Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.09.2016, Az. 5 AZR 220/16

5. Senat | REWIS RS 2016, 4777

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Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 28. Januar 2016 - 18 Sa 1844/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Erfüllung des gesetzlichen Mindestlohnanspruchs durch Sonderzahlungen und die Auswirkungen des Mindestlohngesetzes auf arbeitsvertraglich vereinbarte Entgeltbestandteile.

2

Die Klägerin ist seit 1992, zuletzt als Mitarbeiterin in der Cafeteria, bei der [X.] bzw. deren Rechtsvorgängerin mit einer Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich beschäftigt.

3

Der schriftliche Arbeitsvertrag regelt - inhaltsgleich mit weiteren Arbeitsverträgen der Arbeitnehmer der [X.] - [X.].:

        

„§ 3 Lohn; Gehalt

        
        

a)    

Der Arbeitnehmer … erhält einen Monatslohn von 1.262,72 €. Der Lohn wird jeweils am 10. des Monats für den Vormonat … gezahlt. …

        
        

b)    

... Die über die regelmäßige monatliche betriebsübliche Arbeitszeit hinaus angeordnete und geleistete Arbeit wird mit dem vereinbarten Stundensatz zuzüglich des nachstehenden Zuschlages berechnet. …

        
                 

Überstundenzuschlag:

25 %   

                 

…       

        
        

c)    

Für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen wird ein Zuschlag in nachstehender in Höhe des vereinbarten Stundenlohnes gezahlt. …

        
                 

Sonntagszuschlag:

30 %   

                 

Feiertagszuschlag:

100 % 

        

d)    

Für die Arbeit in der [X.] von 20.00 Uhr bis 6.00 Uhr (Nachtarbeit) erhält der Arbeitnehmer … einen Zuschlag in nachstehender in Höhe des vereinbarten Stundenlohnes.

        
                 

Nachtzuschlag:

10 %   

        

…       

        
        

§ 4 Urlaubsgeld, Zuwendung

        
        

Hat das Arbeitsverhältnis seit Beginn des laufenden Kalenderjahres bestanden, erhält der Arbeitnehmer … zur Lohnzahlung Mai ein zusätzliches Urlaubsgeld des im Fälligkeitsmonat vereinbarten Entgelts entsprechend §3 des Arbeitsvertrages und mit der Gehaltszahlung im Monat November ein [X.] des zu diesem [X.]punkt vereinbarten Lohns/ Gehalts als Sonderzuwendung in nachstehender Höhe.

        
        

Urlaubsgeld:

50 %   

        

Sonderzuwendung ([X.]):

50 %   

        

Beginnt oder endet das Arbeitsverhältnis im laufenden Kalenderjahr oder hat der Arbeitnehmer … nicht während des gesamten Jahres Bezüge von der Einrichtung erhalten, vermindert sich das zusätzliche Urlaubsgeld sowie die Sonderzuwendung um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, in dem kein Arbeitsverhältnis bestanden oder für den keine Bezüge beansprucht wurden. Eventuell zuviel gezahltes Urlaubsgeld und / oder Sonderzuwendung sind zurückzuzahlen.“

        

4

Die Beklagte schloss mit dem Betriebsrat am 8./10. Dezember 2014 eine „Betriebsvereinbarung Inkrafttreten Mindestlohngesetz“ (im Folgenden [X.]), die [X.]. bestimmt:

        

„Fälligkeit Sonderzahlungen Urlaubsgeld/ [X.]

        

[X.] vereinbarte [X.] (Urlaubsgeld, [X.]) sind in Höhe von 1/12 für jeden Kalendermonat zur betriebsüblichen Fälligkeit der Monatsvergütung zur Zahlung fällig.

        

Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen

        

Die Arbeitgeberin verpflichtet sich für den [X.]raum vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2017 keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen. ...“

5

Mitte Dezember 2014 versandte die Beklagte an alle Arbeitnehmer [X.], die eine Erhöhung des [X.] um 2 % ab 1. Jan[X.]r 2015 und eine anteilige Zahlung einer Jahressonderzahlung („13. Gehalt“) in jedem Monat vorsahen. Die Klägerin lehnte den Änderungsvertrag, anders als die weit überwiegende Mehrheit der Belegschaft, ab. Ende Jan[X.]r 2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die arbeitsvertragliche Regelung zur Rückzahlung zu viel gezahlten Urlaubs- und [X.]s entfalle ersatzlos rückwirkend zum Jahresbeginn.

