Bundessozialgericht, Urteil vom 31.08.2017, Az. B 2 U 9/16 R

2. Senat | REWIS RS 2017, 5917

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Gegenstand

Gesetzliche Unfallversicherung - Arbeitsunfall - Betriebsweg - Abgrenzung zum Arbeitsweg: Außentür als Grenzziehung - sachlicher Zusammenhang - objektivierbare Handlungstendenz - selbständige Unternehmerin - konkreter Umfang und Häufigkeit: betriebliche Nutzung - betrieblicher Zweck - Widmung - Indizcharakter mangels sonstiger Anhaltspunkte - Privatwohnung - Friseurmeisterin - Holen der Geschäftswäsche aus Waschmaschine in der Privatwohnung - Unfall auf dem Wohnungsflur


Leitsatz

Der Sturz einer Selbstständigen in der Privatwohnung ist in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, wenn sie eine Verrichtung mit einer Handlungstendenz ausführt, die objektivierbar dem Geschäftsbetrieb dient.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 25. Februar 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Sturzes der Klägerin als Arbeitsunfall.

2

Die Klägerin ist selbstständige Friseurmeisterin und als Unternehmerin bei der [X.] versichert. Ihr Friseursalon befindet sich im Erdgeschoss und die Privatwohnung im Obergeschoss desselben Gebäudes. In der Privatwohnung befindet sich ein separater Waschraum, in dem eine Waschmaschine und ein Wäschetrockner stehen, die sowohl für die private Wäsche als auch für die Wäsche aus dem Friseursalon genutzt werden. Die [X.] wird, weil sich an ihr viele Haare und Färbemittel befinden, jeweils getrennt von der Privatwäsche gewaschen und fällt mindestens einmal am Tag an. Die [X.] wird normalerweise von der Klägerin, gelegentlich aber auch tagsüber von einem der angestellten Friseure, erledigt. Um die [X.] zu waschen muss der [X.] der Privatwohnung im Obergeschoss durchschritten werden. Am [X.] knickte die Klägerin gegen 23.15 Uhr im [X.] ihrer Privatwohnung vor dem Waschraum mit dem rechten Fuß um, als sie sich auf dem Weg zum Waschraum befand, um [X.] aus der Waschmaschine zu holen und zum Trocknen aufzuhängen. Sie zog sich hierbei eine Sprunggelenksverletzung zu.

3

Die Beklagte lehnte die Anerkennung dieses Ereignisses als Arbeitsunfall ab (Bescheid vom [X.] und Widerspruchsbescheid vom 30.7.2012). Diese Bescheide hat das [X.] mit Urteil vom [X.] aufgehoben und festgestellt, dass es sich bei dem Ereignis vom [X.] um einen Arbeitsunfall handele. Die Berufung der [X.] hat das L[X.] Baden-Württemberg durch Urteil vom 25.2.2016 zurückgewiesen. Das [X.] habe zu Recht festgestellt, dass das Ereignis vom [X.] einen Arbeitsunfall darstelle. Bei dem Sturz sei die Klägerin als Unternehmerin nach § 3 Abs 1 Nr 1 [X.]B VII versichert gewesen. Bei dem von der Klägerin im Waschraum beabsichtigten Herausholen der [X.] aus der Waschmaschine handele es sich um eine Verrichtung, die der versicherten Tätigkeit der Klägerin als selbstständige Friseurmeisterin zuzurechnen sei. Der Unfall habe sich hier auf dem Flur in einem Raum ereignet, der weder eindeutig der Privatwohnung noch der Betriebsstätte zugeordnet werden könne. Der Flur verbinde im Wohn- und Geschäftshaus der Klägerin das Erdgeschoss, in dem sich ausschließlich dem Betrieb zuzuordnende Räumlichkeiten (Friseursalon) befänden, mit dem Waschraum, der sein Gepräge durch die dort befindliche Waschmaschine und den Wäschetrockner erhalte. Versicherungsschutz setze voraus, dass der Gebäudeteil, in dem sich der Unfall ereignet habe, rechtlich wesentlich den Zwecken des Unternehmens diene, dh ständig und nicht nur gelegentlich für betriebliche Zwecke genutzt werde. Angesichts der ständigen betrieblichen Nutzung des [X.] liege eine permanente betriebliche Nutzung vor, sodass auch der [X.], der notwendigerweise durchschritten werden müsse, um zum Waschraum zu gelangen, wesentlich für betriebliche Zwecke genutzt werde. Eine wesentliche, dem Zweck des Unternehmens dienende Nutzung sei dann zu bejahen, wenn die betriebliche Nutzung eine gewisse Häufigkeit erreiche und nicht als lediglich gelegentliche Nutzung angesehen werden könne. Es sei zweifelhaft, ob hierfür ein zwei- bis dreimaliges wöchentliches Begehen ausreiche, diese Anzahl werde vorliegend jedoch weit überschritten.

