Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 22.08.2016, Az. 2 BvR 2953/14

2. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2016, 6500

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Gerichtsentscheidungen können grds nicht mit der kommunalen Verfassungsbeschwerde (Art 93 Abs 1 Nr 4b GG; § 91 BVerfGG) angegriffen werden - hier: Kommunalverfassungsbeschwerde gegen BGH-Rspr zur Anwendung von §§ 46 EnWG, 19, 20 GWB bei der kommunalen Vergabe von Wegenutzungsrechten für Energieversorgungsnetze (BGH, 17.12.2013, KZR 65/12, NVwZ 2014, 817; BGH, 17.12.2013, KZR 66/12, BGHZ 199, 289) unzulässig


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Kommunalverfassungsbeschwerde betrifft Fragen der Daseinsvorsorge und der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 [X.]) im Zusammenhang mit der Rekommunalisierung eines lokalen Energienetzes.

2

1. Die beschwerdeführende Gemeinde ist Inhaberin der Wegerechte an den öffentlichen [X.]erkehrswegen im Stadtgebiet von [X.]. Sie hatte mit der [X.], einem privaten Energienetzbetreiber, einen Konzessionsvertrag über die Nutzung der öffentlichen Wege für die [X.]erlegung und den Betrieb von Stromleitungen der allgemeinen [X.]ersorgung im Stadtgebiet von [X.] geschlossen, der zum 31. Dezember 2011 auslief.

3

a) Im [X.] vom 13. Oktober 2009 machte die Beschwerdeführerin das Auslaufen des [X.] mit der [X.] zum 31. Dezember 2011 bekannt und forderte qualifizierte Bewerber ohne Fristsetzung zur Interessenbekundung auf. Im [X.] vom 30. Oktober 2009 wurde die Bekanntmachung wegen eines Druckfehlers, aus dem sich Unklarheiten hinsichtlich des Konzessionsgebiets ergaben, berichtigt. Zu den Bewerbern gehörte neben der [X.] die [X.] als bisherige [X.]ertragspartnerin.

4

b) In ihrer Gemeinderatssitzung vom 17. November 2009 beschloss die Beschwerdeführerin, eine Rekommunalisierung des Stromnetzes in ihrem Stadtgebiet prüfen zu lassen, und beauftragte die [X.]erwaltung, Angebote für die fachliche Beratung zu einer möglichen Kooperation einzuholen. Mit Schreiben vom 16. Juli 2010 teilte die Beschwerdeführerin der [X.] mit, dass sie die Möglichkeit einer Rekommunalisierung prüfe, und forderte sie auf, ihr hierfür Daten und Unterlagen zum Stromnetz zu übermitteln. Die erbetenen Informationen erhielt die Beschwerdeführerin am 16. September 2010. In seiner Sitzung vom 29. März 2011 beschloss der Gemeinderat der Beschwerdeführerin, zusammen mit den Elektrizitätswerken der Gemeinde [X.] (Elektrizitätswerke [X.]…) eine [X.] zu gründen, durch die das Stromnetz im Stadtgebiet von [X.] nach Auslaufen des [X.] mit der [X.] erworben werden sollte. Zugleich beschloss er, mit der neuen [X.] auch im Stromvertrieb tätig zu werden. Das Ergebnis des [X.] wurde der [X.] mit Schreiben vom 12. April 2011 mitgeteilt. Mit Schreiben vom darauffolgenden 13. April 2011 lehnte die Beschwerdeführerin das Angebot der [X.] ab und unterrichtete sie darüber, dass das Kooperationsangebot der [X.]… das Geeignetste gewesen sei.

5

c) Am 31. Mai 2011 beschloss der Gemeinderat der Beschwerdeführerin verschiedene Auswahlkriterien und deren jeweilige Gewichtung für die [X.]ergabe von Wegenutzungsrechten für Stromleitungen. Der Schwerpunkt lag dabei auf dem Kriterium der Möglichkeit der Einflussnahme der Beschwerdeführerin auf die Netzgesellschaft mit einer Gewichtung von 30 %. Das ökologische Konzept der jeweiligen Bewerber wurde mit 15 % veranschlagt. Weitere Kriterien waren unter anderem die Möglichkeit der Bürgerbeteiligung an der Netzgesellschaft sowie eine möglichst geringe Belastung des Gemeindehaushalts.

