Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.06.2018, Az. 27 W (pat) 59/13

27. Senat | REWIS RS 2018, 7488

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren – "Pippi Langstrumpf" - Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 301 62 491 – [X.]/12 Lösch

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 20. Juni 2018 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] und die Richterin Werner

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Für die Beschwerdegegnerin und Löschungsantragsgegnerin ist die am 19. November 2001 angemeldete und am 12. April 2002 eingetragene Wortmarke 301 62 491

2

[X.]

3

für Dienstleistungen der [X.]: „Beherbergung von Gästen“ eingetragen.

4

Nachdem das [X.], Markenabteilung 3.4, den Löschungsantrag des Beschwerdeführers durch Beschluss vom 5. März 2013 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt hatte, der eingetragenen Marke „[X.]“ stünden keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] entgegen, hatte der erkennende Senat den vorgenannten Beschluss aufgehoben und die Löschung der Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft angeordnet und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

5

Mit Beschluss vom 5. Oktober 2017 hat der Bundesgerichtshof I [X.] 97/16 die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen und ausgeführt, es fehle ein inhaltlicher Bezug zwischen der namensgebenden Romanfigur und den geschützten Dienstleistungen, deshalb habe die Marke keinen beschreibenden Charakter. Die inhaltlichen Zuschreibungen, die der Verkehr nach Auffassung des [X.]s von der Romanfigur auf unter ihrem Namen angebotene Beherbergungsdienstleistungen übertrage, begründeten allenfalls einen beschreibenden Anklang. Der Umstand, dass eine Marke als sprechendes Zeichen einen Hinweis nicht nur auf die betriebliche Herkunft, sondern auch auf die gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung gebe, stehe der Unterscheidungskraft nicht entgegen.

6

Auf den Hinweis des Senats vom 27. April 2018 hat der [X.] und Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom18. Juni 2018 um Entscheidung nach Lage der Akten gebeten.

7

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge des [X.] und die Akte des [X.] I [X.] 97/16 Bezug genommen.

II.

8

Die nach § 66 [X.] zulässige Beschwerde des [X.]s wird zurückgewiesen.

9

Eine Marke wird nach § 50 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 [X.] auf Antrag wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft gefehlt hat und sie daher von der Eintragung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ausgeschlossen oder entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] eingetragen worden ist oder wenn sie wegen eines Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen war. Dabei ist auf das Verkehrsverständnis im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens abzustellen ([X.], Beschluss vom 6. April 2017 – 1 [X.] 39/16, [X.], 1262 Rn. 13 = WRP 2017, 1478 – [X.], m. w. N.). Eine Löschung der Marke darf gemäß § 50 Abs. 2 Satz 1 [X.] aber nur erfolgen, wenn die Marke auch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag keine hinreichende Unterscheidungskraft oder ein Freihaltebedürfnis aufweist.

a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und die Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden. Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ([X.], Beschluss vom 17. Oktober 2013 – 1 [X.] 11/13, [X.], 376 Rn. 11 = [X.], 449 – [X.]; Beschluss vom 19. Februar 2014 – 1 [X.] 3/13, [X.], 569 Rn. 10 = [X.], 573 – [X.]; Beschluss vom 10. Juli 2014 – I [X.] 81/13, [X.], 173 Rn. 15 = [X.], 195 – for you; [X.], [X.], 186 Rn. 29 – [X.], jeweils m. w. N.).

 Personennamen sind wegen ihrer Eignung, den Namensträger individuell zu bezeichnen und damit von anderen Personen zu unterscheiden, ein klassisches Kennzeichnungsmittel (vgl. zu § 5 [X.] [X.], Urteil vom 30. Januar 2008 – [X.] 134/05, [X.], 801 Rn. 13 = [X.], 1189 – [X.]). Ob ein Personenname eine auf die Herkunft von Waren oder Dienstleistungen hinweisende Funktion hat, ist allerdings nach den für sämtliche Marken geltenden Grundsätzen zu beurteilen (vgl. [X.], Urteil vom 16. September 2004 – [X.]/02, [X.]. 2004, [X.] = GRUR 2004, 946 Rn. 25 ff. – [X.]/ Registrar of Trade Marks). Versteht der Verkehr eine Personenbezeichnung lediglich als eine Waren oder Dienstleistungen beschreibende Sachangabe, so fehlt es an der für die Unterscheidungskraft erforderlichen Funktion, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] Beschluss vom 5. Oktober 2017– I [X.] 97/16 – [X.]. 11 und 12; [X.], Beschluss vom 5. Dezember 2002 – 1 [X.] 19/00, [X.], 342, 343 = [X.], 519 – [X.]; Beschluss vom 24. April 2008 -1 [X.] 21/06, [X.], 1093 Rn. 15 = [X.], 1428 – Marlene-DietrichBildnis I; [X.], Beschluss vom 4. April 2007 – 28 W (pat) 103/05; [X.], [X.] 2008, 33, 36; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., § 8 Rn. 270).

