Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2017, Az. I ZB 6/16

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 3749

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:181017BIZB6.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZB 6/16
vom
18.
Oktober
2017
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren

-
2
-
Der I. Zivilsenat des [X.]s hat am 18.
Oktober
2017 durch [X.]
Dr.
Büscher, die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Löffler, die Richterinnen Dr.
Schwonke
und Dr. Marx

beschlossen:

Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000

festgesetzt.

Gründe:

I.
Der Senat hat mit Beschluss vom 11.
Mai 2017 die Rechtsbeschwerde auf Kosten des Wi[X.]prechenden zurückgewiesen. Die Markeninhaberin hat mit [X.] vom 29.
August
2017 die Streitwertfestsetzung beantragt und [X.] hat sich zur Höhe des Streitwerts nicht geäußert.

II. Auf den Antrag der Markeninhaberin ist der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde gemäß §
33 Abs.
1 RVG festzusetzen.

1. [X.] im vorliegenden Rechtsbeschwer-deverfahren maßgebliche Gegenstandswert bestimmt
sich nach der Vorschrift des §
23 Abs. 2 Satz 1 RVG, die auf § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG verweist.

1
2
3
-
3
-
a) Nach §
23 Abs.
2 Satz
1 RVG ist in Beschwerdeverfahren, in denen Gerichtsgebühren unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nicht erhoben werden oder sich nicht nach dem Wert richten, der Wert unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers nach §
23 Abs.
3 Satz
2 RVG zu be-stimmen. Die
Vorschrift des §
23 Abs.
2 Satz
1 RVG bezieht sich ihrem Wort-laut nach allein auf Beschwerdeverfahren. Sie ist jedoch entsprechend auf Rechtsbeschwerdeverfahren als besondere Beschwerdeverfahren anzuwen-den, soweit dort Gerichtsgebühren nicht erhoben werden oder sich -
wie im Streitfall -
nicht nach dem Wert richten ([X.], Beschluss vom 30.
Juli 2012
-
IX
ZB
165/10, NJW-RR 2012, 1257; [X.], Beschluss vom 30.
Juli 2015
-
I
ZB 61/13, juris Rn. 6; Beschluss vom 24.
November 2016 -
I
ZB 52/15, [X.], 127 Rn.
2).
Nach §
23 Abs.
3 Satz
2 Halbsatz
1
RVG ist der Gegenstandswert nach billigem Ermessen zu bestimmen.

b) Im Schrifttum wird demgegenüber die Ansicht vertreten, maßgebliche Vorschrift für die Bemessung des [X.] des [X.] nach den §§ 83 bis 90 [X.] sei gemäß §
23 Abs.
1 Satz
2 RVG die Vorschrift des §
51
Abs.
1 [X.] ([X.]/[X.]/[X.], Ge-werblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3.
Aufl., §
90 [X.] Rn.
12; [X.] in Ströbele/[X.], [X.], 11.
Aufl., § 90 Rn. 20; [X.]., [X.] 2016, 229, 231). Nach §
23 Abs.
1 Satz
2 RVG sind in Verfahren, in de-nen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder dem Gesetz über Gerichts-kosten in Familiensachen erhoben werden, die Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes entsprechend anzuwenden, wenn für das Verfahren keine Ge-richtsgebühr oder eine Festgebühr bestimmt ist. Nach §
51 Abs.
1 [X.] ist der Wert ebenfalls nach billigem Ermessen zu bestimmen.

c)
Der vorstehend dargestellten Auffassung kann nicht zugestimmt wer-den. Die Frage, wie der Streitwert für die Rechtsanwaltsgebühren in Rechtsbe-schwerdeverfahren festzusetzen ist, wenn die Gerichtsgebühren sich nicht nach 4
5
6
-
4
-
dem Wert richten, wird im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nicht ausdrücklich geregelt. Systematische Gründe sprechen dafür, die Vorschrift des §
23 Abs.
2 Satz
1 RVG entsprechend anzuwenden.

Die Vorschrift des §
23 Abs.
2 Satz
1 RVG enthält eine Sonderregelung für besondere Beschwerdeverfahren, bei denen sich die Gerichtsgebühren nicht nach dem Wert richten. Dies trifft auf Rechtsbeschwerdeverfahren nach den §§
83 bis 90 [X.] zu, bei denen die Gerichtsgebühren unabhängig vom Wert erhoben werden.

