Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.09.2010, Az. IX ZB 195/09

9. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 3127

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Gegenstand

Insolvenzverfahren: Funktionelle Zuständigkeit zur Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters; Hemmung der Verjährung des Vergütungsanspruchs


Leitsatz

1. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht die funktionelle Zuständigkeit zur Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters auf den Rechtspfleger über, sofern sich nicht der Richter die Entscheidung vorbehalten hat .

2. Die Verjährung des Vergütungsanspruchs des vorläufigen Insolvenzverwalters ist bis zum Abschluss des eröffneten Insolvenzverfahrens gehemmt .

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten wird der Beschluss der 20. Zivilkammer des [X.] vom 22. Juli 2009 aufgehoben.

Auf die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten werden der Beschluss des [X.] vom 11. August 2009 und die zum Beschluss des [X.] vom 22. April 2009 ergangene Begleitverfügung der Rechtspflegerin vom gleichen Tage mit der Maßgabe aufgehoben, dass der weitere Beteiligte berechtigt ist, die festgesetzte Vergütung für seine Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter der Masse zu entnehmen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf 1.620,12 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wurde vom [X.] durch [X.]uss vom 26. November 2002 zum vorläufigen Insolvenzverwalter und - mit der Insolvenzeröffnung - durch [X.]uss vom 7. Mai 2003 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt. In seinem Schlussbericht vom 17. Februar 2009 hat der Beschwerdeführer die Festsetzung einer Vergütung für die Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter beantragt. Das Amtsgericht - Rechtspflegerin - hat die Vergütung zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer mit [X.]uss vom 22. April 2009 antragsgemäß auf 1.620,12 € festgesetzt und dem Beschwerdeführer durch eine Begleitverfügung mitgeteilt, dass einer Entnahme der Vergütung aus der Masse wegen zwischenzeitlicher Verjährung des Anspruchs nicht zugestimmt werde.

2

Gegen "den [X.]uss bzw. die Anordnung, dass die festgesetzte Vergütung für das vorläufige Insolvenzverfahren nicht der Masse entnommen werden darf", hat der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde bzw. Erinnerung eingelegt. Die Rechtspflegerin hat dem Beschwerdeführer daraufhin mit Schreiben vom 3. Juni 2009 mitgeteilt, dass die Festsetzung der Vergütung den Verwalter berechtige, diese der Masse zu entnehmen, ein solches Vorgehen hier jedoch als pflichtwidriges Verwalterhandeln anzusehen sein würde. In ihrer Nichtabhilfeentscheidung zur Vorlage der Sache an das [X.] hat die Rechtspflegerin ausgeführt, dass der Beschwerde ein Rechtsschutzinteresse fehle, weil eine rechtskräftig festgesetzte Vergütung den Verwalter grundsätzlich zur Begleichung dieses Anspruchs aus der Masse berechtige.

3

Das [X.] hat mit [X.]uss vom 22. Juli 2009 die Vorlageverfügung der Rechtspflegerin aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht zurückgegeben. Zur Begründung hat das [X.] ausgeführt, das Rechtsmittel richte sich nicht gegen die Festsetzung der Vergütung, sondern gegen die gesonderte Anordnung, dass diese nicht der Masse entnommen werden dürfe. Da die [X.] gegen eine solche Anordnung die sofortige Beschwerde nicht vorsehe (§ 6 [X.]), liege eine Erinnerung vor (§ 11 Abs. 2 [X.]), über welche der [X.] am Amtsgericht abschließend zu entscheiden habe. Das Amtsgericht hat daraufhin das als Erinnerung gewertete Rechtsmittel des Beschwerdeführers durch [X.]uss der [X.]in vom 11. August 2009 als zulässig, aber unbegründet zurückgewiesen.

4

Mit seiner Rechtsbeschwerde beantragt der Beschwerdeführer, den [X.]uss des [X.]s vom 22. Juli 2009 aufzuheben und unter Abänderung der Anordnung des Amtsgerichts vom 22. April 2009 festzustellen, dass er berechtigt ist, die festgesetzte Vergütung für seine Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter der Masse zu entnehmen.

