Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 12.01.2017, Az. I ZR 258/15

1. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 17487

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Unlauterer Wettbewerb: Verantwortlichkeit des Händlers für die Angabe des Herstellers und seiner Adresse auf dem Produkt oder auf dessen Verpackung – Motivkontaktlinsen


Leitsatz

Motivkontaktlinsen

1. Farbige Motivkontaktlinsen ohne Sehstärke fallen nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 über kosmetische Mittel (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 3. September 2015, C-321/14, GRUR Int. 2015, 978 Rn. 15 bis 27 - Colena/Karnevalservice Bastian).

2. Die in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ProdSG geregelte Pflicht zur Angabe des Namens und der Kontaktanschrift trifft allein den Hersteller, seinen Bevollmächtigten und den Einführer, nicht dagegen Händler.

3. Die in § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 ProdSG enthaltenen Bestimmungen dienen dem Schutz der Verbraucher, die davor bewahrt werden sollen, mit unsicheren Produkten in Berührung zu kommen, und stellen damit Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG dar.

4. Die aus § 6 Abs. 5 Satz 1 ProdSG folgende Verpflichtung des Händlers, dazu beizutragen, dass nur sichere Verbraucherprodukte auf dem Markt bereitgestellt werden, umfasst auch die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass die von ihm angebotenen Verbraucherprodukte mit dem Namen und der Kontaktanschrift des Herstellers versehen sind.

5. Ein Verstoß gegen § 6 Abs. 5 Satz 1 ProdSG ist regelmäßig geeignet, die Interessen der Verbraucher im Sinne von § 3a UWG spürbar zu beeinträchtigen.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] - 3. Zivilsenat - vom 9. Dezember 2015 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des [X.] zu 1 zum Nachteil des [X.] erkannt worden ist.

Auf die Berufung des [X.] wird das Urteil des [X.] - 1. Kammer für Handelssachen - vom 29. Januar 2015 in Ziffer 1 abgeändert:

Der Beklagte wird über die unter Ziffer 1 des landgerichtlichen Urteils bereits erfolgte Verurteilung hinaus weiter verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Farb- oder Motivkontaktlinsen ohne Sehstärke in Verkehr zu bringen, ohne dabei den Namen oder die Firma und die Anschrift des Herstellers oder, wenn dieser nicht im [X.] ansässig ist, seines Bevollmächtigten anzugeben, wie im Falle des aus der Anlage [X.] ersichtlichen Testkaufs geschehen.

Von den in erster Instanz entstandenen Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 1/4 und der Beklagte 3/4 zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten der Revision hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien vertreiben über von ihnen betriebene Online-Shops unter anderem Motivkontaktlinsen ohne Sehstärke. Der Kläger erwarb bei einem Testkauf vom Beklagten [X.] mit der Bezeichnung „[X.]“. Das Produkt wies weder selbst noch auf dem Glasfläschchen, in dem es enthalten war, eine Angabe zum Hersteller auf.

2

Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte hätte als Händler das Produkt nicht ohne Angabe des Herstellers in Verkehr bringen dürfen. Durch das Inverkehrbringen der [X.] ohne diese Angabe habe er gegen Bestimmungen des Kosmetikrechts und des Produktsicherheitsrechts verstoßen und damit zugleich wettbewerbswidrig gehandelt, weil es sich bei diesen Bestimmungen um Marktverhaltensregelungen handele.

3

Der Kläger hat - soweit für die Revisionsinstanz von Interesse - beantragt,

den Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Farb- und Motivkontaktlinsen ohne Sehstärke in Verkehr zu bringen und dabei nicht den Namen oder die Firma und die Anschrift des Herstellers oder, wenn dieser nicht im [X.] ansässig ist, dessen Bevollmächtigten anzugeben, wie im Falle des aus der Anlage [X.] ersichtlichen Testkaufs geschehen.

4

Die Anlage [X.] zeigt mehrere Ansichten eines Glasfläschchens, in dem die vom Kläger bei dem Testkauf erworbenen [X.] enthalten waren und auf dem an keiner Stelle eine Herstellerangabe angebracht war. Nachfolgend sind drei dieser Ansichten, die das Etikett des Fläschchens zeigen, wiedergegeben:

AbbildungAbbildungAbbildung

5

Das [X.] hat die Klage mit diesem Antrag abgewiesen. Die Berufung des [X.] ist insoweit ohne Erfolg geblieben.

