Bundessozialgericht, Urteil vom 10.08.2021, Az. B 2 U 2/20 R

2. Senat | REWIS RS 2021, 3413

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Gesetzliche Unfallversicherung - Wegeunfall - Betriebsweg - Rechtsprechung der Zivil- und Arbeitsgerichtsbarkeit bei vom Unternehmer organisierten Transport - unmittelbarer Weg - dritter Ort (hier: Rückweg aus dem Urlaub an die Tätigkeitsstätte) - wertender Angemessenheitsvergleich - objektivierte Handlungstendenz - subjektive Handlungstendenz - sozialgerichtliches Verfahren - Gesamtergebnis des Verfahrens - Überzeugung des Gerichts - Erforderlichkeit von Feststellungen im Urteil


Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 17. Oktober 2019 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die [X.]eteiligten streiten darüber, ob die Klägerin und ihr tödlich verunglückter Ehemann am [X.] [X.]rbeitsunfälle erlitten haben und ihr infolgedessen Heilbehandlungskosten, Witwenrente und Sterbegeld zustehen.

2

Die Eheleute wohnten in [X.], [X.], und waren beruflich in [X.], [X.], in einem [X.]utohaus tätig, dessen Inhaber der Ehemann war. Nach ihrem Urlaub in [X.] reisten sie wie vorgesehen am [X.] mit dem Motorrad nach [X.] zurück, um ihre Tochter im [X.]utohaus abzulösen, die die Urlaubsvertretung übernommen und am Nachmittag einen Zahnarzttermin vereinbart hatte. [X.]uf dem Weg erlitten sie in [X.], [X.], einen Verkehrsunfall, bei dem sich die Klägerin erheblich verletzte und ihr Ehemann verstarb.

3

Die [X.]eklagte lehnte es ab, das Ereignis als [X.]rbeitsunfall anzuerkennen, Heilbehandlungskosten der Klägerin zu übernehmen und ihr Hinterbliebenenleistungen zu gewähren, weil sich beide Eheleute nicht auf versicherten Wegen befunden hätten ([X.]escheide vom 8.5.2014 und Widerspruchsbescheide vom 3.12.2014). Das [X.] hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 23.2.2017). Das L[X.] hat die [X.]erufung zurückgewiesen (Urteil vom 17.10.2019): Die Eheleute hätten sich nicht auf einem [X.]etriebsweg befunden, weil die konkrete Fahrt von vornherein so geplant und nicht aus dringenden betrieblichen Gründen unerwartet notwendig geworden sei. Sie seien auch nicht auf dem unmittelbaren Weg vom "dritten [X.]rt" zum [X.]rt der Tätigkeit verunglückt. Dieser Weg müsse unter [X.]erücksichtigung aller Einzelfallumstände und nach der Verkehrsauffassung in einem angemessenen Verhältnis zu dem üblichen Weg von der Wohnung zum [X.]rt der Tätigkeit stehen, wobei dem Wegstreckenverhältnis und dem Zweck des [X.]ufenthalts am dritten [X.]rt besondere [X.]edeutung zukomme. Der Rückweg vom dritten [X.]rt in [X.] nach [X.] sei indes unangemessen lang gewesen, weil er das Dreißigfache des üblichen Weges betragen habe und der urlaubsbedingte [X.]ufenthalt der Entspannung und nicht der Verbesserung der betrieblichen Leistungsfähigkeit gedient habe. Trotz unterstellter [X.]bsicht, direkt zur [X.]rbeitsstätte zu fahren, sei der Weg rechtlich wesentlich davon geprägt gewesen, den eigenwirtschaftlichen [X.]esuch am dritten [X.]rt abzuschließen.

4

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 8 [X.]bs 2 [X.] und des § 63 [X.]bs 1 Satz 1 [X.] und 3 [X.][X.] VII. Sie und ihr Ehemann hätten die subjektive Handlungstendenz gehabt, die [X.]etriebsstätte zu erreichen, um dort versicherte Tätigkeiten aufzunehmen. Dies werde dadurch objektiviert, dass die Tochter im [X.]etrieb habe abgelöst werden müssen und mit der [X.]bfahrt vom [X.] Ring auch die Route zur Privatwohnung in [X.], [X.], verlassen worden sei.

5

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
die [X.]eklagte unter [X.]ufhebung der Urteile des Sozialgerichts [X.]erlin vom 23. Februar 2017 und des Landessozialgerichts [X.]erlin-[X.]randenburg vom 17. [X.]ktober 2019 sowie der [X.]escheide vom 8. Mai 2014 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 3. Dezember 2014 zu verurteilen, das Ereignis vom 19. [X.]ugust 2013 als [X.]rbeitsunfall anzuerkennen und die infolge des Unfalls entstandenen Kosten der Heilbehandlung sowie Witwenrente und Sterbegeld an sie zu zahlen.

6

Die [X.]eklagte, die dem angefochtenen Urteil beipflichtet, beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der [X.]lägerin ist iS der Aufhebung des [X.]erufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das [X.] begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 [X.]). Auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen lässt sich nicht beurteilen, ob sich die [X.]lägerin (dazu unter A.) und ihr verstorbener Ehemann (dazu unter [X.].) zum Unfallzeitpunkt mit der entsprechenden subjektiven Handlungstendenz auf einem [X.]etriebsweg oder auf einem mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weg von einem dritten [X.]rt zur [X.]etriebs- bzw Arbeitsstätte befunden haben, um dort jeweils ihre versicherten Tätigkeiten aufzunehmen.

