Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.02.2017, Az. V ZB 166/15

V. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 15894

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:090217BV[X.]166.15.0

BUN[X.]S[X.]ERICHTSHOF

BESCHLUSS
V [X.] 166/15
vom

9. Februar 2017

in der [X.]rundbuchsache

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2
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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 9.
Februar 2017
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Stresemann, die Richterinnen Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch und Dr.
Brückner, [X.]
[X.]öbel und die Richterin Haberkamp

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des 1. Zivilsenats des [X.] vom 20. Oktober 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung -
auch über die Kosten des [X.] -
an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der [X.]egenstandwert des [X.] beträgt 72.000

[X.]ründe:

I.

Mit notariellem Vertrag vom 27. September 2013 verkaufte die als Eigen-tümerin im [X.]rundbuch eingetragene Beteiligte zu 1 das eingangs bezeichnete e-.

([X.]). Zur Sicherung des 1
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Anspruchs auf Eigentumsübertragung bewilligte die Beteiligte zu 1 die Eintra-gung einer Auflassungsvormerkung zugunsten der Beteiligten zu 2.

Die Beteiligte zu 2 hat die Eintragung der Auflassungsvormerkung unter Vorlage eines Auszugs aus dem [X.] (Unternehmensregis-ter) der Camera di Commercio Industria Artigianato e Agricoltura di R.

(Industrie-
und [X.]

) beantragt. Das [X.]rundbuchamt hat den Antrag zurückgewiesen. Mit der Beschwerde hat die Beteiligte zu
2 hilfs-weise bee-sellschaftern

V.

und

F.

r-gericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbe-schwerde will die Beteiligte
zu 2 weiterhin ihre Eintragung erreichen.

II.

Nach Auffassung des [X.] setzt die Eintragung einer ausländischen [X.]esellschaft unter ihrem Namen in das [X.]rundbuch die Rechts-fähigkeit voraus. Hieran fehle es nach dem insoweit maßgeblichen [X.] Recht. Eine [X.] [X.] sei keine juristische Person und -
trotz Abwei-chungen bei [X.]eschäftsführung und Haftung -
mit einer [X.] [X.]esellschaft bürgerlichen Rechts vergleichbar. Jedenfalls dann, wenn die [X.] [X.] einen [X.]esellschaftszweck wie die Beteiligte zu 2 verfolge, müsse sie nicht in das [X.] Unternehmensregister eingetragen werden. Eine fakultative Eintragung habe lediglich verlautbarenden Charakter und begründe keine mit §
15 H[X.]B vergleichbaren Publizitätswirkungen. Entscheidungen [X.]r [X.]erichte, in denen der [X.] [X.] -
vergleichbar mit einer [X.] [X.]e-sellschaft bürgerlichen Rechts ([X.]bR) -
Teilrechtsfähigkeit zuerkannt werde, sei-2
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en nicht ersichtlich. [X.]emäß Art. 2659 Abs. 1 Nr. 1 Codice civile sei die [X.] [X.] in Ansehung von Rechten an [X.]rundstücken allenfalls dann erwerbs-fähig, wenn in der [X.] in das [X.] Immobilienregister auch die Personalien der Personen angegeben würden, die sie nach dem [X.]rün-dungsvertrag vertreten.
Eine solche Eintragung könne nach dem anzuwenden-den [X.] Verfahrensrecht (§ 15 [X.]) nicht erfolgen. Auch die Vorausset-zungen für die mit der Beschwerde beantragte Eintragung der Beteiligten zu 2 unter gleichzeitiger Eintragung ihrer [X.]esellschafter lägen nicht vor, da § 47 Abs.
2 [X.] aufgrund des Bezugs zu §
899a [X.] nur für die [X.] [X.]bR gelte.

III.

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die statthafte (§ 78 Abs. 1 und 3 [X.]) und auch im Übrigen zulässige (§
71
FamF[X.]) Rechtsbeschwerde ist begründet.

1. Im Ausgangspunkt zu Recht nimmt das Beschwerdegericht allerdings an, dass eine ausländische [X.]esellschaft nur dann unter ihrem Namen als Vor-merkungsberechtigte
in das [X.]rundbuch
eingetragen werden kann, wenn sie nach ihrem Personalstatut selbst Eigentum an [X.]rundstücken erwerben kann und ihr damit nach dem [X.] [X.]rundbuchverfahrensrecht als der lex fori die materielle [X.]rundbuchfähigkeit zukommt. Zutreffend sieht es das [X.] Recht als Personalstatut an. Denn die Beteiligte zu
2 hat in [X.] nicht nur ih-ren Sitz, sondern ist dort auch gegründet worden (vgl.
Senat, Beschluss vom 4.
Juli 2013 -
V [X.] 197/12, [X.], 14 Rn.
11; [X.] 2002, 413, 415
f.; MüKo[X.]/[X.], 6. Aufl., [X.] Rn. 152 ff.; jeweils mwN).

