Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 05.12.2017, Az. 2 BvL 12/17

2. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2017, 1270

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Gegenstand

Unzulässige Richtervorlage zur Vereinbarkeit von § 34 Abs 2 AWG aF iVm § 33 Abs 1 AWG aF mit Art 103 Abs 2, Art 104 Abs 1 S 1 GG - unzureichende Darlegung der Entscheidungserheblichkeit - Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der "erhebliche Gefährdung der auswärtigen Beziehungen" anhand der Vorlagebegründung nicht nachvollziehbar


Tenor

Die Vorlage ist unzulässig.

Gründe

1

Die Vorlage betrifft die Frage, ob § 34 Abs. 2 in Verbindung mit § 33 Abs. 1 [X.] ([X.]) in der Fassung vom 4. November 2010 (im Folgenden: [X.] a.F.) mit Art. 103 Abs. 2, 104 Abs. 1 Satz 1 des [X.] unvereinbar und daher nichtig ist.

2

1. Die vom vorlegenden [X.] (im Folgenden: vorlegendes Gericht) als verfassungswidrig erachteten Normen (§ 34 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 1 [X.] a.F.) hatten zu dem für das Ausgangsverfahren relevanten Tatzeitpunkt am 5. Dezember 2010 folgenden Wortlaut:

§ 34 Straftaten

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer ohne Genehmigung

1. in Teil I Abschnitt A oder

2. in Teil I Abschnitt [X.] Kategorie 0, Kategorie 1 Nummer 1[X.]350, 1[X.]351, 1[X.]352, 1[X.]353, 1[X.]354, Kategorie 2 Nummer 2B350, 2B351 oder 2B352

der [X.] (Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung) genannte Güter ausführt oder verbringt. Ebenso wird bestraft, wer ohne Genehmigung in Satz 1 Nummer 2 genannte Güter aus einem anderen Mitgliedstaat der [X.] versendet, wenn der Ausführer im Wirtschaftsgebiet niedergelassen ist.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine in § 33 Absatz 1 oder 4 bezeichnete vorsätzliche Handlung begeht, die geeignet ist,

1. die äußere Sicherheit der [X.],

2. das friedliche Zusammenleben der Völker oder

3. die auswärtigen Beziehungen der [X.] erheblich

zu gefährden, wenn die Tat nicht in Absatz 1 oder 4 mit Strafe bedroht ist.

(3) [X.]

(4) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

1. einer Rechtsverordnung nach § 2 Absatz 1 in Verbindung mit § 5 oder § 7 Absatz 1 oder 3 Satz 1 zuwiderhandelt, die der Durchführung

a) einer vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen nach Kapitel VII der [X.]harta der Vereinten Nationen oder

b) einer vom Rat der [X.] im Bereich der [X.]

beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist und die Tat nicht in Absatz 6 Nummer 3 mit Strafe bedroht ist,

2. einem im [X.] veröffentlichten, unmittelbar geltenden Ausfuhr-, Einfuhr-, Durchfuhr-, Verbringungs-, Verkaufs-, Liefer-, Bereitstellungs-, [X.], Dienstleistungs-, Investitions-, Unterstützungs- oder Umgehungsverbot eines [X.] oder der [X.] zuwiderhandelt, der der Durchführung einer vom Rat der [X.] im Bereich der [X.] beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient oder

3. einer im [X.] veröffentlichten unmittelbar geltenden Vorschrift eines [X.] oder der [X.] zuwiderhandelt, die eine Genehmigungspflicht für eine Ausfuhr, Einfuhr, Durchfuhr, Verbringung, einen Verkauf, eine Lieferung, Bereitstellung, Weitergabe, Dienstleistung, Investition oder Unterstützung vorschreibt und die der Durchführung einer vom Rat der [X.] im Bereich der [X.] beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dient.

(5) [X.] (8) [X.]

§ 33 Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer Rechtsverordnung nach § 2 Absatz 1 in Verbindung mit § 5 oder § 7 Absatz 1 oder 3 Satz 1 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist und die Handlung nicht nach § 34 Absatz 4 Nummer 1 als Straftat geahndet werden kann oder nach § 34 Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 6 Nummer 3 mit Strafe bedroht ist.

(2) [X.] (7) [X.]