6

d) Am 7. Juni 2011 wurde die E[X.] GmbH gegründet, an der die Beschwerdeführerin zu 60 % und die [X.]… zu 40 % beteiligt sind. Mit Schreiben vom selben Tag forderte die Beschwerdeführerin die [X.] sowie eine weitere Mitbewerberin, die [X.], zur Abgabe eines abschließenden Angebots für die Stromkonzession bis zum 30. Juli 2011 auf und verwies dabei auf die vom Gemeinderat festgelegten Auswahlkriterien und deren Gewichtung.

7

e) Während die [X.] mit Schreiben vom 15. Juni 2011 ihr Angebot zurückzog, bekundete die [X.] mit Schreiben vom 25. Juli 2011 die Aufrechterhaltung ihrer Bewerbung und gab ein entsprechendes Angebot ab. Der Gemeinderat der Beschwerdeführerin beschloss am 16. August 2011, die Wegenutzungsrechte der E[X.] GmbH einzuräumen, die mit Schreiben vom 5. Juli 2011 ihr Interesse an den Wegenutzungsrechten im Stadtgebiet der Beschwerdeführerin zum Ausdruck gebracht und mit Schreiben vom 28. Juli 2011 ihre Bewerbung konkretisiert hatte. Der [X.] wurde mit Schreiben vom 17. August 2011 die Ablehnung ihrer Bewerbung mitgeteilt. Unter dem 28. September 2011 wandte sich die [X.] an das [X.], um die [X.]orgehensweise der Beschwerdeführerin zu rügen.

8

f) Nachdem die Beschwerdeführerin am 7. November 2011 gemäß § 46 Abs. 3 Satz 6 [X.] ihre Entscheidung zum Neuabschluss des [X.] mit der E[X.] GmbH öffentlich bekannt gemacht hatte, stimmte der Gemeinderat der Beschwerdeführerin am 22. November 2011 dem Abschluss eines solchen [X.] mit der E[X.] GmbH zu. Der [X.]ertrag wurde am 16. Dezember 2011 unterzeichnet, nachdem am Tag zuvor, dem 15. Dezember 2011, zwischen der Beschwerdeführerin und der [X.] eine Entflechtungsvereinbarung unterzeichnet worden war.

9

2. Auf das Schreiben der [X.] vom 28. September 2011 leitete das [X.] am 17. Februar 2012 auf Grundlage von §§ 19, 20 GWB ein [X.]erfahren gegen die Beschwerdeführerin wegen des [X.]erdachts des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung und einer [X.]beschränkung im Zusammenhang mit dem Abschluss von [X.] nach § 46 [X.] ein.

3. Die beschwerdeführende Gemeinde [X.] beantragt mit ihrer am 11. Dezember 2014 beim [X.] eingegangenen Kommunalverfassungsbeschwerde die Feststellung der [X.]erfassungswidrigkeit des [X.]erbots der direkten Übernahme örtlicher Energieverteilernetze ohne vorherige Ausschreibung, des [X.]erbots, bei der Ausschreibung des Betriebs örtlicher Energieverteilernetze den Betrieb durch eine kommunale Beteiligungsgesellschaft vorzugeben, sowie des [X.]erbots, bei der Auswahl des Betreibers eines örtlichen Energieverteilernetzes spezifische kommunale Interessen zu berücksichtigen. Diese [X.]erbote kommen aus Sicht der Beschwerdeführerin in der kartellrechtlichen Rechtsprechung des [X.] zum Ausdruck, namentlich in zwei Entscheidungen vom 17. Dezember 2013 zum Stromnetz [X.] ([X.], Urteil vom 17. Dezember 2013 - [X.] -, juris) sowie zum Stromnetz [X.] ([X.]Z 199, 289).

