Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.05.2014, Az. VIII ZR 266/13

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5571

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 266/13
Verkündet am:

14. [X.]i 2014

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja

[X.] Art. 1, Art. 4; [X.] I-VO Art. 4, Art. 17, Art. 19; [X.] I-VO Art. 6; [X.]
§
387, § 390; [X.][X.] Art. 3; ZPO § 293, § 322; Codice civile Art. 1242, Art. 1243

a)
Bei Sachverhalten mit einer Verbindung zum Recht eines ausländischen Staates [X.] die Aufrechnung gemäß Art.
17 Abs.
1 [X.] I-VO der für die Hauptforderung berufe-nen Rechtsordnung mit der Folge, dass das [X.] der Hauptforderung auch über die Voraussetzungen, das Zustandekommen und die Wirkungen der Aufrechnung ent-scheidet. Das ist bei einer Aufrechnung gegen eine Forderung aus einem Kaufvertrag, der dem einheitlichen [X.] ([X.]) unterfällt, das unvereinheitlichte Recht des Staates, nach dessen Recht der Kaufvertrag ohne Eingreifen des Überein-kommens zu beurteilen wäre (Bestätigung des [X.] vom 23. Juni 2010 -
VIII [X.], [X.], 1712 Rn. 24, insoweit in [X.], 81 nicht abgedruckt).

b)
Über eine nach dem anwendbaren ausländischen Recht als prozessrechtlich zu [X.] ist ungeachtet der Frage, ob
das [X.] [X.] zu deren Feststellung eine damit übereinstimmende prozessuale Norm bereithält, in einem vor [X.]n Gerichten geführten Prozess nach [X.]m Recht unter Anwen-dung des nach den Regeln des Internationalen Privatrechts für das streitige Rechtsver-hältnis maßgeblichen ausländischen Rechts zu entscheiden. Danach kann eine pro-zessuale Aufrechnungsvoraussetzung des ausländischen Rechts wie eine materiell-rechtliche Vorschrift angewendet werden, wenn sie in ihrem sachlich-rechtlichen Gehalt den in §§
387
ff. [X.] als Teil des materiellen Rechts geregelten [X.]n Aufrech-nungsvoraussetzungen gleichkommt (Fortführung des [X.] vom 9. Juni 1960
-
VIII ZR 109/59, NJW 1960, 1720 unter [X.]).

[X.], Urteil vom 14. [X.]i 2014 -
VIII ZR 266/13 -
OLG [X.] in [X.]

[X.]

-
2
-
Der VIII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. [X.]i 2014 durch [X.] als Vorsitzenden, die Richterin Dr.
[X.] sowie
die [X.]
Achilles, Dr.
Schneider und Dr.
Bünger

für Recht erkannt:
Die Revision der [X.] gegen das Urteil des 4. Zivilsenats in [X.] des Oberlandesgerichts [X.] vom 2. August 2013 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die in [X.] ansässige Klägerin und die in [X.] ansässige [X.] gehören einer auf unterschiedliche [X.] verteilten Gruppe von sechs Unternehmen an, die unter dem gemeinsamen Firmenkern und der [X.]rke
"M.

"
weltweit Kaffeeprodukte vertreiben
und
auf Gesellschafter-
wie auf Geschäftsführerebene miteinander verbunden sind.
Eines dieser Unternehmen
ist die in [X.] ansässige M.

General Trading LLC
(im Folgenden:
M.

LLC), zu deren Gesellschaftern und Geschäftsführern unter anderem der Geschäftsführer der Klägerin
und der in [X.] ansässige Geschäftsführer der [X.] [X.].

B.

gehören;
die Rolle
der M.

LLC bei
der
Ab-wicklung der Geschäftsbeziehungen der Unternehmensgruppe
ist streitig.

1
-
3
-

Aus den
in diesem Rahmen
zwischen den Parteien bestehenden Liefer-beziehungen
macht die Klägerin für im Jahre 2011
erfolgte Lieferungen von Kaffeeprodukten mit ihrer Klage einen unstreitigen Kaufpreisanspruch
von

nebst Zinsen gegen die Beklagte geltend.
Die Beklagte
rechnet hiergegen in nachstehender
Reihenfolge unter anderem mit folgenden von ihr behaupteten Gegenansprüchen auf:
a) Aus abgetretenem Recht eines von ihrem Geschäftsführer seinerzeit in [X.] betriebenen Einzelunternehmens [X.].

