Bundessozialgericht, Urteil vom 28.03.2013, Az. B 4 AS 47/12 R

4. Senat | REWIS RS 2013, 6960

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Gegenstand

Arbeitslosengeld II - Mehrbedarf bei dezentraler Warmwassererzeugung - Neuermittlung des Regelbedarfs für Alleinstehende ab 1.1.2011 - Verfassungsmäßigkeit


Tenor

Auf die Sprungrevision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 20. März 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Klägerin im [X.]raum vom 1.4.2011 bis zum 30.9.2011 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] beanspruchen kann.

2

Die im Jahre 1957 geborene Klägerin bezieht eine [X.] aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 370,90 [X.]. Für die von ihr allein bewohnte Wohnung fallen Mietkosten in Höhe von 300 [X.] einschließlich einer Heizkostenpauschale an. Der Beklagte bewilligte ihr für die [X.] vom 1.4.2011 bis zum 30.9.2011 zunächst [X.]-Leistungen in Höhe von 318,10 [X.] monatlich (Bescheid vom 9.3.2011). Nach der Neufestsetzung der Regelbedarfe ab 1.1.2011 erbrachte er Leistungen in Höhe von 323,10 [X.] monatlich (23,10 [X.] Regelbedarf zzgl 300 [X.] für die Kosten der Unterkunft und Heizung). Die [X.] rechnete er unter Abzug einer [X.] von monatlich 30 [X.] an (Bescheid vom 26.3.2011; Widerspruchsbescheid vom 6.5.2011).

3

Das [X.] hat die auf höhere Leistungen gerichtete Klage abgewiesen und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Klägerin habe weder nach dem [X.] noch aus dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum einen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Urteil vom 20.3.2012). Die [X.] sei unter Abzug der [X.] gemäß § 11b Abs 1 S 1 Nr 3 [X.] iVm § 6 Abs 1 [X.] Alg II-V zutreffend angerechnet worden. Nach dem [X.] stehe der Klägerin ein Regelbedarf in Höhe von 364 [X.] zu. Ein Mehrbedarf sei weder geltend gemacht worden noch bestünden Anhaltspunkte für einen solchen. Die Bemessung der Höhe der Regelbedarfe nach dem [X.] verstoße nicht gegen die Vorgaben des [X.] in seinem Urteil vom 9.2.2010. Die Zusammensetzung der in die Einkommens- und Verbrauchsstatistik ([X.]) 2008 einbezogenen Referenzhaushalte sei ebenso wie die Entscheidung des Gesetzgebers, die unteren 15 % der nach ihrem Nettoeinkommen geschichteten Einpersonenhaushalte als Grundlage für die Bedarfsermittlung anzusetzen, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. In der Nichtberücksichtigung einzelner Produkte bei der Auswertung der [X.] 2008 liege ebenfalls kein Verstoß gegen das Grundgesetz.

4

Mit ihrer Sprungrevision trägt die Klägerin vor, problematisch sei der fehlende Ausschluss von Leistungsbeziehern nach dem [X.], deren Lebensstandard unter dem der Bezieher von Leistungen nach dem [X.] oder [X.] XII liege, bei der [X.]. Zudem hätten Studenten relativ hohe Ausgaben für [X.], die jedoch im Regelbedarf erheblich gekürzt worden seien. Durch die Herausnahme einzelner Positionen als nicht regelbedarfsrelevant habe der Gesetzgeber das gewählte [X.] verfälscht und unzulässig mit dem Warenkorbmodell vermischt. Dies treffe zB auf die Positionen für Tabakwaren und alkoholische Getränke zu. Alkoholkonsum decke auch den Kalorienbedarf eines Menschen und hätte daher durch nahrhafte Getränke und nicht durch Wasser ersetzt werden müssen. Den Kürzungen des Regelbedarfs bei [X.] liege ein zu niedriger Warenwert zugrunde. Es sei auch unberücksichtigt geblieben, dass beim Zubereiten von Mahlzeiten über den Warenwert hinausgehende Kosten entstünden, etwa für Wasser und Elektrizität. Würden - im Bereich des Verkehrs - Kosten für die Benutzung von Kraftfahrzeugen als nicht regelbedarfsrelevant behandelt, müssten umgekehrt Beträge für fremde Verkehrsdienstleistungen berücksichtigt werden. Wie das [X.] Berlin in seinem Vorlagebeschluss an das [X.] vom 25.4.2012 ([X.] AS 9238/12) ausgeführt habe, ergäben diese Fehler einen Betrag von mindestens 100 [X.] monatlich, um welchen das Existenzminimum unterschritten werde. Dies mache eine Überprüfung des Regelbedarfs durch das [X.] notwendig.

