Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.08.2015, Az. 7 AZR 592/13

7. Senat | REWIS RS 2015, 6770

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Gegenstand

Auflösende Bedingung - Klagefrist - Auslauffrist


Tenor

Die Revision des beklagten Landes und die Anschlussrevision des Klägers gegen das Urteil des [X.] vom 13. November 2012 - 6 [X.]/11 - werden zurückgewiesen.

Das beklagte Land hat 2/5, der Kläger hat 3/5 der Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund des Eintritts einer auflösenden Bedingung am 22. Januar 2010 geendet hat.

2

Der Kläger ist bei dem beklagten Land und dessen Rechtsvorgänger seit 1988 als Forstarbeiter (Vorarbeiter) beschäftigt, zuletzt im Bereich des [X.] D. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder aus dem Geltungsbereich des [X.] / [X.]-O in den [X.] und zur Regelung des Übergangsrechts vom 18. Dezember 2007 ([X.]) Anwendung. Dieser Tarifvertrag enthält folgende Regelung zur sog. Winterruhe:

        

„§ 19 

        

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

        

ohne Kündigung wegen winterlicher Arbeitsunterbrechung

        

in den Ländern Baden-Württemberg, [X.], [X.] und [X.]-Anhalt

                 
        

(1)     

1Das Arbeitsverhältnis gilt in den Ländern Baden-Württemberg, [X.], [X.] und [X.]-Anhalt mit Ausnahme des [X.] ohne besondere Kündigung als beendet, wenn infolge außerordentlicher Witterungseinflüsse oder anderer nicht vorherzusehender Umstände im Bereich der forstwirtschaftlichen Verwaltungen und Betriebe der Länder die Weiterführung der Arbeiten unmöglich wird. 2Sobald die Arbeit wieder aufgenommen werden kann, ist der/die Beschäftigte wieder einzustellen. 3Diese Verpflichtung entfällt, wenn der/die Beschäftigte die Arbeit nach Aufforderung nicht unverzüglich wieder aufnimmt; die Verpflichtung entfällt auch, wenn während der Unterbrechung ein Sachverhalt eintritt, der den Arbeitgeber zur außerordentlichen Kündigung berechtigt hätte. 4Die tariflichen Rechte, die bis zur Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses erworben wurden, leben nach der Wiedereinstellung wieder auf. …

        

(2)     

1Die Beschäftigten in den Ländern [X.], [X.] und [X.]-Anhalt mit Ausnahme des [X.], deren Arbeitsverhältnis in der [X.] vom 16. November bis 15. April geendet hat und die bei Wiederaufnahme der Arbeit nach Absatz 1 Satz 2 wieder eingestellt worden sind, erhalten nach einer Wartezeit von 14 Kalendertagen, gerechnet vom Beginn der ersten Arbeitsunterbrechung an, für jeden folgenden Kalendertag in dem [X.]raum, für den ihnen während der Arbeitsunterbrechung Arbeitslosengeld, Krankengeld nach dem Sozialgesetzbuch III und V, Verletztengeld nach dem Sozialgesetzbuch VII zustehen, einen Zuschuss in Höhe von 0,82 Euro.

                 

…“    

3

Mit Schreiben vom 14. Januar 2010, das dem Kläger nach Beendigung einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit am 23. Januar 2010 ausgehändigt wurde, teilte das beklagte Land dem Kläger mit, dass sein Arbeitsverhältnis wegen außerordentlicher winterlicher Witterungseinflüsse gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.] mit Ablauf des 22. Januar 2010 vorübergehend beendet werde. Der Kläger war zu dieser [X.] Mitglied des Personalrats. Nachdem er Anfang Februar 2010 erfahren hatte, dass von der Anordnung der Winterruhe einige im Bereich des [X.] beschäftigte Kollegen ausgenommen waren, erhob er die vorliegende, am 24. Februar 2010 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage. Mit Wirkung zum 1. März 2010 stellte das beklagte Land den Kläger nach § 19 Abs. 1 Satz 2 [X.] wieder ein.