II.

5

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 574 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO).

6

1. Die Rechtsbeschwerde findet nach §§ 4, 6, 7 [X.], § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO gegen Beschwerdeentscheidungen statt, wenn die sofortige Beschwerde statthaft war ([X.]Z 158, 212, 214; [X.], [X.]. v. 25. Juni 2009 - [X.] 161/08, [X.], 1582, 1583 Rn. 5). Dies gilt auch in Fällen, in denen das Beschwerdegericht eine statthafte sofortige Beschwerde als unzulässig verworfen hat ([X.], [X.]. v. 30. März 2006 - [X.] 171/04, [X.], 1409 f Rn. 5; MünchKomm-[X.]/Ganter, 2. Aufl. § 7 Rn. 20; HK-[X.]/Kirchhof, 5. Aufl. § 7 Rn. 4). Vorliegend hat das Beschwerdegericht die statthafte sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers zu Unrecht nicht in der Sache beschieden.

7

a) Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts über die Festsetzung der Verwaltervergütung ist nach der Regelung des § 64 Abs. 3 Satz 1 [X.] die sofortige Beschwerde eröffnet. Dieses Rechtsmittel ist infolge der Verweisung des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] auf diese Vorschrift auch im Falle der Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters gegeben ([X.]/[X.], [X.] 13. Aufl. § 64 Rn. 3; [X.]/Kind, [X.] 4. Aufl. § 64 Rn. 3).

8

b) Eine sofortige Beschwerde gegen den [X.]uss des Amtsgerichts vom 22. April 2009 war für den Beschwerdeführer nicht eröffnet, soweit das Amtsgericht seinem Antrag durch die Festsetzung der beantragten Vergütung entsprochen hat. Insoweit fehlt es an einer Beschwer.

9

Die Festsetzung der Vergütung durch das Amtsgericht berechtigt den Verwalter zugleich, den festgesetzten Betrag der Masse zu entnehmen ([X.]Z 165, 96, 101 f; [X.]/Schilken, [X.] § 64 Rn. 25; MünchKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl. § 64 Rn. 17). Das Fehlen einer Ermächtigung zur Entnahme des festgesetzten Betrags durch das Amtsgericht beschwert den Beschwerdeführer somit nicht, weil es eines solchen gesonderten Ausspruchs gar nicht bedarf. Wie das [X.] daher zutreffend ausgeführt hat, wendet sich der Beschwerdeführer auch gar nicht gegen den Inhalt des [X.], sondern gegen die ihm gegenüber ergangene Begleitverfügung, den Betrag nicht der Masse entnehmen zu dürfen.

c) Entgegen der Auffassung des [X.]s war jedoch gegen die mit dem [X.]uss vom 22. April 2009 verbundene Begleitverfügung des Amtsgerichts, durch die dem Verwalter die Zustimmung zur Entnahme seiner Vergütung aus der Masse versagt wurde, die sofortige Beschwerde zulässig.

aa) Durch die Begleitverfügung wird der weitere Beteiligte beschwert, und diese Beschwer ist nicht im Laufe des Beschwerdeverfahrens entfallen. Wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich aus dem Schreiben der Rechtspflegerin vom 3. Juni 2009, dass das Amtsgericht eine Entnahme der Vergütung als pflichtwidriges Verwalterhandeln ansehen würde. Die Tatsache, dass das Amtsgericht den Beschwerdeführer als ermächtigt ansieht, die Vergütung aus der Masse zu entnehmen, lässt dessen Rechtsschutzbedürfnis daher nicht entfallen.

bb) Das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde ist im Blick auf die Begleitverfügung auch statthaft.