6

Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Unterlassungsantrag weiter. Der ordnungsgemäß geladene Beklagte war im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht nicht vertreten. Der Kläger hat beantragt, über sein Rechtsmittel durch Versäumnisurteil zu entscheiden.

Entscheidungsgründe

7

I. Das Berufungsgericht hat den Klageantrag, um dessen Begründetheit es in der Revisionsinstanz noch geht, weder unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes des [X.]n gegen das [X.] noch wegen eines Verstoßes gegen das [X.] als begründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:

8

Ein wettbewerbswidriges Verhalten des [X.]n könne nicht mit einem Verstoß gegen Vorschriften der Verordnung ([X.]) Nr. 1223/2009 über kosmetische Mittel ([X.]) begründet werden. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] fielen farbige Motivkontaktlinsen ohne Sehstärke selbst dann nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung, wenn sich auf ihrer Verpackung die Angabe „kosmetisches Augenzubehör, unterliegend der [X.]“ befinde.

9

Die in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] bestimmte Verpflichtung, bei der Bereitstellung eines Verbraucherprodukts auf dem Markt den Namen und die [X.] des Herstellers oder - bei nicht im [X.] ansässigen Personen - des Bevollmächtigten oder des Einführers anzubringen, treffe nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung allein den Hersteller, dessen Bevollmächtigten und den Einführer des Produkts. Die aus § 6 Abs. 5 Satz 1 [X.] folgende Verpflichtung des Händlers, dazu beizutragen, dass nur sichere [X.] auf dem Markt bereitgestellt werden, beziehe sich allein auf sicherheitsrelevante Umstände, zu denen die Angabe der [X.] des Herstellers nicht gehöre.

II. Über die Revision des [X.] ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, weil der [X.] in der mündlichen Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht anwaltlich vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis des [X.]n, sondern auf einer Sachprüfung (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 10. März 2016 - [X.], [X.], 1187 Rn. 10 = [X.], 1351 - Stirnlampen, [X.]).

III. Die Revision des [X.] ist begründet und führt zur Verurteilung des [X.]n nach dem mit der Revision weiterverfolgten Unterlassungsantrag. Das Berufungsgericht hat zwar mit Recht angenommen, dass der Unterlassungsanspruch weder nach den Bestimmungen des [X.]s (dazu [X.]) noch nach den Bestimmungen des [X.]s begründet ist, die die Pflichten der Hersteller von Produkten regeln (dazu [X.]). Nicht zutreffend ist aber seine Beurteilung, dieser Anspruch ergebe sich auch nicht aus den Bestimmungen des [X.]s, die insoweit für die Händler gelten (dazu III 4).

1. Da der Kläger den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr gestützt hat, ist seine Klage nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten des [X.]n sowohl zum [X.]punkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum [X.]punkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz rechtswidrig ist (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 7. April 2016 - [X.], [X.], 1200 Rn. 11 = [X.], 1359 - [X.]; Urteil vom 21. April 2016 - I ZR 151/15, [X.], 1193 Rn. 13 = [X.], 1354 - Ansprechpartner; Urteil vom 28. April 2016 - [X.], [X.], 1073 Rn. 16 = [X.], 1228 - [X.], jeweils [X.]). In der [X.] zwischen dem Testkauf im Frühjahr 2014 und der vorliegenden Entscheidung ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb durch das [X.] zur Änderung des [X.] mit Wirkung vom 10. Dezember 2015 novelliert worden. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus jedoch nicht. Der seit dem 10. Dezember 2015 geltende § 3a UWG entspricht der bis dahin in § 4 Nr. 11 UWG aF enthaltenen Regelung des wettbewerbsrechtlichen Rechtsbruchtatbestands (vgl. [X.], [X.], 1200 Rn. 11 - [X.], [X.]). Die im Streitfall maßgeblichen Bestimmungen des [X.]s und des [X.]s sind in diesem [X.]raum nicht geändert worden.