6

Ab Jan[X.]r 2015 zahlte die Beklagte der Klägerin neben dem Bruttogehalt iHv. 1.391,36 Euro monatlich weitere jeweils 57,97 Euro brutto, die sie mit „Urlaubsgeld 1/12“ und „Sonderzuwendung 1/12“ abrechnete, insgesamt 1.507,30 Euro brutto. Nacht-, Sonn- und [X.] legte die Beklagte den vertraglichen [X.] iHv. 8,00 Euro zugrunde. Im Juni bis August, Oktober und November 2015 angefallene Überstunden vergütete die Beklagte ebenfalls auf der Basis von 8,00 Euro brutto/Stunde.

7

Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat die Klägerin Zahlungs- und Feststellungsklage erhoben. Sie fordert weitere Vergütung für den [X.]raum von Jan[X.]r bis November 2015.

8

Die Klägerin meint, die Beklagte zahle den gesetzlichen Mindestlohn nicht in voller Höhe. Bei durchschnittlich 173,33 Stunden im Monat müsse das Bruttomonatsgehalt 1.473,33 Euro betragen. Die [X.] seien nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechenbar. Deren arbeitsvertraglich vereinbarte Fälligkeit könne nicht verändert werden. Die [X.] sei unwirksam. Alle Entgeltbestandteile seien auf der Grundlage des Mindestlohns von 8,50 Euro/Stunde zu berechnen, Überstunden mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten.

9

Die Klägerin hat - soweit für die Revision relevant - beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 984,46 Euro brutto zuzüglich Zinsen in gestaffelter Höhe zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass die Abrechnung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte von 1/12 Urlaubsgeld iHv. 57,97 Euro brutto und 1/12 Sonderzuwendung iHv. 57,97 Euro brutto durch Entgeltabrechnung für den jeweiligen Kalendermonat seit Jan[X.]r 2015 unwirksam ist,

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Urlaubsgeld iHv. 736,67 Euro brutto abzüglich bereits gezahlter 695,64 Euro brutto zuzüglich Zinsen in gestaffelter Höhe zu zahlen,

        

4.    

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin [X.] iHv. 736,67 Euro brutto abzüglich bereits gezahlter 695,64 Euro brutto zuzüglich Zinsen in gestaffelter Höhe zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn sei erfüllt, die [X.] der [X.] zulässig. Zuschläge und Sonderzahlungen würden durch die gesetzliche [X.] nicht berührt und seien weiterhin nach dem arbeitsvertraglich Vereinbarten geschuldet.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin im Wesentlichen zurückgewiesen und ihr (rechtskräftig) nur [X.] iHv. 0,84 Euro brutto zugesprochen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das [X.] hat die Berufung der Klägerin zu Recht größtenteils zurückgewiesen. Der Anspruch der Klägerin auf den gesetzlichen Mindestlohn ist erfüllt. Das [X.] hat die arbeitsvertraglich vereinbarten Entgeltbestandteile - wie Sonderzahlungen und Zuschläge für Sonderformen der Arbeit oder Arbeit zu besonderen Zeiten - nicht erhöht. [X.] kann die Klägerin nicht beanspruchen.

I. Die Klage ist in den Zahlungsanträgen zulässig. Dagegen ist der Feststellungsantrag unzulässig.

1. [X.] sind zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Sie sind auf konkrete Vergütungsdifferenzen über eine Zeit von elf Monaten gerichtet. Die Klage ist für den streitbefangenen Zeitraum als abschließende Gesamtklage zu verstehen (vgl. [X.] 23. September 2015 - 5 [X.] - Rn. 12).

2. Der Feststellungsantrag ist unzulässig.

Die von der Klägerin begehrte Feststellung der Unwirksamkeit der Abrechnung des Urlaubs- und [X.]s betrifft kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO (zu den Anforderungen vgl. [X.] 24. Februar 2016 - 7 [X.] - Rn. 12 mwN). Zwar sind die Gerichte gehalten, Anträge nach Möglichkeit so auszulegen, dass hierdurch eine erkennbar erstrebte Sachentscheidung ermöglicht wird ([X.] 25. März 2015 - 5 [X.] - Rn. 12 mwN). Doch scheitert jede Auslegung - etwa dahingehend, die Fälligkeit der [X.] solle geklärt werden - am Wortlaut des Antrags.