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2. Mit Erfolg beanstandet die Beteiligte zu 2 mit der Verfahrensrüge [X.], dass das Beschwerdegericht das [X.] Recht unzureichend ermit-telt hat.

a) Es kann dahinstehen, ob sich das Verfahren zur Ermittlung ausländi-schen Rechts im
Verfahren der freiwilligen [X.]erichtsbarkeit nach § 293 ZPO richtet oder ob die in § 26 FamF[X.] normierte Amtsermittlungspflicht maßgeblich ist (vgl. Senat, Beschluss vom 4. Juli 2013 -
V [X.] 197/12, NJW 2013, 3656 Rn.
25 mwN, insoweit in [X.], 14 nicht abgedruckt). Denn in jedem Fall hat der Tatrichter ausländisches Recht von Amts wegen zu ermitteln. Wie er sich diese Kenntnis verschafft, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen. [X.] darf sich die Ermittlung des fremden Rechts nicht auf die Heranziehung der Rechtsquellen beschränken, sondern muss auch die konkrete Ausgestal-tung des Rechts in der ausländischen Rechtspraxis, insbesondere die ausländi-sche Rechtsprechung, berücksichtigen. Der Tatrichter ist gehalten, das Recht als [X.]anzes zu ermitteln, wie es sich in Lehre und Rechtsprechung entwickelt hat. Er muss dabei die ihm zugänglichen Erkenntnisquellen ausschöpfen (für §
293 ZPO st.
Rspr., vgl. nur [X.], Urteil vom 14. Januar 2014 -
II ZR 192/13, NJW 2014, 1244 Rn. 15; Urteil vom 10. September 2015 -
IX ZR 304/13, [X.], 2248 Rn. 15; [X.]/Meyer-Holz, FamF[X.], 19. Aufl., § 72 FamF[X.] Rn.
54; dahingehend auch für § 26 FamF[X.] [X.]/Sternal, aaO, § 26 Rn. 27
f.). Durch das Rechtsbeschwerdegericht wird insoweit lediglich überprüft, ob der Tatrich-ter sein Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt, insbesondere sich anbietende Er-kenntnisquellen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls hinrei-chend ausgeschöpft hat (vgl. für § 293 ZPO [X.], Beschluss vom 30.
April 2013 -
VII [X.] 22/12, [X.], 1225 Rn. 39; Urteil
vom 14. Januar 2014 -
II ZR 192/13, aaO Rn. 15).

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b) Daran gemessen hat das Beschwerdegericht das [X.] Recht verfahrensfehlerhaft ermittelt.

aa) Für die [X.]rundbuchfähigkeit der Beteiligten zu 2 ist -
wie auch das Beschwerdegericht im Ausgangspunkt erkennt -
nicht entscheidend, ob nach [X.]m Recht eine umfassende Rechtsfähigkeit der [X.] [X.] be-steht. Da das [X.]esetz auch eine auf bestimmte Bereiche (wie etwa den Erwerb von [X.]rundstücken) beschränkte Teilrechtsfähigkeit vorsehen kann, kommt es vielmehr darauf an, ob die ausländische [X.]esellschaft selbst Trägerin von [X.] an [X.]rundstücken sein kann (vgl. [X.], 28. Edition, [X.] Bezüge Rn. 101 f.). Im Hinblick auf diese Rechtsfrage ist die Ermessen-ausübung des [X.] bei der Ermittlung des ausländischen Rechts bereits deshalb rechtsfehlerhaft, weil es die ihm vorliegende Literatur zum ausländischen Recht unzureichend ausgewertet hat. Wie die Rechtsbe-schwerde zu Recht beanstandet, wird in dem von dem Beschwerdegericht her-angezogenen Werk von [X.] zum [X.] Handels-
und Wirtschafts-recht mit Nachweisen aus der Rechtsprechung der [X.], es sei anerkannt, dass das Eigentum an den [X.]egenständen des [X.]esell-schaftsvermögens der [Personen-] [X.]esellschaft selbst -
und nicht den [X.] gemeinsam -
zustehe, und dass die durch die [X.]esellschafter einge-brachten [X.]egenstände in das Eigentum der [X.]esellschaft übergingen ([X.], [X.]isches Handels-
und Wirtschaftsrecht, 2. Aufl., § 4 Rn. 21 f.); andererseits würden [X.]esellschaft und [X.]esellschafter in der [X.] Rechtsprechung häufig rechtlich gleichgestellt, und es ergebe sich kein einheitliches Bild
([X.], [X.]isches Handels-
und Wirtschaftsrecht, aaO Rn. 23). Angesichts dieser Ausführungen zur [X.] Rechtspraxis konnte sich das Beschwer-degericht auch nicht auf zwei Kommentare zur [X.] [X.]rundbuchordnung stützen, in denen die Rechtsfähigkeit der [X.] [X.] ohne weitere Be-8
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gründung verneint wird (Meikel/Hertel, [X.], 11. Aufl., [X.]. [X.] Rn. 127; Hügel/Zeiser, [X.], 2.
Aufl., Internationale Bezüge Rn. 111.11).