4

Die Beklagte rügt mit ihrer Revision eine Verletzung des § 8 Abs 2 Nr 1 [X.]B VII und trägt vor, der Anerkennung als Arbeitsunfall stehe entgegen, dass der innere bzw sachliche Zusammenhang nicht gegeben sei. Der Unfall habe sich an einem Ort ereignet, der weder eindeutig der Privatwohnung noch der Betriebsstätte zugeordnet werden könne. Vorliegend habe sich das L[X.] allein mit Feststellungen zur Häufigkeit der betrieblichen Nutzung des [X.] begnügt, hingegen keine Feststellungen zu Art und Umfang der privaten Nutzung des [X.] betrieben.

5

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des [X.] vom 25. Februar 2016 und des [X.] vom 5. Februar 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Im Ergebnis hat das [X.] zu Recht die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] zurückgewiesen. Die Klägerin hat bei dem Sturz am 4.1.2012 einen Arbeitsunfall erlitten, als sie in ihrer Privatwohnung [X.] aus der Waschmaschine holen wollte.

8

Nach § 8 Abs 1 S 1 [X.]B VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 [X.]B VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu den versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 [X.]B VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 [X.]B VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Unfälle sind nach § 8 Abs 1 S 2 [X.]B VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; stRspr, vgl zuletzt B[X.] vom 5.7.2016 - [X.] U 5/15 R - B[X.]E , [X.]-2700 § 2 [X.], RdNr 13; B[X.] vom 17.12.2015 - [X.] U 8/14 R - [X.]-2700 § 8 [X.] RdNr 9; B[X.] vom 26.6.2014 - B 2 U 7/13 R - [X.]-2700 § 8 [X.] RdNr 11; B[X.] vom [X.] - [X.] U 3/13 R - [X.]-2700 § 8 [X.] RdNr 10 und - [X.] U 12/12 R - [X.]-2700 § 8 [X.] RdNr 14; B[X.] vom 18.6.2013 - [X.] U 10/12 R - [X.]-2700 § 8 [X.] RdNr 12; B[X.] vom 13.11.2012 - [X.] U 19/11 R - B[X.]E 112, 177 = [X.]-2700 § 8 [X.], Rd[X.]; B[X.] vom 24.7.2012 - [X.] U 9/11 R - [X.]-2700 § 8 [X.] RdNr 26 f).

9

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Klägerin hat nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) ein von außen auf den Körper einwirkendes Unfallereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden erlitten. Den Feststellungen des [X.] lässt sich auch noch hinreichend entnehmen, dass die Klägerin als Unternehmerin nach § 3 Abs 1 Nr 1 [X.]B VII zu dem bei der Beklagten versicherten Personenkreis zählt.

Die Klägerin legte zum Unfallzeitpunkt einen versicherten Betriebsweg iS des § 8 Abs 1 S 1 iVm § 3 Abs 1 Nr 1 [X.]B VII zurück, als sie den [X.] im Obergeschoss durchschritt, um [X.] aus der Waschmaschine zu holen. [X.] sind Wege, die in Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt werden, Teil der versicherten Tätigkeit sind und damit der Betriebsarbeit gleichstehen (B[X.] vom 12.1.2010 - [X.] U 35/08 R - [X.]-2700 § 8 [X.] RdNr 16 mwN; B[X.] vom [X.] - [X.] U 25/07 R - [X.]-1300 § 45 [X.] RdNr 24; B[X.] vom 12.12.2006 - [X.] U 1/06 R - B[X.]E 98, 20 = [X.]-2700 § 8 [X.], RdNr 14 mwN; B[X.] vom 6.5.2003 - [X.] U 33/02 R - Juris RdNr 15 mwN; B[X.] vom 7.11.2000 - [X.] U 39/99 R - [X.] 3-2700 § 8 [X.] f). Sie werden im unmittelbaren [X.] unternommen und unterscheiden sich von Wegen nach und von dem Ort der Tätigkeit iS von § 8 Abs 2 Nr 1 [X.]B VII dadurch, dass sie der versicherten Tätigkeit nicht lediglich vorausgehen oder sich ihr anschließen (B[X.] vom 18.6.2013 - [X.] U 7/12 R - [X.]-2700 § 8 [X.] RdNr 13). Sie sind nicht auf das Betriebsgelände beschränkt, sondern können auch außerhalb der Betriebsstätte anfallen (B[X.] vom 28.2.1990 - 2 RU 34/89 - [X.] 3-2200 § 539 Nr 1 S 2).Der Versicherungsschutz scheitert vorliegend nicht daran, dass der Unfall sich innerhalb der Wohnung der Klägerin ereignete (dazu unter a). Maßgebend für seine Bejahung ist nicht die Häufigkeit der Nutzung des konkreten [X.] innerhalb des Hauses (dazu unter b), sondern die durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigte Handlungstendenz der Klägerin, eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit ausüben zu wollen (dazu unter c).