B.

Consulting be-ansprucht
die Beklagte die Zahlung rückständiger Zinsen für den Zeitraum vom 30. September 2009 bis 20. Januar 2011 in Höhe von 2.der Klägerin gewährten und im Übrigen bereits zurückgezahlten Darlehen über

Die Klägerin bestreitet die Darlehensgewährung und macht geltend,
dass es sich -
wie auch in dem darüber aufgesetzten "[X.]"
zum Ausdruck komme -
in Wirklichkeit um eine auf Gesellschafter-ebene der M.

LLC beschlossene [X.] gegenüber den [X.] der Klägerin gehandelt habe, die vereinbarungsgemäß über die
M.

LLC abgewickelt und von dieser auch zurückgeführt worden sei. Im Zusammenhang mit dieser Rückführung sei zudem vereinbart worden, dass keine weiteren Ansprüche aus dem Darlehen
mehr bestünden.
b)
Aus abgetretenem Recht der in [X.] ansässigen [X.].

B.

Consulting AG, die im Frühjahr 2011 Verbindlichkeiten der Klägerin aus Waren-lieferungen gegenüber einer in [X.] ansässigen C.

S.r.l. in Höhe den Ersatz dieser Aufwendungen, die sie
mit einem erstrangigen Teilbetrag
in Höhe der Klageforderung zur Aufrechnung stellt.
Die Klägerin macht demge-genüber geltend, dass die [X.].

B.

Consulting AG
in diesem Zusammen-hang nicht nur ihre Verbindlichkeiten, sondern auch Verbindlichkeiten der
2
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4
-
4
-

M.

LLC getilgt und dabei mit der M.

LLC
überein gekommen sei, dass Ansprüche auf Ersatz dieser Aufwendungen von Letzterer
insgesamt ge-tragen werden sollten;
dieser Aufwendungsersatzanspruch sei jedoch nicht [X.] fällig gestellt, sondern entsprechend einem Gesellschafterbeschluss
in ein der M.

LLC gewährtes Darlehen umgewandelt worden. Die Klägerin [X.] habe die getätigten Aufwendungen gegenüber der M.

LLC [X.] sollen, was Ende 2011
im Rahmen einer Abtretung von Forderungen der
Klägerin aus Lieferungen gegen Dritte an die M.

LLC geschehen sei.
c) Aus abgetretenem Recht ihres Geschäftsführers [X.].

B.

bean-sprucht die Beklagte die Rückzahlung eines der Klägerin von diesem Ende ; insoweit rechnet sie
in Höhe eines der Klageforderung entsprechenden erstrangigen Teilbetrages
auf. Die Klägerin bestreitet eine Darlehensgewährung an sie und behauptet, es habe sich dabei um ein der M.

LLC gegebenes Darlehen gehandelt, von dem ein Teilbe-trag in Höhe .

LLC direkt an die Klägerin überwiesen worden sei, um darüber Kaufpreisforderungen der Klägerin gegenüber der M.

LLC aus der Lieferung von Kaffeeprodukten zu beglei-chen.
Die Klage hat in den Vorinstanzen, die sich auf Rüge der Klägerin mit den vorbezeichneten Gegenforderungen wegen insoweit fehlender
inter-nationaler
Zuständigkeit [X.]r Gerichte sachlich nicht befasst haben, Erfolg gehabt. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Berufungsgericht auf die Nichtbefassung mit den genannten Gegenforderungen beschränkt zugelas-senen
Revision.
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-
5
-