(1) Zwar sind nach dem in der Bestimmung des § 6 Abs. 1 [X.] zum Ausdruck kommenden Enumerationsprinzip Entscheidungen nur anfechtbar, soweit das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht. Maßnahmen, die das Amtsgericht im Rahmen seiner Aufsicht nach § 58 [X.] gegenüber dem Verwalter trifft, sind daher nur in den gesetzlich geregelten Fällen mit der Beschwerde anfechtbar. Daher ist namentlich die Entscheidung des Amtsgerichts, durch welche dem Verwalter die Entnahme eines [X.] nach § 9 [X.] aus der Masse versagt wird, nicht im Wege entsprechender Anwendung des § 64 Abs. 3 Satz 1 [X.] beschwerdefähig ([X.], [X.]. v. 1. Oktober 2002 - [X.] 53/02, [X.], 2476, 2477 f).

(2) Vorliegend bezieht sich die angefochtene Begleitverfügung des Amtsgerichts jedoch nicht auf die Ermächtigung zur Entnahme eines Vorschusses, sondern auf die Entnahme der Vergütung für die vorläufige Verwaltung, deren Festsetzung nach der ausdrücklichen Regelung des § 64 Abs. 3 Satz 1, § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 2 [X.] der sofortigen Beschwerde unterliegt.

Da - wie ausgeführt - die Vergütungsfestsetzung durch das Amtsgericht zugleich die Ermächtigung zur Entnahme des festgesetzten Betrags beinhaltet, hat das Amtsgericht mit der Begleitverfügung der Sache nach den [X.] eingeschränkt, indem es eine diesem [X.]uss ansonsten zukommende Rechtsfolge ausgeschlossen hat. Eine solche Regelung, wodurch die Vergütungsfestsetzung einer wesentlichen Rechtsfolge entkleidet wird, kann das Amtsgericht nur in dem speziellen Festsetzungsverfahren gemäß § 64 [X.], § 8 [X.] treffen.

Danach ist gegen die Begleitverfügung ein Rechtsmittel auch dann zulässig, wenn man sie nicht als Bestandteil des [X.]usses vom 22. April 2009 ansieht. Hätte die hier angefochtene Begleitverfügung der Form nach als Bestandteil des [X.]es ergehen müssen, so kann der Beschwerdeführer nach dem [X.] dasjenige Rechtsmittel geltend machen, welches bei Wahl der gebotenen Form eröffnet gewesen wäre, weil die Wahl einer falschen Entscheidungsform den Rechtsweg nicht verkürzen kann (vgl. [X.]Z 98, 362, 364 f; 140, 208, 217 f; [X.]/[X.], 3. Aufl. Vor § 511 Rn. 82; Musielak/Ball, ZPO 7. Aufl. Vor § 511 Rn. 31; [X.]/[X.], ZPO 28. Aufl. Vor § 511 Rn. 30; Prütting/Gehrlein/[X.], ZPO 2. Aufl. § 511 Rn. 9; Hk-ZPO/[X.] 3. Aufl. Rn. 12 vor § 511). Nach dem [X.], dass eine Partei [X.] ihrem Rechtsmittel im Zweifel dasjenige anstrebt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht ([X.], [X.]. v. 8. Oktober 1991 - [X.], [X.], 243), hätte das [X.] das Rechtsmittel des Beschwerdeführers als statthafte sofortige Beschwerde gegen die Begleitverfügung des Amtsgerichts behandeln müssen.

2. Das Rechtsschutzbedürfnis ist nicht deshalb entfallen, weil das Amtsgericht über das als Erinnerung gewertete Rechtsmittel des Beschwerdeführers mit [X.]uss vom 11. August 2009 in der Sache entschieden hat.

Ein Rechtsmittelführer, der eine eigene Sachentscheidung des Rechtsmittelgerichts erstrebt, ist auch beschwert, wenn das Rechtsmittelgericht die Sache an das Ausgangsgericht zurückverweist ([X.]Z 18, 107 f; 31, 358, 361; [X.], [X.]. v. 30. Oktober 1990 - [X.], NJW 1991, 704; v. 5. November 1997 - [X.], NJW 1998, 613, 614; [X.], ZPO 21. Aufl. Einl. vor § 511 Rn. 79; [X.]/[X.], aaO vor § 511 Rn. 51).