8

A. Die [X.]lägerin erstrebt mit ihrer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (vgl § 54 Abs 1 Satz 1 Var 1 und 3, § 56 [X.]) die behördliche Feststellung des Verkehrsunfalls als Arbeitsunfall (dazu [X.]) sowie mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl § 54 Abs 1 Satz 1 Var 1 und Abs 4, § 56 [X.]) die Erstattung bereits entstandener Heilbehandlungskosten (dazu I[X.]). Soweit die [X.]eklagte im [X.]escheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3.12.2014 (§ 95 [X.]) weitere Entschädigungsansprüche pauschal abgelehnt hat, handelte es sich dabei um keine Verwaltungsakte (§ 31 Satz 1 SG[X.] X), die die [X.]lägerin hätte anfechten müssen, um den Eintritt der [X.]estandskraft (§ 77 [X.]) zu verhindern (vgl hierzu [X.] vom 16.3.2021 - [X.] U 7/19 R - juris Rd[X.] 12 ff, zur [X.] in [X.] und [X.] vorgesehen sowie [X.] U 17/19 R - juris Rd[X.] 22 ff, zur [X.] in [X.] vorgesehen).

9

[X.] Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 1 [X.] Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 [X.] begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Versicherte Tätigkeit ist auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem [X.]rt der Tätigkeit (§ 8 Abs 2 [X.] 1 [X.]). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den [X.]örper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs 1 Satz 2 [X.]). Ein Arbeitsunfall setzt mithin voraus, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlichen begrenzten, von außen auf den [X.]örper einwirkenden Ereignis geführt (Unfallkausalität) und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat (Unfallkausalität und haftungsbegründende [X.]ausalität; stRspr, [X.]SG z[X.] Urteile vom 30.1.2020 - [X.] U 20/18 R - [X.]-2700 § 8 [X.] Rd[X.] 9 und [X.] U 2/18 R - [X.] 130, 1 = [X.]-2700 § 8 [X.], Rd[X.] 20, vom 19.6.2018 - [X.] U 2/17 R - [X.]-2700 § 2 [X.] Rd[X.] 13, vom 30.3.2017 - [X.] U 15/15 R - NZS 2017, 625 = NJW 2017, 2858 und vom 5.7.2016 - [X.] U 19/14 R - [X.] 121, 297 = [X.]-2700 § 2 [X.], Rd[X.] 11 jeweils mwN). Das [X.] hat - nach seiner Rechtsauffassung konsequent - nicht festgestellt, ob die [X.]lägerin den Unfall (dazu 1.) infolge einer versicherten Tätigkeit als (Wie-)[X.]eschäftigte, (Mit-)Unternehmerin, mitarbeitende Ehegattin oder Wie-Unternehmerin (dazu 2.) im Rahmen eines [X.]etriebsweges (dazu 3.) oder beim Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach dem [X.]rt der Tätigkeit erlitten hat (dazu 4.).

1. Die [X.]lägerin hat am [X.] einen Unfall iS des § 8 Abs 1 Satz 2 [X.] erlitten, als sie nach den bindenden tatrichterlichen Feststellungen (§ 163 [X.]) mit dem Motorrad verunglückte und sich dabei erheblich verletzte.

2. Die Feststellungen des [X.] reichen indes nicht aus, um darüber zu entscheiden, ob die [X.]lägerin zum versicherten Personenkreis nach §§ 2, 3 oder 6 [X.] gehörte. Dazu gibt das [X.] lediglich an, die [X.]lägerin sei im Autohaus "beruflich tätig" gewesen. Das genügt nicht, um ihre Tätigkeit dem rechtlichen Typus der [X.]eschäftigung (§ 7 Abs 1 SG[X.] IV) zuzuordnen und die [X.]lägerin als [X.]eschäftigte (§ 2 Abs 1 [X.] 1 [X.]) anzusehen. Denn bei der erforderlichen Gesamtschau und Abwägung aller Einzelfallumstände ist zu berücksichtigen (vgl dazu [X.] - [X.] U 18/17 R - [X.]-2700 § 2 [X.] Rd[X.] 15 ff - "Stöberhundeführer"), dass die [X.]lägerin als Ehefrau des Inhabers auch "mitarbeitende Ehegattin" (§ 6 Abs 1 [X.] 1 [X.]) im Unternehmen oder sogar (Mit-)Unternehmerin (§ 6 Abs 1 [X.] 1 [X.]) gewesen sein könnte, weil ihr Ehemann nach dem [X.] "Inhaber eines gemeinsam betriebenen Autohauses" gewesen sei. Ferner käme eine selbstständige Tätigkeit als "Wie-Unternehmerin" (§ 6 Abs 1 [X.] 2 [X.]) in [X.]etracht, sofern das Autohaus in Form einer [X.]apital- oder Personenhandelsgesellschaft geführt worden sein sollte. [X.] erscheint auch die Annahme einer [X.] (§ 2 Abs 2 Satz 1 [X.]) nicht von vornherein ausgeschlossen (vgl dazu z[X.] [X.] vom 19.6.2018 - [X.] 2 U 32/17 R - [X.]-2700 § 2 [X.] - "mithelfende Ehefrau", vom 26.3.1980 - 2 RU 100/79 - juris - "Marktbeobachtung" oder vom [X.] - 8 RU 38/76 - [X.] 2200 § 539 [X.] 32 - "Einkaufsfahrt").

