Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2013, Az. V ZB 56/13

V. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 1722

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

V ZB 56/13

vom

23. Oktober
2013

in dem Rechtsstreit

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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat am 23. Oktober
2013 durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.] Lemke, Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch und [X.] und die Richterin Dr. Brückner
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 11. Zivilsenats des [X.] vom 14. März 2013 wird auf Kosten des [X.] als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert für
das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 13.635,44

Gründe:

I.

Gegen ein
ihm am 20. Juni 2012 zugestelltes
Urteil des [X.] der Kläger am 20. Juli 2012 Berufung bei dem [X.] ein. Am 20.
August 2012 ging bei dem [X.] ein Schriftsatz des [X.] ein, mit welchem er die Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20. Sep-tember 2012 beantragte. Hiervon unterrichtete das [X.] am 21. August 2012 telefonisch die Prozessbevollmächtigten des [X.]. Diese teilten am 24.
August 2012 dem [X.] mit, der Antrag vom 20. August 2012 sei sicherheitshalber gestellt, die Verlängerung der Frist bereits mit Schreiben vom 15. August 2012 beantragt worden. Es werde um Prüfung gebeten, ob der Antrag inzwischen zur Akte gelangt sei. Auf die Mitteilung des [X.]
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richts, der Antrag sei nicht eingegangen, hat der Kläger mit am 20. September 2012 eingegangenem
Schriftsatz
unter Vorlage der Berufungsbegründung und weiterer Unterlagen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäu-mung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er anwalt-lich versichern lassen, der Antrag auf Verlängerung der [X.] um einem Monat sei am 15. August 2012 ausgefertigt, von seinem Prozessbevollmächtigten unterzeichnet und von einer der damit üblicherweise befassten Mitarbeiterinnen in einen Postkasten der [X.] worden. Die Handhabung der Ausgangspost erfolge bei seinen [X.] mit größtmöglicher Sorgfalt. Der Schriftsatz müsse auf dem Postweg verloren gegangen sein. Auf den Hinweis des [X.]s, es fehle an der hinreichenden Glaubhaftmachtmachung, hat er am 22.
Oktober
2012 dargelegt, der Schriftsatz vom 15. August 2012 sei noch am Abend dieses Tages von
einer an sich nicht mit diesen Aufgaben betrauten Mit-arbeiterin seiner Prozessbevollmächtigten hergestellt, von seinem [X.] unterzeichnet und von der Mitarbeiterin in einen Postkasten der [X.] eingeworfen worden.

Das [X.] hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewie-sen und die Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbe-schwerde, mit welcher er die Durchführung des Berufungsverfahrens erreichen möchte.

II.

Das Berufungsgericht meint, der Kläger habe die [X.] versäumt, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Ver-2
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säumung dieser Frist sei ihm nicht zu gewähren gewesen. Innerhalb der [X.] habe sein Prozessbevollmächtigter zwar anwaltlich versi-chert, der Brief sei am 15. August hergestellt, unterzeichnet und der [X.] übergeben worden. Diese Darstellung sei aber unzureichend, weil nicht angegeben worden sei, wer den Schriftsatz
angefertigt und wer ihn zur Post gebracht habe. Die später eingereichte Darstellung mit eidesstattlichen Versi-cherungen dreier Mitarbeiterinnen könne nicht verwertet werden. Zwar könne die Sachdarstellung auch nach Ablauf der [X.] erläutert oder vervollständigt werden. Neuer Tatsachenvortrag wie der hier nachgereichte sei
aber nicht zu berücksichtigen.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Sie ist jedoch nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Eine Entscheidung des [X.] ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache noch zur Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Das Berufungsgericht hat sich bei seiner
Entscheidung
an die Grundsätze der Rechtsprechung des [X.] gehalten und diese auch zutreffend angewendet. Diese Grundsätze bedürfen keiner Ergänzung oder Veränderung. Sie erschweren der
betroffenen Partei auch nicht den Zugang zu dem in der Zivilprozessordnung vorgesehenen [X.] in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise.

1. Die Berufung des [X.] ist unzulässig, weil er die Frist zur [X.] der
Berufung versäumt hat. Das Berufungsgericht hat seinen Antrag auf 4
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Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung dieser Frist zu Recht zurückgewiesen.

2. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des [X.] nimmt
das Berufungsgericht an, dass der Kläger innerhalb der [X.] die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen nicht substanti-iert dargelegt und glaubhaft gemacht hat.

a) In seinem Wiedereinsetzungsantrag hat der Kläger zwar vorgetragen und mit einer anwaltlichen Versicherung seines Prozessbevollmächtigten glaubhaft gemacht, er habe am 15. August 2012 einen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20. September 2012 unterzeichnet. Dieser Antrag sei in einen
Postkasten der [X.] eingeworfen
worden, der noch an diesem Tag geleert worden sei. Er hat dazu den
allgemeinen [X.] bei der Handhabung von Ausgangspost in dem Büro seiner [X.] beschrieben und versichert, so sei auch dieser Schriftsatz be-handelt worden.

b) Diese Darstellung sieht
das Berufungsgericht zu Recht als unzu-reichend an. Nach höchstrichterlicher
Rechtsprechung muss in dem [X.] dargelegt und glaubhaft gemacht werden, dass und von wem die Post an dem fraglichen Tage tatsächlich weggebracht worden ist ([X.], [X.] vom 25. Oktober 1990 -
VII ZB 9/90, [X.] 1991, 619, 620; BFH, [X.] 1995, 704, 705; 1998, 1231; 2002, 503, 504). Eine solche Darstellung enthält der Wiedereinsetzungsantrag des [X.] nicht. Er teilt nicht mit, wer den [X.] gebracht hat und legt auch keine eidesstattliche Versiche-rung dieses Mitarbeiters vor, sondern begnügt sich mit der Behauptung, der Brief sei wie üblich behandelt worden.
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3. Ebenfalls in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des [X.] hat das Berufungsgericht den zusätzlichen Vortrag des [X.] in
dem Schriftsatz vom 22. Oktober 2012 unberücksichtigt gelassen.

a) Dieser Schriftsatz ist außerhalb der [X.] bei dem Berufungsgericht eingegangen. Die
[X.] bei der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beträgt nach § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO einen Monat und beginnt nach § 234 Abs. 2 ZPO mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist. Der Kläger war hier an der Einhaltung der Berufungsbegründungs-frist gehindert, weil ihm nicht bekannt war, dass sein Verlängerungsantrag vom 15. August 2012 nicht bei dem Berufungsgericht eingegangen war. Dieses [X.] war spätestens am 24. August 2012 behoben. An diesem Tag hat der Prozessbevollmächtigte
des [X.] dem Gericht mitgeteilt, er habe einem Vermerk seiner Mitarbeiterin entnommen, dass der Antrag vom 15. August 2012 nicht bei dem Berufungsgericht eingegangen sei. Die Wiedereinsetzungs-frist endete deshalb spätestens am 24. September 2012.

b) Der
Schriftsatz war auch nicht als Ergänzung oder Erläuterung des Wiedereinsetzungsantrags berücksichtigungsfähig.

aa) Nach
§ 234 Abs. 1, § 236 Abs. 2 ZPO müssen alle Tatsachen, die für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Bedeutung sein können, innerhalb der Antragsfrist von -
hier -
einem Monat vorgetragen wer-den. Allerdings muss das Gericht der Partei nach § 139 ZPO einen Hinweis er-teilen, wenn ihre Angaben erkennbar unklar oder ergänzungsbedürftig sind. Eine entsprechende Erläuterung und Vervollständigung des Vortrags ist dann auch nach Ablauf der [X.] zu berücksichtigen ([X.], Be-9
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schlüsse vom 13. Juni 2007 -
XII [X.], NJW 2007, 3212 Rn. 8, vom 3.
April 2008 -
I [X.], [X.], 837, 838
Rn.
12, vom 9. Februar 2010

XI
ZB 34/09, [X.], 648 f. und vom 21. Oktober 2010 -
IX [X.], [X.], 124). Darauf beschränkt sich die Möglichkeit einer nachträglichen Berücksichtigung von Vortrag aber auch ([X.], Beschlüsse vom
27. Februar 1997 -
I [X.], NJW 1997, 1708, 1709, vom 7. Oktober 1997 -
XI [X.], NJW-RR 1998, 278, 279, vom 5. Februar 1998 -
VII ZB 8/97, NJW 1998, 1498, vom
6. Mai 1999 -
VII ZB 6/99, NJW 1999, 2284 und vom 7. März 2002

IX
ZR
235/01, [X.], 2107, 2108). Neuer Vortrag, der über eine Erläute-rung und Vervollständigung des fristgerecht gehaltenen Vortrags hinausgeht, darf nicht berücksichtigt werden.