Sein Rechtsschutzbedürfnis an der Aufhebung der Beschwerdeentscheidung ist nicht deswegen untergegangen, weil das Amtsgericht bereits eine Sachentscheidung getroffen hat. Zwar fehlt einem Rechtsmittelführer wegen prozessualer Überholung das Rechtsschutzbedürfnis, wenn er sein Rechtsschutzziel aufgrund des weiteren Verlaufs des Verfahrens nicht mehr erreichen kann ([X.], [X.]. v. 18. Januar 1995 - [X.], NJW-RR 1995, 765; [X.]/[X.], aaO § 572 Rn. 22; [X.]/[X.], aaO § 567 Rn. 12). Vorliegend entfaltet die Sachentscheidung der [X.]in am Amtsgericht vom 11. August 2009 jedoch keine Bindungswirkung, weil sie mit der Aufhebung der angefochtenen Beschwerdeentscheidung des [X.]s vom 22. Juli 2009 einer verfahrensmäßigen Grundlage entbehrt.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist in der Sache begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zu der Feststellung, dass der Beschwerdeführer berechtigt ist, seine Vergütung der Insolvenzmasse zu entnehmen.

1. Die Beschwerdeentscheidung ist nicht schon deshalb aufzuheben, weil die Begleitverfügung, durch die dem Beschwerdeführer die Entnahme seiner Vergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter aus der Masse versagt wurde, beim Amtsgericht durch die Rechtspflegerin und nicht durch den [X.] getroffen wurde.

a) Nach der Regelung des § 8 Abs. 4 [X.] ist eine Entscheidung des [X.] unwirksam, welche zur Zuständigkeit des [X.]s gehört und dem Rechtspfleger weder allgemein übertragen werden kann noch diesem im Einzelfall tatsächlich zugewiesen worden ist. Eine solchermaßen unwirksame Handlung ist im Rechtsmittelverfahren unabhängig von ihrer inhaltlichen Richtigkeit auch dann aufzuheben, wenn das [X.] die Entscheidung in der Sache geprüft und gebilligt hat ([X.], [X.]. v. 2. Juni 2005 - [X.] 287/03, NJW-RR 2005, 1299; BayObLG FamRZ 1987, 412, 413; [X.], 1288; [X.] FamRZ 2003, 258). Als Verletzung der funktionellen Zuständigkeit ist dieser Mangel von Amts wegen zu berücksichtigen, ohne dass es insoweit einer Verfahrensrüge nach § 577 Abs. 2 Satz 3 ZPO bedarf (vgl. zum Revisionsverfahren [X.]/[X.], 3. Aufl. § 557 Rn. 23).

b) Die Rechtspflegerin hat - wovon der Senat bereits in der Vergangenheit unausgesprochen ausgegangen ist - als zuständiges Organ über die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters und deren Entnahme aus der Masse entschieden.