4

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, sein Arbeitsverhältnis sei nicht aufgrund Bedingungseintritts am 22. Januar 2010 beendet worden. Die in § 19 [X.] vorgesehene (fristlose) Beendigung von Arbeitsverhältnissen sei mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Der ihm als [X.] zustehende Sonderkündigungsschutz werde umgangen. Auch hätten die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht vorgelegen. Außerdem sei die von dem beklagten Land getroffene Auswahlentscheidung hinsichtlich der von der Winterruhe nicht betroffenen Arbeitnehmer ermessensfehlerhaft. Die Klage sei nicht wegen Versäumung der Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 [X.] unbegründet. Die Klagefrist sei gewahrt, da sie erst mit seiner Kenntnisnahme von der ermessensfehlerhaften Auswahlentscheidung in Lauf gesetzt worden sei. Die Ermessensfehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung könne außerhalb der Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 [X.] im Rahmen einer allgemeinen Feststellungsklage geltend gemacht werden.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis nicht wegen Winterruhe vom 22. Januar 2010 bis zum 28. Februar 2010 beendet war.

6

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat behauptet, die extreme Schneelage habe ein Arbeiten in den betroffenen Waldgebieten aus [X.] Gründen unmöglich gemacht. Lediglich einige Arbeitnehmer seien im Rahmen eines Notdienstes beschäftigt worden. Ein Einsatz des [X.] im Rahmen der Notdienstarbeiten sei nach Abwägung der betrieblichen und persönlichen Interessen nicht in Betracht gekommen.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Beendigungsmitteilung des beklagten [X.] vom 14. Januar 2010 nicht bereits zum 22. Januar 2010, sondern erst zum 6. Februar 2010 beendet worden ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt das beklagte Land die vollständige Abweisung der Klage. Der Kläger begehrt mit seiner Anschlussrevision die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des beklagten [X.] und die [X.] des [X.] sind unbegründet. Die Klage ist zulässig, aber nur zum Teil begründet. Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der auflösenden Bedingung in § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.] geendet hat, allerdings nicht bereits am 22. Januar 2010, sondern nach §§ 21, 15 Abs. 2 [X.] erst zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des [X.] durch das beklagte Land über den Zeitpunkt des Eintritts der Winterruhe und damit am 6. Februar 2010.

9

I. Die Klage ist zulässig.

1. Es handelt sich entgegen der Annahme des [X.]s um eine Bedingungskontrollklage nach §§ 21, 17 [X.], auch wenn der Antragswortlaut sich nicht an § 17 Satz 1 [X.] orientiert. Dies ergibt die Auslegung der [X.] des [X.].

a) Das Revisionsgericht hat prozessuale [X.]nserklärungen selbständig auszulegen. Maßgebend sind die für [X.]nserklärungen des bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze. Entsprechend § 133 BGB ist nicht am buchstäblichen Sinn des in der Prozesserklärung gewählten Ausdrucks zu haften, vielmehr ist der in der Erklärung verkörperte [X.] zu ermitteln. Im Zweifel sind [X.] dahin auszulegen, dass das gewollt ist, was aus Sicht der Prozesspartei nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Dabei sind die schutzwürdigen Belange des [X.] zu berücksichtigen (vgl. etwa [X.] 12. November 2013 - 3 [X.] - Rn. 27 mwN).