2. Der [X.] hat nicht gegen Art. 19 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 [X.] verstoßen.

a) Gemäß Art. 19 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 [X.] dürfen kosmetische Mittel nur auf dem Markt bereitgestellt werden, wenn die Behältnisse und Verpackungen dieser Mittel unverwischbar, leicht lesbar und deutlich sichtbar den Namen oder die Firma und die Anschrift der verantwortlichen Person tragen.

b) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] fallen farbige Motivkontaktlinsen ohne Sehstärke nicht in den Anwendungsbereich der [X.], weil sie weder nach der Art des in Rede stehenden Mittels noch nach dem Teil des menschlichen Körpers, mit dem sie in Berührung kommen sollen, noch nach dem mit ihrer Verwendung verfolgten Zweck die Kriterien erfüllen, die für ihre Einordnung als kosmetische Mittel im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a [X.] kumulativ vorliegen müssten (vgl. [X.], Urteil vom 3. September 2015 - [X.]/14, [X.]. 2015, 978 Rn. 15 bis 27 - Colena/[X.]). Im Hinblick darauf hat der Kläger den Unterlassungsanspruch in der Revisionsinstanz auch nicht mehr auf einen Verstoß gegen Art. 19 [X.] gestützt.

3. Der Beklage hat auch nicht gegen § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] verstoßen.

a) Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] haben der Hersteller, sein Bevollmächtigter und der Einführer jeweils im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit bei der Bereitstellung eines Verbraucherprodukts auf dem Markt den Namen und die [X.] des Herstellers oder, sofern dieser nicht im [X.] ansässig ist, den Namen und die [X.] des Bevollmächtigten oder des Einführers anzubringen.

b) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] geregelte Pflicht zur Angabe des Namens und der [X.] allein den Hersteller, seinen Bevollmächtigten und den Einführer und nicht den [X.]n als Händler trifft.

Die Regelung in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] dient der Umsetzung der in Art. 5 Abs. 1 der [X.] geregelten Verpflichtungen des Herstellers eines Produkts und ist daher richtlinienkonform auszulegen. Gemäß Art. 2 Buchst. e Ziffer ii der [X.] bezeichnet der Ausdruck „Hersteller“ den Vertreter des Herstellers, wenn der Hersteller seinen Sitz nicht in der [X.] hat, oder, falls kein Vertreter mit Sitz in der [X.] vorhanden ist, den Importeur des Produkts.

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] kann eine Person, die ein Produkt in Verkehr bringt, nur unter den in Art. 2 Buchst. e der [X.] aufgestellten Voraussetzungen als Hersteller des Produkts und nur unter den in Art. 2 Buchst. f dieser Richtlinie aufgestellten Voraussetzungen als dessen Händler angesehen werden und können dem Hersteller und dem Händler nur die Verpflichtungen auferlegt werden, die in der Richtlinie jeweils für sie vorgesehen sind ([X.], Urteil vom 30. April 2008 - C-132/08, [X.]. 2009, [X.] Rn. 39 - [X.]/ Hatóság).

Danach können die Verpflichtungen, die sich aus der [X.] und den entsprechenden Bestimmungen des Produktsicherheitsgesetzes für den Hersteller ergeben, nicht ohne weiteres dem Händler auferlegt werden.

4. Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der von dem Kläger verfolgte Unterlassungsanspruch sei auch nicht aus §§ 8, 3, 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG aF) in Verbindung mit § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 [X.] begründet. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Verstoß gegen § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 [X.] nicht verneint werden.

a) Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 [X.] hat der Händler dazu beizutragen, dass nur sichere [X.] auf dem Markt bereitgestellt werden. Er darf nach § 6 Abs. 5 Satz 2 [X.] insbesondere kein Verbraucherprodukt auf dem Markt bereitstellen, von dem er weiß oder auf Grund der ihm vorliegenden Informationen oder seiner Erfahrung wissen muss, dass es nicht den Anforderungen nach § 3 [X.] entspricht. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 [X.] darf ein Produkt nur auf dem Markt bereitgestellt werden, wenn es bei bestimmungsgemäßer oder vorhersehbarer Verwendung die Sicherheit und Gesundheit von Personen nicht gefährdet. Bei der Beurteilung, ob ein Produkt diesen Anforderung entspricht, sind nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 [X.] insbesondere seine Aufmachung, seine Kennzeichnung sowie alle sonstigen produktbezogenen Angaben oder Informationen zu berücksichtigen.

