Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2016, Az. VI ZR 395/15

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 427

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2016:201216UVIZR395.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VI [X.]
Verkündet am:

20. Dezember 2016

Holmes

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 34 Abs. 1, 3; GG Art. 34; BGB § 839 (Fc)
a)
Die ärztliche Heilbehandlung ist regelmäßig nicht Ausübung eines öffentli-chen Amtes im Sinne von Art. 34 GG.
b)
Die Tätigkeit eines [X.] ist jedoch nicht ausschließlich dem Privatrecht zuzuordnen. Die vom Durchgangsarzt zu treffende Entscheidung, ob die allgemeine oder die besondere Heilbehandlung erforderlich ist, ist als hoheitlich im Sinne von Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB zu qualifizieren. [X.] gilt für die vom Durchgangsarzt im Rahmen der Eingangsuntersuchung vorgenommenen Untersuchungen zur Diagnosestellung und die anschlie-ßende Diagnosestellung ([X.] an [X.], Urteil vom 29.
November 2016 -
VI
[X.], vorgesehen für [X.]Z).
[X.], Urteil vom 20. Dezember 2016 -
VI [X.] -
OLG [X.]

[X.]
-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
20.
Dezember 2016
durch den Vorsitzenden [X.], [X.], die Richterinnen von [X.] und [X.] sowie [X.]
Klein
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten zu
1 und 2 wird das Urteil des 4.
Zivilsenats des Thüringer [X.]s in [X.] vom 28.
Mai 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagten zu
1 bis 4 auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung nach einem Arbeitsunfall in Anspruch.

Die Klägerin rutschte am 2.
Februar
2007 bei ihrer Arbeit als Kranken-pflegerin auf feuchtem Untergrund aus. Sie geriet in einen unfreiwilligen Spagat und verletzte sich dabei am linken Bein im [X.]. Wegen starker 1
2
-

3

-

Schmerzen begab
sie sich in die Notaufnahme der von der Beklagten
zu
4 be-triebenen Klinik. Sie stellte sich
in der [X.]n Sprechstunde des
Chefarztes, des
Beklagten zu
3,
vor
und wurde von dem Beklagten zu
1, durch den sich der Beklagte zu 3 vertreten ließ, untersucht. Der Beklagte zu
1
gab im Durchgangsarztbericht als
Erstdiagnose "Muskelzerrung rechter Oberschenkel"
an. Unter "Art der Erstversorgung (durch den D-Arzt)" heißt es: "Beratung, bei Bedarf Ibuhexal
600". Als Art der Heilbehandlung ordnete der Beklagte zu 1 "allgemeine Heilbehandlung durch [X.]"
an. Da die Schmerzen stärker wurden, stellte sich die Klägerin am 6.
Februar 2007
erneut in der von der Beklagten zu
4 betriebenen Klinik vor. An diesem Tag war der Beklagte zu
2 als [X.] in der Notaufnahme tätig. Die Klägerin schilderte dem Beklagten zu
2, dass sie bereits am 2.
Februar 2007 bei dem Beklagten zu
1 vorstellig gewesen sei und sie die Schmerzen nicht mehr aushalte. Er stellte daraufhin die Diagnose "Zerrung" und
verordnete
ihr Ibuhexal
600. Darüber hinaus ver-einbarte er mit der Klägerin einen Termin für den 13.
Februar 2007.
An diesem Tag
wurde
die Klägerin von dem Beklagten zu
3 untersucht. Nachdem sich auf-grund des klinischen und sonographischen Untersuchungsbefunds der [X.] auf einen Adduktorenabriss ergeben hatte, stellte der Beklagte zu
3 die Indikation zur operativen Revision. Diese [X.] wurde am 15.
Februar 2007 in der Klinik der Beklagten zu
4 durchgeführt. Dabei zeigten
sich am [X.] ein Abriss der Sehnenstruktur im [X.] und der Abriss zweier Muskelgruppen.
Die Klägerin wirft den Beklagten zu
1 und 2 vor, es am 2. bzw. 6.
Februar 2007 unterlassen zu haben, die notwendigen und erforderlichen Befunde ([X.], Sonographie, ggf. [X.]) erhoben und deshalb fehlerhaft keine Indikati-on zur [X.] gestellt zu haben.
3
-