3

2. Weitere für das Ausgangsverfahren relevante Vorschriften lauten:

4

a) Nach dem [X.]:

§ 7 Schutz der Sicherheit und der auswärtigen Interessen

(1) Rechtsgeschäfte und Handlungen im Außenwirtschaftsverkehr können beschränkt werden, um

1. die wesentlichen Sicherheitsinteressen der [X.] zu gewährleisten,

2. eine Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker zu verhüten,

3. zu verhüten, dass die auswärtigen Beziehungen der [X.] erheblich gestört werden oder

4. die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der [X.] im Sinne von Artikel 46 und 58 Absatz 1 des [X.] zu gewährleisten.

(2) [X.] (3) [X.]

5

b) Gemäß der auf der Grundlage von § 7 Abs. 1 [X.] a.F. erlassenen Außenwirtschaftsverordnung in der Fassung der 86. [X.] vom 24. August 2009 (im Folgenden: [X.] a.F.):

§ 5d Beschränkung nach § 7 Abs. 1 [X.]

(1) Die Ausfuhr von Gütern, die nicht in der [X.] (Anlage AL) genannt sind, bedarf der Genehmigung, wenn der Ausführer vom [X.] ([X.]) unterrichtet worden ist, dass diese Güter ganz oder teilweise für die Errichtung, den Betrieb oder zum Einbau in eine Anlage für kerntechnische Zwecke im Sinne der Kategorie O des Teils I Abschnitt [X.] der [X.] (Anlage AL) bestimmt sind oder bestimmt sein können und das Käufer- oder Bestimmungsland [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.] oder [X.] ist.

(2) [X.] (4) [X.]

§ 70 Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig im Sinne des § 33 Abs. 1 und 7 des [X.]es handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

([X.])

2. ohne Genehmigung nach § 5 Abs. 2, § 5c Abs. 1 Satz 1 oder § 5d Abs. 1 Satz 1 Güter ausführt,

([X.]).

6

1. Mit seiner am 15. Februar 2016 erhobenen Anklage legte der [X.] beim [X.] dem Angeklagten [X.] unter anderem ein Vergehen der vorsätzlichen unerlaubten Ausfuhr nach dem [X.] in Tateinheit mit versuchter Förderung der Entwicklung von Atomwaffen zur Last. Der Angeklagte habe gemeinschaftlich handelnd mit dem früheren Mitangeklagten und nunmehr gesondert Verfolgten [X.], dem weiteren gesondert Verfolgten [X.] sowie den bereits rechtskräftig Verurteilten [X.] und [X.] am 5. Dezember 2010 entgegen § 5d [X.] a.F. Güter mit doppeltem Verwendungszweck (hier: Ventile) ohne - wirksame - Genehmigung in den [X.] ausgeführt, obwohl er durch die zuständige Behörde unterrichtet worden sei, dass diese Güter ganz oder teilweise für die Errichtung, den Betrieb oder zum Einbau in eine Anlage für kerntechnische Zwecke im Sinne der Kategorie O des Teils I Abschnitt [X.] der [X.] (Anlage AL) bestimmt seien und das Käufer- oder Bestimmungsland [X.] sei. Dabei habe er die Möglichkeit der Verwendung der gelieferten Güter bei der Entwicklung einer Atomwaffe billigend in Kauf genommen. Dem Mitangeklagten [X.] [X.]. legte der [X.] beim [X.] zur Last, dem Angeklagten [X.] Hilfe bei der Begehung der vorsätzlichen unerlaubten Ausfuhr nach dem [X.] geleistet zu haben.

7

2. Das vorlegende Gericht eröffnete das Hauptverfahren mit der Maßgabe, dass bezüglich der erhobenen Tatvorwürfe hinreichender Tatverdacht gegen den Angeklagten [X.] gemäß den §§ 34 Abs. 2 Nr. 3, 33 Abs. 1 [X.] a.F., §§ 5d Abs. 1, 70 Abs. 1 Nr. 2 [X.] a.F., §§ 19 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit Nr. 1 und 17 Abs. 1 Nr. 2, 21 KrWaffKontrG, §§ 2 Abs. 3, 22, 23, 25 Abs. 2, 52 StGB und gegen den Angeklagten [X.] [X.]. gemäß den §§ 34 Abs. 2 Nr. 3, 33 Abs. 1 [X.] a.F., §§ 5d Abs. 1, 70 Abs. 1 Nr. 2 [X.] a.F., §§ 2 Abs. 3, 27, 28 Abs. 2 StGB bestehe.