5

Die Klägerin hat [X.] sinngemäß beantragt,
das Urteil des [X.] vom 20. März 2012 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 26. März 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2011 zu verurteilen, höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.], mindestens einen Betrag in Höhe von 407 [X.] monatlich zuzüglich der gewährten Kosten der Unterkunft und Heizung zu bewilligen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Der Beklagte trägt vor, das B[X.] habe bereits mit Urteil vom 12.7.2012 (B 14 [X.]/11 R) entschieden, dass der Regelbedarf für Alleinstehende vom Gesetzgeber für die [X.] ab 1.1.2011 nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden sei.

8

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

9

Die Sprungrevision ist zulässig. Die Klägerin hat mit der Einlegung der Sprungrevision die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem [X.] vom 20.3.2012 vorgelegt. Hiernach haben die Beteiligten "ihr Einverständnis mit der Einlegung der Sprungrevision bei dem [X.] unter Umgehung der Berufungsinstanz" erklärt; dies ist als Zustimmungserklärung ausreichend ([X.] in [X.]/[X.]/Leiterer, [X.]G, 10. Aufl 2012, § 161 Rd[X.] 4b mwN)

1. Die Sprungrevision ist insoweit begründet, als das Urteil des [X.] aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen ist (§ 170 Abs 2 S 2 [X.]G). Die bisher getroffenen Feststellungen lassen keine abschließende - positive oder negative - Entscheidung darüber zu, ob der geltend gemachte Anspruch auf höhere [X.]B II-Leistungen in dem Zeitraum vom 1.4.2011 bis 30.9.2011 begründet ist.

Gegenstand des Verfahrens ist - nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.], an die der Senat gebunden ist (§ 163 [X.]G) - allein der Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] Hiergegen wendet sich die Klägerin zu Recht mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 iVm 4, § 56 [X.]G). Ihr Begehren ist auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gerichtet und nach dem sog "Meistbegünstigungsprinzip" unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen (B[X.]E 97, 217 ff = [X.] 4-4200 § 22 [X.], Rd[X.]1; B[X.] [X.] 4-4200 § 21 [X.] Rd[X.]1). Vor diesem Hintergrund fehlen Feststellungen des [X.] zu einem möglichen Anspruch auf einen - ab 1.1.2011 - gesetzlich vorgesehenen Mehrbedarf für Kosten des Warmwassers bei dezentraler Warmwassererzeugung nach § 21 Abs 7 [X.]B II, die der Senat im Revisionsverfahren nicht nachholen kann (2). Die Höhe des Regelbedarfs für Alleinstehende ist nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des B[X.] dagegen nicht verfassungswidrig zu niedrig festgesetzt (3).

2. Ob die Klägerin Anspruch auf einen Mehrbedarf für Kosten des Warmwasserverbrauchs bei dezentraler Warmwassererzeugung hat, bedarf noch weiterer Feststellungen des [X.]. Das [X.] hat zwar in seinem Urteil festgestellt, dass die Klägerin leistungsberechtigt iS des § 7 Abs 1 S 1 [X.]B II ist, weil sie die in dieser Norm genannten Voraussetzungen sämtlich erfüllt. Insbesondere ist sie hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 S 1 [X.] iVm § 9 [X.]B II, weil sie neben ihrem monatlichen Einkommen aus einer Witwenrente in Höhe von 370,90 Euro über kein weiteres Einkommen, etwa aus einer Erwerbstätigkeit, verfügt. Ihr Bedarf übersteigt das abzüglich der gemäß § 11b Abs 1 S 1 [X.] [X.]B II iVm § 6 Abs 1 [X.] Alg II-V anzusetzenden [X.] in Höhe von 30 Euro monatlich anzurechnende Einkommen. Der Beklagte hat die Regelungen des [X.]B II bei der Berechnung der der Klägerin zustehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zutreffend angewandt und einen Regelbedarf in Höhe von 364 Euro sowie die Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe der sich aus dem Mietvertrag ergebenden tatsächlichen Verpflichtungen berücksichtigt.