b) Die in § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 [X.] enthaltenen Bestimmungen stellen Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG aF) dar. Sie dienen dem Schutz der Verbraucher, die davor bewahrt werden sollen, mit unsicheren Produkten in Berührung zu kommen (zu § 3 [X.] vgl. [X.], [X.], 996, 997; [X.], Urteil vom 17. März 2016 - 15 U 38/15, juris Rn. 55; v. [X.] in Harte/[X.], UWG, 4. Aufl., § 3a Rn. 75 bis 77; [X.] in [X.]/[X.], UWG, 34. Aufl., § 3a Rn. 1.281; [X.].UWG/[X.], 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 223).

c) Die Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken steht einer Anwendung von § 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG aF) auf § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 [X.] nicht entgegen. Sie hat zwar in ihrem Anwendungsbereich (Art. 3 der Richtlinie) zu einer vollständigen Harmonisierung des [X.] geführt (vgl. Art. 4 der Richtlinie) und regelt die Frage der Unlauterkeit von Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern daher grundsätzlich abschließend. Sie lässt aber die Rechtsvorschriften der [X.] und der Mitgliedstaaten in Bezug auf Gesundheits- und Sicherheitsaspekte von Produkten unberührt (Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie). Dementsprechend ist die Anwendung des § 3a UWG (§ 4 Nr. 11 UWG aF) auf Bestimmungen zulässig, die Gesundheits- und Sicherheitsaspekte von Produkten in unionsrechtskonformer Weise regeln (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 8. Januar 2015 - I ZR 123/13, [X.], 916 Rn. 15 = [X.], 1095 - Abgabe ohne Rezept; Urteil vom 12. Februar 2015 - I ZR 213/13, [X.], 813 Rn. 11 = [X.], 966 - Fahrdienst zur Augenklinik; Beschluss vom 12. März 2015 - [X.], [X.], 611 Rn. 15 = [X.], 721 - [X.], [X.]). Dies ist bei den in § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 [X.] enthaltenen Regelungen der Fall.

d) Bei der Angabe des Namens und der [X.] des Herstellers handelt es sich - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - um Angaben, die für die Sicherheit der [X.] von Bedeutung sind ([X.], Beschluss vom 8. Mai 2014 - 20 W 48/14, juris Rn. 25; [X.], [X.], 616 Rn. 86).

aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, die aus § 6 Abs. 5 Satz 1 [X.] folgende Verpflichtung des Händlers, dazu beizutragen, dass nur sichere [X.] auf dem Markt bereitgestellt werden, umfasse nicht die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass die [X.] mit der Herstellerangabe versehen seien. Die Angabe des Herstellers sei für die Sicherheit des Produkts nicht von Bedeutung. Aus der Tatsache, dass ein sicheres Produkt nach Art. 2 Buchst. b Ziffer iii der [X.] voraussetze, dass es bei normaler oder vernünftigerweise vorhersehbarer Verwendung hinsichtlich seiner Aufmachung, seiner Etikettierung sowie sonstiger produktbezogener Angaben oder Informationen keine Gefahren für die [X.], folge zwar im Umkehrschluss, dass unter anderem solche Produkte im Sinne der Richtlinie unsicher seien, die aufgrund ihrer Etikettierung oder sonstiger Angaben zu einer Gefahr für die Nutzer führen könnten. Es sei jedoch nicht ersichtlich, wie eine unvollständige oder fehlende [X.] die normale oder vernünftigerweise vorhersehbare Verwendung des Produkts und damit dessen Sicherheit beeinflussen könne. Der vom Kläger angesprochene Gesichtspunkt, dass bei unsicheren Produkten ein schneller Zugriff auf den Hersteller möglich sein müsse, betreffe gerade nicht die Sicherheit des Produkts als solche. Die Prüfungspflicht gemäß § 6 Abs. 5 [X.] knüpfe zudem, wie im dortigen Satz 2 deutlich zum Ausdruck komme, an die in § 3 [X.] genannten Sicherheitskriterien an, zu denen die in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] eigenständig geregelte Angabe der [X.] des Herstellers gerade nicht gehöre.