a) Nach Auffassung des [X.] haben Gemeinden bei der [X.]ergabe von Nutzungsrechten im Sinne von § 46 Abs. 2 [X.] das Diskriminierungsverbot der § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB und § 46 Abs. 1 [X.] zu beachten. Gemeinden seien als Normadressaten des kartellrechtlichen [X.] und Behinderungsverbots anzusehen und handelten beim Abschluss von Konzessionsverträgen als Unternehmen im Sinne des [X.] Kartellrechts ([X.], Urteil vom 17. Dezember 2013 - [X.] -, juris, Rn. 16 ff.). Auch dann, wenn sie die Nutzung ihrer öffentlichen [X.]erkehrswege zum Netzbetrieb einem Eigenbetrieb übertragen wollten, hätten sie das Diskriminierungsverbot des § 46 Abs. 1 [X.] zu beachten und könnten sich insoweit weder auf ein "[X.]" noch auf die Grundsätze des im [X.]ergaberecht anerkannten "In-house-Geschäfts" berufen (vgl. [X.], a.a.[X.], Rn. 31). Zwar schließe der Wortlaut des § 46 Abs. 4 [X.], wonach die Absätze 2 und 3 des § 46 [X.] für Eigenbetriebe der Gemeinden entsprechende Anwendung finden, für sich allein noch nicht aus, einen Eigenbetrieb bei der Übertragung von Nutzungsrechten zu bevorzugen. § 46 Abs. 4 [X.] enthalte keine ausdrückliche [X.]erweisung auf das Diskriminierungsverbot des § 46 Abs. 1 [X.]. Aus dem Zweck der Regelungen des § 46 [X.] ergebe sich jedoch, dass die Gemeinden auch bei einer "Systementscheidung" für den Netzbetrieb durch einen Eigenbetrieb das Diskriminierungsverbot des § 46 Abs. 1 [X.] zu beachten hätten (vgl. [X.], a.a.[X.], Rn. 32 ff.). Die Auswahl eines Konzessionärs müsse in einem transparenten [X.]erfahren erfolgen und sei vorrangig an Kriterien auszurichten, die das Ziel des § 1 [X.], das heißt die Gewährleistung einer sicheren, preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltverträglichen leitungsgebundenen örtlichen [X.]ersorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas, konkretisierten (vgl. [X.]Z 199, 289 <294> Rn. 16).

b) Die Pflicht der Gemeinden zur diskriminierungsfreien Auswahl des Konzessionärs stehe mit dem Recht der Gemeinden auf kommunale Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 [X.] im Einklang. Zwar sei die [X.]ersorgung der Einwohner und ortsansässigen Unternehmen mit Energie eine Aufgabe der verfassungsrechtlich geschützten kommunalen Selbstverwaltung. Dies bedeute jedoch nicht, dass die im Zusammenhang mit dieser [X.]ersorgung stehende wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden keinen rechtlichen Schranken unterliege. Das Recht zur kommunalen Selbstverwaltung bestehe vielmehr nur im Rahmen der allgemeinen Gesetze, zu denen auch das [X.] zähle. Die [X.]orschrift des § 46 Abs. 1 [X.] greife nicht in verfassungswidriger Weise in den Kernbestand des Selbstverwaltungsrechts ein. Als Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie sei grundsätzlich nur die Möglichkeit der Gemeinde zur wirtschaftlichen Betätigung als solche geschützt, nicht aber einzelne Ausprägungen wirtschaftlicher Tätigkeit. Soweit in der aus § 46 Abs. 1 und 4 [X.] folgenden [X.]erpflichtung der Gemeinden, auch Eigenbetriebe, Eigengesellschaften und kommunale Beteiligungsgesellschaften bei der Konzessionsvergabe nicht ohne sachlichen Grund zu bevorzugen, überhaupt ein Eingriff in das Recht auf kommunale Selbstverwaltung zu sehen sein sollte, sei er jedenfalls verhältnismäßig und verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Pflicht zur diskriminierungsfreien Entscheidung über den Netzbetreiber sei zur Förderung des [X.] um das für den Betrieb des allgemeinen [X.]ersorgungsnetzes notwendige Wegenutzungsrecht im Interesse der Allgemeinheit an einer [X.]erbesserung der [X.]ersorgungsbedingungen geeignet und erforderlich. Die Regelung beschränke die Gemeinden auch nicht übermäßig. Sie seien nicht gehindert, sich mit einem eigenen Unternehmen oder einem Eigenbetrieb am Wettbewerb zu beteiligen und auf dieser Grundlage gegebenenfalls den Netzbetrieb selbst zu übernehmen.

4. Nach Erhebung der [X.]erfassungsbeschwerde am 11. Dezember 2014 beantragte die Beschwerdeführerin beim [X.] mit Schriftsatz vom 12. Januar 2015, das gegen sie eingeleitete Missbrauchsverfahren bis zur Entscheidung des [X.]s auszusetzen. Diesen Antrag wies das [X.] mit Schreiben vom 14. Januar 2015 zurück. Mit Beschluss vom 28. Januar 2015 stellte das [X.] einen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung der Beschwerdeführerin bei der Auswahl des Unternehmens, dem sie Wegerechte für die [X.]erlegung und den Betrieb von Leitungen zur Stromversorgung einräumt, fest und gab der Beschwerdeführerin auf, das Auswahlverfahren zu wiederholen.