bb) Die Heranziehung der maßgeblichen Normen des Codice civile macht die Ermittlung der [X.] Rechtspraxis anhand von [X.]r Rechtsprechung und Rechtsliteratur ebenfalls nicht entbehrlich, zumal die [X.]e-setzesbestimmungen ihrem Wortlaut nach nicht eindeutig gegen die Erwerbs-
und damit die [X.]rundbuchfähigkeit der [X.] [X.] sprechen. Dies gilt ins-besondere, soweit das Beschwerdegericht meint, aus Art. 2659 Abs. 1 Nr. 1 Codice Civile ergebe sich eine Erwerbsfähigkeit der [X.] [X.] in Anse-hung von Rechten an [X.]rundstücken allenfalls dann, wenn in der [X.] auch die Personalien der Personen angegeben würden, die sie
nach dem [X.]ründungsvertrag vertreten. Insoweit beschränkt sich das Beschwerdegericht nämlich auf sein aus dem Wortlaut abgeleitetes Verständnis der Vorschrift, oh-ne das Recht als [X.]anzes und die hierauf bezogene [X.] Rechtspraxis zu ermitteln. Sollte Art. 2659 Abs. 1 Nr. 1 Codice Civile -
wie die [X.] unter Auswertung von [X.]r Literatur ausführt -
das Verfahren regeln, mit dem eine lediglich deklaratorische Eintragung des bereits vollzogenen Im-mobilienerwerbs der [X.]esellschaft in das Immobilienregister herbeigeführt wird, beträfe die Norm -
anders als das Beschwerdegericht meint -
gerade nicht die Erwerbsfähigkeit der [X.] [X.].

IV.

Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Da die Sache wegen der fehlenden Feststellungen insbesondere zum Inhalt des italie-nischen Rechts nicht zur Endentscheidung reif ist, macht der Senat von der 10
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auch im Verfahren der freiwilligen [X.]erichtsbarkeit bestehenden Möglichkeit [X.]e-brauch, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache an das [X.] zurückzuverweisen (§ 78 Abs. 3 [X.], § 74 Abs. 6 Satz 2
FamF[X.], § 563 Abs. 4 ZPO analog; vgl. [X.]/Meyer-Holz, FamF[X.], 19. Aufl., §
74 Rn. 84; [X.]/[X.]/[X.], FamF[X.], 11. Aufl., §
74 Rn. 9). Das [X.] wird nunmehr die fehlenden Feststellungen zum [X.] Recht nachzuholen und -
auch unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Rechtsbeschwerdebegründung -
zu prüfen haben, ob die Beteiligte zu 2 nach [X.]m Recht in eigener [X.] Wohnungseigentum erwer-ben kann. Dazu dürfte die Einholung eines Rechtsgutachtens bzw. ein [X.] (dazu MüKoZPO/Prütting, 5. Aufl., § 293 Rn. 33 ff.) geboten sein. Sollte die genannte Rechtsfrage zu bejahen sein, könnte zugleich gut-achterlich geklärt werden, inwieweit die Eintragung in das [X.] Unter-nehmensregister Existenz und Vertretungsbefugnisse der Beteiligten zu 2 nachweist (vgl. etwa [X.]/Stöber, [X.]rundbuchrecht, 15.
Aufl., Rn. 3636b).
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III.

Die Wertfestsetzung beruht auf § 61 Abs. 1, § 46 Abs. 1 [X.]NotK[X.].

Stresemann Schmidt-Räntsch Brückner

[X.]öbel Haberkamp
Vorinstanzen:
A[X.]
Tempelhof-Kreuzberg,
Entscheidung
vom
15.04.2014
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FH
7407N-14 -

K[X.],
Entscheidung vom 20.10.2015 -
1 [X.]/15 -

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Meta

V ZB 166/15

09.02.2017

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.02.2017, Az. V ZB 166/15 (REWIS RS 2017, 15894)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 15894

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V ZB 166/15

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IX ZR 304/13

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