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat
keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Die unstreitige Klageforderung sei
durch die erklärte Aufrechnung mit den geltend gemachten Gegenforderungen nicht erloschen. Über die Aufrech-nung mit den vorbezeichneten drei Gegenforderungen sei schon deshalb nicht zu entscheiden gewesen, weil es dafür an der mit Blick auf die Rechtskraftwir-kung des § 322 Abs. 2 ZPO erforderlichen internationalen Zuständigkeit deut-scher Gerichte gefehlt habe. Fehle es an dieser Zuständigkeit, stehe einer [X.] nach der Rechtsprechung des [X.] (Urteil vom 12.
[X.]i 1993 -
[X.]; offen gelassen im Urteil vom 7. November 2001
-
[X.]/00) ein zwingendes prozessuales Hindernis jedenfalls dann [X.], wenn es -
wie hier -
um bestrittene und inkonnexe Gegenforderungen gehe, für deren selbstständige Geltendmachung
die Gerichte im Heimatstaat der
Klägerin
international zuständig seien
und auf deren Berücksichtigung die
Klägerin
sich nicht [X.] eingelassen habe.
Das Erfordernis der [X.] Zuständigkeit hinsichtlich dieser zur Aufrechnung gestellten [X.]
sei auch nicht durch das Urteil des [X.] vom 13.
Juli 1995 ([X.]) überholt, da sich hiernach die Voraussetzungen, unter denen eine Prozessaufrechnung zuzulassen sei, nach nationalem Recht -
vor-liegend dem [X.]n Prozessrecht
-
richteten.
Die danach erforderliche internationale Zuständigkeit [X.]r
Gerichte für eine Entscheidung über die Gegenforderungen
sei hier bis auf eine Aus-7
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6
-

nahme nicht gegeben. Für den Anspruch auf Zahlung der Darlehenszinsen be-stehe gemäß Art. 2 Abs. 1, Art. 60 Abs.1 [X.] lediglich eine aus dem Sitz der Klägerin abgeleitete Entscheidungszuständigkeit [X.] Gerichte be-ziehungsweise bei Anknüpfung an den Erfüllungsort gemäß Art.
5 Nr.
1
[X.] allenfalls noch eine Zuständigkeit [X.] Gerichte. Eine Zu-ständigkeit [X.]r Gerichte dagegen lasse sich noch
nicht einmal aus einer analogen Anwendung des § 33 ZPO herleiten, da es zwischen den
mit der [X.] geltend gemachten Kaufpreisansprüchen
und dem aus abgetretenem Recht zur Aufrechnung gestellten Darlehensanspruch an dem erforderlichen Zusam-menhang zwischen den
einander gegenüberstehenden Ansprüchen fehle. Das gelte genauso für die
zur Aufrechnung gestellten Ansprüche
auf Aufwendungs-der
Umstand, dass bei Letzterem die Überweisung des Betrages über ein [X.] Konto des Geschäftsführers der [X.] ausgeführt worden sei, sei nicht geeignet, eine Zuständigkeit [X.]r Gerichte unter dem Gesichtspunkt des Erfüllungsortes gemäß Art. 5 Nr. 1 [X.] zu begründen, zumal auch zu den näheren Umständen der Darlehensgewährung
und
den dazu getroffenen Vereinbarungen nichts Näheres vorgetragen sei.
Lediglich für eine weiter zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzforde-rung der [X.] aus den Lieferbeziehungen der Parteien sei
eine Zuständig-keit [X.]r Gerichte gegeben. Diese Forderung sei aber in der Sache nicht begründet.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis
stand; die Revision ist daher zurückzuweisen.

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7
-

Der nach dem
Übereinkommen der [X.] über Verträge über den internationalen Warenkauf ([X.]) zu beurteilende Kaufpreisanspruch der Klägerin (Art. 3 Nr. 2 [X.][X.], Art.
1 Abs. 1 Buchst. a, Art. 53 [X.]) steht zwischen den Parteien außer Streit. Mit ihrem hiergegen auf die drei vorge-nannten Gegenforderungen gestützten Aufrechnungseinwand dringt die [X.] nicht durch.
Denn ungeachtet der Frage, ob es zur Beachtlichkeit dieses Einwandes der internationalen
Zuständigkeit [X.]r Gerichte zur Entschei-dung über die Gegenforderungen bedarf, scheitert die Aufrechnung schon [X.], dass dafür die nach dem unvereinheitlichten
[X.]n Recht zu beurtei-lenden [X.] nicht gegeben sind.
1. Das Berufungsgericht geht in Übereinstimmung mit dem Senatsurteil vom 12. [X.]i 1993 ([X.], [X.], 1755
unter [X.]) davon aus, dass die Entscheidung über im Wege der Prozessaufrechnung geltend ge-machte Gegenforderungen voraussetze, dass das Prozessgericht auch insoweit international zuständig sei, dass es angesichts der von der Klägerin erhobenen Zuständigkeitsrüge daran
aber
bei den hier streitigen und inkonnexen Gegen-forderungen fehle
und dass es die Aufrechnung deshalb in diesem Verfahren nicht
zu beachten brauche.