8

3. Die Hauptverhandlung gegen die Angeklagten begann am 29. November 2016.

9

4. Mit Beschluss vom 16. Mai 2017 hat das vorlegende Gericht die Hauptverhandlung gemäß Art. 100 Abs. 1 [X.] ausgesetzt und dem [X.] die Frage vorgelegt, ob § 34 Abs. 2 in Verbindung mit § 33 Abs. 1 [X.] ([X.]) in der Fassung vom 4. November 2010 mit Art. 103 Abs. 2, 104 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und daher nichtig ist.

a) Der Vorlage liegen folgende Feststellungen zugrunde:

Das vorlegende Gericht ist nach Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Tatvorwürfe bestätigt worden sind. Der Angeklagte [X.] habe dem [X.] (im Folgenden: [X.]) verschwiegen, dass die zur Ausfuhr vorgesehenen Güter nach den Angaben des in [X.] ansässigen Herstellers - der [X.] - dem Nuklearstandard entsprächen, mithin geeignet seien, in einer Nuklearanlage eingesetzt zu werden. Des Weiteren habe der Angeklagte [X.] das [X.] über die Person des Endempfängers getäuscht. Hierdurch habe die Einbindung der tatsächlich an dem Geschäft beteiligten Firma [X.] verschleiert werden sollen, die, worauf das [X.] hingewiesen habe, möglicherweise in das [X.] Nuklearprogramm involviert sei. Hierauf habe das [X.] unter dem 15. Juli 2010 einen sogenannten "[X.]" erteilt, wonach die beantragte Ausfuhr der Ventile keine Genehmigung erfordere. Dem Angeklagten [X.] sei dabei bewusst gewesen, dass der Bescheid aufgrund der falschen und unzureichenden Informationen unwirksam gewesen sei. Dennoch habe der Angeklagte an der weiteren Abwicklung des Geschäfts festgehalten, wobei ihm - ebenso wie dem Mitangeklagten [X.]. - bewusst gewesen sei, dass die nach außen hin behördlich quasi legitimierte Lieferung der Armaturen geeignet sein würde, die auswärtigen Beziehungen der [X.] angesichts der [X.] des [X.]n Nuklearprogramms erheblich zu gefährden. In der Folge seien zwei Teillieferungen in den [X.] erfolgt, wobei nicht feststellbar sei, ob die ausgeführten Ventile tatsächlich in eine [X.] Nuklearanlage eingebaut worden seien.

Der Mitangeklagte [X.]. sei als Mitarbeiter der [X.], die mit der Herstellung der Ventile beauftragt worden sei, für die dortige Abwicklung der Bestellung verantwortlich gewesen. Der Mitangeklagte habe, obwohl er es aufgrund zahlreicher Hinweise für hochgradig wahrscheinlich gehalten habe, dass sich die bestellten Ventile für einen Einsatz in einer [X.]n Nuklearanlage eigneten, die Bestellung bei der [X.] vorangetrieben, sich über die von dieser geäußerten Bedenken hinweggesetzt und seinen Vorgesetzten wesentliche Details des Geschäfts vorenthalten. Hiermit habe der Mitangeklagte [X.]. die Haupttat des Angeklagten [X.] gefördert.

b) Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ist das vorlegende Gericht davon überzeugt, dass der Angeklagte [X.] "unter anderem" gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 3 in Verbindung mit § 33 Abs. 1 [X.] a.F., §§ 5d Abs. 1, 70 Abs. 1 Nr. 2 [X.] a.F., §§ 2 Abs. 3, 25 Abs. 2 StGB und der Angeklagte [X.]. "unter anderem" gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 3 in Verbindung mit § 33 Abs. 1 [X.] a.F., §§ 5d Abs. 1, 70 Abs. 1 Nr. 2 [X.] a.F., §§ 2 Abs. 3, 27, 28 Abs. 2 StGB schuldig zu sprechen sei.