aa) Während die Vorschrift des § 3 Nr. 2 lit. [X.] das Verfahren nach der [X.] grundsätzlich dem Rechtspfleger zuweist, bleibt gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 [X.] das "Verfahren bis zur Entscheidung über den Eröffnungsantrag" dem [X.] vorbehalten. Der [X.]vorbehalt erstreckt sich jedoch nicht auf die Entscheidung über die Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters, wenn diese erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu treffen ist. Dies gilt unabhängig davon, ob der [X.] zuvor nicht beschieden oder erst nach diesem Zeitpunkt gestellt wurde. Der [X.]vorbehalt ist für das Eröffnungsverfahren in einem zeitlichen Sinne zu verstehen, so dass mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters auf den Rechtspfleger übergeht ([X.] ZIP 2000, 1306, 1307 f; [X.] ZIP 2000, 1993, 1995; [X.] Z[X.] 2001, 897, 898; [X.] ZIP 1999, 1686; [X.]/Schilken, [X.] § 64 Rn. 8; [X.] in Kübler/Prütting/Bork, [X.] § 11 [X.] Rn. 103; [X.]/[X.], [X.] 13. Aufl. § 64 Rn. 8; HK-[X.]/[X.], 5. Aufl. § 64 Rn. 2; [X.], Insolvenzrecht § 11 [X.] Rn. 141; BK-[X.]/[X.], § 64 Rn. 4; HmbKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl. § 64 Rn. 3; [X.] in Nerlich/[X.], [X.] § 22 Rn. 266; [X.]/Kind, [X.] 4. Aufl. § 64 Rn. 4; [X.]/Wutzke/[X.], [X.] 4. Aufl. § 8 Rn. 19; [X.] in [X.]/[X.], [X.]. § 18 Rn. 11; [X.]/[X.], [X.] 12. Aufl. § 18 Rn. 11; [X.]/[X.], [X.], 403, 406; [X.] Z[X.] 2001, 96 [LS]; AG Göttingen NZI 1999, 469; [X.]/[X.], [X.] § 22 Rn. 239; MünchKomm-[X.]/[X.], 2. Aufl. § 64 Rn. 7; [X.]/[X.], aaO § 2 Rn. 3; [X.]/[X.], aaO § 22 Rn. 234; HK-[X.]/[X.], aaO § 8 [X.] Rn. 4; Graf-Schlicker/Kalkmann, [X.] 2. Aufl. § 64 Rn. 2; [X.]/[X.], [X.] § 11 Rn. 66).

bb) Die gesetzliche Regelung der funktionellen Zuständigkeit für das Insolvenzverfahren weist sämtliche Entscheidungen ungeachtet ihres Gegenstandes im Eröffnungsverfahren dem [X.] (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) und im eröffneten Verfahren dem Rechtspfleger (§ 3 Nr. 2 lit. [X.]) zu. Von diesem Grundsatz sind lediglich die in § 18 Abs. 1 Nr. 2 und 3 [X.] genannten Entscheidungen ausgenommen, welche wegen ihres Gewichts bzw. der Nähe zu einem kontradiktorischen Verfahren dem [X.] zugewiesen bleiben. Das Gesetz erreicht auf diese Weise das prozessökonomisch vorzugswürdige Ergebnis, dass dasselbe Verfahren im Regelfall nicht gleichzeitig durch den [X.] und den Rechtspfleger bearbeitet wird. Im Regelfall wird die Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters erst nach Insolvenzeröffnung beantragt und erfolgt auch die Festsetzung erst danach. Die Festsetzung ist somit verfahrensmäßig mit dem eröffneten Verfahren verknüpft. Ein Sachgrund, die Entscheidung über die Vergütung des vorläufigen Verwalters wegen ihrer Schwierigkeit oder ihrer Bedeutung auch nach Verfahrenseröffnung dem [X.] vorzubehalten, ist nicht gegeben, zumal die Festsetzung der Vergütung des Verwalters für das eröffnete Verfahren nach einhelliger Auffassung dem Rechtspfleger obliegt. Dementsprechend kann nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Vergütung des vorläufigen Verwalters auf der Grundlage der § 64 [X.], §§ 8, 10 [X.] festgesetzt werden (vgl. [X.]Z 175, 48, 50 ff.; [X.], [X.]. v. 3. Dezember 2009 - [X.] 280/08, [X.], 184, 185 Rn. 6).

2. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist der Vergütungsanspruch des Beschwerdeführers für die vorläufige Verwaltung nicht mit Ablauf des 31. Dezember 2006 verjährt.

a) Der Vergütungsanspruch des Verwalters verjährt bis zu seiner Festsetzung durch das Amtsgericht innerhalb der dreijährigen Regelverjährung des § 195 BGB ([X.], [X.]. v. 29. März 2007 - [X.] 153/06, [X.], 1072, 1073 Rn. 11 m.w.[X.]; [X.]/Schilken, [X.] § 63 Rn. 26; MünchKomm-[X.]/[X.], aaO § 63 Rn. 8; [X.]/[X.], aaO § 63 Rn. 46). Rechtskräftig festgestellte Ansprüche unterliegen ab Rechtskraft der Entscheidung (§ 201 Satz 1 BGB) der dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB ([X.]/Schilken, aaO; [X.]/[X.], aaO). Der Lauf der Verjährung für einen nicht von dem Amtsgericht festgesetzten Vergütungsanspruch beginnt gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist.

Für den Beginn der Verjährung ist regelmäßig die Fälligkeit einer Forderung maßgeblich ([X.]Z 53, 222, 225; 113, 188, 193; [X.], [X.]. v. 23. Januar 2001 - [X.], [X.], 687, 689; [X.]/[X.], 5. Aufl. § 199 Rn. 4). Danach wird auch die Verjährungsfrist für den Vergütungsanspruch des Verwalters mit dessen Fälligkeit in Gang gesetzt ([X.]/Schilken, aaO; HK-[X.]/[X.], 5. Aufl. § 63 Rn. 3; [X.]/[X.] in Kübler/Prütting/Bork, [X.] vor § 1 [X.] Rn. 8). Die der Fälligkeit nachfolgende gerichtliche Festsetzung führt lediglich zur Konkretisierung des bestehenden Anspruchs ([X.] Z[X.] 2001, 317). Fällig wird der Vergütungsanspruch des Verwalters mit Erledigung der vergütungspflichtigen Tätigkeit ([X.], [X.]. v. 29. März 2007, aaO Rn. 5 m.w.[X.]; [X.]/[X.], aaO § 63 Rn. 45), im Falle der vorläufigen Verwaltung daher insbesondere mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ([X.], aaO; MünchKomm-[X.]/[X.], aaO § 63 Rn. 7; HK-[X.]/[X.], aaO; [X.]/[X.], aaO vor § 1 [X.] Rn. 11; [X.], Insolvenzrecht § 11 [X.] Rn. 139). Vorliegend ist der Vergütungsanspruch des Beschwerdeführers für die vorläufige Verwaltung folglich mit der Verfahrenseröffnung am 7. Mai 2003 fällig geworden.

b) In der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum wird wohl überwiegend angenommen, dass die Verjährungsfrist des Vergütungsanspruchs für die vorläufige Verwaltung zum Jahresschluss der Insolvenzeröffnung ohne Hemmung zu laufen beginne, so dass der Vergütungsanspruch des vorläufigen Verwalters vor Abschluss des eröffneten Verfahrens verjähren könne ([X.] ZIP 2009, 2398; [X.] Z[X.] 2009, 2355 f; [X.] Z[X.] 2009, 2358 f; [X.] in Festschrift [X.] 547, 564 f; [X.]/[X.], Z[X.] 2010, 465, 466 f). Demgegenüber befürworten andere Stimmen eine entsprechende Anwendung der Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 1 RVG, nach welcher die Verjährung des anwaltlichen Vergütungsanspruchs für dessen gerichtliche Tätigkeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gehemmt ist, auf den Vergütungsanspruch des vorläufigen Verwalters mit der Folge einer Verjährungshemmung bis zum Abschluss des eröffneten Insolvenzverfahrens ([X.] Z[X.] 2009, 2356, 2357; HK-[X.]/[X.], aaO § 63 Rn. 3; [X.]/[X.] in Kübler/Prütting/Bork, [X.] vor § 1 [X.] Rn. 11). Teils wird aus der Neuregelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 [X.] durch die zweite Änderungsverordnung zur [X.] vom 21. Dezember 2006 ([X.] I 2006, 3389) die Folgerung hergeleitet, dass die Verjährung des Vergütungsanspruchs für die vorläufige Verwaltung erst mit Schluss des Jahres beginne, in welchem die letzten Vermögensgegenstände im eröffneten Verfahren verwertet wurden (Rüffert, Z[X.] 2009, 757, 758 f), oder bis dahin gehemmt sei (HK-[X.]/[X.], aaO § 11 [X.] Rn. 1; [X.], [X.], 378, 380; HmbKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl. § 11 [X.] Rn. 22).