a) Die Revision zieht nicht in Zweifel, dass die zur Aufrechnung gestell-ten Gegenforderungen streitig und inkonnex
sind, also mit der Klageforderung nicht
in einer
erforderlichen rechtlichen Verbindung stehen, und dass für
diese Gegenforderungen, würden sie im Wege der ([X.] geltend gemacht, ein Gerichtsstand in [X.] nicht gegeben wäre.
Sie meint aber,
dass es hierauf vor dem Hintergrund des zum sachlich unverändert gebliebenen Art.
6 Nr. 3 EuGVÜ ergangenen Urteils
des Gerichtshofs der [X.] vom 13. Juli 1995 ([X.], [X.], 2161 [X.]. 13 -
Danværn v. [X.]) nicht ankommen könne. Denn
diese Entscheidung sei mit einer im 13
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-

Schrifttum verbreitet vertretenen Auffassung so zu verstehen, dass in Fällen, in denen
der Rechtsstreit -
wie hier -
dem Anwendungsbereich der [X.] un-terfalle, die Frage der internationalen Entscheidungszuständigkeit abschließend in der Verordnung geregelt sei und dass es
deshalb für die Entscheidung über eine im Prozess zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung allein auf die Vo-raussetzungen des dafür berufenen nationalen materiellen Rechts ankomme
(zum Meinungsstand
Senatsurteil vom 7. November 2001 -
[X.]/00, [X.], 120, 126 f.; ferner etwa [X.], Internationales Zivilprozessrecht, 6.
Aufl., Rn.
868a
ff.; [X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2011,
IntVertrVerfR Rn.
213 ff.; [X.]/Leible, Europäisches Zivilprozessrecht, 2.
Aufl., Art. 6 [X.] I-VO
Rn. 30 ff.; jeweils mwN).
b) Der Senat hat in seinem Urteil vom 7. November 2001 ([X.]/00,
aaO) offen gelassen, ob angesichts der genannten Entscheidung des Gerichtshofs an der bisherigen Senatsrechtsprechung
festgehalten werden kann, wonach
im Geltungsbereich der EuGVÜ
zu einer
Entscheidung über die Aufrechnung mit bestrittenen, inkonnexen Gegenforderungen
auch hinsichtlich der Gegenforderungen
eine aus dem [X.]n internationalen Prozessrecht abgeleitete internationale Zuständigkeit [X.]r Gerichte gegeben sein muss.
Einer Entscheidung zu dieser Frage bedarf es auch vorliegend nicht.
Denn un-geachtet einer etwaigen Entscheidungszuständigkeit
[X.]r Gerichte über den Forderungsbestand
lässt bereits das als [X.] berufene ma-terielle [X.] Recht eine Aufrechnung mit den von der [X.] ange-setzten Gegenforderungen nicht zu.
2. Art. 17 Abs. 1 [X.] I-VO
regelt, dass in Fällen, in denen -
wie hier -
das Recht zur Aufrechnung nicht vertraglich vereinbart ist, für die Aufrechnung das Recht gilt, dem die Forderung unterliegt, gegen die aufgerechnet wird.
[X.] unterliegt danach also der für die Hauptforderung maßgeblichen 16
17
-
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-

Rechtsordnung mit der Folge, dass das [X.] der Hauptforderung auch über die Voraussetzungen, das Zustandekommen und die Wirkungen der [X.] entscheidet (Senatsurteil vom 23. Juni 2010 -
VIII [X.],
WM
2010, 1712
Rn. 24 mwN, insoweit in [X.], 81
nicht abgedruckt).