b) Danach ist das Klagebegehren nicht als allgemeine Feststellungsklage iSv. § 256 Abs. 1 ZPO, sondern als Bedingungskontrollklage iSv. §§ 21, 17 Satz 1 [X.] zu verstehen. Dies entspricht dem Klageziel und der wohlverstandenen Interessenlage des [X.]. Der Kläger macht geltend, sein Arbeitsverhältnis sei nicht durch den Eintritt der Winterruhe gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.] am 22. Januar 2010 beendet worden, da die in § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.] bestimmte auflösende Bedingung mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sei und zudem die in der Regelung genannten Voraussetzungen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht vorgelegen hätten. Damit beruft sich der Kläger auf die Unwirksamkeit und den [X.] der auflösenden Bedingung. Beides ist nicht mit einer allgemeinen Feststellungsklage, sondern mit einer Bedingungskontrollklage geltend zu machen. Die Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 [X.] ist auch dann einzuhalten, wenn nicht die Wirksamkeit der Bedingung, sondern deren tatsächlicher Eintritt im Streit steht. Ob die auflösende Bedingung eingetreten ist, hängt regelmäßig von der Auslegung der tariflichen oder einzelvertraglichen [X.] ab. Die Frage des Eintritts der auflösenden Bedingung ist deswegen häufig mit der Beurteilung der Rechtswirksamkeit der [X.] verknüpft. Die Auslegung der [X.] ist maßgeblich dafür, ob die Bedingung eingetreten ist. Wegen des fast untrennbaren Zusammenhangs der Wirksamkeit und des Eintritts der auflösenden Bedingung sind beide Fragen Gegenstand der Bedingungskontrollklage (st. Rspr. seit [X.] 6. April 2011 - 7 [X.] - Rn. 18 ff., 21, [X.]E 137, 292; 27. Juli 2011 - 7 [X.] - Rn. 23; 10. Oktober 2012 - 7 [X.] - Rn. 12 f.; 23. Juli 2014 - 7 [X.] - Rn. 18, [X.]E 148, 357; 14. Januar 2015 - 7 [X.] - Rn. 13). Hierunter fällt auch der Einwand des [X.], das beklagte Land habe eine fehlerhafte Auswahlentscheidung hinsichtlich der nicht von der Winterruhe betroffenen Arbeitnehmer getroffen. Damit rügt der Kläger, die auflösende Bedingung sei nicht eingetreten, da § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.] die getroffene Auswahlentscheidung nicht zulasse.

2. [X.] ist zulässig. Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er bezeichnet die zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch auflösende Bedingung hinreichend genau. Für eine Bedingungskontrollklage bedarf es keines besonderen Feststellungsinteresses (vgl. [X.] 15. Mai 2012 - 7 [X.] - Rn. 10 zur Befristungskontrollklage).

II. Die Klage ist überwiegend unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der auflösenden Bedingung in § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.] am 6. Februar 2010 geendet. Die auflösende Bedingung der Winterruhe gilt als wirksam und eingetreten, da der Kläger nicht rechtzeitig innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist gemäß §§ 21, 17 Satz 1 [X.] nach Zugang der [X.] des beklagten [X.] am 23. Januar 2010 Klage erhoben hat. Allerdings ist das Arbeitsverhältnis nicht bereits mit Ablauf des 22. Januar 2010, sondern erst zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Mitteilung des beklagten [X.] über den Zeitpunkt des Bedingungseintritts beendet worden.

1. § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.] regelt eine auflösende Bedingung für das Arbeitsverhältnis. Danach wird das Arbeitsverhältnis bei witterungsbedingter Unmöglichkeit der Arbeitsleistung nicht suspendiert, sondern rechtlich beendet. Dies ergibt die Auslegung der tarifvertraglichen Bestimmung.

a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom [X.] auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen [X.] hinaus ist der wirkliche [X.] der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen [X.]n der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., vgl. etwa [X.] 10. Februar 2015 - 3 [X.] - Rn. 27; 22. Januar 2014 - 7 [X.] - Rn. 28).

b) Bereits die Formulierung in § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.], das Arbeitsverhältnis gelte „ohne besondere Kündigung als beendet“, spricht - ebenso wie die Überschrift von § 19 [X.] „Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung wegen winterlicher Arbeitsunterbrechung in den Ländern [X.], [X.], [X.] und [X.]-Anhalt“ - dafür, dass das Arbeitsverhältnis bei Vorliegen der in der Vorschrift genannten Voraussetzungen rechtlich beendet ist und nicht nur ruht. Dieses Verständnis wird durch den Gesamtzusammenhang der tarifvertraglichen Regelung bestätigt. § 19 Abs. 1 Satz 2 [X.] sieht einen Wiedereinstellungsanspruch vor und § 19 Abs. 1 Satz 3 [X.] regelt die Voraussetzungen für die Wiedereinstellung. Bei einer Wiedereinstellung geht es um die Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses und nicht nur um die Wiederaufnahme der Arbeit nach einer Suspendierung der Hauptleistungspflichten. Von diesem Verständnis des Begriffs der Wiedereinstellung geht auch § 19 Abs. 1 [X.] aus. Das zeigt die Unterscheidung zwischen der Wiederaufnahme der Arbeit und der Wiedereinstellung in § 19 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 [X.]. Zudem hat die Regelung zum Erhalt der tariflichen Rechte in § 19 Abs. 1 Satz 4 [X.] nur dann einen Anwendungsbereich, wenn die Winterruhe zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt. Schließlich entspricht diesem Verständnis auch der mit dieser Bestimmung von den Tarifvertragsparteien verfolgte Zweck, den Arbeitgeber von den witterungsbedingten Vergütungsrisiken zu entlasten und den Arbeitnehmern den Bezug von Arbeitslosengeld zu ermöglichen. Dieser Normzweck schlägt sich in der Wintergeldregelung in § 19 Abs. 2 [X.] nieder (vgl. [X.] 28. August 1987 - 7 [X.] - zu I 2 b der Gründe, zu § 62 MTW).

