Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2018, Az. 1 StR 159/17

1. Strafsenat | REWIS RS 2018, 9416

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[X.]:[X.]:BGH:2018:090518B1STR159.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 159/17

vom
9. Mai
2018
in der Strafsache
gegen

1.
2.
3.
4.
5.

wegen
zu 1., 3., 4. und 5.: Beihilfe zur Steuerhinterziehung
zu 2.: Steuerhinterziehung

-
2
-
Der 1. Strafsenat des [X.] hat
nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer
am 9. Mai
2018
beschlossen:

Gemäß § 169 Abs. 3 Satz 1 [X.] in der Fassung des Gesetzes über die Erweiterung der Medienöffentlichkeit in [X.] ([X.]) vom 8. Oktober 2017 werden bei der Verkündung einer Entscheidung Ton-
und [X.] sowie Ton-
und Filmaufnahmen zum Zweck der öffentlichen Vorführung oder der Veröffentlichung ihres Inhalts unter folgenden Auflagen zugelassen:
1.
Ton-
und [X.] sowie Ton-
und Film-aufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder der Veröffentlichung ihres Inhalts von der Verlesung der Urteilsfor-mel -
Entscheidungstenor -
(§§
268 Abs. 2 Satz 1, 356 StPO) werden nicht zugelassen. Die entsprechenden Aufnahmen [X.] erst mit der Eröffnung der Urteilsgründe durch den [X.] (§§
268 Abs. 2 Satz 1, 356 StPO) beginnen.

2.
Zugelassen sind höchstens zwei TV-
bzw. Filmkameras auf Stativen an festgelegten Plätzen im Sitzungssaal. Es sind ge-räuscharme Kameras zu verwenden.

3.
Es wird ein Akkreditierungsverfahren, gegebenenfalls mit der Bildung von [X.], angeordnet. Das Verfahren wird durch die Pressestelle des [X.] durchgeführt. Es gelten die auf der Homepage des [X.] veröf-fentlichten Akkreditierungsbedingungen.
-
3
-

4.
Der Aufbau der Kameras ist spätestens 10 Minuten vor Beginn der Verkündung einer Entscheidung abzuschließen.

5.
Während der Eröffnung der Urteilsgründe sind die Kameras an ihren Plätzen zu belassen. Soweit aus technischen Gründen eine fortwährende Bedienung der Kameras unabdingbar ist, darf je Kamera eine Person bei der Kamera verbleiben. Ein Hin-
und Herlaufen dieser Person ist zu unterlassen.

6.
Während der Eröffnung der Urteilsgründe sind die Kameras ausschließlich auf die Richterbank zu richten. Kamera-schwenks sind nur innerhalb des Bereichs der Richterbank zu-lässig. Aufnahmen der Verfahrensbeteiligten und der Zuhörer sind nicht zugelassen.

7.
Nach Ende der Eröffnung der Urteilsgründe sind die Kameras unverzüglich zu entfernen. Den Anweisungen des [X.] (insbesondere Sitzungswachtmeister, Mitarbeiter der Pressestelle) ist Folge zu leisten.

Gründe:
I.
Nach § 169 Abs. 3 Satz 1 [X.] kann das Gericht für die Verkündung von Entscheidungen in besonderen Fällen Ton-
und [X.] sowie Ton-
und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder 1
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-
der Veröffentlichung ihres Inhalts zulassen. Zur Wahrung schutzwürdiger Inter-essen der Beteiligten oder Dritter sowie eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Verfahrens
können die Aufnahmen oder deren Übertragung teilweise untersagt oder von der Einhaltung von Auflagen abhängig gemacht werden
(§ 169 Abs. 3 Satz 2 [X.]).
Die Entscheidung steht danach im Ermessen des Gerichts. [X.] sind dabei das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an dem gerichtlichen Verfahren und die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten (vgl. BT-Drucks. 18/10144, [X.]). Die Abwägung und Ausübung des Ermessens führt vorlie-gend zu der im Tenor genannten Untersagung und den genannten Auflagen. Diese dienen dem Persönlichkeitsschutz der Angeklagten, um eine potentiell unbegrenzte Verbreitung der persönlichen Daten, insbesondere von deren [X.], durch die rundfunköffentliche Verkündung der Urteilsformel zu verhindern (vgl. BT-Drucks. 18/10144, [X.]). Denn -
vorbehaltlich einer Endberatung der Sache durch den Senat -
würde bei unterschiedlichen Entscheidungen über die Revisionen der Angeklagten eine Nennung ihrer Namen in der Urteilsformel (§§
268 Abs. 2 Satz 1, 356 StPO) erforderlich. Dies wäre mit den Persönlich-keitsrechten der Angeklagten nicht zu vereinbaren.
Die Angeklagten und ihre Angehörigen würden -
in unterschiedlicher Weise -
durch die Gefahr der öffentlichen Verbreitung ihrer Namen in ihrem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt und
haben daher einen Anspruch auf Unter-sagung der Aufnahme in dem genannten Umfang (vgl. [X.], Beschluss vom 9. September 2016 -
1 BvR 2022/16, [X.], 798 Rn. 6 zu einem Anonymi-s-polizeiliche Anordnung). Die Angeklagten selbst oder ihre Familienangehörigen haben neue Beschäftigungsverhältnisse. Die inhaltliche Nähe dieser Beschäfti-gung zum vorliegenden Strafprozess kann erhebliche Beeinträchtigungen im 2
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5
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beruflichen Fortkommen sowie Ansehen der Beteiligten hervorrufen. Dies wäre aufgrund der bereits lange zurück liegenden Taten aus dem [X.] und der eher am unteren Rand anzusiedelnden Strafen der Angeklagten und damit vor dem Hintergrund ihres [X.] sowie unter Berücksichti-gung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit nicht angemessen (vgl. [X.], Beschluss vom 19.
Dezember 2007 -
1 BvR 620/07, [X.]E 119, 309
Rn. 35 zum Erlass sitzungspolizeilicher Anordnungen).
An den persönlichen Daten besteht -
auch unter Berücksichtigung der bisherigen Medienberichterstattung -
kein besonderes Interesse, da die Medi-enöffentlichkeit -
soweit ersichtlich -
über das Verfahren gegen die Angeklagten allein wegen der Vorgänge bei der D.

Bank berichtet hat und die Ange-klagten selbst dabei völlig im Hintergrund standen. Die in diesem Zusammen-hang notwendigen Informationen für die Öffentlichkeit werden durch die Auf-nahme der Eröffnung der Urteilsgründe durch den Vorsitzenden ausreichend gewährleistet.
Um eine Namensnennung der Angeklagten im Rahmen der Eröffnung der Urteilsgründe durch den Vorsitzenden (§§
268 Abs. 2 Satz 1, 356 StPO) zu verhindern, wird diese in abstrakter Form unter den (damaligen) Funktionsbe-zeichnungen der Angeklagten oder anonymisiert mit deren
bloßen Anfangs-buchstaben erfolgen.
4
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6
-
II.
Foto-, Bild-, Fernseh-
und Tonaufnahmen vor Beginn der Hauptverhand-lung und außerhalb der Verkündung der Entscheidung bleiben unberührt und sind -
vorbehaltlich einer anderweitigen sitzungspolizeilichen Anordnung
-
zu-lässig.
Raum Jäger Bellay

Bär Hohoff
6

Meta

1 StR 159/17

09.05.2018

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.05.2018, Az. 1 StR 159/17 (REWIS RS 2018, 9416)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 9416

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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