Soweit das [X.] allerdings ausgeführt hat, ein Mehrbedarf sei weder geltend gemacht worden noch bestünden Anhaltspunkte für das Bestehen eines solchen, reichen diese Feststellungen nicht, um einen möglichen Anspruch der Klägerin auf einen Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwasserversorgung auszuschließen. Zwar kann der Gebrauch von [X.] (hier: "Mehrbedarf") nach den Gesamtumständen des jeweiligen Sachverhalts eine für die Auslegung bindende Tatsachenfeststellung beinhalten, wenn sicher ist, dass dem Begriff ein bestimmtes [X.] Verständnis zugrunde liegt (B[X.] [X.] 4-4300 § 64 [X.] Rd[X.] 8 mwN). Hier bleibt jedoch auch unter Berücksichtigung der weiteren Feststellungen des [X.] unklar, ob das [X.] auch einen eventuellen Anspruch der Klägerin auf einen Mehrbedarf wegen dezentraler Warmwasserversorgung geprüft hat.

Nach § 21 Abs 7 S 1 [X.]B II (idF des [X.] [X.] und zur Änderung des [X.] und [X.] vom 24.3.2011, [X.]) wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwasserversorgung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 [X.]B II als Kosten der Unterkunft und Heizung anerkannt werden. Aus den Ausführungen des [X.] zu den Kosten der Unterkunft und Heizung, wonach "die Grundmiete inklusive [X.] Euro beträgt", ist nicht ersichtlich, ob eine zentrale oder dezentrale Warmwasserversorgung bestand. Es ist nicht klar, ob von der "[X.]" auch die Kosten für Warmwasser umfasst waren. Ist dies nicht der Fall, sondern bestand eine dezentrale Warmwasserversorgung, ist die vom Gesetzgeber nunmehr regelmäßig vorgesehene Übernahme der tatsächlich anfallenden und angemessenen Kosten hierfür gemeinsam mit den übrigen Kosten für die Heizung als Mietnebenkosten nach § 22 [X.]B II nicht möglich (vgl [X.]/[X.] [X.]b 2011, 505, 506). Auch soweit das [X.] festgestellt hat, dass ein Mehrbedarf nicht geltend gemacht worden sei, ermöglicht dies hier keinen Rückschluss auf einen eventuellen Bedarf nach § 21 Abs 7 [X.]B II. Das Antragsformular, welches der [X.] der Klägerin am 1.3.2011 zugrunde lag und auf welches das [X.] offenbar Bezug genommen hat, enthielt nur eine Beantragungsmöglichkeit für Mehrbedarfe nach § 21 Abs 1 bis 6 [X.]B II und auch keine Rubrik, in der die Art der Warmwasserversorgung abgefragt wurde (vgl zur ergänzenden Heranziehung von Schriftstücken, auf die das [X.] im Urteil bei seiner Tatsachenwürdigung abgestellt hat: [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 10. Aufl 2012, § 163 Rd[X.] 4 mwN). Vor dem Hintergrund des mit Wirkung zum 1.1.2011 erst durch das Gesetz vom 24.3.2011 ([X.]) eingeführten Mehrbedarfs bei dezentraler Warmwasserversorgung nach § 21 Abs 7 [X.]B II bestand grundsätzlich eine Hinweis-, Aufklärungs- und Informationspflicht des Beklagten über diese neue Mehrbedarfsleistung. Allein aus fehlenden Angaben der Klägerin hierzu ist daher ein Rückschluss nicht möglich, dass ein Bedarf bei dezentraler Warmwasserversorgung nicht besteht. Die hierzu notwendigen Feststellungen kann der Senat nicht nachholen.

3. Bei der Prüfung, ob der Gesetzgeber die ab 1.1.2011 neu festgesetzte Höhe der Regelbedarfe für Alleinstehende zu niedrig festgesetzt hat, wird das [X.] - ohne Bindung an die folgenden Ausführungen des Senats gemäß § 170 Abs 5 [X.]G - unter Berücksichtigung des weiteren Urteils des Senats vom [X.] (B 4 AS 12/12 R) an seiner Rechtsauffassung festhalten dürfen, dass der Regelbedarf für Alleinerziehende in dem hier streitigen Zeitraum nicht verfassungswidrig zu niedrig festgelegt war. Der erkennende Senat hat sich insofern dem 14. Senat des B[X.] angeschlossen, der dies im Juli 2012 in zwei Entscheidungen im Einzelnen dargelegt hat (B[X.]E 111, 211 = [X.] 4-4200 § 20 [X.]7, Rd[X.]9 ff; vom 12.7.2012 - B 14 AS 189/11 R - Rd[X.]4). Die [X.] gegen die benannten Urteile sind nicht zur Entscheidung angenommen worden ([X.] Beschluss vom 20.11.2012 - 1 BvR 2203/12 - unveröffentlicht; [X.] Beschluss vom 27.12.2012 - 1 BvR 2471/12 - unveröffentlicht; zur Bedeutung dessen: [X.], [X.] 2013, 73 ff).