II. [X.] sind unbegründet.

1. Die Klagebegründung ist bereits unschlüssig, weil die Klägerin ihre Forderung nicht nach den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden, sondern anhand eines monatlichen Stundendurchschnitts begründet hat. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn entsteht mit jeder geleisteten Arbeitsstunde (§ 1 Abs. 2 iVm. §§ 20, 1 Abs. 1 [X.]). Dies erfordert die schlüssige Darlegung der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden. Die Behauptung einer aus dem Durchschnitt eines Zeitraums ermittelten Stundenzahl ersetzt diesen Vortrag nicht ([X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 19). Der [X.] braucht aber nicht auf eine entsprechende Ergänzung des Vortrags der Klägerin hinzuwirken, weil die Zahlungsanträge in jedem Fall unbegründet sind.

2. Der Anspruch der Klägerin auf den gesetzlichen Mindestlohn nach § 1 Abs. 1 [X.] ist durch Erfüllung erloschen.

a) Die Beklagte hat den Mindestlohnanspruch der Klägerin in der streitgegenständlichen Zeit jedenfalls durch allmonatliche Zahlung des Bruttogehalts und eines Zwölftels der [X.] erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB).

aa) Der Mindestlohnanspruch aus § 1 Abs. 1 [X.] ist ein gesetzlicher Anspruch, der eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch tritt ([X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 22 mwN). § 3 [X.] führt bei Unterschreiten des gesetzlichen Mindestlohns zu einem Differenzanspruch. Dabei scheiden längere Berechnungszeiträume als ein Kalendermonat für die Frage, ob ein Anspruch auf Differenzvergütung entstanden ist, aus (vgl. [X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 25 mwN).

Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn haben alle Arbeitnehmer, auch wenn ihre durch Arbeits- oder Tarifvertrag geregelte Vergütung über dem gesetzlichen Mindestlohn liegt (vgl. [X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 23 mwN).

bb) Der Arbeitgeber hat den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn erfüllt, wenn die für einen Kalendermonat gezahlte Bruttovergütung den Betrag erreicht, der sich aus der Multiplikation der Anzahl der in diesem Monat tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden mit 8,50 Euro ergibt (vgl. [X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 26).

Erfüllung iSv. § 362 Abs. 1 BGB tritt beim Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn ein mit Zahlung des Bruttoarbeitsentgelts, denn der gesetzliche Mindestlohn ist das als Gegenleistung für die Arbeit (mindestens) zu erbringende Entgelt (vgl. zur Auslegung des Begriffs Mindestlohn [X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 28 ff.).

Von den im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachten Entgeltzahlungen des Arbeitgebers fehlt nur solchen Zahlungen die Erfüllungswirkung, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung (zB § 6 Abs. 5 [X.]) beruhen (vgl. [X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 32).

b) Danach sind die Mindestlohnansprüche der Klägerin in den Kalendermonaten Januar bis November 2015 erfüllt. Denn neben dem monatlichen Bruttogehalt kommt auch den vorbehaltlos und unwiderruflich in jedem Kalendermonat zu 1/12 geleisteten [X.] Erfüllungswirkung zu. Sie sind eine im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis stehende Gegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeit. Denn nach § 4 Arbeitsvertrag mindern sie sich um jeweils ein Zwölftel für Kalendermonate ohne Entgeltanspruch. Einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung unterliegen die [X.] nicht. Eine Rückforderung ist der Beklagten aufgrund ihrer vorprozessualen Erklärung vom Januar 2015 verwehrt.

3. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf erhöhte [X.]. Diese sind nicht auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns zu berechnen.

Nach § 4 Arbeitsvertrag betragen Urlaubs- und [X.] jeweils 50 % des „vereinbarten Entgelts“ bzw. des „vereinbarten Lohns“. Die Berechnung richtet sich daher nach der in § 3 Arbeitsvertrag bestimmten Vergütung. Der Wortlaut der Vereinbarung lässt keinen anderen Schluss zu. Das [X.] hat daran nichts geändert. Eine bestimmte Höhe von Sonderzahlungen sieht das [X.] nicht vor (vgl. [X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 34).