bb) Die genannten Bestimmungen des § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 [X.] und die sie ergänzenden Regelungen in § 3 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 [X.] dienen der Umsetzung von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 und Art. 2 Buchst. b Ziffer iii der [X.] und sind dementsprechend richtlinienkonform auszulegen. Nach Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der [X.] haben die Händler mit der gebotenen Umsicht zur Einhaltung der anwendbaren Sicherheitsanforderungen beizutragen, indem sie insbesondere keine Produkte liefern, von denen sie wissen oder bei denen sie anhand der ihnen vorliegenden Informationen und als Gewerbetreibende hätten davon ausgehen müssen, dass sie diesen Anforderungen nicht genügen. Als „sicher“ gilt nach Art. 2 Buchst. b der [X.] ein Produkt, das bei normaler oder vernünftigerweise vorhersehbarer Verwendung keine oder nur geringe, mit seiner Verwendung zu vereinbarende und unter Wahrung eines hohen Schutzniveaus für die Gesundheit und Sicherheit von Personen vertretbare Gefahren birgt, und zwar nach Ziffer iii dieser Bestimmung insbesondere im Hinblick auf seine Aufmachung, seine Etikettierung, gegebenenfalls Warnhinweise und seine Gebrauchs- und Bedienungsanleitung und Anweisungen für seine Beseitigung sowie alle sonstigen produktbezogenen Angaben oder Informationen.

cc) Die Revision rügt mit Recht, das das Berufungsgericht bei den Erwägungen, mit denen es die Abweisung der Klage mit dem in die Revisionsinstanz gelangten Klageantrag begründet hat, die Systematik des Produktsicherheitsgesetzes und der [X.] nicht zutreffend erfasst hat.

(1) Die Bestimmung des § 6 Abs. 5 Satz 2 [X.] verweist lediglich beispielhaft und nicht abschließend auf § 3 [X.]. Der vom Kläger mit der Revision weiterverfolgte Klageantrag ist daher nicht deshalb unbegründet, weil die in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] geregelte Angabe von Namen und [X.] des Herstellers nicht zu den in § 3 [X.] ausdrücklich genannten Sicherheitskriterien gehört.

(2) Nach Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 3 der [X.] haben die Hersteller im Rahmen ihrer jeweiligen Geschäftstätigkeit Maßnahmen zu treffen, die den Eigenschaften der von ihnen gelieferten Produkte angemessen sind, damit sie die von diesen möglicherweise ausgehenden Gefahren erkennen können (Buchst. a) und zu deren Vermeidung zweckmäßige Vorkehrungen treffen können, erforderlichenfalls einschließlich der Rücknahme vom Markt, der angemessenen und wirksamen Warnung der Verbraucher und des Rückrufs beim Verbraucher (Buchst. b). Diese Maßnahmen umfassen nach Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 4 Buchst. a der [X.] beispielsweise die Angabe des Herstellers und seiner Adresse auf dem Produkt oder auf dessen Verpackung sowie die Kennzeichnung des Produkts oder gegebenenfalls des Produktpostens, zu dem es gehört, es sei denn, die Weglassung dieser Angabe ist gerechtfertigt.

Demnach gehört die Angabe des Herstellers und seiner Adresse auf dem Produkt oder auf dessen Verpackung zu den Sicherheitsanforderungen, zu deren Einhaltung die Händler nach Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der [X.] - und entsprechend nach § 6 Abs. 5 Satz 1 [X.] - mit der gebotenen Umsicht beizutragen haben, indem sie insbesondere keine Produkte liefern, von denen sie wissen oder bei denen sie anhand der ihnen vorliegenden Informationen und als Gewerbetreibende hätten davon ausgehen müssen, dass sie diesen Anforderungen nicht genügen. Diese Angaben haben den Zweck, die Hersteller in den Stand zu setzen, die zur Vermeidung etwaiger von den Produkten ausgehender Gefahren zweckmäßigen Vorkehrungen zu treffen, erforderlichenfalls einschließlich der Rücknahme vom Markt, der angemessenen und wirksamen Warnung der Verbraucher und des Rückrufs beim Verbraucher.

(3) Da keine vernünftigen Zweifel an der Auslegung des [X.]srechts bestehen, ist ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der [X.] gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht veranlasst (vgl. [X.], Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, [X.]. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 - [X.]; Urteil vom 1. Oktober 2015 - [X.]/14, [X.]. 2015, 1152 Rn. 43 - [X.], [X.]).

IV. Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben, soweit es hinsichtlich des in der Revisionsinstanz noch interessierenden Klageantrags zum Nachteil des [X.] ergangen ist; es ist daher in diesem Umfang aufzuheben. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, ist der Klage insoweit stattzugeben (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der [X.] hat dadurch, dass er die Kontaktlinsen ohne Angabe des Herstellers in Verkehr gebracht hat, gegen § 6 Abs. 5 Satz 1 [X.] verstoßen.