Der Gesetzgeber hat den ihm vom [X.] in dessen Urteil vom [X.] (1 BvL 1/09 ua - [X.]E 125, 175 = [X.] 4-4200 § 20 [X.]2) erteilten Auftrag, das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewährleisten, erfüllt. Der 14. Senat hat hierzu ausgeführt, dass bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung der Neuermittlung der Regelbedarfe der Entscheidungsprozess des Gesetzgebers bei der Neuordnung der §§ 28 ff [X.]B XII auf die Bemessung des Regelbedarfs in § 20 Abs 2 S 1 [X.]B II zu übertragen sei. Der Gesetzgeber habe den Umfang des konkreten gesetzlichen Auftrags auch in einem transparenten und sachgerechten Verfahren ermittelt, das den Vorgaben des [X.] nach realitätsgerechten sowie nachvollziehbaren Feststellungen auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren entspreche. Dabei habe er sich des vom [X.] gebilligten "[X.] mit begründeter Herausnahme einzelner Positionen" bedienen können. Innerhalb dieses Ansatzes habe er - ausgehend von der [X.] - die [X.] anhand der unteren Einkommensgruppen bestimmt, ohne seinen gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum zu überschreiten. Den Maßstab der sachlichen Angemessenheit und Vertretbarkeit habe er bei der Veränderung der Bezugsgröße von 20 % auf 15 % der Einpersonenhaushalte gemäß § 4 S 2 [X.] [X.] nicht verlassen. Diese Anpassung der [X.] führe nicht zu einer Verringerung, sondern zu einer Erhöhung des absoluten oberen Grenzwertes der betrachteten Haushalte im Vergleich zu 2003 von 20,4 % auf 22,3 % aller nach dem Nettoeinkommen geschichteten Haushalte (Hinweis auf BT-Drucks 17/3404 [X.]; B[X.]E 111, 211 = [X.] 4-4200 § 20 [X.]7, Rd[X.]7 f).

Soweit die Klägerin den fehlenden Ausschluss sog "atypischer Haushalte", insbesondere von Leistungsbeziehern nach dem [X.], kritisiert, hat der 14. Senat des B[X.] im Einzelnen ausgeführt, dass die mögliche Einbeziehung sog "atypischer Haushalte", insbesondere von Auszubildenden, die Berufsausbildungsbeihilfe nach dem [X.]B III oder Leistungen nach dem [X.] erhielten, nach dem Erkenntnisstand des Gesetzgebers des [X.] [X.] und zur Änderung des [X.]B II und des [X.]B XII (vom 24.3.2011, [X.]) nicht zu einer signifikanten Verschiebung der [X.] auf der Einkommensskala führe (B[X.]E 111, 211 = [X.] 4-4200 § 20 [X.]7, Rd[X.] 46 f). Dem folgt der erkennende Senat, der in seinem Urteil vom [X.] (B 4 AS 12/12 R) in Auseinandersetzung mit den vorhandenen Forschungsansätzen zur Ermittlung der "verdeckt Armen" ausgeführt hat, dass der Gesetzgeber wegen des nur zur Verfügung stehenden knappen Zeitrahmens in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise von einer Korrektur der [X.] abgesehen habe. Der Auftrag des [X.], seine Abgrenzungssystematik über § 3 [X.] hinaus fortzuentwickeln, bezieht sich auf die Auswertung künftiger [X.], und nicht bereits auf diejenige der [X.] (B[X.]E 111, 211 = [X.] 4-4200 § 20 [X.]7, Rd[X.] 44). Beide für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des B[X.] haben betont, dass der Gesetzgeber mit § 10 Abs 2 [X.] iVm Abs 1 [X.] das [X.] verpflichtet habe, in dem bis zum [X.] vorzulegenden Bericht über die Weiterentwicklung der für die Ermittlung von [X.] anzuwendenden Methodik Vorschläge für die Abgrenzung der Referenzhaushalte nach § 3 Abs 1 [X.] hinsichtlich der Bestimmung von Haushalten der [X.] zu unterbreiten, die nicht als Referenzhaushalte zu berücksichtigen seien, weil deren eigene Mittel nicht zur Deckung des jeweils zu unterstellenden Bedarfs nach dem [X.]B II oder [X.]B XII ausreichten (B[X.]E 111, 211 = [X.] 4-4200 § 20 [X.]7, Rd[X.] 45; B[X.] Urteil vom [X.] - B 4 AS 12/12 R).