a) Auf die mit der Klage als Kaufpreisanspruch geltend gemachte Haupt-forderung findet das Übereinkommen der [X.] über Verträge über den internationalen Warenkauf Anwendung. Da dieses aber jedenfalls nicht die Aufrechenbarkeit solcher Ansprüche regelt, die sich -
wie hier -
nicht lediglich aus einem dem Übereinkommen unterliegenden Vertragsverhältnis ergeben (vgl. Art. 4 [X.]),
bestimmt sich das zur Beurteilung der Aufrechnung einschließlich seiner Voraussetzungen berufene Recht gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. a [X.] I-VO nach dem Recht des Staates, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, hier also nach dem gemäß Art. 19 Abs. 1 [X.] I-VO für den Sitz der Hauptverwaltung der
Klägerin maßgeblichen
unvereinheit-lichten [X.]n Recht
(vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2010 -
VIII [X.], aaO; [X.]/[X.], aaO, Art. 17 [X.] I-VO Rn.
19; jeweils mwN).
b) Anders als das unvereinheitlichte [X.] Recht, das in §§ 387,
390 [X.] als [X.] lediglich die Gegenseitigkeit, Gleichartigkeit, Fälligkeit und Einredefreiheit der einander gegenüberstehenden Forderungen verlangt, stellt das unvereinheitlichte [X.] Recht in rechtlich beachtlicher Weise weitere Anforderungen
an die Liquidität der
Gegenforderung (vgl. [X.]/[X.], aaO Rn. 32 mwN), die vorliegend nicht gegeben sind.
aa)
Der [X.] Codice civile ([X.])
sieht abgesehen von der hier nicht einschlägigen einverständlichen Aufrechnung (Compensazione volontaria) ge-mäß Art. 1252 [X.] eine gesetzliche und eine gerichtliche Aufrechnung vor, de-ren Voraussetzungen in Art. 1243 [X.] geregelt sind. Die gesetzliche Aufrech-18
19
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-

nung (Compensazione legale) findet gemäß Art. 1243 Abs. 1 [X.] nur zwischen Schulden statt, die einen Geldbetrag oder eine Menge vertretbarer Sachen der gleichen Gattung zum Gegenstand haben und die gleichermaßen
feststehen (che sono ugualmente [X.]) und fällig sind. Zur gerichtlichen Aufrechnung (Compensazione
giudiziale) bestimmt
Art. 1243 Abs. 2 [X.], dass in Fällen, in denen die zur Aufrechnung eingewendete Schuld zwar nicht feststeht
(non è liquido), sie aber leicht
und schnell festzustellen ist
(ma è di facile e pronta li-quidazione), das Gericht die Aufrechnung hinsichtlich des von ihm als beste-hend anerkannten Teils der Schuld erklären und auch die Verurteilung hinsicht-lich der feststehenden Forderung bis zur Feststellung der zur Aufrechnung ein-gewendeten Forderung aussetzen kann.
Weder die Voraussetzungen der ge-setzlichen noch der gerichtlichen Aufrechnung sind vorliegend jedoch gegeben.
(1) Eine gemäß Art. 1242 Abs. 1 [X.] ex tunc wirkende gesetzliche [X.]
scheitert bereits daran, dass die von der [X.] zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen
mangels der dazu erforderlichen Liquidität nicht feststehen. Denn hierzu darf nach
der insoweit maßgeblichen
und durch die Rechtsprechung der [X.] geprägten [X.]n Rechtspraxis
(vgl. dazu [X.], Urteile vom 23. April 2002 -
XI ZR 136/01, [X.], 1186 unter [X.]; vom
24. März 1987 -
VI [X.], NJW 1988, 648 unter II 3
a) die Gegenforderung nicht bestritten
sein, es sei
denn, ein Bestreiten
ist offensicht-lich
unbegründet (prima facie pretestuosa ed infondata) und damit rechtsmiss-bräuchlich (Kannengießer, [X.] im internationalen Privat-
und [X.], 1998, S. 15; [X.], [X.] 1996, 16, 20; [X.], Jahrbuch für [X.]isches Recht 12 [1999], 31, 41; Stürner, [X.] 2006, 338, 343; jeweils mwN).
Die Gegenforderungen sind aber nach den Feststellungen des [X.] bestritten. Dafür, dass dieses Bestreiten offensichtlich unbegrün-det wäre, besteht ebenfalls kein Anhalt.
21
-
11
-