3. Die [X.]lägerin könnte sich auf einem versicherten [X.]etriebsweg befunden haben, wenn der haftungsprivilegierte Unternehmer (§ 104 [X.]) sie als [X.]eschäftigte (dazu bereits 2.) zur Arbeitsstätte befördert (dazu a) oder umgekehrt sie ihn als [X.]eschäftigte, Wie-[X.]eschäftigte, mitarbeitende Ehegattin oder als Mit- bzw Wie-Unternehmerin zur [X.]etriebsstätte gefahren hätte (dazu b). Nach der Rechtsprechung des [X.]s werden [X.]etriebswege in Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt, sind Teil der versicherten Tätigkeit und stehen damit der [X.] gleich. Sie werden im unmittelbaren [X.] unternommen und unterscheiden sich von Wegen nach und von dem [X.]rt der Tätigkeit iS des § 8 Abs 2 [X.] 1 [X.] dadurch, dass sie der versicherten Tätigkeit nicht lediglich vorausgehen oder sich ihr anschließen (vgl z[X.] [X.] vom 27.11.2018 - [X.] U 7/17 R - [X.]-2700 § 8 [X.] 66 Rd[X.] 12 - "Hauswirtschafterin" und vom 18.6.2013 - [X.] U 7/12 R - [X.]-2700 § 8 [X.] 48 Rd[X.] 13 jeweils mwN). Auf dieser Grundlage hat das [X.]erufungsgericht einen [X.]etriebsweg verneint, weil der Weg der beruflichen Tätigkeit im Autohaus allenfalls vorangegangen und nicht aus dringenden betrieblichen Gründen unerwartet notwendig geworden sei (s hierzu [X.] vom 5.7.2016 - [X.] U 16/14 R - [X.]-2700 § 8 [X.] 58 Rd[X.] 16 und vom [X.] - [X.] U 33/00 R - [X.] 3-2700 § 8 [X.] 6 S 28 f mwN). Die durch den Zahnarzttermin bedingte Ablösung der Tochter habe bereits bei Urlaubsbeginn festgestanden.

a) Das [X.] hat indes nicht geprüft, ob der Ehemann die [X.]lägerin als haftungsprivilegierter Unternehmer zur Arbeitsstätte gefahren hat, damit sie dort ihre versicherte Tätigkeit als [X.]eschäftigte aufnimmt. Nach der Rechtsprechung des [X.] (Urteil vom [X.] - [X.]/00 - [X.]Z 145, 311) und des [X.] (Urteil vom 30.10.2003 - 8 [X.] - [X.]E 108, 206) verunglücken [X.]eschäftigte auf einem [X.]etriebsweg (§ 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 [X.] 1 [X.]), wenn sich der Unfall bei einem vom Unternehmer durchgeführten Transport zum [X.]rt der Tätigkeit ereignet, die [X.]eförderung in den [X.]etrieb eingegliedert war und der Unternehmer selbst oder ein von ihm eingesetzter Fahrer den Unfall herbeiführen. Der [X.] lässt offen, ob diese Rechtsgrundsätze, die im Rahmen der zivilrechtlichen Haftungsprivilegierung aufgestellt worden sind, auf das Leistungsrecht der gesetzlichen Unfallversicherung ganz oder teilweise übertragbar sind (dagegen [X.]surteil vom 11.2.1981 - 2 RU 87/79 - juris Rd[X.] 25 zum Recht der RV[X.]). Sollten die weiteren Ermittlungen ergeben, dass der Ehemann das Motorrad im Unfallzeitpunkt gesteuert hat, um die in seinem Autohaus beschäftigte [X.]lägerin zur Arbeitsaufnahme zu befördern, wird das [X.] diese Frage zu entscheiden haben und die Revision ggf erneut zulassen müssen.

b) Umgekehrt könnte sich die [X.]lägerin auf einem [X.]etriebsweg befunden haben, wenn sie den Unternehmer als [X.]eschäftigte, Wie-[X.]eschäftigte, mitarbeitende Ehegattin oder als versicherte Mit- bzw Wie-Unternehmerin zum Autohaus gefahren hätte, damit er dort seine Tätigkeit als Unternehmer aufnehmen kann.

4. Sollte die [X.]lägerin nicht auf einem [X.]etriebsweg verunglückt sein, könnte sie sich bei dem Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach dem [X.]rt der Tätigkeit verletzt haben (§ 8 Abs 2 [X.] 1 [X.]). Das [X.] hat allerdings nicht festgestellt, ob die [X.]lägerin im Unfallzeitpunkt den unmittelbaren Weg nach dem [X.]rt der Tätigkeit objektiv zurücklegte und ihre Handlungstendenz darauf auch subjektiv ausgerichtet war (dazu a). Erst recht fehlen Feststellungen dazu, ob die [X.]lägerin das Autohaus aufsuchen wollte, um dort versicherte Tätigkeiten aufzunehmen (dazu b).