[X.]) Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht das Vorbringen des [X.] aus dem Schriftsatz vom 22. Oktober 2012 zu Recht als nicht be-rücksichtigungsfähig angesehen.

Darin gibt der Kläger zwar, was an sich zulässig ist, auch eine Erklärung dafür, weshalb statt einer telefonischen Nachfrage bei dem Berufungsgericht nach dem Eingang des Schriftsatzes vom 15. August 2012 gleich ein weiterer (allerdings auch nicht als [X.] gekennzeichneter) Fristverlän-gerungsantrag gestellt wurde.

Über eine zulässige Ergänzung rechtzeitigen Vorbringens hinaus geht indessen der bislang fehlende Vortrag dazu, wer den Schriftsatz zur [X.] hat. Denn in diesem Punkt trägt der Kläger nicht nur den Namen des [X.] oder andere Einzelheiten nach. Er ersetzt insoweit seinen bisherigen Vortrag durch einen gänzlich neuen. Nach dem Wiedereinsetzungsantrag sollte der Schriftsatz vom 15.
August 2012
in dem in der Kanzlei der Prozessbevoll-13
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mächtigten des [X.] üblichen Geschäftsgang hergestellt, unterzeichnet und zur Post gegeben worden sein. Nach der Darstellung in dem Schriftsatz vom 22. Oktober 2012 hat es sich aber ganz anders verhalten: Danach ist der Schriftsatz weder im normalen Geschäftsgang hergestellt und unterzeichnet noch in der Weise zur Post gegeben worden, wie das in der Kanzlei der Pro-zessbevollmächtigten des [X.] üblich ist. Vielmehr ist der Schriftsatz (ohne nachvollziehbaren Grund) außerhalb der üblichen Bürozeiten mit erheblichen Mühen von einer Mitarbeiterin hergestellt worden, die sonst weder mit [X.] befasst noch im Umgang mit der [X.] in der Kanzlei geübt ist. Diese Mitarbeiterin, nicht ein
sonst mit dem Postausgang befasster
Mitarbei-ter, soll den Brief dann in einen Postkasten der [X.] eingeworfen haben. Diese Ausführungen sind keine Vervollständigung des bisherigen [X.] mehr und deshalb nach Ablauf der [X.] nicht mehr be-rücksichtigungsfähig.

c) Das verspätete Vorbringen ist auch nicht deshalb zu berücksichtigen, weil das Berufungsgericht dem Kläger einen Vermerk der Geschäftsstelle über ein Telefonat mit einer Mitarbeiterin seiner Prozessbevollmächtigten wegen des an das [X.] gerichteten Verlängerungsantrags vom 20. August 2012 nicht zugeleitet hat. Aus diesem Vermerk ergeben sich zwar

später auch in einem
Hinweis des Berufungsgerichts vom 28. September 2012 aufgegriffene

Zweifel daran, ob es neben dem an das [X.] gerichteten verspäteten Verlängerungsantrag noch einen früheren vom 15. August 2012 tatsächlich gibt. Darauf kommt es aber nicht an, weil das Berufungsgericht seine Entscheidung nicht auf diese Zweifel stützt, sondern darin von der Existenz des früheren [X.] ausgeht.
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IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Bemessung des [X.] auf der Überlegung, dass der Wert der Anträge zu 2 nicht über den des [X.] zu 1 hinausgeht.

Stresemann
Lemke
Schmidt-Räntsch

Roth

Brückner

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.06.2012 -
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OLG [X.], Entscheidung vom 14.03.2013 -
11 [X.] -

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Meta

V ZB 56/13

23.10.2013

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.10.2013, Az. V ZB 56/13 (REWIS RS 2013, 1722)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1722

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IX ZB 73/10

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