4

-

Das [X.] hat die Klage gegen die Beklagten zu
1 und 2 durch Teilurteil abgewiesen,
weil sie als Durchgangsärzte in Ausübung eines öffentli-chen Amtes tätig geworden und deshalb nicht passivlegitimiert seien. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision ver-folgen die Beklagten zu 1 und 2 ihre Klageabweisungsanträge
weiter.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Erlass des [X.] gegen die Beklagten zu 1 und 2 sei wegen der Gefahr einander widersprechender Ent-scheidungen unzulässig gewesen. Die Beklagten zu
1 und 2 hätten nicht in Ausübung eines öffentlichen Amtes
gehandelt, weshalb sie möglicherweise persönlich
hafteten. Zwar sei umstritten, ob der Durchgangsarzt auch bei der Eingangsuntersuchung, bei der Diagnosestellung und bei der Überwachung des [X.] ein öffentliches Amt ausübe. Eine solche Fallgestaltung sei aber nicht gegeben, da die den Beklagten zu
1 und 2 vorgeworfenen Behandlungs-fehler nicht die Entscheidung des [X.] beträfen, ob eine allge-meine oder eine besondere Heilbehandlung eingeleitet werde. Die vom [X.] vor seiner Entscheidung durchgeführten Untersuchungen hätten eine doppelte Zielrichtung. Sie seien einerseits Grundlage seiner in Ausübung eines öffentlichen Amtes zu treffenden Entscheidung, ob eine allgemeine [X.] Behandlung ausreiche oder eine besondere unfallmedizinische [X.] erforderlich sei. Sie seien andererseits aber auch Grundlage seiner weiteren ärztlichen Entscheidungen, soweit er die Heilbehandlung selbst durch-4
5
-

5

-

führe
und dabei gegenüber dem Patienten nach den zivilrechtlichen Regeln ei-nes Dienstvertrages hafte. Entscheidend für die Frage der Haftung sei, in wel-chem Bereich sich der Fehler bei der Untersuchung ausgewirkt habe. Komme
es aufgrund von Versäumnissen bei der Untersuchung
zu einer fehlerhaften
Entscheidung der Frage, ob eine besondere Heilbehandlung einzuleiten sei, und werde der Patient dadurch geschädigt, hafte
der Unfallversicherungsträger. Wirke sich der Fehler hingegen so aus, dass es zu einer unsachgemäßen Heil-behandlung durch den Durchgangsarzt komme, so hafte er persönlich nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen. Nach dem Vorbringen in der [X.] greife die Klägerin nicht die Entscheidung der Beklagten zu
1 und 2 an, ob eine allgemeine vertragsärztliche Behandlung ausreiche
oder eine besonde-re unfallmedizinische Behandlung erforderlich gewesen sei. Sie rüge vielmehr, dass es aufgrund von Diagnose-
und Befunderhebungsfehlern zu einer un-sachgemäßen Heilbehandlung gekommen sei. In einem solchen Fall hafte
der Durchgangsarzt persönlich.

II.
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass ein Teilurteil auch bei grundsätzlicher Teilbarkeit des Streitgegenstandes nur ergehen darf, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen -
auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht
-
ausge-schlossen ist. Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist [X.] dann gegeben, wenn in einem Teilurteil eine
Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder An-6
7
-