a) Der "Weg" ist die Strecke zwischen einem Start- und Zielpunkt. [X.]ei allen ([X.] setzt § 8 Abs 2 [X.] 1 [X.] den [X.]rt der versicherten Tätigkeit als Zielpunkt fest ("nach"), lässt aber zugleich den Startpunkt offen, sodass anstelle der Wohnung auch ein anderer (sog "dritter") [X.]rt Ausgangspunkt sein kann, sofern sich der Versicherte an diesem dritten [X.]rt mindestens zwei Stunden aufgehalten hat (vgl [X.] vom 23.6.2020 - [X.] 2 U 12/18 R - [X.]-2700 § 2 [X.] 54 Rd[X.] 26-27 - "Gaststättenbesuch", vom 30.1.2020 - [X.] U 2/18 R - [X.] 130, 1 = [X.]-2700 § 8 [X.] Rd[X.] 24 - "Wohnung der Freundin" und [X.] U 20/18 R - [X.]-2700 § 8 [X.] Rd[X.] 13 - "geteilte Schicht", vom 5.7.2016 - [X.] U 16/14 R - [X.]-2700 § 8 [X.] 58 Rd[X.] 24 - "Arztbesuch 2" sowie vom [X.] - [X.] RU 40/97 R - [X.] 82, 138, 141 f = [X.] 3-2200 § 550 [X.] 18 S 73 f - "Arztbesuch 1"; [X.]/[X.], Gesetzliche Unfallversicherung, Stand 07/21, § 8 Rd[X.] 12.20; [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand 02/21; [X.] § 8 Rd[X.] 204; [X.], [X.] 2020, 699, 701; [X.]rasney, [X.] 2020, 453, 454; Ricke in [X.]asseler [X.]ommentar, 114. EL Mai 2021, [X.], § 8 Rd[X.] 212, 213; [X.] in jurisP[X.]-[X.], Stand 31.5.2021, § 8 Rd[X.] 189; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 5. Aufl 2018, § 8 Rd[X.] 225; zur Verfassungsmäßigkeit der [X.] Remé, [X.] 2020, 352, 353 ff; kritisch zur [X.] neuerdings [X.] in [X.] 2020, [X.] 7, 58). Dies war hier der Fall, weil die [X.]lägerin nach den Feststellungen des [X.] vor der Abfahrt am Startort übernachtet hatte.

Zwischen dem in jedem Einzelfall zu ermittelnden Startpunkt und dem gesetzlich festgelegten Zielpunkt ist nicht der Weg an sich, sondern dessen Zurücklegen versichert, also der Vorgang des Sichfortbewegens auf der Strecke zwischen beiden Punkten mit der Handlungstendenz, den jeweils versicherten [X.]rt zu erreichen. Dabei steht nur das "Sichfortbewegen" auf dem direkten Weg bzw das Zurücklegen des direkten Weges nach dem [X.]rt der Tätigkeit unter Versicherungsschutz, wie sich aus dem Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" in § 8 Abs 2 [X.] 1 [X.] ergibt (vgl [X.] vom 30.1.2020 - [X.] U 2/18 R - [X.] 130, 1 = [X.]-2700 § 8 [X.], Rd[X.] 25 - "Wohnung der Freundin" und [X.] U 20/18 R - [X.]-2700 § 8 [X.] Rd[X.] 14 - "geteilte Schicht"; zu den sog "Abwegen" vgl [X.]SG Urteil vom 20.12.2016 - [X.] 2 U 16/15 R - [X.]-2700 § 8 [X.] 60).

Die konkrete, objektiv beobachtbare Verrichtung des Sichfortbewegens auf dem direkten Weg zum [X.]rt der versicherten Tätigkeit müssen Versicherte auch subjektiv zu diesem Zweck durchgeführt haben (vgl [X.] vom 30.1.2020 - [X.] U 2/18 R - [X.] 130, 1 = [X.]-2700 § 8 [X.], Rd[X.] 27 und - [X.] U 20/18 R - [X.]-2700 § 8 [X.] Rd[X.] 16; jeweils mwN). Sie müssen also mit der Handlungstendenz unterwegs gewesen sein, den [X.]rt der versicherten Tätigkeit zu erreichen. Denn der Versicherungsschutz nach § 8 Abs 2 [X.] 1 [X.] wird nicht schon dadurch begründet, dass Versicherte auf dem unmittelbaren Weg zwischen ihrer Wohnung oder einem dritten [X.]rt und dem [X.]rt der versicherten Tätigkeit verunglücken. Maßgebend für die [X.]eurteilung, ob eine konkrete Verrichtung der grundsätzlich versicherten Fortbewegung dient, ist die objektivierte Handlungstendenz des Versicherten (vgl [X.] vom 30.1.2020, aa[X.], jeweils mwN), was bedeutet, dass das objektiv beobachtbare Handeln subjektiv - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestands der jeweils versicherten Tätigkeit gerichtet sein muss. Die subjektive Handlungstendenz als von den [X.] festzustellende innere Tatsache muss sich mithin im äußeren Verhalten des Handelnden (Verrichtung) widerspiegeln, so wie es objektiv beobachtbar ist (vgl [X.] vom 30.1.2020 - [X.] U 2/18 R - [X.] 130, 1 = [X.]-2700 § 8 [X.], Rd[X.] 27 und - [X.] U 20/18 R - [X.]-2700 § 8 [X.] Rd[X.] 16, vom 31.8.2017 - [X.] U 2/16 R - [X.]-2700 § 8 [X.] 61 Rd[X.] 19 sowie vom 17.12.2015 - [X.] U 8/14 R - [X.]-2700 § 8 [X.] 55 Rd[X.] 14; jeweils mwN).