c) In Anwendung eines allgemeinen [X.], der beispielsweise auch in § 8 Abs. 2 Satz 1 RVG zum Ausdruck kommt, ist die Verjährung des Vergütungsanspruchs für die vorläufige Verwaltung bis zum Abschluss des eröffneten Insolvenzverfahrens gehemmt.

aa) Für den Vergütungsanspruch des vorläufigen Verwalters erlangt die Frage der Verjährung - wie der vorliegende Fall veranschaulicht - regelmäßig nur dann praktische Bedeutung, wenn der vorläufige Verwalter seinen [X.] für die vorläufige Verwaltung, nachdem er zugleich im eröffneten Verfahren als Verwalter bestellt worden ist, der Einfachheit halber gemeinsam mit dem Antrag für die im eröffneten Verfahren angefallene Vergütung erst nach Abschluss des eröffneten Verfahrens stellt. Dieses Vorgehen ist aus prozessökonomischen Erwägungen durchaus als sinnvoll zu erachten. Es beugt einer Verfahrensverzögerung vor, die insbesondere dann zu befürchten wäre, wenn die Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Verwalters im Instanzenzug unter Übersendung der Akten überprüft werden müsste, schont die Liquidität der Insolvenzmasse während des laufenden Verfahrens und vereinfacht zugleich regelmäßig die Abrechnung der Vergütung für das Amtsgericht. Diese Vorteile wären jedoch in der Praxis dann nicht zu verwirklichen, wenn der Verwalter den Vergütungsanspruch für die vorläufige Verwaltung allein deshalb isoliert geltend machen müsste, um dessen Verjährung zu verhindern.

bb) Das praktische Bedürfnis, die Verjährung des Vergütungsanspruchs für die vorläufige Verwaltung bis zum Abschluss des eröffneten Insolvenzverfahrens hinauszuschieben, wird außerdem durch die Neufassung des § 11 Abs. 2 Satz 2 [X.] verdeutlicht.

(1) Nach dieser durch die zweite Änderungsverordnung zur [X.] vom 21. Dezember 2006 (aaO) eingeführten Regelung, deren Anwendbarkeit im vorliegenden Fall dahinstehen mag, kann die für den vorläufigen Verwalter festgesetzte Vergütung durch das Amtsgericht bis zur rechtskräftigen Festsetzung der Vergütung des endgültigen Verwalters abgeändert werden, wenn die Bemessungsgrundlage der Verwaltervergütung um mehr als 20 v.H. von den Werten abweicht, die im Rahmen der Vergütung für die vorläufige Verwaltung angesetzt worden sind. Die spätere Abänderbarkeit der Festsetzung ändert zwar nichts daran, dass der vorläufige Verwalter mit Beendigung der vorläufigen Verwaltung seine Vergütung auf der Grundlage der zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Erkenntnisse über die Wertverhältnisse verlangen kann (vgl. [X.] Z[X.] 2009, 2355; [X.] Z[X.] 2009, 2358, 2359; [X.] aaO S. 565). Soweit sich jedoch aus der Schlussrechnung ergibt, dass wegen einer erheblichen Abweichung von den bisherigen [X.] für die vorläufige Verwaltung eine höhere Vergütung verdient ist, würde die Abänderbarkeit der bisherigen Festsetzung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 [X.] im Ergebnis leerlaufen, wenn der Anspruch auf zusätzliche Vergütung durch Ablauf der dreijährigen Regelverjährung gemäß §§ 195, 199 BGB seit Insolvenzeröffnung verjährt wäre.