Für eine analoge Anwendung des §
23 Abs.
2 Satz
1 RVG auf das mar-kenrechtliche Rechtsbeschwerdeverfahren spricht des Weiteren
der Umstand, dass das [X.] den Gegenstandswert für die Beschwerdever-fahren nach den §§
62 bis 82 [X.] ebenfalls nach §
23 Abs.
2 Satz
1 in Verbindung mit Abs.
3 Satz
2 RVG festsetzt. In diesen Verfahren scheidet eine Anwendung des §
23 Abs.
1 Satz
2 RVG aus, weil im patentgerichtlichen Ver-fahren die Gerichtsgebühren nicht nach dem Gerichtskostengesetz erhoben werden, sondern gemäß §
82 Abs.
1 Satz
3 [X.] nach dem [X.]
(vgl. [X.], Beschluss vom 27.
April 2016 -
26 W [pat]
77/13, juris Rn.
10; Beschluss vom 7.
Dezember 2016 -
28 W [pat]
17/15, juris Rn.
22). Es erleichtert den Beteiligten, die Kostenbelastung zu kalkulieren, wenn
die
Streit-wertfestsetzung in beiden Instanzen des markenrechtlichen Rechtsmittelverfah-rens
nach denselben Vorschriften und damit nach einheitlichen Kriterien erfolgt. Die Gegenansicht, die im Rechtsbeschwerdeverfahren eine Streitwertfestset-zung nach §
23 Abs.
1 Satz
2 RVG für zutreffend hält, hat zur Folge, dass vor dem [X.] und dem [X.] im selben Instanzenzug unterschiedliche Wertvorschriften zur Anwendung gelangen. In der Praxis hat dies teilweise zu divergierenden Streitwertfestsetzungen beim Bundespatentge-richt einerseits und beim [X.] andererseits geführt (vgl.
[X.], [X.], 229). Ein derartiges Auseinanderfallen der Wertfestsetzungen 7
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-
5
-
in verschiedenen Instanzen wi[X.]pricht dem System der Wertvorschriften in den §§
39 ff. [X.]
für die übrigen Rechtsmittelverfahren. Das Gerichtskosten-gesetz differenziert bei den Wertvorschriften nicht zwischen Ausgangs-, Beru-fungs-
oder Revisionsinstanz, maßgebend für den Wert ist vielmehr der das Verfahren einleitende Antrag (§
40 [X.]). In Rechtsmittelverfahren werden in den höheren Instanzen zwar höhere Gerichtsgebühren erhoben, es fallen auch höhere anwaltliche Gebühren an. Dies wird jedoch nicht durch im Instanzenzug steigende Streitwerte, sondern durch steigende Gebührensätze bewirkt
([X.], [X.], 1174, 1176; vgl. hierzu [X.], [X.] 2016, 229, 231).

2. Nach §
23 Abs.
3 Satz
2 RVG ist der Gegenstandswert, soweit er nicht feststeht, nach billigem Ermessen zu bestimmen

23 Abs.
3 Satz
2 Halbsatz
1
RVG); in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schät-zung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstands-wert mit 5.000 , nach Lage des Falles niedriger oder höher,
jedoch nicht über anzunehmen

23 Abs.
3 Satz
2 Halbsatz
2
RVG).

a) Maßgeblich für die Festsetzung des [X.] des Rechts-beschwerdeverfahrens im Markenlöschungsstreit ist das wirtschaftliche [X.] an der Aufrechterhaltung seiner Marke (vgl. [X.], [X.] vom 16.
März 2006 -
I
ZB 48/05, juris Rn.
2; Beschluss vom 30.
Juli 2015 -
I
ZB 61/13, juris Rn.
7). Nach der Rechtsprechung des Senats entspricht die Festsetzung
des [X.] für das Rechtsbeschwerdeverfahren in einem Markenlöschungsstreit auf 5([X.], Beschluss vom 16.
März 2006 -
I
ZB 48/05, juris Rn.
2; Büscher in
Büscher/[X.]/[X.]
aaO §
90 [X.] Rn.
13). Im Einzelfall kann der Wert angesichts des Interesses des Markeninhabers an der Aufrechterhaltung seiner umfänglich benutzten Marke auch deutlich darüber liegen ([X.], [X.] vom 30.
Juli 2015 -
I
ZB 61/13, juris Rn.
7 mwN).

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-
6
-
b) Diese
Grundsätze gelten auch im vorliegenden Wi[X.]pruchsverfah-ren. Deshalb ist der Streitwert nach billigem Ermessen t-zen. Soweit die Markeninhaberin sich pauschal auf jährliche sechsstellige [X.] beruft, die sie mit der angegriffenen Marke seit dem [X.] erzielt [X.], hat sie diese Umsätze nicht belegt.
Es besteht deshalb keine Veranlassung, von einem vom Regelfall abweichenden Sachverhalt auszugehen und einen

c) Dagegen kann im Streitfall bei der Festsetzung des [X.] nicht von dem in §
23 Abs.
3 Satz
2 Halbsatz
2
RVG genannten Regelwert von oder einer Vervielfachung dieses Wertes ausgegangen
werden
(aA
[X.], [X.], 229; [X.] [X.] 2016, 229, 233). Auf diese Werte muss nur zurückgegriffen werden, wenn eine Festsetzung nach billigem [X.] nicht möglich ist. Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden.

Auf §
23 Abs.
3 Satz
2 Halbsatz
2
RVG kann auch nicht aus anderen Gründen zurückgegriffen werden. Als Begründung für eine Heranziehung des oder einer Vervielfachung dieses Werts für die [X.] in markenrechtlichen Rechtsmittelverfahren wird
angeführt, die Wi[X.]pruchs-
und Wi[X.]pruchsbeschwerdeverfahren dienten dem gesetzgeberischen Zweck, den Beteiligten ein schnelles und im [X.] an der [X.] orientiertes und deshalb im Vergleich zum [X.] einfacheres und auch deutlich kostengünstigeres Verfahren zur Klärung markenrechtlicher Kollisionen zur Verfügung zu stellen, das regelmäßig vor der Benutzungsaufnahme einer jüngeren Marke durchgeführt werde
([X.], [X.], 229). Es
ist jedoch nicht erkennbar, dass der [X.] dieses Ziel nicht allein durch die sehr niedrigen Gebühren für die Erinne-rung vor dem Patentamt,
die Beschwerde vor dem [X.] und
die Rechtsbeschwerde beim [X.], sondern auch im Bereich der [X.] durch §
23 Abs.
3 Satz
2 Halbsatz
2
RVG durchsetzen wollte.
11
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13
-
7
-
Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und das [X.] enthalten keine besonderen Wertvorschriften, die eine derartige gebührenrechtliche Privilegie-rung der am markenrechtlichen Rechtsmittelverfahren Beteiligten vorsehen.

Büscher
Schaffert
Löffler

Schwonke
Marx
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 24.12.2015 -
30 W (pat) 42/13 -

Meta

I ZB 6/16

18.10.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2017, Az. I ZB 6/16 (REWIS RS 2017, 3749)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3749

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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