(2)
Auch eine
gerichtliche Aufrechnung nach Art. 1243 Abs. 2 [X.], durch die bei fehlender Liquidität der Gegenforderung
mit Wirkung ex nunc
über [X.] und Höhe der Gegenforderung sowie die damit einhergehende Aufhe-bung der sich einander gegenüberstehenden Forderungen (vgl. Art. 1241 [X.]) rechtsgestaltend entschieden werden kann (vgl. Kannengießer, aaO S. 43
f.; [X.], aaO; [X.], aaO S. 21; Stürner, aaO),
kommt nicht in Betracht, weil es dazu an der erforderlichen leichten und schnellen Feststellbarkeit der von der [X.] erhobenen Gegenforderungen fehlt.
(a)
Allerdings steht einer Anwendung des Art. 1243 Abs. 2 [X.] durch [X.] Gerichte und damit einer Berücksichtigung dieser im Vergleich zur gesetzlichen Aufrechnung gelockerten [X.] nicht bereits
entgegen, dass sie in eine prozessuale Norm
des [X.]n Rechts zur Regelung der verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine rechtsgestal-tende Ersetzung des an sich bestehenden [X.] eingebettet sind, die sich in dieser Form in der in [X.] nach der
lex fori-Regel maß-geblichen
[X.]n
Zivilprozessordnung
nicht findet (so aber etwa [X.], [X.] 1995, 943, 944; ähnlich
Busse, [X.], 729, 734).
Selbst wenn
die in dieser Bestimmung genannten [X.] nach [X.] Recht
dem Verfahrensrecht und nicht dem materiellen Recht zuzu-rechnen sein
sollten, hindert das den [X.]n Richter
nicht, sie auf ihren [X.] Gehalt zu befragen und wie materiell-rechtliche Vorschriften anzuwen-den. Denn ob die
[X.]n [X.] als materiell-rechtlich oder prozessrechtlich zu qualifizieren sind, muss
ungeachtet der [X.], ob das [X.] Prozessrecht zu deren Feststellung eine damit überein-
stimmende
prozessuale Norm bereithält,
in einem vor [X.]n Gerichten ge-führten Prozess
nach [X.]m Recht unter Anwendung des nach den Regeln des internationalen Privatrechts für das streitige Rechtsverhältnis maßgeblichen ausländischen Rechts entschieden werden. Dies richtet sich danach,
ob
die 22
23
-
12
-

dort bestimmten Voraussetzungen
für die Aufrechnung in
ihrem sachlich-rechtlichen Gehalt den in §§ 387 ff.
[X.] als Teil des materiellen Rechts [X.] [X.]n [X.] gleichkommen
(vgl. [X.] vom 9. Juni 1960 -
VIII ZR 109/59, NJW 1960, 1720 unter [X.] mwN; [X.], [X.] 1996, 688, 689; Nagel/[X.], Internationales Zivilprozess-recht,
7. Aufl., §
6 Rn. 23; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., Art. 17 [X.] I-VO Rn. 7). Das ist für das nach [X.]m Recht bestehende Liquidi-tätserfordernis und seine prozessuale Ersatzform der leichten und schnellen Feststellbarkeit von Bestand und Höhe der zur Aufrechnung gestellten Gegen-forderung zu bejahen
(so etwa auch [X.], IHR 2004, 203, 208; [X.], aaO; Stürner, aaO; jeweils mwN; Kannengießer, aaO S. 13 f., 79 f.).
Danach
ist auch Art. 1243 Abs. 2 [X.] in dem Umfang anzuwenden, wie
er eine Verrechnungswirkung zulässt
([X.], aaO; Nagel/[X.], aaO; [X.], aaO; [X.], [X.] 1996, 139, 140; Stürner, aaO). Dass das [X.] Prozessrecht ein nach dieser Bestimmung zu erlassendes
Gestaltungsurteil nicht kennt, ist unschädlich,
weil -
wie §
322 Abs. 2 ZPO zeigt -
über den [X.] einer
zur Aufrechnung gestellten
Gegenforderung auch im [X.]n Recht mit einer vergleichbaren Gestaltungswirkung erkannt werden kann (vgl. [X.], aaO S. 56; [X.], aaO; Busse, aaO).
Allerdings kommt -
anders als die Revision meint -
der Erlass eines Vorbehaltsurteils gemäß § 302 ZPO nicht in Betracht, wenn es -
wie nachstehend unter [X.] (2) (b) ausgeführt -
von vornherein an der von Art. 1243 Abs. 2 [X.] geforderten Liquidität der Gegenfor-derungen und damit an einer als
materiell-rechtlich
zu qualifizierenden
Aufrech-nungsvoraussetzung fehlt (vgl. Senatsurteil vom 22. Oktober 1957 -
VIII ZR 67/56, [X.]Z 25, 360, 365 f.).
(b) Die gemäß
Art. 1243 Abs. 2 [X.]
bestehenden Aufrechnungsvoraus-setzungen sind vorliegend nicht gegeben. Das Berufungsgericht hat dies
zwar
24
25
-
13
-