5. Gegen die Untersagungsverfügung des [X.]s legte die Beschwerdeführerin am 3. März 2015 Beschwerde beim [X.] ein und beantragte zudem am 12. März 2015, die aufschiebende Wirkung dieser Beschwerde anzuordnen. Mit Beschluss vom 15. Juli 2015 wies das [X.] den Antrag der Beschwerdeführerin zurück, wobei das [X.] in seiner Begründung im Wesentlichen auf die oben angeführte kartellrechtliche Rechtsprechung des [X.] Bezug nahm und dabei insbesondere auch eine [X.]erletzung von Art. 28 Abs. 2 [X.] verneinte (vgl. [X.], Beschluss vom 15. Juli 2015 - [X.] 1/15 ([X.]), 2 Kart 1/15 ([X.]) -, juris, Rn. 22 ff., 28 ff.). Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss ließ das [X.] nach § 74 Abs. 2 und 3 GWB nicht zu, da weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden sei, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung einer Entscheidung des [X.] bedürfe (vgl. [X.], a.a.[X.], Rn. 75).

6. Die hiergegen von der Beschwerdeführerin erhobene Rechtsbeschwerde sowie ihre Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das [X.] wies der [X.] mit Beschluss vom 26. Januar 2016 zurück ([X.], Beschluss vom 26. Januar 2016 - K[X.]Z 41/15 -, juris).

Die [X.]erfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen (§ 93a Abs. 2 B[X.]erf[X.]), weil sie unzulässig ist.

1. Sie bezeichnet kein im Wege der [X.] im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b [X.], § 91 B[X.]erf[X.].

a) Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b [X.] sowie § 91 Satz 1 B[X.]erf[X.] sehen als Beschwerdegegenstand der Kommunalverfassungsbeschwerde ein Gesetz des [X.]es oder eines [X.] vor, worunter neben formellen Gesetzen alle vom Staat erlassenen Rechtsnormen anzusehen sind, die Außenwirkung gegenüber einer Kommune entfalten (vgl. B[X.]erfGE 71, 25 <34>; 76, 107 <114>; 137, 108 <137> Rn. 63). Hierunter fallen auch Rechtsverordnungen (vgl. B[X.]erfGE 107, 1 <8>; 110, 370 <383>; 137, 108 <137> Rn. 63) und Satzungen von [X.] (vgl. B[X.]erfGE 26, 228 <245>; 137, 108 <137> Rn. 63).

b) Gerichtliche Entscheidungen können im [X.]erfahren der Kommunalverfassungsbeschwerde hingegen nicht dem [X.] zur Überprüfung vorgelegt werden (vgl. B[X.]erfG, Beschluss der [X.] des [X.] vom 14. Oktober 2013 - 2 BvR 1961/13, 2 BvR 1962/13, 2 BvR 1976/13 -, juris, Rn. 3; B[X.]erfGK 3, 219 <221>). Dem [X.]orbringen der Beschwerdeführerin, dass die von ihr angegriffene Rechtsprechung des [X.] als Rechtsnorm anzusehen sei, die Außenwirkung gegenüber den [X.] entfalte, kann insoweit nicht gefolgt werden. Auch höchstrichterliche Urteile sind kein Gesetzesrecht und erzeugen keine damit vergleichbare Rechtsbindung (vgl. B[X.]erfGE 84, 212 <227>; B[X.]erfG, Beschluss des [X.] vom 15. Juli 2015 - 2 BvR 2292/13 -, juris, Rn. 70 ff.).

Zwar ist richterliche Rechtsfindung nicht auf den [X.]ollzug vorgegebener Normen in dem Sinne beschränkt, dass der [X.] dabei als bloße "bouche de la loi", das heißt als "[X.]" fungieren würde. [X.]ielmehr ist es jeder richterlichen Tätigkeit immanent, dass sie den Inhalt gesetzlicher Normen methodisch interpretiert und deren Anwendungsbereich definiert, um auf der Grundlage des positiven, abstrakt-generell formulierten Gesetzes im Einzelfall über dessen Anwendung zu entscheiden. Auch Rechtsanwendung ist insofern die Erzeugung von neuem, noch nicht bestehendem Recht auf der Grundlage und nach Maßgabe von anzuwendendem Recht, dessen [X.]orgaben mittels Rechtserkenntnis vom Rechtsanwender zu eruieren sind (vgl. [X.], Reine Rechtslehre, 1934, [X.] f.).