Nach den bindenden Feststellungen des [X.]erufungsgerichts liegt der Unfallort auf einer möglichen Route vom dritten [X.]rt sowohl zur [X.]etriebsstätte in [X.], [X.], als auch zur Privatwohnung in [X.], [X.] Zur subjektiven Handlungstendenz gibt das [X.] die Angaben der [X.]lägerin wieder, wonach sie "nach dem eigenen [X.]ekunden" die Absicht gehabt habe, "auf direktem Wege zur [X.]etriebsstätte zu fahren". Es stellt diese innere Tatsache aber nicht fest, sondern unterstellt sie lediglich, weil es sein Urteil tragend darauf stützt, der Weg der Eheleute vom dritten [X.]rt in [X.] sei unangemessen länger als der "übliche" Weg von ihrer [X.] Wohnung zum [X.]rt der beruflichen Tätigkeit in einem anderen Stadtteil [X.] und wesentlich davon geprägt gewesen, den eigenwirtschaftlichen [X.]esuch am dritten [X.]rt abzuschließen. Diese Argumentation beruht auf der früheren Rechtsprechung des [X.]SG, wonach der Weg von oder nach dem dritten [X.]rt unter [X.]erücksichtigung aller Umstände in einem angemessenen Verhältnis zu dem Weg stehen musste, den der Versicherte "üblicherweise" zwischen seiner Wohnung und dem [X.]rt der Tätigkeit zurücklegte. Diese Rechtsprechung zum sog [X.] hat der [X.] zwischenzeitlich aufgegeben, was das [X.] noch nicht berücksichtigen konnte. Das objektive Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem dritten [X.]rt steht bei einer entsprechenden subjektiven Handlungstendenz unter dem Schutz der Wegeunfallversicherung, ohne dass es auf einen wertenden [X.] mit der üblichen Wegstrecke, den Zweck des Aufenthalts am dritten [X.]rt, die [X.]eschaffenheit der Wege, das benutzte Verkehrsmittel, den Zeitaufwand, das Unfallrisiko oder weitere [X.]riterien ankommt (vgl [X.] vom 30.1.2020 - [X.] U 2/18 R - [X.] 130, 1 = [X.]-2700 § 8 [X.] - "Wohnung der Freundin" und [X.] U 20/18 R - [X.]-2700 § 8 [X.] - "geteilte Schicht"; zustimmend [X.]rasney, [X.] 2020, 453, 455).

Das Vorliegen der subjektiven Handlungstendenz darf das Gericht nicht unterstellen, sondern muss im Urteil entsprechende Feststellungen treffen. Dies erfordert eine eigene Entscheidung des [X.], dass es die maßgebenden Tatsachen als wahr ansieht. Der Tatrichter entscheidet gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 [X.] nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung, von welchem Sachverhalt bei der rechtlichen [X.]eurteilung auszugehen ist; das Ergebnis dieses Entscheidungsprozesses und die für die Überzeugungsbildung maßgebenden Gründe sind im Urteil anzugeben (§ 128 Abs 1 Satz 2 [X.]). Es genügt deshalb nicht, wenn die Darstellung der [X.]eteiligten inhaltlich oder wörtlich referiert wird. Entscheidend ist, dass das Gericht die Angaben bewertet und mitteilt, welche [X.]ehauptungen es aus welchen Gründen für wahr hält und deshalb seiner rechtlichen [X.]eurteilung zugrunde legt. Die § 128 Abs 1 [X.] inhaltlich entsprechende Regelung in § 286 Abs 1 ZP[X.] drückt dies deutlicher aus, wenn es dort heißt, das Gericht habe nach freier Überzeugung "zu entscheiden", ob eine tatsächliche [X.]ehauptung wahr oder für nicht wahr "zu erachten" sei. Das Gericht muss sich ein [X.]eweisergebnis "zu eigen machen", dh, es muss eigene Feststellungen aufgrund eigener [X.]enntnis treffen und dies hinreichend deutlich zum Ausdruck bringen (vgl [X.] vom 16.3.2021 - [X.] 2 U 11/19 R - juris Rd[X.] 16, zur [X.] in [X.] vorgesehen und vom 2.10.2008 - [X.] 9 [X.] - juris Rd[X.] 18 mwN; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl 2021, § 128 Rd[X.] 16, 18; [X.]rasney/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016; IX. [X.]ap, Rd[X.] 377).

Das [X.] hat hier die Frage offengelassen, ob sich die behauptete subjektive Handlungstendenz, direkt zur Arbeitsstätte zu fahren, objektivieren lässt, dh in den realen Gegebenheiten objektiv eine Stütze findet. Da tatrichterliche Ermittlungen zur objektivierten Handlungstendenz unerlässlich sind, wird sie das [X.] im wieder eröffneten [X.]erufungsverfahren nachzuholen haben. Dabei wird es alle nach Lage des Einzelfalls als Hilfstatsachen (Indizien) in [X.]etracht kommenden Umstände festzustellen, in eine Gesamtschau einzustellen sowie nachvollziehbar und widerspruchsfrei unter- und gegeneinander abzuwägen haben (vgl [X.]SG Urteil vom 27.11.2018 - [X.] U 8/17 R - [X.]-2700 § 8 [X.] 67 Rd[X.] 14 - "Software-Update"). Als äußere Indizien sind dabei insbesondere der Unfallzeitpunkt, der konkrete [X.]rt des Unfallgeschehens und ggf auch der Unfallhergang zu berücksichtigen (vgl [X.] vom 27.11.2018 - [X.] U 8/17 R - [X.]-2700 § 8 [X.] 67 Rd[X.] 13 - "Software-Update" und vom 31.8.2017 - [X.] U 9/16 R - [X.] 124, 93 = [X.]-2700 § 8 [X.] 63, Rd[X.] 17 - "Friseurmeisterin"). Da der Unfallort nach den Feststellungen des [X.] objektiv indifferent ist, weil er sich auf einer möglichen Route vom dritten [X.]rt sowohl zur Arbeitsstätte als auch zur Wohnung befindet, könnten Unfallzeitpunkt (13.25 Uhr) und Zeitpunkt der geplanten Ablösung der Tochter bedeutsam sein, wenn ein zwischenzeitliches Ansteuern der Privatwohnung zeitlich möglich oder nicht mehr möglich gewesen sein sollte, um das Autohaus pünktlich und absprachegemäß zu erreichen. [X.] ergeben sich auch aus der Analyse des Unfallhergangs Indizien, die darauf hindeuten könnten, die Eheleute hätten an der nächsten [X.]reuzung (nach dem Unfallort) rechts abbiegen wollen, um ihre Privatwohnung zu erreichen, oder aber diese [X.]reuzung überqueren wollen, um zum Autohaus zu gelangen.

