Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15.07.2022, Az. 4 B 32/21

4. Senat | REWIS RS 2022, 4682

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Gegenstand

Irrevisibilität denkmalschutzrechtlicher Regelungen


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 20. Juli 2021 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 140 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf alle Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO gestützte [X.]eschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist jedenfalls unbegründet.

2

1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die ihr die [X.]eschwerde beimisst.

3

Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer [X.]edeutung über den der [X.]eschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der [X.]eschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 [X.] 78.61 - [X.]E 13, 90 <91> und vom 14. Oktober 2019 - 4 [X.] - [X.] 406.11 § 34 [X.]auG[X.] Nr. 225 Rn. 4). Daran fehlt es hier.

4

a) Die [X.]eschwerde hält für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,

ob eine denkmalschutzrechtliche Auflage im Sinne des Denkmalschutzgesetzes hinsichtlich einer Reduzierung der (innergebäudlichen) Nutzfläche in einem angebauten Neubau zulässig ist.

5

Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision. Wie die [X.]eschwerde selbst einräumt, hat sich das Oberverwaltungsgericht zu dieser Frage nicht geäußert. Eine Rechtsfrage, die sich für die Vorinstanz nicht gestellt hat oder auf die diese nicht entscheidend abgehoben hat, kann aber grundsätzlich - so auch hier - nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr, zuletzt [X.], [X.]eschluss vom 22. März 2022 - 4 [X.] 54.21 - juris Rn. 6 [X.]).

6

b) Die [X.]eschwerde will geklärt wissen,

ob die Änderung einer Auflage des [X.] im [X.]auvorbescheid bezüglich der Geschossigkeit eines [X.], der funktional mit einem anschließenden, später zu realisierenden Anbau des Gesamtvorhabens engstens zusammenhängt, nur für die beantragte [X.]augenehmigung des Teilbauvorhabens oder auch einheitlich für das daran funktional anknüpfende, später zu realisierende Anbauvorhaben wirkt, und

ob das Oberverwaltungsgericht nicht entsprechend dem vorsorglich gestellten Antrag der [X.]eschwerde verpflichtet war, bei Rechtmäßigkeit des beantragten Anbaus im Übrigen (also in dreigeschossiger Ausführung) und vollständiger Rechtmäßigkeit des Neubaus (Solitärbau) die [X.]eklagte unter [X.]eachtung der Rechtsauffassung des [X.]erufungsgerichts zu verurteilen, den Antrag auf Erteilung einer [X.]augenehmigung für den Anbau in dreigeschossiger Ausführungsweise sowie für den beantragten Neubau zu genehmigen.

7

Diese Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision ebenfalls nicht. Denn sie lassen sich nur anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls beantworten und können nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise geklärt werden. Unabhängig davon zeigt die [X.]eschwerde auch keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf auf. Vielmehr wendet sie sich im Gewand einer Grundsatzrüge gegen die tatrichterliche Würdigung und Rechtsanwendung im Einzelfall; damit ist der in Anspruch genommene Zulassungsgrund jedoch nicht dargelegt (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 7. Dezember 2021 - 4 [X.] 18.21 - juris Rn. 4).

8

c) Auch die Frage,

ob die [X.]ehörde im Rahmen des [X.] in rechtlich zutreffender Weise auf ein Genehmigungshindernis hinweisen muss,

führt nicht zur Zulassung der Revision. Sie betrifft - soweit allgemein klärungsfähig - das [X.]auantragsverfahren sowie ggf. das denkmalschutzrechtliche Verfahren (§ 69 [X.], §§ 1, 8 [X.]) und damit irrevisibles Landesrecht.

9

d) Die [X.]eschwerde möchte geklärt wissen,

ob das Gericht im Laufe eines Verwaltungsstreitverfahrens auf ein Genehmigungshindernis hinweisen muss.

Die Frage lässt sich nicht allgemein beantworten. Sie zielt auf die Hinweispflicht des Gerichts nach § 86 Abs. 3 VwGO, zeigt aber keine klärungsfähige und klärungsbedürftige allgemeine Rechtsfrage auf.

e) Die [X.]eschwerde hält ferner für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,

ob vorliegend ein Verstoß gegen das gesetzliche Willkürverbot vorliegt, und

ob in der kompletten Versagung des beabsichtigten [X.]auvorhabens bezüglich der Realisierung des Anbaus und des Neubaus ein unzulässiger Eingriff in die grundsätzlich gesicherte Eigentumsgarantie der Klägerin gemäß Art. 14 GG vorliege.

Rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf zeigt die [X.]eschwerde damit nicht auf. Wird mit der Nichtzulassungsbeschwerde gerügt, die Auslegung und Anwendung von Landesrecht (hier: [X.]) verstoße gegen [X.]undesrecht (hier: Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG), ist näher darzulegen, inwiefern die bundesrechtliche Norm, die gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführt wird, ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher [X.]edeutung aufwirft ([X.], [X.]eschlüsse vom 21. Dezember 1994 - 4 [X.] 266.94 - NVwZ 1995, 601 S. 602 und vom 30. Juni 2003 - 4 [X.] - [X.] 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 26 S. 20). Daran fehlt es.

f) Die [X.]eschwerde möchte schließlich wissen,

ob die [X.]ehörde bei Sanierungen von [X.]audenkmälern und damit zusammenhängenden Neubauvorhaben eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vom [X.]auherrn verlangen darf, wenn kein Abriss des Denkmals vorgesehen ist.

Diese Frage kann in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Ihre Antwort ergibt sich aus dem irrevisiblen Landesrecht (§ 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 12 Abs. 1 [X.]; vgl. auch [X.], [X.]eschluss vom 17. November 2009 - 7 [X.] - [X.] 11 Art. 14 GG Nr. 365 Rn. 10). Soweit Art. 14 Abs. 1 GG und damit [X.]undesrecht eine Rolle spielt, sind die Anforderungen geklärt. [X.]eruft sich der Eigentümer auf die wirtschaftliche Unzumutbarkeit denkmalschutzrechtlicher [X.]elastungen, trifft ihn die Darlegungslast (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 28. Juli 2016 - 4 [X.] 12.16 - NVwZ 2017, 641 Rn. 7). Welche Möglichkeiten sich bieten, ein Denkmal überhaupt zu nutzen, und wie die Wirtschaftlichkeit dieser Möglichkeiten einzuschätzen ist, sind Umstände, die im Lebensbereich des Eigentümers wurzeln und zu deren Klärung der Eigentümer deshalb regelmäßig ohne unzumutbare Schwierigkeiten im Stande ist. Zudem ist es gerade wegen der [X.] des Eigentümers, ein Nutzungskonzept für das Denkmal zu entwickeln und auf seine Realisierbarkeit zu prüfen, und sich nicht ein solches Konzept von der Denkmalbehörde vorgeben zu lassen ([X.], [X.]eschluss vom 17. November 2009 - 7 [X.] - [X.] 11 Art. 14 GG Nr. 365 Rn. 12). [X.] Klärungsbedarf zeigt die [X.]eschwerde nicht auf.

2. Die Revision ist nicht wegen Divergenz gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.

Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die [X.]eschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem u. a. in der Rechtsprechung des [X.] aufgestellten, die Entscheidung des [X.] tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat ([X.], [X.]eschluss vom 19. August 1997 - 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26). Diesen Anforderungen wird das [X.]eschwerdevorbringen nicht gerecht. Die [X.]eschwerde zeigt schon keinen abstrakten Rechtssatz auf, der aus den zitierten Entscheidungen des [X.] folgen soll.

3. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen der geltend gemachten Verfahrensmängel zuzulassen.

Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nur dann bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschluss vom 19. August 1997 - 7 [X.] 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26 [X.]). Die Frage, ob das vorinstanzliche Verfahren an einem Verfahrensmangel leidet, ist dabei vom materiell-rechtlichen Standpunkt der Tatsacheninstanz aus zu beurteilen, selbst wenn dieser verfehlt sein sollte (stRspr, vgl. etwa [X.]eschluss vom 3. August 2017 - 4 [X.] 11.17 - [X.] Nr. 184 S. 1214 [X.]). Sinn der Revisionszulassung wegen Verfahrensmängeln ist die Kontrolle des [X.], nicht der Rechtsfindung. Inhaltliche Kritik an der Entscheidung vermag das Vorliegen von Verfahrensfehlern nicht darzulegen ([X.], [X.]eschluss vom 21. Oktober 2020 - 4 [X.] 16.20 - Rn. 6 [X.]).