2. Die auflösende Bedingung der Winterruhe gilt nach §§ 21, 17 Satz 2 [X.] iVm. § 7 Halbs. 1 [X.] als wirksam und eingetreten.

a) Nach §§ 21, 17 Satz 2 [X.] iVm. § 7 Halbs. 1 [X.] gilt eine auflösende Bedingung als wirksam und eingetreten, wenn der Arbeitnehmer die Rechtsunwirksamkeit der auflösenden Bedingung und den fehlenden Eintritt der Bedingung nicht innerhalb der Dreiwochenfrist nach §§ 21, 17 Sätze 1 und 3, § 15 Abs. 2 [X.] gerichtlich geltend gemacht hat.

Die dreiwöchige Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 [X.] beginnt bei [X.] grundsätzlich mit dem Tag, an dem die auflösende Bedingung eingetreten ist. Allerdings endet der auflösend bedingte Arbeitsvertrag nach §§ 21, 15 Abs. 2 [X.] frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der auflösenden Bedingung. Deshalb wird gemäß §§ 21, 17 Sätze 1 und 3, § 15 Abs. 2 [X.] die Klagefrist erst mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund des Eintritts der auflösenden Bedingung beendet, in Lauf gesetzt, wenn die Bedingung bereits vor Ablauf der [X.] eingetreten ist (grundlegend [X.] 6. April 2011 - 7 [X.] - Rn. 22, [X.]E 137, 292; 10. Oktober 2012 - 7 [X.] - Rn. 14; 23. Juli 2014 - 7 [X.] - Rn. 19, [X.]E 148, 357).

b) Der Kläger hat die vorliegende Bedingungskontrollklage nicht rechtzeitig innerhalb der Dreiwochenfrist der §§ 21, 17 Sätze 1 und 3, § 15 Abs. 2 [X.] nach Zugang der [X.] des beklagten [X.] erhoben. Die Klagefrist begann mit Zugang der [X.] des beklagten [X.] vom 14. Januar 2010 beim Kläger am 23. Januar 2010 und endete nach Ablauf von drei Wochen am Montag, dem 15. Februar 2010 (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB, § 222 Abs. 2 ZPO). Die Klage ist erst am 24. Februar 2010 beim Arbeitsgericht eingegangen.

c) Die Voraussetzungen für eine nachträgliche Zulassung der Bedingungskontrollklage liegen nicht vor.

aa) War ein Arbeitnehmer trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert, die Bedingungskontrollklage innerhalb von drei Wochen zu erheben, so ist nach §§ 21, 17 Satz 2 [X.] iVm. § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf seinen Antrag die Klage nachträglich zuzulassen. Nach §§ 21, 17 Satz 2 [X.] iVm. § 5 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 [X.] ist mit dem Antrag auf nachträgliche Klagezulassung die Klageerhebung zu verbinden. Der Antrag kann gemäß §§ 21, 17 Satz 2 [X.] iVm. § 5 Abs. 3 Satz 2 [X.] nach Ablauf von sechs Monaten, vom Ende der versäumten Frist an gerechnet, nicht mehr gestellt werden.