Sollte sich nach Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten die auf die Zurücklegung eines versicherten Weges gerichtete subjektive Handlungstendenz nicht im Vollbeweis feststellen lassen ("non liquet"), ginge dies nach den allgemeinen Grundsätzen der materiellen [X.]eweislast zu Lasten des [X.]eteiligten, der hieraus ein Recht oder einen rechtlichen Vorteil herleitet (vgl [X.] vom 6.10.2020 - [X.] U 9/19 R - [X.]-1500 § 55 [X.] 27 Rd[X.] 31-32, vom 20.12.2016 - [X.] 2 U 16/15 R - [X.]-2700 § 8 [X.] 60 Rd[X.] 23; vom 2.12.2008 - [X.] U 26/06 R - [X.] 102, 111 = [X.]-2700 § 8 [X.] 29, Rd[X.] 31 und vom 31.1.2012 - [X.] U 2/11 R - [X.]-2700 § 8 [X.] Rd[X.] 28). Für die den Versicherungsschutz gemäß des § 8 Abs 1 und Abs 2 [X.] 1 [X.] begründenden Umstände und damit auch für den sachlichen Zusammenhang des zurückgelegten Weges mit der versicherten Tätigkeit trifft die [X.]lägerin somit die [X.]eweis- bzw Feststellungslast.

b) Sollte die Handlungstendenz der [X.]lägerin, vom dritten [X.]rt direkt zum Autohaus zu fahren, objektivierbar sein, wird das [X.] weiter zu prüfen haben, ob sie dort eine versicherte, dem Unternehmen dienende Tätigkeit als [X.]eschäftigte, mitarbeitende Ehegattin, (Mit)Unternehmerin oder Wie-Unternehmerin (zum Versichertenstatus bereits A.[X.]2.) subjektiv aufnehmen wollte und diese innere (Haupt-)Tatsache durch die objektiven Umstände des Einzelfalls zur Überzeugung des Tatrichters im Vollbeweis bestätigt wird. Dazu wird das [X.] ermitteln müssen, welche Tätigkeiten die [X.]lägerin in welchem Zeitraum verrichten wollte oder ob sie den Ehemann an der [X.]etriebsstätte z[X.] nur absetzen und danach nach [X.] bzw die Tochter zum Zahnarzt fahren wollte. Weiter wird das [X.] zu klären haben, warum gerade sie die Tochter ablösen sollte, obwohl doch ihr Ehemann [X.]etriebsinhaber war. Sollte sie [X.]eschäftigte gewesen sein, würde sich außerdem z[X.] die Frage stellen, wie der kombinierte Rückreise-/Arbeitstag auf ihren Urlaub (§ 3 [X.]UrlG) angerechnet werden sollte, der grundsätzlich tageweise zu gewähren ist (Gallner in [X.] [X.]ommentar zum Arbeitsrecht, 21. Aufl 2021, § 3 [X.]UrlG, Rd[X.] 2; Schinz in Henssler/[X.]/[X.]alb, Arbeitsrecht [X.]ommentar, 9. Aufl 2020, § 3 [X.]UrlG Rd[X.] 5). Ferner könnten auch die Größe des Autohauses sowie die Ab- bzw Anwesenheit weiterer Mitarbeiter, die für den Nachmittag am [X.] den [X.]etrieb bis zum Ende der täglichen Öffnungszeit hätten fortführen können, als Indizien zur Widerlegung bzw [X.]bjektivierung der finalen Handlungstendenz dienen.

I[X.] Soweit die [X.]lägerin darüber hinaus die Zahlung der "infolge des Unfalls entstandenen [X.]osten ihrer Heilbehandlung" begehrt, macht sie mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Var 1, Abs 4, § 56 [X.]) die Erstattung (§ 13 Abs 3 SG[X.] V) der [X.]osten für selbstbeschaffte Sach- und Dienstleistungen geltend, die die [X.]eklagte im [X.]escheid vom [X.] ("Abbruch der Heilbehandlung") hinreichend konkret abgelehnt hat (s zur pauschalen Leistungsablehnung: [X.] vom 16.3.2021 - [X.] U 7/19 R - juris Rd[X.] 11 ff, zur [X.] in [X.] und [X.] vorgesehen und [X.] U 17/19 R - juris Rd[X.] 21 ff, zur [X.] in [X.] vorgesehen).