6

-

spruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Das gilt auch insoweit, als es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteils-
elementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach §
318 ZPO für das weitere Verfahren binden. Eine solche Gefahr besteht na-mentlich bei einer Mehrheit selbständiger prozessualer Ansprüche, wenn zwi-schen den prozessual selbständigen Ansprüchen eine materiell-rechtliche Ver-zahnung besteht oder die Ansprüche prozessual in ein Abhängigkeitsverhältnis gestellt sind
(Senatsurteile
vom 29. März 2011 -
VI
ZR 117/10, [X.]Z 189, 79 Rn.
15; vom 1. März 2016 -
VI [X.], [X.], 745 Rn. 30; [X.], [X.] vom 11. Mai 2011 -
VIII
ZR 42/10, [X.]Z 189, 356 Rn.
13; vom 9. November 2011 -
IV
ZR 171/10, NJW-RR 2012, 101 Rn.
29; jeweils mwN). Eine materiell-rechtliche Verzahnung kann bei subjektiver Klagehäufung, aber auch bei [X.] Häufung inhaltlich zusammenhängender Anträge auftreten (vgl. [X.], Ur-teil vom 28. November 2003 -
V [X.], [X.]Z 157, 133, 143). Ein Teilurteil über die Klage gegen einen von mehreren einfachen Streitgenossen ist daher in der Regel unzulässig, wenn die Möglichkeit besteht, dass es in demselben Rechtsstreit, auch im Instanzenzug, zu einander widersprechenden Entschei-dungen kommt (vgl. Senatsurteile vom 12. Januar 1999 -
VI [X.], [X.], 734 f.; vom 25. November 2003 -
VI [X.], [X.], 645, 646; vom 24. Februar 2015 -
VI [X.], [X.], 271 Rn. 7).
Zwar muss gegen-über einfachen Streitgenossen grundsätzlich keine einheitliche Entscheidung getroffen werden. Eine Teilentscheidung ist aber nur zulässig, wenn sie unab-hängig von der Entscheidung über den restlichen Verfahrensgegenstand ist ([X.], Urteil vom 13. Oktober 2008 -
II
ZR 112/07, [X.], 230 Rn. 8; vom 24. Februar 2015 -
VI [X.], [X.], 271 Rn. 7).
Dies ist etwa dann der Fall, wenn das Teilurteil nur auf Gründen beruht, die ausschließlich diesen Streitgenossen berühren ([X.] ZPO/Dressler,
§ 61 Rn. 12 [Stand: 01.09.2016]).
-

7

-

2. Die Revision des Beklagten zu 1 macht
mit Erfolg
geltend, dass die Zulässigkeit des gegen ihn erlassenen [X.]
nicht mit der Begründung ver-neint werden
kann, er habe
nicht hoheitlich gehandelt, weshalb er möglicher-weise persönlich hafte. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die
persönliche Haftung des Beklagten zu 1 ausgeschlossen. Denn er ist
in der Funktion als Durchgangsarzt und damit in Ausübung eines öffentlichen Amtes tätig geworden (Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB). Ob eine persönliche Haftung des Beklagten zu 2 in Betracht kommt, kann auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden.

a)
Nach Art. 34 Satz 1 GG haftet anstelle eines Bediensteten, soweit die-ser in Ausübung des ihm anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt hat, der Staat oder die Körperschaft, in dessen Dienst er steht. Die persönliche Haftung des Bediensteten ist in diesem Fall ausgeschlossen. Ob sich das Handeln einer Person als Ausübung eines öffentlichen Amts darstellt, bestimmt sich nach ständiger Rechtsprechung des [X.] danach, ob die eigentliche Zielsetzung, in deren Sinn der Betreffende tätig wurde, hoheitlicher Tätigkeit zuzurechnen ist und ob zwischen dieser Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein so enger äußerer und innerer Zusammenhang besteht, dass die Handlung ebenfalls als noch dem Bereich hoheitlicher Betätigung angehörend angesehen werden muss. Dabei ist nicht auf die Person des Handelnden, son-dern auf seine Funktion, das heißt auf die Aufgabe, deren Wahrnehmung die im konkreten Fall ausgeübte Tätigkeit dient, abzustellen (vgl. Senatsurteil vom 9.
März 2010 -
VI
ZR 131/09, [X.], 768 Rn.
7; [X.], Urteil
vom 22. Juni 2006 -
III ZR 270/05,
VersR 2006, 1684 mwN).
b)
Die ärztliche Heilbehandlung ist allerdings regelmäßig nicht Ausübung eines öffentlichen Amtes
im Sinne von Art. 34 GG. Auch stellt
die ärztliche [X.] nach einem Arbeitsunfall keine der Berufsgenossenschaft obliegende 8
9
10
-