Nach den umfangreichen Ausführungen des [X.], auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, fehlt der Marke "[X.]“ der beschreibende Charakter in Bezug auf die Dienstleistungen der [X.]: „Beherbergung von Gästen“. Eventuelle inhaltlichen Zuschreibungen, die der Verkehr von der Romanfigur auf unter ihrem Namen angebotenen Beherbergungsdienstleistungen überträgt, begründen nach Auffassung des [X.] allenfalls einen beschreibenden Anklang der angegriffenen Marke ([X.] Beschluss vom 5. Oktober 2017– I [X.] 97/16- Rdnr. 18).

Der Umstand, dass eine Marke als sprechendes Zeichen einen Hinweis nicht nur auf die betriebliche Herkunft, sondern auch auf die gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung gibt, steht der Annahme der Unterscheidungskraft jedoch nicht entgegen ([X.], Beschluss vom 18. März 1999      – 1 [X.] 27/96, [X.], 988, 990 = [X.], 1038 – [X.]). Hier verhält es sich nicht anders als in solchen Fällen, in denen nicht beschreibende Zeichen als Werbemittel etwa in Form von Werbeslogans, Qualitätshinweisen oder Aufforderungen zum Kauf der Waren oder Dienstleistungen verwendet werden, auf die sich die Marke bezieht.Damit kann der angegriffenen Marke nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

b) Ein Zeichen ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nur dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können, für die sie eingetragen werden sollen. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden ([X.] GRUR 2004, 680 Rn. 35 Campina Melkunie/[X.] [[X.]]; a. a. [X.], Rn.  54 u. 95 – Postkantoor; GRUR 2004, 146 Rn. 31 – [X.]/[X.] [[X.]]; [X.] WRP 2017, 183 Rn. 37 f. – [X.]). Nach der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] unterliegen nicht nur im Verkehr übliche Fachbegriffe oder glatt beschreibende Gattungsbezeichnungen einem Eintragungsverbot, sondern alle Zeichen und Angaben, die geeignet sind, Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu bezeichnen ([X.] GRUR 2010, 534 Rn. 52 – Prana Haus/[X.] [[X.]]; GRUR 2011, 1135 Rn. 37 – [X.]/[X.] [Zahl 1000]).

Als individualisierende Bezeichnung einer ersichtlich fiktiven Mädchenfigur vermag die angegriffene Marke zugleich auf das Unternehmen hinzuweisen, das Dienstleistungen im Zusammenhang mit dieser Phantasiefigur produziert und anbietet und erschöpft sich – aus oben aufgeführten Gründen – nicht in einer rein produktbeschreibenden Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers wird der angesprochene Verkehr in dem Wortzeichen „[X.]“ mangels konkreter inhaltlicher Vorstellung keinen ausschließlich beschreibenden Bezug zu Inhalt oder Eigenschaften der eingetragenen Dienstleistungen herstellen.

Ein [X.] nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] scheidet demnach ebenfalls aus.Da auch keine weiteren Eintragungshindernisse vorgetragen oder ersichtlich sind, konnte der Löschungsantrag keinen Erfolg haben.

Meta

27 W (pat) 59/13

20.06.2018

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.06.2018, Az. 27 W (pat) 59/13 (REWIS RS 2018, 7488)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7488


Verfahrensgang

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Az. 27 W (pat) 59/13

Bundespatentgericht, 27 W (pat) 59/13, 20.06.2018.

Bundespatentgericht, 27 W (pat) 59/13, 17.10.2016.


Az. I ZB 97/16

Bundesgerichtshof, I ZB 97/16, 05.10.2017.


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I ZB 97/16

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