Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.03.2016, Az. VIII ZB 88/15

8. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 15313

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Gegenstand

Berufungszulassung im amtsgerichtlichen Urteil


Leitsatz

Eine Zulassung der Berufung muss nicht zwingend im Tenor des amtsgerichtlichen Urteils ausgesprochen sein. Es genügt, wenn sie lediglich in den Gründen des Urteils enthalten ist (Anschluss an BGH, Urteil vom 8. März 1956, III ZR 265/54, BGHZ 20, 188, 189 [Zulassung der Revision]).

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluss der Zivilkammer 57 des [X.] vom 2. November 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Wert des Beschwerdeverfahrens: Wertstufe bis 500 €.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten um den Bestand von Ansprüchen aus einem Stromlieferungsvertrag sowie die Rückgewähr von Überzahlungen. Das Amtsgericht, das den Streitwert auf insgesamt 531,07 € festgesetzt hat, hat die Klage abgewiesen. In den Gründen seiner Entscheidung hat es vor der erteilten Rechtsmittelbelehrung ausgeführt:

"Die Berufung ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung besitzt bzw. die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert, § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO."

2

Die hiergegen vom Kläger form- und fristgerecht eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht unter Festsetzung eines Streitwerts für die Berufungsinstanz auf bis zu 500 € als unzulässig verworfen, weil der Wert des [X.] € nicht übersteigt. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

3

1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch nach § 574 Abs. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert. Das Berufungsgericht hat die Berufung des [X.] zu Unrecht nach § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen. Indem es dabei dem Beklagten den Zugang zur Berufungsinstanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise versagt hat, hat es zugleich dessen verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) in zulassungsrelevanter Weise verletzt (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschlüsse vom 8. April 2014 - [X.], [X.], 427 Rn. 7; vom 4. Juni 2014 - [X.], NJW-RR 2014, 1102 Rn. 7; jeweils mwN).

4

2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.

5

Die Rechtsbeschwerde weist mit Recht darauf hin, dass es im Streitfall für die Statthaftigkeit der Berufung auf den Wert des [X.] nicht ankommt. Die Berufung ist vielmehr gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil das Gericht des ersten [X.] - mit Bindungswirkung für das Berufungsgericht - die Berufung nach § 511 Abs. 4 ZPO zugelassen hat. Diese Zulassung, die nicht zwingend im Tenor des amtsgerichtlichen Urteils ausgesprochen sein musste, sondern - wie hier - lediglich in den Gründen enthalten zu sein brauchte (vgl. [X.], Urteil vom 8. März 1956 - [X.], [X.]Z 20, 188, 189 [zur Zulassung der Revision]; vgl. auch [X.], Beschluss vom 15. Juni 2011 - [X.], [X.], 1335 Rn. 1), hat das Berufungsgericht nicht zur Kenntnis genommen und dadurch dem Kläger den Zugang zur Berufungsinstanz in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise vereitelt.

6

3. Die Sache ist danach unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO), welches dem Berufungsverfahren mit den sodann zu treffenden Entscheidungen Fortgang zu geben hat.

7

4. Die Entscheidung über die Nichterhebung der Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Dr. [X.]                            Dr. Schneider

                   Dr. Fetzer                           Dr. Bünger

Meta

VIII ZB 88/15

01.03.2016

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Berlin, 2. November 2015, Az: 57 S 164/15

§ 511 Abs 2 Nr 2 ZPO, § 511 Abs 4 S 1 Nr 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 01.03.2016, Az. VIII ZB 88/15 (REWIS RS 2016, 15313)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 1179 WM 2016, 1853 REWIS RS 2016, 15313

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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