8

-

Aufgabe
dar.
Der Arzt, der die ärztliche Behandlung durchführt, übt deshalb kein öffentliches Amt aus und haftet für Fehler persönlich (vgl. Senatsurteile vom 28.
Juni 1994 -
VI
ZR 153/93, [X.]Z 126, 297, 301; vom 9.
Dezember 2008 -
VI
ZR 277/07, [X.]Z 179, 115 Rn.
14; vom 9.
März 2010 -
VI
ZR 131/09, [X.], 768 Rn.
8;
vom 29. November 2016
-
VI [X.], z.[X.]. in [X.]Z Rn. 8; [X.], Urteil vom 9.
Dezember 1974 -
III
ZR 131/72, [X.]Z 63, 265, 270
f.).
c) Die Tätigkeit eines [X.] ist jedoch nicht ausschließlich dem Privatrecht zuzuordnen. Bei der -
gemäß § 34 Abs. 1 [X.] in Verbin-dung mit
§ 27 Abs. 1 des Vertrags über die Durchführung der Heilbehandlung, die Vergütung
der Ärzte sowie die Art und Weise der ärztlichen Leistungen -
zu treffenden Entscheidung, ob die allgemeine oder die besondere Heilbehandlung erforderlich ist, erfüllt der Durchgangsarzt eine der Berufsgenossenschaft obliegende Aufgabe.
Deshalb ist diese Entscheidung als Ausübung eines öffentlichen Amtes zu betrachten (vgl. Senatsurteile vom 9.
Dezember 2008 -
VI
ZR 277/07, [X.]Z 179, 115, 120; vom 29. November 2016 -
VI [X.], z.[X.]. Rn. 9). Ist seine Entschei-dung über die Art der Heilbehandlung fehlerhaft und wird der Verletzte dadurch geschädigt, haftet für Schäden nicht der Durchgangsarzt persönlich, sondern die Berufsgenossenschaft nach Art.
34 Satz 1 GG i.V.m. §
839 BGB (vgl. [X.]e vom 9.
Dezember 2008 -
VI
ZR 277/07, [X.]Z 179, 115 Rn.
17; vom 9.
März 2010 -
VI
ZR 131/09, [X.], 768 Rn.
9; vom 29. November 2016
-
VI [X.], z.[X.].
in [X.]Z
Rn. 9). Gleiches gilt
für die Überwachung des [X.] im Rahmen einer Nachschau, sofern sich der Durchgangsarzt dabei auf die Prüfung der
Frage beschränkt, ob die bei der Erstvorstellung des Verletzten getroffene Entscheidung zugunsten einer allgemeinen Heilbehand-lung aufrechtzuerhalten oder der Verletzte in die besondere Heilbehandlung zu überweisen ist
(vgl. § 27 Abs. 1 Satz 3, §
29 Abs.
1 des Vertrags gemäß

34 11
-

9

-

Abs.

Ärzte sowie die Art und Weise der ärztlichen Leistungen in der -
hier maßgebli-chen -
ab 1. Mai 2001 gültigen Fassung
(künftig: Vertrag 2001); Senatsurteile
vom 9.
März 2010 -
VI
ZR 131/09, [X.], 768
Rn.
12; vom 29. November 2016 -
VI [X.], z.[X.]. Rn. 9).

Wie der Senat
nach dem Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, sind darüber hinaus auch die vom Durchgangsarzt im Rahmen der Eingangsun-tersuchung vorgenommenen
Untersuchungen
zur Diagnosestellung und die anschließende Diagnosestellung
als hoheitlich im Sinne von Art. 34 Satz 1 GG, §
839 BGB zu qualifizieren
(Senatsurteil vom 29. November 2016 -
VI [X.], z.[X.]. Rn. 18 ff.).
Diese Maßnahmen
sind regelmäßig
unabdingbare Voraussetzung
für die Entscheidung, ob eine allgemeine Heilbehandlung oder eine besondere Heilbehandlung erfolgen soll. Sie bilden die Grundlage für die der Berufsgenossenschaft obliegende, in Ausübung eines öffentlichen Amtes erfolgende Entscheidung, ob eine allgemeine Heilbehandlung ausreicht oder wegen der Schwere der Verletzung eine besondere Heilbehandlung erforderlich ist, und stehen mit ihr in einem inneren Zusammenhang.
Gleiches gilt für
die -
in §
27 Abs.
1 Nr.
1 [X.] gesondert neben der ärztlichen und zahnärztlichen Behandlung aufgeführte -
Erstversorgung durch den Durchgangsarzt (Senatsur-teil vom 29. November 2016 -
VI [X.], z.[X.]. Rn. 24 ff.).
d) Nach diesen Grundsätzen hat der Beklagte zu 1 bei der Untersuchung und Versorgung der Klägerin anlässlich ihrer Erstvorstellung in der durch-gangsärztlichen Sprechstunde am 2. Februar 2007 in Ausübung eines öffentli-chen Amtes gehandelt, so dass er für ihm in diesem Zusammenhang unterlau-fene Fehler nicht persönlich in Anspruch genommen werden kann. Dies gilt ins-besondere für den von der Klägerin erhobenen Vorwurf, der
Beklagte zu 1
habe es unterlassen, die notwendigen und erforderlichen Befunde (Tastbefund, So-12
13
-