Dies zugrunde gelegt verfehlt die [X.]eschwerde in weiten Teilen die Anforderungen nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Soweit sich ihr Verfahrensrügen entnehmen lassen, sind diese unbegründet.

a) [X.], das [X.]erufungsgericht habe gegen die Hinweispflicht (§ 86 Abs. 3 VwGO) verstoßen, greift nicht durch.

Die [X.]eschwerde macht geltend, das Oberverwaltungsgericht hätte darauf hinweisen müssen, dass ein dreigeschossiger Anbau genehmigungsfähig sei und die [X.]eantragung eines viergeschossigen Anbaus "automatisch" zur Nichtgenehmigungsfähigkeit des Neubaus (Solitär) führe. Der Vorwurf ist unbegründet. Über einen dreigeschossigen Anbau hatte das Oberverwaltungsgericht nach dem Klageantrag nicht zu befinden. Dementsprechend hat es sich auch nicht zur Zulässigkeit eines solchen Anbaus geäußert.

Weiter rügt die [X.]eschwerde, das [X.]erufungsgericht hätte darauf hinweisen müssen, dass die Klägerin möglicherweise dann einen Anspruch auf denkmalschutzrechtliche Zustimmung habe, wenn sie durch Vorlage einer Wirtschaftlichkeitsberechnung nachweise, dass ihr ein Verzicht auf die begehrte [X.]aumaßnahme wirtschaftlich unzumutbar sei. Auch das führt auf keinen Verfahrensfehler. Die Gerichte haben nicht allgemein die Pflicht, die [X.]eteiligten in der mündlichen Verhandlung auf ihre Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des [X.] hinzuweisen. Denn die tatsächliche und rechtliche Würdigung ergibt sich regelmäßig erst aufgrund der abschließenden [X.]eratung des Spruchkörpers (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschluss vom 26. Juni 1998 - 4 [X.] 19.98 - juris Rn. 5 und Urteil vom 3. Dezember 2020 - 4 [X.] 7.18 - juris Rn. 61).

b) Ein § 108 Abs. 2 und § 86 Abs. 3 VwGO verletzendes Überraschungsurteil liegt nicht vor.

Eine Entscheidung stellt sich als eine das rechtliche Gehör verletzende Überraschungsentscheidung dar, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der die [X.]eteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (stRspr, z. [X.]. [X.], [X.]eschlüsse vom 11. August 1999 - 11 [X.] - juris Rn. 8 und vom 28. Mai 2019 - 4 [X.] 44.18 - juris Rn. 12). Daran fehlt es.

Der Umstand, dass es für den Erfolg der Klage auf die Zumutbarkeit der Erhaltung des Kulturdenkmals ankommen könne, war im Verfahren hinreichend zur Sprache gekommen. [X.]ereits der streitgegenständliche [X.]escheid vom 12. März 2015 und der Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2017 enthielten entsprechende Ausführungen. Darüber hinaus hatte die [X.]eklagte auch in der [X.]erufungsbegründung ausgeführt, die Klägerin habe nicht vorgetragen und dargelegt, dass eine wirtschaftliche Nutzung nur dann sinnvoll und möglich sei, wenn das Vorhaben genau in den beantragten Maßen umgesetzt würde. Die insofern beweisbelastete Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass die Versagung der denkmalschutzrechtlichen Zustimmung für sie (wirtschaftlich) unzumutbar sei. Die [X.]eschwerde trägt zudem selbst vor, dass das Erfordernis einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung in der [X.]erufungsverhandlung thematisiert worden sei. Vor diesem Hintergrund bedurfte es keines zusätzlichen, gesonderten Hinweises an die anwaltlich vertretene Klägerin durch das [X.]erufungsgericht.

c) Das [X.]erufungsgericht hat auch den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) nicht verletzt.

Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht u. a., die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht dieser Pflicht genügt. Es ist namentlich nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Vielmehr müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass Vorbringen eines [X.]eteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Um dem [X.]ezeichnungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO zu genügen, muss die [X.]eschwerde darlegen, welches Vorbringen das Gericht (angeblich) nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen hat und unter welchem denkbaren Gesichtspunkt dieses Vorbringen für die Entscheidung hätte von [X.]edeutung sein können (stRspr, vgl. [X.], Urteil vom 18. Dezember 2014 - 4 [X.] 35.13 - NVwZ 2015, 656 Rn. 42; [X.]eschluss vom 28. Juli 2021 - 4 [X.] 26.21 - juris Rn. 2). Solche Umstände sind nicht dargetan oder ersichtlich.

Mit dem Vorwurf, das [X.]erufungsgericht habe die Erfüllung der "Auflage" bezüglich der Verminderung der Nutzfläche und die [X.]edeutung der Zustimmung zu der [X.]augenehmigung im [X.] nicht zur Kenntnis genommen, missversteht die [X.]eschwerde die [X.] als Mittel, die vorinstanzliche Entscheidung einer materiell-rechtlichen Prüfung zu unterwerfen und die gerichtliche Auseinandersetzung erneut und vertieft zu führen ([X.], [X.]eschlüsse vom 28. Juli 2021 - 4 [X.] 26.21 - juris Rn. 3 und vom 7. Februar 2022 - 4 [X.] 38.21 - juris Rn. 6). Das [X.]erufungsgericht hat den Inhalt der Zustimmungen zu dem [X.]auvorbescheid aus dem [X.] und zu der [X.]augenehmigung aus dem [X.] anders ausgelegt als die Klägerin. Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten zu folgen (stRspr, vgl. etwa [X.], [X.] vom 10. November 2004 - 1 [X.]vR 179/03 - NVwZ 2005, 204 <205>; [X.], [X.]eschluss vom 11. Februar 2008 - 5 [X.] 17.08 - juris Rn. 3).

Auch die Rüge, das [X.]erufungsgericht habe sich mit der Frage der Genehmigungsfähigkeit des Neubaus (Solitär) nicht befasst und die Thematik "unter den Tisch fallen lassen", führt nicht auf einen Gehörsverstoß. Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Klägerin mit ihrer Klage die Verpflichtung der [X.]eklagten zur Erteilung einer [X.]augenehmigung für die Errichtung eines nichtunterkellerten viergeschossigen Anbaus an eine denkmalgeschützte Villa, den Neubau eines unterkellerten Wohnhauses mit drei Obergeschossen (zehn Wohneinheiten) und einer Tiefgarage einschließlich Zufahrt, hilfsweise die Neubescheidung begehrte ([X.]; siehe auch [X.], 18). Gegenstand des Genehmigungsverfahrens war damit das beschriebene Gesamtvorhaben und nicht einzelne Teile davon. Folglich bestand für das Oberverwaltungsgericht keine Veranlassung zur Zulässigkeit einzelner Teile des Gesamtvorhabens - hier des Neubaus (Solitär) – Stellung zu nehmen. Es ist Sache des [X.]auherrn, durch den [X.]auantrag festzulegen, was Inhalt des Vorhabens und damit Gegenstand der von ihm begehrten [X.]augenehmigung sein soll, soweit er sich dabei innerhalb derjenigen Grenzen hält, die einer Zusammenfassung oder Trennung objektiv gesetzt sind (vgl. [X.], Urteil vom 20. August 1992 - 4 [X.] 57.89 - [X.]RS 54 Nr. 50). Ob ein [X.]auherr ein Gesamtvorhaben oder mehrere Einzelvorhaben zur Genehmigung gestellt hat, beurteilt sich nach dem jeweiligen Genehmigungsantrag, der unter Umständen der Auslegung bedarf ([X.], [X.]eschluss vom 6. Februar 2013 - 4 [X.] 39.12 - juris Rn. 11).

d) Das Oberverwaltungsgericht hat nicht gegen § 86 Abs. 2 VwGO verstoßen.

Die [X.]eschwerde wirft dem [X.]erufungsgericht vor, es habe förmlich gestellte [X.]eweisanträge zur Erfüllung der "Auflage" des [X.] bezüglich der Reduzierung der Nutzfläche sowie der Aufforderung, den [X.]auantrag für einen viergeschossigen Anbau einzureichen, übergangen. Das trifft nicht zu.