-
von
seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig -
nicht geprüft. Es bedarf dazu jedoch keiner weiteren tatrichterlichen Feststellungen, weil der Senat diese an-hand des unstreitigen Inhalts der Akten selbst treffen kann (vgl. [X.], Urteile vom 19. Dezember 1999 -
IX ZR 129/99, [X.], 959 unter
I 3; vom 18. [X.]i 2006 -
I [X.], [X.], 702 Rn.
21; vom 26. Juni 2008 -
IX ZR 47/05, [X.], 1442 Rn.
19).
Für die Frage, ob die Gegenforderung leicht und schnell festzustellen ist, kommt es nach der durch die Rechtsprechung der [X.] gepräg-ten [X.]n Rechtspraxis
darauf an, ob diese Feststellung rasch und ohne besondere Schwierigkeiten getroffen werden kann. Die dazu erforderlichen [X.] in Bezug auf die Gegenforderung dürfen deshalb nicht aufwändig sein, und die Entscheidung über die Hauptforderung darf nicht erheblich verzö-gert werden (Kannengießer, aaO S. 42; [X.], aaO S. 43; [X.], aaO; [X.] mwN). Das ist hier
angesichts einer sowohl in rechtlicher wie auch tat-sächlicher Hinsicht zu erwartenden Komplexität und Dauer der zur Feststellung der Gegenforderungen anzustellenden Ermittlungen zu verneinen.
(aa) Einer nach diesen [X.]ßstäben leichten und schnellen Feststellung der Gegenforderungen steht
bereits entgegen, dass,
wie die Beklagte selbst erkannt hat,
zu dieser Beurteilung zunächst einmal weitere rechtliche Ermittlun-gen anzustellen
wären. Insoweit wäre selbständig an das für
die [X.] nach dem internationalen Privatrecht jeweils maßgebliche
eigene Statut anzuknüpfen
(MünchKomm[X.]/[X.], 5.
Aufl., Art.
17 VO ([X.]) 593/2008 Rn. 20; Soergel/von [X.], [X.], 12. Aufl., Art. 32 Rn. 51; jeweils mwN; [X.]/[X.], [X.], 73. Aufl., Art.
17 [X.] I-VO
Rn. 2). Das wäre
-
worauf schon das [X.] hingewiesen hat -
in keinem der Fälle das deut-sche Recht, sondern ein erst noch zu ermittelndes ausländisches Recht.
26
27
-
14
-

Hinsichtlich der geltend gemachten Darlehenszinsen bestimmt sich das [X.] am [X.]ßstab des hierauf noch anwendbaren Art. 28 Abs.
1, 2, 5 [X.][X.] in der bis zum 16. Dezember 2009 geltenden Fassung (vgl. Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des internationalen Privatrechts an die Verordnung [[X.]] Nr. 593/2008 vom 25. Juni 2009 [[X.]l. I S. 1574]) entweder nach schweizerischem
Recht
oder -
was angesichts der Fixierung des Darlehens in dem darüber in [X.] aufgesetzten "[X.]"
und seinem unübersehbaren Zusammenhang mit den gesellschaftsrechtlichen
Beziehungen zur
dort ansässigen M.