Soweit die Klägerin einwendet, der Gesetzgeber habe durch die Herausnahme einzelner Positionen aus der [X.] das [X.] mit dem [X.] in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise vermischt, lässt sie unberücksichtigt, dass der verfassungsrechtlich verbürgte Anspruch auf ein menschenwürdiges Existenzminimum gemäß Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG ua von den gesellschaftlichen Anschauungen über das für ein menschenwürdiges Dasein Erforderliche abhängt. Dies beinhaltet auch eine wertende Entscheidung des Gesetzgebers, welche Waren und Güter als zur Wahrung des menschenwürdigen Existenzminimums erforderlich angesehen werden (B[X.]E 111, 211 = [X.] 4-4200 § 20 [X.]7, Rd[X.] 51 ff). Einzelne Positionen der [X.] dürfen herausgenommen werden, wenn der Gesetzgeber hierfür eine nachvollziehbare Begründung gibt und ein solch wertender Eingriff des Gesetzgebers in die [X.] nicht dazu führt, dass ein interner Ausgleich nicht mehr möglich ist ([X.] Urteil vom [X.] - 1 BvL 1/09 ua - [X.]E 125, 175 = [X.] 4-4200 § 20 [X.]2 Rd[X.]70 ff; B[X.]E 111, 211 = [X.] 4-4200 § 20 [X.]7, Rd[X.] 53). Der 14. Senat des B[X.], dessen Rechtsprechung sich der erkennende Senat auch insoweit angeschlossen hat, hat ausgeführt, dass der auf Grundlage des Regelbedarfsermittlungsgesetzes festgelegte Regelbedarf für alleinstehende Erwachsene in Höhe von 364 Euro monatlich ab 1.1.2011 insgesamt nicht evident unzureichend sei (B[X.]E 111, 211 = [X.] 4-4200 § 20 [X.]7, Rd[X.] 60; B[X.] Urteil vom [X.] - B 4 AS 12/12 R).

Dass die einzelnen regelbedarfsrelevanten [X.] innerhalb der Grenzen, welche die Verfassung dem Gesetzgeber zieht, zutreffend ermittelt und in nicht evident unzureichender Höhe festgesetzt wurden, hat der 14. Senat des B[X.] gleichfalls bereits dargelegt (B[X.]E 111, 211 = [X.] 4-4200 § 20 [X.]7, Rd[X.] 64 ff). Soweit sich die Klägerin gegen die Herausnahme und Substituierung alkoholischer Getränke und Tabakwaren aus der [X.] bei der Bemessung der Regelbedarfshöhe wendet, hat der Gesetzgeber seiner Pflicht zur nachvollziehbaren Begründung der - verfassungsrechtlich zulässigen - wertenden Entscheidung, Bedarfe für Alkoholika aus dem Regelbedarf zu streichen, genügt. Er hat im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen diese Bedarfe als regelbedarfsirrelevant unberücksichtigt bleiben (vgl BT-Drucks 17/3404 [X.]). Eine Substituierung alkoholischer Getränke in der [X.] durch andere Flüssigkeiten als Wasser (vgl hierzu BT-Drucks 17/3404 [X.]) ist nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Auch durch die von der Klägerin weiter beanstandete Nichtberücksichtigung eines Bedarfs für Schwund und Verderb von Lebensmitteln hat der Gesetzgeber den ihm zukommenden Gestaltungsspielraum nicht unter- bzw überschritten. Schließlich bestehen gegen die Berücksichtigung eines Bedarfs für Verkehr in der aus § 5 [X.] ersichtlichen Höhe ebenfalls keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Hierzu hat sich der 14. Senat des B[X.] (B[X.]E 111, 211 = [X.] 4-4200 § 20 [X.]7, Rd[X.] 72 f) bereits ausführlich geäußert. Der erkennende Senat schließt sich den dortigen Ausführungen an (B[X.] Urteil vom [X.] - B 4 AS 12/12 R).

Das [X.] wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahren zu entscheiden haben.

Meta

B 4 AS 47/12 R

28.03.2013

Bundessozialgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Duisburg, 20. März 2012, Az: S 17 AS 2049/11, Urteil

§ 21 Abs 7 S 1 SGB 2 vom 24.03.2011, § 13 SGB 1, RBEG/SGB2/SGB12ÄndG, § 20 Abs 1 SGB 2 vom 24.03.2011, § 20 Abs 2 S 1 SGB 2 vom 24.03.2011, § 3 RBEG, § 10 RBEG, Art 1 Abs 1 GG, Art 20 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 28.03.2013, Az. B 4 AS 47/12 R (REWIS RS 2013, 6960)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6960

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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