[X.]or diesem Hintergrund wird, worauf die Beschwerdeführerin hinweist, in der verfassungs- und verfassungsprozessrechtlichen Literatur die Auffassung vertreten, dass aus [X.] und im Hinblick auf die bestehenden (faktischen) Bindungswirkungen auch [X.]recht und Gewohnheitsrecht als zulässige Gegenstände einer Kommunalverfassungsbeschwerde in Betracht kommen (vgl. [X.], Zuständigkeiten und [X.]erfahren des [X.]s, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 3. Aufl. 2005, § 70 Rn. 77; [X.]oßkuhle, in: v. Mangoldt/[X.]/[X.], [X.], [X.], 6. Aufl. 2010, Art. 93 Rn. 198; die Zulässigkeit bei Gewohnheitsrecht, nicht aber bei [X.]recht bejahend [X.], in: [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl. 2014, Art. 93 Rn. 74). Da durch eine generelle Anerkennung der Rechtsnormqualität gerichtlicher Entscheidungen jedoch die vom [X.]erfassungsgeber vorgenommene Beschränkung der Kommunalverfassungsbeschwerde auf (materielle) Gesetze unterlaufen und die Kommunalverfassungsbeschwerde in eine Urteilsverfassungsbeschwerde umgewandelt würde, was dem Willen des [X.]erfassungs- wie Gesetzgebers ersichtlich zuwiderliefe, kann dies mit Blick auf Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b [X.], § 91 B[X.]erf[X.] allenfalls für [X.]recht gelten, das ein bestimmtes Rechtsgebiet prägt (vgl. etwa zum [X.] B[X.]erfG, Beschluss des [X.] vom 15. Juli 2015 - 2 BvR 2292/13 -, juris, Rn. 70).

Wo die Grenze zwischen Rechtsanwendung und eigenständiger Setzung von [X.]recht im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b [X.], § 91 B[X.]erf[X.] verläuft, ist im vorliegenden [X.]erfahren nicht zu entscheiden, da die von der Beschwerdeführerin angegriffenen Urteile auf einer Auslegung von § 46 [X.] beruhen und insofern in Anwendung bereits bestehenden Gesetzesrechts gefällt wurden, weswegen ihnen die Qualität selbständiger, im Wege der Kommunalverfassungsbeschwerde rügefähiger Rechtsnormen nicht zukommt.

c) Durch die mangelnde Angreifbarkeit gerichtlicher Urteile im Rahmen der Kommunalverfassungsbeschwerde entstehen auch keine Rechtsschutzlücken. Denn zum einen sind die Fachgerichte dazu aufgerufen, in den ihnen zur Entscheidung vorgelegten [X.]erfahren sowohl der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung, die dem [X.] die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit für das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 [X.]) und die [X.]erhütung des Missbrauchs wirtschaftlicher Machtstellung (Art. 74 Abs. 1 Nr. 16 [X.]), den Ländern jedoch die Zuständigkeit für das Kommunalrecht zuweist (vgl. B[X.]erfGE 137, 108 <164> Rn. 132), als auch der besonderen Bedeutung der den Gemeinden in Art. 28 Abs. 2 [X.] gewährleisteten Garantie des kommunalen Selbstverwaltungsrechts und ihrer Konkretisierung in der Rechtsprechung des [X.]s Rechnung zu tragen, um bei der Auslegung und Anwendung des [X.]es wie auch des Gesetzes gegen [X.]beschränkungen der Möglichkeit einer eigenverantwortlichen Regelung aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zur Wirksamkeit zu verhelfen. Zum anderen besteht in Fällen, in denen sich die Fachgerichte an verfassungsrechtliche [X.]orgaben aus Art. 28 Abs. 2 und Art. 72, 74 [X.] nicht hinreichend berücksichtigende Gesetzeslage wegen Art. 20 Abs. 3 [X.] gebunden sehen, die [X.]erpflichtung, nach Art. 100 Abs. 1 [X.], § 80 Abs. 1 B[X.]erf[X.] die Entscheidung des [X.]s einzuholen.

2. Eine Interpretation der [X.]erfassungsbeschwerde dahingehend, dass sie sich unmittelbar gegen § 46 [X.] richtet, beseitigt die [X.] nicht, da die Norm bereits im Jahr 2005 in das [X.] aufgenommen wurde ([X.]) und daher die Jahresfrist des § 93 Abs. 3 B[X.]erf[X.] jedenfalls verstrichen ist.

[X.]on einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 B[X.]erf[X.] abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 2953/14

22.08.2016

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

Art 28 Abs 2 GG, Art 93 Abs 1 Nr 4b GG, § 91 S 1 BVerfGG, § 46 Abs 1 EnWG 2005, § 46 Abs 2 EnWG 2005, § 19 GWB, § 20 Abs 1 GWB vom 18.12.2007

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 22.08.2016, Az. 2 BvR 2953/14 (REWIS RS 2016, 6500)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 6500

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

2 BvR 2177/16

Zitiert

2 BvR 2292/13

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