a) Da Wohnung und Betriebsstätte der Klägerin im selben Haus lagen, beginnt die versicherte Tätigkeit nicht erst mit dem Durchschreiten der Außentür des Gebäudes (Mehr- oder Einfamilienhaus), in dem sich die Wohnung des Versicherten befindet. Diese vom B[X.] stets beibehaltene Grenze zwischen dem unversicherten häuslichen Lebensbereich und dem versicherten Zurücklegen eines ([X.] ist im Interesse der Rechtssicherheit bewusst starr gezogen, weil sie an objektive Merkmale anknüpft, die im Allgemeinen leicht feststellbar sind (vgl zuletzt B[X.] vom 31.8.2017- [X.] U 2/16 R). Wie der [X.] indes jüngst zu Beschäftigten mit einem seitens des Arbeitgebers eingeräumten Heimarbeitsplatz (B[X.] vom 5.7.2016 - [X.] U 5/15 R - B[X.]E , [X.]-2700 § 2 [X.], RdNr 25) aber auch bereits zu Selbstständigen (B[X.] vom 12.12.2006 - [X.] U 1/06 R - B[X.]E 98, 20 = [X.]-2700 § 8 [X.], RdNr 15 und - B 2 U 28/05 R - [X.]-2700 § 8 [X.] RdNr 17) entschieden hat, greift im Unterschied zur Wegeunfallversicherung nach § 8 Abs 2 [X.]B VII die für [X.] aufgezeigte Grenzziehung durch die Außentür des Wohngebäudes nicht, wenn sich sowohl die Wohnung des Versicherten als auch seine Arbeitsstätte im selben Haus befinden und wenn der Betriebsweg in Ausführung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt wird.

b) Entscheidend für den Versicherungsschutz ist dabei - entgegen der Auffassung des [X.] - nicht der konkrete Umfang der betrieblichen oder privaten Nutzung des [X.]s, in dem sich der Unfall ereignete. Maßgebend für den Versicherungsschutz ist vielmehr die subjektive Handlungstendenz des Versicherten bei der zum Zeitpunkt des Unfalls ausgeübten Verrichtung. Der [X.] hat zwar in seiner früheren Rechtsprechung auf das Kriterium der "objektiven" Nutzungshäufigkeit des [X.] abgestellt, in diesem Zusammenhang aber bereits auf rechtliche Schwierigkeiten in zwei Fallgruppen hingewiesen: Neben der - hier nicht einschlägigen - Fallgestaltung von Unfällen im rein persönlichen Wohnbereich, bei denen die Situation durch eine Rufbereitschaft und die damit verbundene Notwendigkeit, sofort zu handeln, geprägt war (B[X.] vom 12.12.2006 - B 2 U 28/05 R - [X.]-2700 § 8 [X.], RdNr 15 ff und 18 ff, jeweils mit zahlreichen Nachweisen), stellt sich die Konstellation als problematisch dar, in der Unfälle sich in Räumen oder auf Treppen ereignen, die weder eindeutig der Privatwohnung noch der Betriebsstätte zugeordnet werden können. Der [X.] hat dabei zuletzt Zweifel geäußert, ob an der Rechtsprechung, die zur Feststellung eines versicherten Betriebswegs im häuslichen Bereich am Ausmaß der Nutzung des konkreten [X.] anknüpft, festgehalten werden kann (s B[X.] vom 5.7.2016 - [X.] U 5/15 R - B[X.]E , [X.]-2700 § 2 [X.], RdNr 25 zum Versicherungsschutz von Beschäftigten, die einen häuslichen Arbeitsplatz ("[X.]") innehaben).

c) Entgegen der Auffassung des [X.] vermag allein der Umstand, dass der [X.] objektiv sein Gepräge (auch) durch die betriebliche Nutzung der Waschmaschine erhalten hat, das für das Vorliegen eines [X.]s erforderliche unmittelbare betriebliche Interesse nicht zu begründen. Ob ein Weg im unmittelbaren [X.] zurückgelegt wird und deswegen im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, bestimmt sich vielmehr vorrangig nach der objektivierten Handlungstendenz des Versicherten, also danach, ob dieser bei der zum Unfallereignis führenden Verrichtung eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (B[X.] vom 18.6.2013 - [X.] U 7/12 R - [X.]-2700 § 8 [X.] RdNr 13 mwN). Entscheidend ist daher, welche konkrete Verrichtung mit welchem Zweck die Klägerin in dem Moment des Unfalls ausübte.