LLC noch näher liegen könnte -
nach dem Recht von [X.].
Der geltend gemachte Aufwendungsersatzan-spruch bestimmt sich nach [X.]ßgabe von Art. 10 Abs. 2 bis
4, Art. 11 Abs. 2 bis
4 [X.] II-VO in gleicher Weise
entweder nach schweizerischem oder nach [X.] Recht oder -
was im Zusammenhang mit den die Aktivitäten der [X.] gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zur M.

LLC ebenfalls am nächsten liegt -
nach dem Recht von [X.]. Letztgenanntes Recht ist -
nicht zuletzt angesichts des unstreitigen Wohnsitzes von [X.].

B.

in [X.] -
auch hinsichtlich der behaupteten Gewährung eines Darlehens über

4 Abs. 2 bis
4 [X.] I-VO als das für
den Darlehensanspruch nächstliegende
Recht
in Betracht zu ziehen.
Weder zu den Tatsachen, die eine solche Anknüpfung ermöglichen, noch zum Inhalt des danach anzuwendenden Rechts ist jedoch von der [X.] vorgetragen worden. Ungeachtet dessen würde aber auch nach Klärung der Anknüpfungstatsachen eine
dann gemäß
§ 293 ZPO aller Voraussicht nach unerlässliche inhaltliche Ermittlung des anzuwendenden ausländischen Rechts, das
jedenfalls hinsichtlich des Rechts von [X.] nicht ohne Weiteres erschlos-sen werden kann,
in allen Fällen die Einholung eines umfänglichen und zeitrau-benden Rechtsgutachtens erfordern.
Schon aus diesem Grunde
ist deshalb 28
29
-
15
-

auszuschließen, dass eine Feststellung der zur Aufrechnung gestellten Gegen-forderungen rasch und ohne besondere Schwierigkeiten möglich ist.
(bb)
Vor allem aber müsste nach inhaltlicher Klärung des anzuwenden-den ausländischen Rechts und
einer
erst danach
zu beurteilenden Erheblichkeit
des Vorbringens der [X.]
noch eine durch umfängliche und zeitraubende Beweiserhebungen geprägte Klärung der tatsächlichen Grundlagen der erho-benen Gegenforderungen
durchgeführt werden, die deren
leichter
und schneller
Feststellbarkeit zusätzlich entgegenstünde. Hinsichtlich des dem Zinsanspruch zugrunde liegenden Darlehens ist bereits der darüber aufgesetzte "[X.]"
nicht derart eindeutig, dass
sich der im Einzelnen näher ausge-führte Einwand der Klägerin, es habe sich nicht um ein ihr gewährtes Darlehen, sondern um eine auf Gesellschafterebene der M.

LLC beschlossene [X.] gegenüber den Gesellschaftern der Klägerin gehandelt, ohne Wei-teres
entkräften ließe. Zur Klärung dieser Frage müsste -
soweit
angetreten -
deshalb im Wege
ausländischer Rechtshilfe gegebenenfalls ebenso Beweis erhoben werden wie zu dem von der Klägerin unter Zeugenbeweis gestellten Verzicht der [X.] auf weitere Zahlungen nach Rückführung des [X.]. Entsprechendes würde
für die näheren Umstände des von der [X.] beanspruchten Aufwendungsersatzes sowie für die Abrede über die Gewährung

gelten, sofern die [X.] dafür am [X.]ßstab des zu ermittelnden ausländischen Rechts
überhaupt

30
-
16
-

tauglichen Sachvortrag gehalten hätte
und
einen
dann gegebenenfalls
noch erforderlichen tauglichen Beweis antreten würde.
[X.]
Dr. [X.]
Dr. Achilles

Dr. Schneider
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 04.01.2013 -
8 O 13/12 KfH -

OLG [X.] in [X.], Entscheidung vom 02.08.2013 -
4 U 31/13 -

Meta

VIII ZR 266/13

14.05.2014

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.05.2014, Az. VIII ZR 266/13 (REWIS RS 2014, 5571)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5571

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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16 U 62/07 (Oberlandesgericht Köln)


I-17 U 20/02 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


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VIII ZR 266/13

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