10

-

nographie, ggf. [X.]) zu erheben und deshalb fehlerhaft keine Indikation zur
[X.] gestellt.
Die -
möglicherweise unzureichende -
Befunderhebung im Rahmen der Eingangsuntersuchung und die -
deshalb möglicherweise fehler-haft -
gestellte Diagnose haben
sich notwendigerweise dahingehend ausge-wirkt, dass der
Beklagte zu 1
die Erforderlichkeit der besonderen Heilbehand-lung in Form der [X.] verneint hat.
Der Umstand, dass das Berufungsgericht keine Feststellungen zu der Frage getroffen hat, ob der Beklagte zu 1 gemäß § 24 Abs. 4 des [X.] als
ständiger
Vertreter des Beklagten zu 3 anerkannt worden war, führt zu kei-nem anderen Ergebnis. Denn der Beklagte zu 3 ließ den Beklagten zu 1 -
sei es in zulässiger Weise, sei es amtspflichtwidrig unter Verstoß gegen seine Ver-pflichtung aus § 24 Abs. 3 des [X.], die [X.] Tätigkeit persönlich auszuüben -
im Rahmen des ihm von der Berufsgenossenschaft an-vertrauten öffentlichen Amtes tätig werden und die damit verbundenen, der Be-rufsgenossenschaft obliegenden
hoheitlichen Aufgaben wahrnehmen
(vgl. [X.] vom 29. November 2016 -
VI [X.], z.[X.]. Rn. 30).
e) Ob auch die persönliche Haftung des Beklagten zu 2 ausgeschlossen ist, kann auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden. Die Feststellungen des Berufungsgerichts lassen keine siche-ren Rückschlüsse darauf zu, ob der Beklagte zu 2 die Klägerin im Rahmen der vom Beklagten zu 1 angeordneten allgemeinen Heilbehandlung ärztlich behan-delt oder ob er eine Nachschau im Sinne der § 27 Abs. 1 Satz 3, § 29 Abs. 1 des [X.] durchgeführt und sich dabei auf die Prüfung der Frage be-schränkt hat, ob die bei der Erstvorstellung der Klägerin getroffene Entschei-dung zugunsten einer allgemeinen Heilbehandlung aufrechtzuerhalten ist. Da diesem rechtlichen Gesichtspunkt im bisherigen Verfahren keine Bedeutung 14
15
-

11

-

beigemessen worden ist, muss den Parteien auch die Gelegenheit zu ergän-zendem Vortrag gegeben werden.

III.
Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
562 Abs.
1, § 563 Abs.
1 Satz
1 ZPO).
Galke
[X.]
von [X.]

[X.]
Klein

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.05.2014 -
10 O 1867/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 28.05.2015 -
4 U 412/14 -

16

Meta

VI ZR 395/15

20.12.2016

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.12.2016, Az. VI ZR 395/15 (REWIS RS 2016, 427)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 427

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VI ZR 395/15 (Bundesgerichtshof)

Amtshaftung: Tätigkeit eines Durchgangarztes als Ausübung eines öffentlichen Amtes


VI ZR 208/15 (Bundesgerichtshof)


VI ZR 281/19 (Bundesgerichtshof)


VI ZR 208/15 (Bundesgerichtshof)

Haftung des Unfallversicherungsträgers bei Fehlern des Durchgangsarztes im Bereich der Befunderhebung und Diagnose sowie bei …


VI ZR 131/09 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

VI ZR 395/15

VI ZR 437/14

VI ZR 279/14

VI ZR 208/15

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.