Nach § 86 Abs. 2 VwGO kann ein in mündlicher Verhandlung gestellter [X.]eweisantrag nur durch einen Gerichtsbeschluss, der zu begründen ist, abgelehnt werden. Erforderlich ist ein förmlicher und vorbehaltlos gestellter, hinreichend substantiierter und auf die Erforschung von Tatsachen gerichteter [X.]eweisantrag ([X.], Urteil vom 25. Juni 1986 - 6 [X.] 98.83 - [X.] 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 177 S. 42), der "in der mündlichen Verhandlung" gestellt wurde ([X.], [X.]eschlüsse vom 30. August 2017 - 2 [X.] 34.17 - [X.] 235.2 LDisziplinarG Nr. 51 Rn. 7 und vom 24. Oktober 2019 - 3 [X.] 26.19 - NJW 2020, 1600 Rn. 36 § 3 StVG Nr. 23>); unzureichend sind hingegen (nur) in vorbereitenden Schriftsätzen angekündigte [X.]eweisanträge (stRspr, vgl. z. [X.]. [X.], [X.]eschluss vom 6. September 2011 - 9 [X.] 48.11 u. a. - [X.] 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 69). Ausweislich der Niederschrift über die [X.]erufungsverhandlung hat die anwaltlich vertretene Klägerin keine förmlichen [X.]eweisanträge gestellt.

e) [X.], das Oberverwaltungsgericht habe die Aufklärungspflicht verletzt (§ 86 Abs. 1 VwGO) genügt nicht den [X.]. Die [X.]eschwerde legt nicht substantiiert dar, inwiefern sich dem Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung eine weitere Aufklärung des Sachverhalts aufdrängen musste, obwohl die Klägerin in der mündlichen Verhandlung keinen förmlichen [X.]eweisantrag gestellt hat. Die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Versäumnisse eines anwaltlich vertretenen Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren und insbesondere [X.]eweisanträge zu ersetzen, die ein [X.]eteiligter in zumutbarer Weise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschluss vom 9. Mai 2018 - 4 [X.] 40.17 - juris Rn. 4).

f) [X.], das [X.]erufungsgericht habe [X.] nicht auf einen Vergleich hingewirkt (§ 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 278 Abs. 1 ZPO), genügt ebenfalls nicht den [X.] (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

Es kann dahinstehen, ob § 278 Abs. 1 ZPO im Verwaltungsprozess entsprechend anwendbar ist und die Vorschrift trotz des anderslautenden Wortlauts eine Pflicht begründet. Jedenfalls ist es nicht Aufgabe der Gerichte, in jedem Fall anlasslos einen Vergleich vorzuschlagen. Zur [X.]egründung eines Verfahrensfehlers muss daher zumindest dargelegt werden, inwieweit der [X.]eschwerdeführer auf eine vergleichsweise [X.]eilegung des Rechtsstreits hingewirkt hat. Das leistet die [X.]eschwerde nicht. Sie legt schon nicht dar, dass und zu welchen "Rahmenbedingungen" überhaupt gegenseitige Vergleichsbereitschaft bestand und dies dem [X.]erufungsgericht mitgeteilt worden ist.

4. Soweit in dem Schriftsatz vom 15. März 2022 weitere Verfahrensfehler geltend gemacht werden, bleibt dieser Vortrag unberücksichtigt, da er außerhalb der [X.]egründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO erfolgte und sich nicht nur als bloße Ergänzung des bisherigen Vortrags darstellt. Das gilt in gleicher Weise für die weitere Divergenzrüge.

Im Übrigen sieht der Senat von einer [X.]egründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 B 32/21

15.07.2022

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 20. Juli 2021, Az: 1 A 1039/19, Urteil

§ 86 Abs 3 VwGO, § 108 Abs 2 VwGO, § 1 DSchG SN, § 8 Abs 1 DSchG SN, § 9 Abs 1 DSchG SN, § 12 Abs 1 DSchG SN

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15.07.2022, Az. 4 B 32/21 (REWIS RS 2022, 4682)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 4682

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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