(2) Der Verordnungsgeber ist daher offensichtlich davon ausgegangen, dass ein solcher Verjährungseintritt nicht droht. Zwar kann die Insolvenzrechtliche Vergütungsordnung als Rechtsverordnung auf der Grundlage von § 65 [X.] die Verjährung des Vergütungsanspruchs nicht abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen regeln. Die Bestimmung des § 11 Abs. 2 Satz 2 [X.] offenbart jedoch, dass der Gesetzgeber entweder von einer Hemmung der Verjährung ausgegangen ist oder die Möglichkeit einer Verjährung des Vergütungsanspruchs für die vorläufige Verwaltung vor Erteilung der Schlussrechnung im eröffneten Verfahren nicht bedacht hat. Diese Regelungslücke ist im Wege der Rechtsfortbildung zu schließen (vgl. [X.], [X.]. v. 11. März 2010 - [X.], [X.], 806, 807 Rn. 10 m.w.[X.]).

cc) Eine auf einen Vergütungsmehranspruch nach § 11 Abs. 2 Satz 2 [X.] begrenzte Anwendung des [X.] würde, wenn der Verwalter - wie im vorliegenden Fall - die Vergütung für die vorläufige Verwaltung erst mit der Schlussrechnung des eröffneten Verfahrens abrechnet, zu der praktisch kaum handhabbaren Differenzierung führen, dass die Verjährung des Vergütungsanspruchs für die vorläufige Verwaltung nur insoweit gehemmt wäre, als dieser Anspruch auf Grundlage der bereits vor Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 BGB zur Verfügung stehenden Erkenntnisse über die Wertverhältnisse noch nicht hätte geltend gemacht werden können. Die prozessökonomische Erwägung, die Vergütung des vorläufigen Verwalters zwecks Vermeidung einer Verfahrensverzögerung zugleich mit der Vergütung des endgültigen Verwalters erst nach [X.] zu beantragen, gilt für den gesamten Vergütungsanspruch.

3. Da das Beschwerdegericht im Hinblick auf die Frage der Verjährung die erforderlichen Feststellungen getroffen hat und die Höhe der festgesetzten Vergütung für die vorläufige Verwaltung nicht Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist, kann das Rechtsbeschwerdegericht in der Sache selbst entscheiden (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Der Umstand, dass das Beschwerdegericht selbst keine Sachentscheidung getroffen, sondern die sofortige Beschwerde als unstatthaft angesehen hat, hindert eine eigene Sachentscheidung des [X.] nicht (vgl. zum Revisionsverfahren [X.]Z 102, 332, 337 f; [X.], [X.]. v. 3. April 1996 - [X.], [X.], 1817, 1818; [X.]. v. 23. Oktober 1998 - [X.] 3/98, NJW 1999, 794, 795). Die angefochtene Begleitverfügung ist daher aufzuheben. Damit ist der Beschwerdeführer berechtigt, die festgesetzte Vergütung der Masse zu entnehmen, soweit dort ausreichend Mittel vorhanden sind (vgl. [X.]Z 165, 96, 101 f).

IV.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil die Rechtsbeschwerde Erfolg hat und sich die Beteiligten bei der Vergütung des Insolvenzverwalters und einem sich daran anschließenden Rechtsbeschwerdeverfahrens in der Regel nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüber stehen. Das steht einer Anwendung von §§ 91 ff Abs. 1 ZPO entgegen (vgl. [X.]Z 170, 378, 381 Rn. 7 m.w.[X.]).

Ganter                                  [X.]

                  Fischer                                  Grupp

Meta

IX ZB 195/09

22.09.2010

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Hannover, 22. Juli 2009, Az: 20 T 39/09, Beschluss

§ 21 Abs 2 S 1 Nr 1 Halbs 2 InsO, § 63 Abs 1 InsO, § 64 Abs 1 InsO, § 3 Nr 2 Buchst e RPflG, § 18 Abs 1 Nr 1 RPflG, § 18 Abs 2 S 1 RPflG, § 11 InsVV, § 8 Abs 2 RVG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.09.2010, Az. IX ZB 195/09 (REWIS RS 2010, 3127)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3127

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