Nach § 26 Abs 1 Satz 1 [X.] haben Versicherte nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und unter [X.]eachtung des SG[X.] IX Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Diese Leistungen sind nach § 26 Abs 4 Satz 2 [X.] als Sach- und Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen und daher grundsätzlich als "Naturalleistung" zu gewähren (vgl [X.] vom [X.] - [X.] 2 U 38/05 R - [X.]-1300 § 48 [X.] 10 und vom 16.12.1993 - 4 R[X.] 5/92 - [X.] 73, 271, 274 = [X.] 3-2500 § 13 [X.] 4 S 12 f mwN). Die [X.]ostenerstattung für selbstbeschaffte Leistungen findet unter den Voraussetzungen des § 18 Abs 6 Satz 1 SG[X.] IX und des § 13 Abs 3 Satz 1 SG[X.] V statt, der in der gesetzlichen Unfallversicherung entsprechend anwendbar ist (vgl [X.] vom [X.] - [X.] 2 U 38/05 R - [X.]-1300 § 48 [X.] 10 Rd[X.] 13 und vom 5.10.1995 - 2 RU 47/94 - [X.] 3-2200 § 557 [X.] 1 mwN = juris Rd[X.] 30 "analog anwendbar"; [X.]/[X.], Gesetzliche Unfallversicherung, Stand 07/21, § 26 Rd[X.] 18.3). Da der [X.]ostenerstattungsanspruch stets auf die Zahlung eines bestimmten Geldbetrags gerichtet ist, hat ihn die [X.]lägerin konkret zu beziffern ([X.]SG Urteil vom 30.6.2009 - [X.] 1 [X.]R 5/09 R - [X.]-2500 § 31 [X.] 15 Rd[X.] 14; [X.]SG Urteil vom 6.11.2008 - [X.] 1 [X.]R 6/08 R - [X.] 102, 30 = [X.]-2500 § 34 [X.] 4, Rd[X.] 8; [X.]SG Urteil vom 28.1.1999 - [X.] 3 [X.]R 4/98 R - [X.] 83, 254, 263 = [X.] 3-2500 § 37 [X.] 1 S 10 f) und im Einzelnen aufzuschlüsseln, welche "Heilbehandlungskosten" sie aufgebracht hat, worauf sie sich beziehen und welche Zahlungen sie ggf von ihrem privaten [X.]rankenversicherungsunternehmen bzw dem Haftpflichtversicherer des Unfallgegners erhalten hat. Im wiedereröffneten [X.]erufungsverfahren wird das [X.] bei Aufrechterhaltung des [X.]ostenerstattungsantrags daher auf eine weitere [X.]onkretisierung und die Ergänzung des [X.] hinzuwirken haben (§§ 106 Abs 1, 112 Abs 2, 153 Abs 1 [X.]; zum Ganzen vgl [X.] vom 3.7.2012 - [X.] 1 [X.]R 22/11 R - [X.] 111, 146 = [X.]-2500 § 35 [X.] 6, Rd[X.] 10; vom 6.11.2008 - [X.] 1 [X.]R 6/08 R - [X.] 102, 30 = [X.]-2500 § 34 [X.] 4, Rd[X.] 8 und vom 28.2.2008 - [X.] 1 [X.]R 16/07 R - [X.] 100, 103 = [X.]-2500 § 31 [X.] 9, Rd[X.] 12 mwN).

[X.]. [X.]b die [X.]lägerin als Hinterbliebene Anspruch auf Sterbegeld und [X.] (dazu [X.]) hat, hängt davon ab, ob der Tod des Ehemanns infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist (dazu I[X.]). Auch hierfür sind weitere tatrichterliche Feststellungen erforderlich.

[X.] Zu Recht hat die [X.]lägerin mit kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklagen (§ 54 Abs 1 und 4, § 56 [X.]) den Erlass entsprechender Grundurteile (§ 130 Abs 1 [X.]; vgl [X.]SG Urteil vom 27.3.2020 - [X.] 10 EG 5/18 R - [X.] 130, 92 = [X.]-7837 § 1 [X.] 10, Rd[X.] 13 mwN) auf Sterbegeld und [X.] begehrt. Zutreffend hat sie darauf verzichtet, mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Var 1 und 3, § 56 [X.]) auch die behördliche Feststellung des Verkehrsunfalls als Arbeitsunfall zu verlangen, denn dafür besteht kein Rechtsschutzbedürfnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s sind Ansprüche auf [X.] eigenständige Rechtsansprüche, die sich zwar vom Recht des Versicherten ableiten, aber hinsichtlich aller Voraussetzungen gesondert zu prüfen sind. [X.]b ein Arbeitsunfall vorgelegen hat, ist nur eine Tatbestandsvoraussetzung der im Einzelnen genannten Ansprüche auf [X.] gemäß §§ 63 ff SG[X.] VI[X.] Deshalb müssen Hinterbliebene konkrete Leistungen geltend machen (vgl [X.]SG Urteil vom 6.10.2020 - [X.] U 9/19 R - [X.]-1500 § 55 [X.] 27 Rd[X.] 12 ff mwN), wie dies hier geschehen ist.

Nach § 63 Abs 1 Satz 1 [X.] 1 und 3 [X.] haben Hinterbliebene Anspruch auf Sterbegeld und Hinterbliebenenrente, wenn der Tod infolge eines Versicherungsfalls (Arbeitsunfall oder [X.]erufskrankheit, § 7 Abs 1 [X.]) eingetreten ist (Abs 1 Satz 2). Gemäß § 64 Abs 1 iVm Abs 3 [X.] erhalten Witwen Sterbegeld in Höhe 1/7 der im Zeitpunkt des Todes geltenden [X.]ezugsgröße, sofern sie die [X.]estattungs- und Überführungskosten getragen haben. Witwen von Versicherten erhalten eine [X.], solange sie nicht wieder geheiratet haben (§ 65 Abs 1 Satz 1 [X.]).

