, 18. Dezember 2012, Az: 1 K 1628/10, Urteil

Art 103 Abs 1 GG, § 96 Abs 2 FGO, § 119 FGO, § 76 FGO, § 80 FGO, § 63 Abs 2 S 2 GKG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 15.07.2013, Az. IX B 22/13 (REWIS RS 2013, 4144)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4144

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B 2 U 49/23 B

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