Diese für außerhalb des Wohngebäudes zurückgelegte Wege geltende ständige Rechtsprechung des [X.]s ist auch bei Wegen innerhalb der häuslichen Sphäre von der Arbeitsstätte in den persönlichen Lebensbereich heranzuziehen (B[X.] vom 5.7.2016 - [X.] U 5/15 R - B[X.]E , [X.]-2700 § 2 [X.], RdNr 25). Sie gilt nicht nur für Beschäftigte gemäß § 2 Abs 1 Nr 1 [X.]B VII, sondern auch für versicherte Unternehmer.

Nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) befand sich die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls im [X.] ihrer Privatwohnung auf dem Weg in den Waschraum, um [X.] aus der Waschmaschine zu holen. Das Durchschreiten des [X.]s vor dem Waschraum zu diesem Zweck ist ein solches von außen [X.] an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit. Bei dieser Tätigkeit war die objektivierte Handlungstendenz der Klägerin darauf gerichtet, ihrer Tätigkeit als Unternehmerin iS des § 3 [X.]B VII nachzukommen. Das Waschen von [X.] gehört zu den Aufgaben, die im Interesse des Unternehmens stehen.

Der [X.] konkretisiert damit seine Rechtsprechung, dass bei der Feststellung eines Arbeitsunfalls im häuslichen Bereich nicht vorrangig die - quantitativ zu bestimmende - Häufigkeit der betrieblichen oder privaten Nutzung des konkreten [X.] zu ermitteln ist (vgl die Entscheidung zum sog "home office", B[X.] vom 5.7.2016 - [X.] U 5/15 R - B[X.]E , [X.]-2700 § 2 [X.], RdNr 24). Es ist künftig folglich nicht mehr und ausschließlich auf eine wie auch immer geartete objektive "Widmung" der Privaträume oder die Häufigkeit bzw das Ausmaß der "betrieblichen" Nutzung des konkreten Unfallortes abzustellen (vgl hierzu auch [X.], NZS 2016, 527, 530 RdNr 34; zur Ablösung des ausschließlich räumlichen Ansatzes vgl auch Ricke, [X.] 2017, 9, 13).

Dass der [X.] künftig als maßgebliches Kriterium die objektivierte Handlungstendenz zugrunde legt, schließt indes nicht aus, dass zum Zwecke dieser Objektivierung - unter Umständen mangels sonstiger Anhaltspunkte - auch der konkrete Ort des Unfallgeschehens und dessen objektive Zweckbestimmung als Indiz Berücksichtigung finden können. Der [X.] hat immer betont, dass hier stets die gesamten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind (B[X.] vom 12.12.2006 - B 2 U 28/05 R - [X.]-2700 § 8 [X.], RdNr 18). Zu bedenken ist auch, dass im häuslichen Bereich die Beweisführung hinsichtlich der Handlungstendenz und die entsprechende Überprüfung klägerseitiger Angaben besonders schwierig ist. Der [X.] hat deshalb (B[X.] vom 12.12.2006 - B 2 U 28/05 R - [X.]-2700 § 8 [X.], Rd[X.]; s bereits B[X.] vom 13.3.1956 - 2 [X.] - B[X.]E 2, 239, 242 f) darauf hingewiesen, dass der Kreis der "unternehmensdienlichen" Verrichtungen bei Selbstständigen mit weiten Teilen des Privatlebens verwoben sein kann (vgl nur B[X.] vom [X.] [X.] - [X.] 2200 § 548 [X.]; B[X.] vom [X.] - [X.] U 24/01 R - Juris RdNr 15).

Maßgebliches Kriterium für die wertende Entscheidung über den sachlichen Zusammenhang ist mithin zwar die Handlungstendenz des Versicherten, die aber auch durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt werden muss (B[X.] vom 12.12.2006 - B 2 U 28/05 R - [X.]-2700 § 8 [X.], RdNr 22). Die maßgeblichen objektiven Umstände können in diesen Fallkonstellationen auch den konkreten Ort und den Zeitpunkt der unfallbringenden Verrichtung umfassen, die ihrerseits insofern wieder Zweifel an der vom Versicherten beschriebenen Handlungstendenz begründen können. Angesichts des Gesamtzusammenhangs der vom [X.] getroffenen Feststellungen besteht hier allerdings kein Zweifel an der [X.] Handlungstendenz der Klägerin.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 [X.]G.

Meta

B 2 U 9/16 R

31.08.2017

Bundessozialgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: U

vorgehend SG Heilbronn, 5. Februar 2014, Az: S 4 U 2935/12, Urteil

§ 8 Abs 1 S 1 SGB 7, § 3 Abs 1 Nr 1 SGB 7, § 8 Abs 2 Nr 1 SGB 7

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 31.08.2017, Az. B 2 U 9/16 R (REWIS RS 2017, 5917)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5917

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