1. Ein Verstoß gegen § 6 Abs. 5 Satz 1 [X.] setzt voraus, dass der Händler gegen seine Verpflichtung verstößt, „dazu beizutragen“, dass nur sichere [X.] auf dem Markt bereitgestellt werden. Aus § 6 Abs. 5 Satz 2 [X.] ergibt sich, dass ein Händler jedenfalls dann gegen diese Verpflichtung verstößt, wenn er ein Verbraucherprodukt in Verkehr bringt, von dem er weiß oder auf Grund der ihm vorliegenden Informationen oder seiner Erfahrung wissen muss, dass es nicht sicher ist.

2. Zu dem dabei zu berücksichtigenden Erfahrungswissen gehört bei einem Gewerbetreibenden auch die Kenntnis der Rechtslage. Der [X.] musste daher als Händler wissen, dass die von ihm auf dem Markt bereitgestellten Kontaktlinsen nicht im Sinne von § 6 Abs. 5 Satz 1 [X.] sicher waren, weil weder die Kontaktlinsen selbst noch die Glasfläschchen, in denen sie enthalten waren, mit dem Namen und der [X.] des Herstellers versehen waren. Soweit der [X.] diese Rechtslage nicht ohne weiteres zutreffend zu beurteilen vermochte, mag er sich in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befunden haben. Dies könnte ihn allerdings grundsätzlich nur vor verschuldensabhängigen Schadensersatzansprüchen gemäß § 9 UWG und nicht vor den verschuldensunabhängigen Ansprüchen auf Beseitigung und Unterlassung gemäß § 8 UWG bewahren (vgl. [X.] in [X.]/[X.] aaO § 3a Rn. 1.89; [X.].UWG/[X.] aaO § 4 Nr. 11 Rn. 86; [X.] in [X.]/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 3a Rn. 28; [X.].UWG/Metzger, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 40; [X.] in [X.], jurisPK-UWG, 4. Aufl., § 3a Rn. 113).

3. Verstöße gegen Vorschriften, die - wie vorliegend § 6 Abs. 5 Satz 1 [X.] - dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher dienen, sind regelmäßig geeignet, die Interessen der Verbraucher im Sinne von § 3a UWG (§ 3 Abs. 1 UWG aF) spürbar zu beeinträchtigen (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 226/13, [X.], 88 Rn. 22 = [X.], 35 - [X.]; Beschluss vom 24. März 2016 - I ZR 243/14, [X.], 833 Rn. 11 = [X.], 858 - Bio-Gewürze, jeweils [X.]).

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 2 ZPO.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem beim [X.] zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung des Versäumnisurteils bei dem [X.], [X.], durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.

Koch      

        

[X.]      

        

[X.]

        

Löffler      

        

Schwonke      

        

Meta

I ZR 258/15

12.01.2017

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Versäumnisurteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Bamberg, 9. Dezember 2015, Az: 3 U 22/15

§ 3a UWG, § 4 Nr 11 UWG vom 03.03.2010, Art 2 Abs 1 Buchst a EGV 1223/2009, Art 5 Abs 1 UAbs 3 EGRL 95/2001, Art 5 Abs 2 S 1 EGRL 95/2001, § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 ProdSG, § 6 Abs 5 S 1 ProdSG, § 6 Abs 5 S 2 ProdSG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 12.01.2017, Az. I ZR 258/15 (REWIS RS 2017, 17487)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 17487


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZR 258/15

Bundesgerichtshof, I ZR 258/15, 12.01.2017.


Az. 3 U 22/15

OLG Bamberg, 3 U 22/15, 09.12.2015.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I ZR 258/15 (Bundesgerichtshof)


I ZR 59/16 (Bundesgerichtshof)

Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch: Unlauterkeit des Internet-Versandhandels mit Elektroprodukten ohne Angabe der Herstellerkontaktdaten


I ZR 59/16 (Bundesgerichtshof)


3 U 22/15 (OLG Bamberg)

Herstellerangabe auf farbigen Motivkontaktlinsen ohne Sehstärke


1 HK O 42/14 (LG Coburg)

Keine Verpflichtung eines (Online-)Händlers zur Angabe des Namens und der Kontaktanschrift des Herstellers bei Bereitstellung …


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.