Bundessozialgericht, Beschluss vom 16.07.2020, Az. B 1 KR 43/19 B

1. Senat | REWIS RS 2020, 2281

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Divergenz - Krankenversicherung - Krankenbehandlung - Hyperthermie - Ausschluss durch den G-BA


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des [X.] vom 25. Oktober 2017 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger führt den Rechtsstreit als Sonderrechtsnachfolger seiner bei der [X.] versichert gewesenen, verstorbenen Ehefrau, S., fort. Diese war mit ihrem Begehren auf Kostenübernahme für eine (inzwischen [X.]) [X.] ihrer Krebserkrankung bei der [X.] und den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung - unter Verweis auf die Gründe des [X.] - ua ausgeführt: Die [X.] gehöre nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung, da sie der Gemeinsame [X.] ([X.]) durch Anlage [X.] der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung nach § 92 Abs 1 Satz 2 [X.] ausdrücklich ausgeschlossen habe. Aus dem eingeholten [X.] ergebe sich außerdem, dass neue Erkenntnisse über die Wirksamkeit der Hyperthermie nicht vorlägen. Ein Leistungsanspruch nach § 2 Abs 1a [X.] scheitere bereits daran, dass hierfür regelmäßig kein Raum bestehe, wenn der [X.] - wie hier - zu einer negativen Bewertung gelangt sei. Auch ohne Berücksichtigung des [X.]-Beschlusses seien die Voraussetzungen eines Leistungsanspruchs nach § 2 Abs 1a [X.] nicht gegeben, da die Hyperthermie keinen über die - hier noch nicht ausgeschöpfte - Standardtherapie hinausgehenden Nutzen biete (Beschluss vom 25.10.2017).

2

Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im [X.]-Beschluss.

3

II. Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen. In der Begründung des Rechtsmittels sind die geltend gemachten Zulassungsgründe der Divergenz (§ 160 Abs 2 [X.] SGG) und des [X.] (§ 160 Abs 2 [X.] SGG) entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG nicht hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

4

1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 [X.] SGG) beruft, muss entscheidungstragende abstrakte Rechtssätze in der Entscheidung des Berufungsgerichts einerseits und in einem Urteil des [X.], des [X.] oder des [X.] andererseits gegenüberstellen, Ausführungen dazu machen, weshalb beide miteinander unvereinbar sein sollen, und schließlich darlegen, dass die Berufungsentscheidung auf dieser Divergenz beruht (vgl [X.] vom 26.9.2017 - [X.] KR 37/17 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.]7 RdNr 4; vgl zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieses Maßstabs [X.] vom 8.9.1982 - 2 BvR 676/81 - juris RdNr 8). Der Kläger richtet sein Vorbringen hieran nicht aus.

5

Er benennt bereits keinen entscheidungstragenden Rechtssatz in einer Entscheidung des [X.]. Der vom Kläger wörtlich zitierte Satz:

"Es ist nicht ausgeschlossen, die im Beschluss des [X.] (2005-12-06, 1 BvR 347/98, [X.]E 115, 25) für eine noch nicht anerkannte, aber auch noch nicht ausdrücklich ausgeschlossene neue Behandlungsmethode aufgestellten Grundsätze auch in einem Fall anzuwenden, in welchen eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom Gemeinsamen [X.] ausgeschlossen wurde (entgegen [X.], 2006-11-07, [X.] KR 24/06 R, [X.], 1385 <1388 f>). (…)"