bb) Danach kommt eine nachträgliche Zulassung der Bedingungskontrollklage nicht in Betracht. Der Kläger hat keinen Antrag auf nachträgliche Zulassung der Bedingungskontrollklage gestellt. Selbst wenn seine Erklärung im Schriftsatz vom 1. August 2012, ihm müsse schon von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, als ein solcher Antrag auszulegen wäre, hätte der Antrag zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gestellt werden können. Die Frist nach §§ 21, 17 Satz 2 [X.] iVm. § 5 Abs. 3 Satz 2 [X.] war bereits am 15. August 2010 abgelaufen. Die Frist des § 5 Abs. 2 Satz 2 [X.] ist eine absolute Frist, in die der Säumige auch nach § 233 ZPO nicht wieder eingesetzt werden kann ([X.] 28. Januar 2010 - 2 [X.] - Rn. 24, [X.]E 133, 149).

d) Der Grundsatz des Vertrauensschutzes verbietet es nicht, die auflösende Bedingung als eingetreten anzusehen. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Vertrauensschutz (vgl. dazu [X.] 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, [X.]E 122, 248; 2. Mai 2012 - 2 [X.] - Rn. 81, [X.]E 131, 20; 14. Januar 1987 - 1 BvR 1052/79 - [X.]E 74, 129, 154; [X.] 23. März 2006 - 2 [X.] - Rn. 33, [X.]E 117, 281; 18. Januar 2001 - 2 [X.] - zu II 3 d der Gründe) liegen nicht vor. Die Klagefrist und die Fiktion der §§ 21, 17 Satz 2 [X.] iVm. § 7 Halbs. 1 [X.] galten zwar nach der früheren Rechtsprechung des Senats ([X.] 23. Juni 2004 - 7 [X.] - zu I 2 der Gründe, [X.]E 111, 148; 19. Januar 2005 - 7 [X.] - zu II 2 b bb der Gründe; 18. Oktober 2006 - 7 [X.] - Rn. 20; 21. Januar 2009 - 7 [X.] 843/07 - Rn. 12, 15) nicht für Streitigkeiten über den Eintritt auflösender Bedingungen. Diese Rechtsprechung hat der Senat durch Urteil vom 6. April 2011 (- 7 [X.] 704/09 - [X.]E 137, 292) und damit nach dem hier streitigen Eintritt der auflösenden Bedingung geändert. Es kann dahinstehen, ob überhaupt ein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand der früheren Rechtsprechung des Senats entstehen konnte. Jedenfalls hat der Kläger nicht geltend gemacht, die Klagefrist im Vertrauen auf diese Rechtsprechung versäumt zu haben. Davon kann auch deshalb nicht ausgegangen werden, weil der Kläger sich nicht nur auf den [X.] der auflösenden Bedingung, sondern auch auf deren Unwirksamkeit berufen hat.

3. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat entgegen der Auffassung des beklagten [X.] nicht schon mit Ablauf des 22. Januar 2010, sondern erst am 6. Februar 2010 geendet.

a) Nach §§ 21, 15 Abs. 2 [X.] endet das Arbeitsverhältnis frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt des Bedingungseintritts. Tritt die Bedingung vor dem Ende dieses [X.] ein, endet das Arbeitsverhältnis deshalb erst mit Ablauf der [X.]. Das Arbeitsverhältnis wird bis dahin fortgesetzt, ohne dass ein Fall von §§ 21, 15 Abs. 5 [X.] gegeben wäre (vgl. [X.] 6. April 2011 - 7 [X.] - Rn. 22, [X.]E 137, 292; 27. Juli 2011 - 7 [X.] - Rn. 67).

b) Dies gilt entgegen der Ansicht des beklagten [X.] auch für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Eintritt der Winterruhe nach § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.].

aa) § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.] sieht zwar vor, dass das Arbeitsverhältnis bereits dann als beendet gilt, wenn infolge außerordentlicher Witterungseinflüsse oder anderer nicht vorherzusehender Umstände im Bereich der forstwirtschaftlichen Verwaltungen und Betriebe der Länder die Weiterführung der Arbeiten unmöglich wird. Die Vorschrift des § 15 Abs. 2 [X.] ist jedoch nach § 22 [X.] zwingend. Zu Ungunsten des Arbeitnehmers darf von dieser Vorschrift auch durch Tarifvertrag nicht abgewichen werden.