I[X.] Auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen lässt sich schon nicht beurteilen, ob der Tod des Ehemanns infolge eines Versicherungsfalls - hier eines Arbeitsunfalls iS von § 8 Abs 1 Satz 1 oder Abs 2 [X.] 1 [X.] - eingetreten ist. Zwar hat der Ehemann der [X.]lägerin am [X.] einen Unfall iS des § 8 Abs 1 Satz 2 [X.] erlitten, bei dem er zu Tode kam. Nach den noch ausreichenden Feststellungen des [X.] war er als [X.]etriebsinhaber nach § 6 Abs 1 Satz 1 [X.] 1 [X.] bei der [X.]eklagten freiwillig versicherter Unternehmer. [X.]b er infolge einer versicherten Tätigkeit im Rahmen eines [X.]etriebsweges (dazu 1.) oder beim Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach dem [X.]rt der Tätigkeit tödlich verunglückt ist (dazu 2.), kann jedoch nicht abschließend entschieden werden.

1. Der Ehemann hätte den Unfall auf einem versicherten [X.]etriebsweg (§ 8 Abs 1 [X.]) erlitten, wenn er die objektivierbare Absicht gehabt hätte, die [X.]lägerin im [X.] direkt zur Arbeitsstätte zu fahren, damit sie dort die Tochter ablöst und den [X.]etrieb des Autohauses aufrechterhält. Da er sich zu seinen Zielen und Absichten nicht mehr äußern kann, lässt sich nur aus den Angaben der [X.]lägerin und den objektiven [X.]egleitumständen auf seine subjektive Handlungstendenz schließen. Diese [X.]eweisschwierigkeiten wird das [X.] im Rahmen der freien [X.]eweiswürdigung zu berücksichtigen haben (dazu sogleich unter 2.).

2. Dagegen wäre der Ehemann bei dem Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit als Unternehmer zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach dem [X.]rt der Tätigkeit verunglückt (§ 8 Abs 2 [X.] 1 [X.]), wenn er die objektivierbare Handlungstendenz gehabt haben sollte, direkt zur [X.]etriebsstätte zu gelangen, um dort selbst betriebsdienliche Tätigkeiten aufzunehmen. Das [X.] wird die Handlungstendenz als eine von den [X.] festzustellende innere Tatsache aufgrund der objektiven Umstände des Einzelfalls zur Überzeugung des Tatrichters im Vollbeweis festzustellen haben. Zwar können Eigentümlichkeiten eines Sachverhaltes in besonders gelagerten Einzelfällen Anlass sein, an den [X.]eweis verminderte Anforderungen zu stellen. Der Unfallversicherungsträger oder das Gericht können dann schon aufgrund weniger tatsächlicher Anhaltspunkte von einem bestimmten Geschehensablauf oder einer bestimmten Tatsache überzeugt sein. Dies bezieht sich aber nur auf die zu würdigenden Tatsachen und schließt nicht die [X.]efugnis ein, das [X.]eweismaß zu verringern. Nach den Grundsätzen der [X.]eweiswürdigung sind typische [X.]eweisschwierigkeiten, die sich aus den [X.]esonderheiten des Einzelfalls ergeben, im Rahmen der freien [X.]eweiswürdigung zu berücksichtigen. Allgemeingültige Grundsätze zur [X.]eweiserleichterung für den Fall des [X.]eweisnotstandes widersprechen dagegen dem in § 128 Abs 1 Satz 1 [X.] verankerten Grundsatz der freien [X.]eweiswürdigung (vgl [X.] vom 7.9.2004 - [X.] U 25/03 R - juris Rd[X.] 17, vom [X.] - [X.] U 7/99 R - juris Rd[X.] 29 und vom [X.] - 2 RU 38/96 - [X.] 3-1500 § 128 [X.] 11 S 19 f).

Das [X.] wird auch über die [X.]osten zu entscheiden haben.

Meta

B 2 U 2/20 R

10.08.2021

Bundessozialgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: U

vorgehend SG Berlin, 23. Februar 2017, Az: S 25 U 16/15, Urteil

§ 8 Abs 1 S 1 SGB 7, § 8 Abs 1 S 2 SGB 7, § 8 Abs 2 Nr 1 SGB 7, § 2 Abs 1 Nr 1 SGB 7, § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 7, § 26 Abs 1 S 1 SGB 7, § 63 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 7, § 63 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB 7, § 64 Abs 1 SGB 7, § 64 Abs 3 SGB 7, § 104 SGB 7, § 128 Abs 1 S 1 SGG, § 128 Abs 1 S 2 SGG, § 163 SGG, § 170 Abs 2 S 2 SGG, § 286 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 10.08.2021, Az. B 2 U 2/20 R (REWIS RS 2021, 3413)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 3413


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. B 2 U 2/20 R

Bundessozialgericht, B 2 U 2/20 R, 10.08.2021.


Az. 25 U 16/15

Oberlandesgericht Köln, 25 U 16/15, 22.12.2015.


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2 U 38/05

2 U 16/15

2 U 12/18

2 U 32/17

2 U 11/19

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