Bundessozialgericht, Beschluss vom 10.10.2012, Az. B 3 KS 2/12 B

3. Senat | REWIS RS 2012, 2491

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Gegenstand

Künstlersozialversicherung - Künstler oder Publizist iS des KSVG - selbstständige Ausübung eines Berufs - Gesellschafter-Geschäftsführer


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 29. Februar 2012 wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 38 387,48 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die klagende GmbH wendet sich gegen die Einbeziehung des "[X.]" ihrer Mitgesellschafterin und alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführerin [X.] in die Bemessung der Künstlersozialabgabe ([X.]) des Jahres 2003.

2

Die Klägerin verantwortete als Produzentin von Fernsehsendungen in dieser [X.] ua die Talkshow "[X.]", auf die 2003 eigener Angabe zufolge 80 - 90 % ihres Jahresumsatzes von etwa 10 Millionen Euro entfielen. Mitgesellschafter neben [X.] (Gesellschafter-Anteil von 25 %) war mit einem Anteil von 75 % der zweite Geschäftsführer der Klägerin, der im Innenverhältnis zu [X.] an deren Weisungen gebunden und zur Vertretung der Gesellschaft nur zusammen mit ihr berechtigt war. Anders als die beklagte Künstlersozialkasse ist die Klägerin der Auffassung, dass das "Geschäftsführergehalt" [X.] von 892 732 Euro im Jahr 2003 nicht der [X.] unterliege, weil der überwiegende Teil ihrer Arbeitszeit auf Geschäftsführung, Personalführung, Finanzwesen und Marketing entfallen sei. Dem ist das [X.] wie zuvor schon das [X.] nicht gefolgt (Urteil vom [X.]): [X.] sei selbstständige Publizistin und nicht Arbeitnehmerin der Klägerin, die wegen der Abrede mit dem Mitgesellschafter faktisch ihr gehört habe. Ihr "Geschäftsführergehalt" sei Entgelt für publizistische Leistungen, vor allem für Moderation, redaktionelle Vorbereitung und Gewährleistung der Produktion der Sendung "[X.]". Das präge das Gesamtbild so, dass ungeachtet weiterer Elemente eine einheitliche Vergütung für publizistische Leistungen vorliege (Verweis auf B[X.]E 82, 107, 110 f = [X.] 3-5425 § 25 [X.] f; B[X.] [X.] 3-5425 § 25 [X.]). Die Produktion der gleichnamigen Sendung sei mit großem Abstand Hauptumsatzfaktor der Klägerin gewesen und [X.] auch nach eigener Einschätzung "Dreh- und Angelpunkt" der dafür aufgewandten redaktionellen Arbeit. Dass sie sich dabei der Mithilfe einer Redaktion bedient habe, sei ebenso unerheblich (Verweis auf B[X.] [X.] 4-5425 § 25 [X.] Rd[X.]5) wie das [X.]verhältnis von publizistischer und administrativ-kaufmännischer Tätigkeit.

3

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.], die sie mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) begründet.

4

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht in der durch die § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 [X.] [X.]G festgelegten Form begründet worden ist. Sie ist deshalb nach § 160a Abs 4 [X.] iVm § 169 [X.]G ohne Zuziehung [X.] zu verwerfen.

5

1. Zur formgerechten Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist es erforderlich, eine konkrete Rechtsfrage zu formulieren und aufzuzeigen, warum sie in dem angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich sein würde (B[X.] [X.] 1500 § 160a [X.]), über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung hat (vgl [X.] [X.] 1500 § 160a [X.]; B[X.] [X.] 1500 § 160a [X.]) und klärungsbedürftig sowie klärungsfähig ist (B[X.] [X.] 1500 § 160a [X.]3 und 65). [X.] ist grundsätzlich nicht mehr gegeben, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage höchstrichterlich bereits entschieden ist (B[X.] [X.] 3-1500 § 160 [X.] 8). Um eine fortbestehende [X.] darzutun, muss unter Auswertung der bisherigen Rechtsprechung des B[X.] substantiiert vorgetragen werden, dass neue, bisher noch nicht berücksichtigte Argumente bestehen oder gegen die Entscheidung des B[X.] von dritter Stelle, etwa im Schrifttum, in nicht unerheblichem Umfang Kritik vorgebracht worden ist (B[X.] [X.] 1500 § 160a [X.] 65). [X.] ist auch dann zu verneinen, wenn sich eine Rechtsfrage unmittelbar und eindeutig anhand der gesetzlichen Vorschriften beantworten lässt. Diese Erfordernisse betreffen die gesetzliche Form iS des § 169 [X.] [X.]G ([X.] [X.] 1500 § 160a [X.] 48). Deren Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