4. Die Klägerin kann keine höheren als die arbeitsvertraglich vereinbarten Zuschläge für Überstunden, Sonn- und Feiertagsarbeit verlangen.

Die Zuschläge sind nicht auf der Grundlage der in § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] bestimmten 8,50 Euro, sondern des vertraglich vereinbarten Bruttostundenentgelts zu berechnen.

Die Zuschlagspflicht für Überstunden und Arbeit an besonderen Tagen folgt allein aus § 3 Buchst. b und c Arbeitsvertrag und knüpft an den „vereinbarten Stundenlohn“ an. Damit bezieht sie sich auf eine arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung. Der Wortlaut lässt nur diesen Schluss zu, auch wenn in § 3 Buchst. a Arbeitsvertrag kein Stunden-, sondern ein Monatslohn genannt wird. Jedenfalls soll die Berechnungsgrundlage der Zuschläge einer zwischen den Parteien vereinbarten Vergütung folgen. Daran hat das [X.] nichts geändert (vgl. [X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 36).

5. Die Klägerin hat aufgrund des [X.]es keinen Anspruch auf weitere Überstundenvergütungen.

In den Monaten mit Überstundenleistung hat die Beklagte den Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn durch Zahlung des [X.], der in [X.] geleisteten [X.] und der jeweiligen Überstundenvergütung iHv. 8,00 Euro brutto/Stunde erfüllt.

Im Juni 2015 erbrachte die Klägerin dreieinhalb Überstunden, für die die Beklagte neben der Vergütung weitere 28,00 Euro brutto, mithin 1.535,30 Euro brutto geleistet hat. Im Juli 2015 leistete die Klägerin zehn Überstunden, für die sie neben der Vergütung weitere 80,00 Euro brutto, mithin 1.587,30 Euro brutto erhalten hat. Im August 2015 leistete die Klägerin 20 Überstunden, für die sie neben der Vergütung weitere 160,00 Euro brutto, mithin 1.667,30 Euro brutto erhalten hat. Im Oktober und im November 2015 erbrachte die Klägerin jeweils 25 Überstunden, für die sie neben der Vergütung jeweils weitere 200,00 Euro brutto, mithin je 1.707,30 Euro brutto erhalten hat. Die Klägerin hat in keinem der Fälle vorgetragen, sie habe über die damit jedenfalls in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns abgegoltenen 180,62 bzw. 186,74 bzw. 196,15 bzw. 200,86 Arbeitsstunden im Monat weitere Arbeit erbracht.

6. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf [X.] nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen verspäteter [X.] besteht nicht. Die Regelung der Fälligkeit der [X.] mit jeweils 1/12 für jeden Kalendermonat verdrängt die arbeitsvertragliche Fälligkeitsvereinbarung.

a) Die von der Klägerin erhobenen [X.] gegen die formelle Wirksamkeit der [X.] greifen nicht durch.

aa) Die [X.], das [X.] habe das Bestreiten eines wirksamen Betriebsratsbeschlusses übergangen, ist unzulässig. Der pauschale Hinweis auf ein Bestreiten genügt den Anforderungen an eine Gehörsrüge nicht (vgl. [X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 42).

bb) Die [X.], der angebotene Zeugenbeweis sei nicht erhoben worden, ist ebenfalls unzulässig, denn ihre Begründung entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen. Allein die [X.], ein Beweis sei nicht erhoben worden, ist unzureichend, wenn die Klägerin - wie hier - nicht vorgetragen hat, wo und bei welcher Gelegenheit sie ein den Anforderungen des § 373 ZPO entsprechendes Beweisangebot gemacht habe (vgl. [X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 43 mwN ).