bb) Entgegen der Ansicht des beklagten [X.] ist eine Abweichung von § 15 Abs. 2 [X.] zu Ungunsten des Arbeitnehmers auch dann nicht zulässig, wenn das Arbeitsverhältnis nur vorübergehend beendet wird, weil der Arbeitnehmer zu einem späteren Zeitpunkt die Wiedereinstellung verlangen kann. Die Vorschrift unterscheidet nicht zwischen der dauerhaften und der vorübergehenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Gesetzeszweck. Ausweislich der Gesetzesbegründung ([X.]. 14/4374 S. 20) soll die Auslauffrist dem Arbeitnehmer Zeit geben, sich auf das bevorstehende Ende des Arbeitsverhältnisses einzustellen, insbesondere einen neuen Arbeitsplatz zu suchen. Dieser Gesetzeszweck kommt auch dann zum Tragen, wenn dem Arbeitnehmer - wie nach § 19 Abs. 1 Satz 2 [X.] - zu einem späteren Zeitpunkt ein Wiedereinstellungsanspruch zusteht. Auch in diesem Fall ermöglicht es die Auslauffrist dem Arbeitnehmer, sich auf das bevorstehende Ende des Arbeitsverhältnisses einzustellen, indem er sich arbeitslos meldet oder zur Sicherung seines Lebensunterhalts einen anderen Arbeitsplatz für die Dauer der Winterruhe sucht.

cc) [X.] beruft sich ohne Erfolg auf den Normzweck des § 19 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Die Regelung dient vorrangig dazu, den Arbeitgeber von dem Risiko zu entlasten, Arbeitnehmer vergüten zu müssen, die er witterungsbedingt nicht einsetzen kann. Dieser Zweck wird auch bei Einhaltung der Frist des § 15 Abs. 2 [X.] erreicht. Den Arbeitgeber trifft lediglich für die Dauer von zwei Wochen das Risiko der Entgeltzahlung ohne Gegenleistung; für die darüber hinausgehende Zeit ist er von diesem Risiko befreit.

dd) Aus der Entscheidung des Senats vom 28. August 1987 (- 7 [X.] -) kann das beklagte Land nichts zu seinen Gunsten herleiten. Diese Entscheidung erging vor dem Inkrafttreten des [X.].

c) Danach endete das Arbeitsverhältnis nicht schon mit Ablauf des 22. Januar 2010, sondern erst zwei Wochen nach Zugang der [X.] des beklagten [X.] beim Kläger. Die Mitteilung des beklagten [X.] ging dem Kläger am 23. Januar 2010 zu. Das Arbeitsverhältnis endete daher mit Ablauf des 6. Februar 2010. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger nicht rechtzeitig innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 [X.] nach Zugang der [X.] des beklagten [X.] Bedingungskontrollklage erhoben hat. Die Klagefrist und die Fiktion nach §§ 21, 17 Satz 2 [X.] iVm. § 7 Halbs. 1 [X.] gelten nicht für die Einhaltung der Auslauffrist des § 15 Abs. 2 [X.] ([X.] 19. Januar 2005 - 7 [X.] - zu II 2 [X.]). § 15 Abs. 2 [X.] regelt keinen [X.] für die auflösende Bedingung, vielmehr wird das vereinbarte Vertragsende durch die gesetzliche Anordnung modifiziert.

III. Wegen der Erfolglosigkeit der Revision und der [X.] sind die Kosten des Revisionsverfahrens gemäß § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO verhältnismäßig zu teilen.

        

    Gräfl    

        

    Kiel    

        

    M. Rennpferdt    

        

        

        

    Holzhausen    

        

    Jacobi    

                 

Meta

7 AZR 592/13

12.08.2015

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Dessau-Roßlau, 14. Januar 2011, Az: 8 Ca 18/10, Urteil

§ 21 TzBfG, § 17 S 1 TzBfG, § 15 Abs 2 TzBfG, § 7 Halbs 1 KSchG, § 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.08.2015, Az. 7 AZR 592/13 (REWIS RS 2015, 6770)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 6770

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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2 Sa 297/15

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6 Sa 370/19

6 Sa 258/19

9 Sa 332/21

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