findet sich so nicht in der in Bezug genommenen Entscheidung des [X.] vom 29.11.2007 (1 BvR 2496/07 - [X.] 4-2500 § 27 [X.] Rd[X.]4). Es handelt sich um den [X.] der Juris-Veröffentlichung, der nicht Bestandteil der Entscheidung und damit auch nicht entscheidungstragend ist. Das [X.] hat in seiner Entscheidung vielmehr dem Beschwerdegericht des dortigen Verfahrens aufgegeben (soweit es zu dem Ergebnis komme, dass die durchgeführte Hyperthermie-Therapie zur Schmerzbehandlung in rechtsfehlerfreier Form vom [X.] vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung ausdrücklich ausgeschlossen wurde) in rechtlicher Hinsicht in eigenständiger Würdigung zu entscheiden, ob die im Beschluss des [X.] vom 6.12.2005 (1 BvR 347/98 - [X.]E 115, 25 = [X.] 4-2500 § 27 [X.]) für eine im dortigen verfahrensgegenständlichen Zeitraum noch nicht anerkannte, aber auch noch nicht ausdrücklich ausgeschlossene neue Behandlungsmethode aufgestellten Grundsätze auch in den Fällen gelten, in welchen eine neue Behandlungsmethode bereits ausdrücklich vom [X.] ausgeschlossen wurde.

6

Der Kläger legt auch nicht hinreichend dar, dass die Berufungsentscheidung auf der gerügten Divergenz beruht. Dazu ist erforderlich, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts - ausgehend von dessen Rechtsauffassung - anders hätte ausfallen müssen (vgl [X.] vom [X.] - [X.]2 KR 62/04 B - [X.] 4-1500 § 160a [X.] RdNr 18 = juris RdNr 9; [X.] vom 30.10.2013 - [X.] [X.]/13 B - juris Rd[X.]). Daran fehlt es. Der Kläger legt nicht dar, warum es für die Entscheidung auf die Frage, ob ein Leistungsanspruch nach § 2 Abs 1a [X.] schon deswegen ausscheidet, weil der [X.] die Hyperthermie durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 [X.] aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen hat, überhaupt ankommen soll. Das [X.] hat nämlich seine Entscheidung zusätzlich darauf gestützt, dass die Voraussetzungen des § 2 Abs 1a [X.] auch unabhängig von dem Beschluss des [X.] nicht vorliegen, da - gestützt auf die sachverständige Einschätzung des [X.] - eine spürbare positive Einwirkung der [X.] auf den Krankheitsverlauf nicht nachgewiesen werden kann. An diese Feststellung ist der erkennende Senat gebunden (§ 163 SGG), da sie der Kläger nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen hat (dazu 2.).

7

2. Nach § 160 Abs 2 [X.] SGG ist eine Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (stRspr, vgl zB [X.] vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - [X.] 1500 § 160a [X.]6 mwN). Der Kläger richtet sein Vorbringen hieran nicht aus.

8

Wer sich auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG stützt, muss 1. einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, dem das [X.] nicht gefolgt ist, 2. die Rechtsauffassung des [X.] wiedergeben, aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zu weiterer Sachaufklärung drängen müssen, 3. das voraussichtliche Ergebnis der unterbliebenen Beweisaufnahme darlegen und 4. schildern, dass und warum die Entscheidung des [X.] auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das [X.] also bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen müssen ([X.] vom 13.2.2020 - [X.] KR 98/18 B - juris RdNr 10; [X.] vom 2.10.2019 - [X.]2 KR 42/19 B - juris Rd[X.]; vgl zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieses Maßstabs [X.] vom 12.9.1991 - 1 BvR 765/91 - juris Rd[X.]). Daran fehlt es. Der Kläger gibt weder eine Rechtsauffassung des [X.] wieder noch benennt er einen Beweisantrag, den er bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt oder zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat.

9

3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

4. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Meta

B 1 KR 43/19 B

16.07.2020

Bundessozialgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Frankfurt (Oder), 19. Februar 2015, Az: S 27 KR 53/13, Urteil

§ 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 2 Abs 1a SGB 5, § 27 Abs 1 S 1 SGB 5, § 92 Abs 1 S 2 Nr 5 SGB 5, § 135 Abs 1 S 1 SGB 5, Anl 2 Nr 42 MVVRL

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 16.07.2020, Az. B 1 KR 43/19 B (REWIS RS 2020, 2281)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2281

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1 BvR 347/98

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