cc) Die Würdigung der Beschlussfassung des Betriebsrats durch das [X.] verletzt nicht § 286 ZPO. Danach haben die Tatsacheninstanzen unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer ggf. durchgeführten Beweisaufnahme nach ihrer freien Überzeugung darüber zu befinden, ob sie eine tatsächliche Behauptung für wahr erachten oder nicht (vgl. [X.] 16. Juli 2015 - 2 [X.] - Rn. 35 mwN). [X.] ist diese Würdigung allein daraufhin zu überprüfen, ob alle Umstände vollständig berücksichtigt und nicht Denk- und Erfahrungsgrundsätze verletzt wurden.Gemessen daran hat das [X.] § 286 ZPO nicht verletzt. Es hat, basierend auf dem [X.] zur Beschlussfassung des Betriebsrats, seine Überzeugungsbildung ausreichend dargelegt. Das Berufungsgericht durfte das weitere, lediglich pauschale Bestreiten der Klägerin für unerheblich halten.

dd) Schließlich hat das [X.] im Einklang mit der Rechtsprechung des [X.] einen Verstoß gegen § 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG verneint. Eine mangels Übermittlung der Tagesordnung verfahrensfehlerhafte Ladung zu einer Betriebsratssitzung kann durch die im Übrigen ordnungsgemäß geladenen Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats in einer Betriebsratssitzung geheilt werden, wenn dieser beschlussfähig iSd. § 33 Abs. 2 BetrVG ist und die Anwesenden einstimmig beschließen, über einen Regelungsgegenstand zu beraten und abzustimmen. Nicht erforderlich ist, dass an dieser Sitzung alle Betriebsratsmitglieder teilnehmen (vgl. [X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 45 mwN).

b) Die [X.] ist auch materiell wirksam.

aa) Die [X.] des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG greift nicht, denn es liegt ein Fall der erzwingbaren Mitbestimmung vor. Die [X.] beinhaltet eine Fälligkeitsbestimmung. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG erfasst die Regelung des Zeitpunkts, zu dem die Arbeitsvergütung zu zahlen ist ( vgl. [X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 47 f. mwN). Eine die Beklagte bindende tarifliche Regelung besteht nicht.

bb) Die arbeitsvertragliche Fälligkeitsregelung wird durch die der [X.] verdrängt, denn sie ist betriebsvereinbarungsoffen.

Nach den Feststellungen des [X.]s (§ 559 Abs. 2 ZPO) handelt es sich bei den arbeitsvertraglichen Regelungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Diese Feststellungen hat die Klägerin nicht in revisionsrechtlich relevanter Weise beanstandet.

Die Arbeitsvertragsparteien können ihre vertraglichen Absprachen - auch konkludent - dahingehend gestalten, dass sie einer Abänderung durch betriebliche Normen unterliegen. Eine konkludente Vereinbarung darf angenommen werden, wenn der Vertragsgegenstand in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist und einen kollektiven Bezug hat. Danach ist die arbeitsvertragliche Fälligkeitsregelung der [X.] betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet. Es handelt sich um von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen mit [X.] Bezug. Der Auszahlungszeitpunkt der [X.] soll betriebseinheitlich geregelt werden. Dass der Vereinbarung der arbeitsvertraglichen Fälligkeitsregelung eine betriebsvereinbarungsfeste Individualvereinbarung zugrunde liegt, ist nicht ersichtlich ( vgl. hierzu [X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 52 mwN).

c) Der Beklagten ist es nach [X.] (§ 242 BGB) nicht verwehrt, sich auf die Fälligkeitsregelung der [X.] zu berufen. Ein widersprüchliches Verhalten liegt nicht vor. § 242 BGB ist nicht deshalb anzuwenden, weil die Beklagte die Wirkung der [X.] unter die Bedingung gestellt habe, dass mit sämtlichen Arbeitnehmern [X.] zustande kommen. Die [X.] selbst enthält keine solche Bedingung und eine außerhalb der kollektiven Vereinbarung einseitig von der Beklagten formulierte Bedingung hätte keinen rechtlichen Einfluss auf den Inhalt einer Betriebsvereinbarung ( vgl. [X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 54). Gleiches gilt für das Schreiben der Beklagten vom Dezember 2014.

III. [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Volk    

        

        

        

    Buschmann    

        

    [X.]    

                 

Meta

5 AZR 220/16

28.09.2016

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Brandenburg, 19. August 2015, Az: 3 Ca 261/15, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.09.2016, Az. 5 AZR 220/16 (REWIS RS 2016, 4777)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4777

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