6

a) Grundsätzlich klärungsbedürftig ist nach Auffassung der Klägerin zunächst, ob das Gehalt eines GmbH-Geschäftsführers, "der im Gegensatz zum Einzelkaufmann nicht persönlich zur Erbringung [X.]r Leistungen verpflichtet ist, allein deshalb in die Bemessungsgrundlage gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 [X.] einzubeziehen ist, weil er - ohne selbst überwiegend künstlerisch oder publizistisch tätig zu sein - die Weisungsbefugnis über die Angestellten der GmbH hat, die das publizistische Produkt für die GmbH herstellen." Schon die [X.] dieser Frage ist nicht hinreichend dargetan. Jedenfalls ergibt sich aus dem Vorbringen nicht, inwiefern sie in dem angestrebten Revisionsverfahren zu klären sein sollte. Die Frage beruht auf Prämissen, für die sich im Tatsächlichen kein Anhalt findet. Das [X.] hat das Gehalt von [X.] bereits nicht "allein deshalb" in die Bemessungsgrundlage nach § 25 Abs 1 [X.] Künstlersozialversicherungsgesetz ([X.]) einbezogen, weil sie, "ohne selbst überwiegend künstlerisch oder publizistisch tätig zu sein, die Weisungsbefugnis über die Angestellten der GmbH hat, die das publizistische Produkt für die GmbH herstellen". Die Qualifizierung ihres "[X.]" als Gegenleistung für publizistische Tätigkeit ist vielmehr auf eine Vielzahl von Einzelumständen gestützt, aus denen das [X.] seine Gesamtüberzeugung abgeleitet hat. Vor allem aber ist es nicht davon ausgegangen, dass [X.]"anders als ein Einzelkaufmann nicht persönlich" zur Erbringung der von der Klägerin geschuldeten [X.]n Leistungen verpflichtet war. Die Entscheidung ist im Gegenteil von der Überzeugung getragen, dass [X.] über den Treuhändervertrag mit dem Mehrheitsgesellschafter faktisch [X.] der Klägerin war ([X.] S 8) und auch mit eigenen Äußerungen die "Letztverantwortung" ([X.] [X.]1) für die ihren Namen tragende Sendung beansprucht hat. Inwieweit auf der Grundlage dieser unangegriffenen und deshalb in einem angestrebten Revisionsverfahren bindenden (§ 163 [X.]G) Feststellungen anzunehmen sein sollte, dass [X.]"nicht persönlich" Verantwortung für den [X.]n Verlauf der gleichnamigen und wesentlich für den Umsatz der Klägerin maßgeblichen Sendung getragen hat und deshalb Fragen zur Abgaberelevanz von Vergütungen eines mit [X.]n Leistungen gerade nicht befassten Geschäftsführers einer [X.]-pflichtigen GmbH zu klären sein könnten, erschließt sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht.

7

b) Nicht formgerecht begründet ist die [X.] der Frage, "ob von einer publizistischen Prägung der Tätigkeit eines einzelvertretungsbefugten GmbH-Geschäftsführers ausgegangen werden kann und damit das Geschäftsführergehalt in die Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 [X.] einzubeziehen ist, obwohl die publizistische Tätigkeit des Geschäftsführers zeitlich nicht mehr als 25 % seiner Gesamttätigkeit für das Unternehmen gegenüber einem [X.]anteil von 75 % rein administrativ-kaufmännischer Tätigkeit für die GmbH ausmacht, ober ob eine publizistische Prägung des Gesamtbildes der Tätigkeit aufgrund der deutlich überwiegenden rein administrativ-kaufmännischen Tätigkeit nicht vielmehr ausgeschlossen ist". Es ist nicht hinreichend dargetan, dass diese Frage nach der bisherigen Rechtsprechung des B[X.] nicht zu beantworten wäre. Die Zuordnung der Tätigkeit von [X.] als Moderatorin der gleichnamigen Sendung zu den [X.]n Berufen kann jedenfalls für sich genommen nicht ernstlich zweifelhaft sein (vgl B[X.]E 82, 107, 111 = [X.] 3-5425 § 25 [X.]2 S 64). Zudem hat das B[X.] bereits mehrfach entschieden, dass Künstler oder Publizist im Sinne des [X.] auch sein kann, wer künstlerische oder publizistische Aufgaben zB bei der Erstellung von Werbematerial auf Mitarbeiter überträgt, dabei aber die Gesamtverantwortung bzw "geistige Oberleitung" innehat und sich ansonsten als Inhaber einer Werbeagentur auf Leitungsaufgaben beschränkt (B[X.] [X.] 4-5425 § 25 [X.] Rd[X.]5 ff; B[X.] [X.] 4-5425 § 24 [X.] 8 Rd[X.] 25). Es ist ebenfalls geklärt, dass notwendige Geschäftstätigkeiten, die als Annex einer selbstständigen Ausübung eines Berufs typisch sind, wie Reisen, Organisation und Verwaltung, der Wertung als künstlerische Tätigkeit nicht entgegenstehen (B[X.]E 82, 107, 111 = [X.] 3-5425 § 25 [X.]2 S 64; B[X.] [X.] 3-5425 § 25 [X.]). Schließlich hat der [X.] bereits entschieden, dass bei der Gesamtwürdigung der Tätigkeit eines Gesellschafter-Geschäftsführers der [X.]aufwand für einzelne Tätigkeiten regelmäßig kein geeignetes Kriterium darstellt (B[X.]E 82, 107, 112 = [X.] 3-5425 § 25 [X.]2 S 65), die Würdigung der Gesamtumstände also in erster Linie den Tatsacheninstanzen vorbehalten bleibt (B[X.] [X.] 3-5425 § 25 [X.]). Hiermit hat sich die Klägerin nicht auseinandergesetzt; die Rechtsprechung ist in diesem Zusammenhang nicht einmal angeführt. Dass insoweit dennoch (oder wieder) Fragen von allgemeinem Interesse zu beantworten sein könnten, ist dem Vorbringen nicht zu entnehmen.

8

c) Entsprechendes gilt letztlich auch für die Frage, ob "bei der Beurteilung des Umsatzmomentes der Gesamtumsatz mit der Produktion einer Sendung maßgeblich sein soll oder aber nur der Anteil, der auf die tatsächliche Tätigkeit des Geschäftsführers (hier: Moderation) entfallen könnte". Dies sei grundsätzlich klärungsbedürftig, weil der Umsatz der Klägerin allenfalls zu 10 % auf das Gehalt für die Moderatorentätigkeit von [X.] zurückzuführen sei. Unabhängig von der Richtigkeit dieser Angabe wird nicht deutlich, inwieweit davon die Klärung des Rechtsstreits abhängen und deshalb insoweit eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen sein könnte. Der Umsatz der Klägerin mit der Sendung "[X.]" war für das [X.] nur von Bedeutung, weil sich [X.] nach seiner Überzeugung "maßgeblich und unentbehrlich als 'Dreh- und Angelpunkt' in die redaktionelle Arbeit" dieser Sendung eingebracht habe und ihre Tätigkeit insgesamt deshalb mangels anderer maßgeblicher Umsatzträger der Klägerin als [X.] anzusehen sei ([X.] [X.]0). Dass diese Wertung anders hätte ausfallen können, wenn zwischen fiktiven Umsatzanteilen für die Sendung "[X.]" zu differenzieren wäre, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Im [X.] konzentriert sich das Überprüfungsbegehren der Klägerin vielmehr darauf, ob das [X.] die Tätigkeit von [X.] zutreffend bewertet hat. Ihr wesentlicher Vorwurf besteht darin, das [X.] habe die Bedeutung der publizistischen Verantwortung von [X.] für die gleichnamige Sendung erheblich überschätzt. Ob das zutreffend ist, mag dahinstehen. Jedenfalls betrifft dieses Vorbringen nur eine Frage der Beweiswürdigung des [X.] (§ 128 Abs 1 [X.] [X.]G); hierauf kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nach der ausdrücklichen Regelung in § 160 Abs 2 [X.] 3 Halbs 2 [X.]G indes nicht gestützt werden.

9

2. [X.] beruht auf § 197a [X.]G iVm § 154 Abs 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 197a [X.]G iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 und § 47 Abs 1 und 3 GKG; maßgebend ist insoweit der auf das "Geschäftsführergehalt" von [X.] entfallende Anteil an der [X.] für 2003 ([X.] 1 183 611 Euro, davon 892 732 Euro entfallend auf [X.], Beitragssatz von 4,3 %).

Meta

B 3 KS 2/12 B

10.10.2012

Bundessozialgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KS

vorgehend SG Berlin, 10. Dezember 2008, Az: S 84 KR 1244/04, Urteil

§ 1 KSVG, § 2 KSVG, § 25 Abs 1 S 1 KSVG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 10.10.2012, Az. B 3 KS 2/12 B (REWIS RS 2012, 2491)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2491

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