Die Vorlagefrage sei mithin entscheidungserheblich. Die genannten Regelungen gölten für den hier verfahrensgegenständlichen Tatvorwurf fort. Gemäß § 2 StGB sei das [X.] weiter anzuwenden. Im Falle der Nichtigkeit dieser Vorschriften könnten die Angeklagten aus Rechtsgründen nicht wegen der gegen sie im Zusammenhang mit den gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 3 in Verbindung mit § 33 Abs. 1 [X.] a.F., §§ 5d Abs. 1, 70 Abs. 1 Nr. 2 [X.] a.F., §§ 2 Abs. 3, 25 Abs. 2 StGB ([X.]) beziehungsweise gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 3 in Verbindung mit § 33 Abs. 1 [X.] a.F., §§ 5d Abs. 1, 70 Abs. 1 Nr. 2 [X.] a.F., §§ 2 Abs. 3, 27, 28 Abs. 2 StGB ([X.] [X.].) erhobenen Vorwürfe verurteilt werden.

c) Das vorlegende Gericht ist ferner von der Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Normen überzeugt. Die Maßstäbe entnimmt es maßgeblich der Entscheidung des [X.]s zur Rindfleischetikettierung ([X.] 143, 38 ff.). Im [X.] daran führt es aus:

2. Nach diesen Maßstäben wird § 34 Abs. 2 in Verbindung mit § 33 Abs. 1 [X.] aF den Anforderungen an die nach Art. 103 Abs. 2, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 [X.] erforderliche Bestimmtheit von Gesetzen aus Sicht des Senates nicht gerecht. Denn § 34 Abs. 2 [X.] aF enthält - unter den weiteren in [X.]. 1 bis 3 der Norm genannten Voraussetzungen - eine Freiheitsstrafe bis fünf Jahren oder Geldstrafe umfassende Strafandrohung für die Begehung einer in § 33 Abs. 1 oder 4 bezeichneten vorsätzlichen Handlung, die jedoch nicht in den genannten Normen hinreichend konkretisiert, sondern (in dem hier einschlägigen § 33 Abs. 1 [X.] aF) lediglich als Zuwiderhandlung gegen eine nach § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 5 oder § 7 Abs. 1 oder 3 Satz 1 [X.] aF ergangene Rechtsverordnung bezeichnet ist, soweit der nationale Verordnungsgeber unter [X.] auf diese Strafvorschrift die Verletzung eines bestimmten Tatbestandes mit Strafe bewehrt hat. Zwar ist dies in § 70 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 5d [X.] aF der Fall. Allerdings stellt § 34 Abs. 2 in Verbindung mit § 33 Abs. 1 [X.] aF den Verordnungsgeber damit vollkommen frei in der Bestimmung, welche Verstöße gegen das in Bezug genommene Gemeinschaftsrecht als strafwürdig angesehen werden. Mögliche Fälle der Strafbarkeit lassen sich so nicht schon aufgrund des Gesetzes, sondern erst aufgrund der Außenwirtschaftsverordnung voraussehen. Hinzu tritt, dass die in der Blankettnorm des § 34 Abs. 2 [X.] aF in Bezug genommene Ausfüllungsvorschrift des § 33 Abs. 1 [X.] aF ebenfalls eine Blankettvorschrift ist, die ihrerseits auf die Außenwirtschaftsverordnung aF (bzw. auf [X.] Rechtsakte) verweist. Erreicht der Gesetzgeber die Festlegung des [X.] aber - wie hier - nur mit Hilfe zum Teil langer, über mehrere Ebenen gestaffelter, unterschiedlich variabler Verweisungsketten, die bei gleichzeitiger Verzweigung in die Breite den [X.]harakter von Kaskaden annehmen, leidet die praktische Erkennbarkeit der maßgebenden Rechtsgrundlage. Der Prüfvorgang wird dadurch fehleranfällig (vgl. [X.], Beschluss vom 3. März 2004 - 1 [X.] -, NJW 2004, 999).

3. Danach verstößt § 34 Abs. 2 in Verbindung mit § 33 Abs. 1 [X.] aF zur Überzeugung des Senats gegen Art. 103 Abs. 2, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 [X.], so dass die Rechtssache zur Feststellung der Nichtigkeit dieser Normen vorzulegen ist.

Die Vorlage ist unzulässig, weil sie den Vorgaben des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerf[X.] nicht entspricht. Die Unzulässigkeit der Vorlage kann die Kammer durch einstimmigen Beschluss feststellen (§ 81a Satz 1 BVerf[X.]).

Nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 [X.] hat ein Gericht das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des [X.]s einzuholen, wenn es ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei seiner Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält. Dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerf[X.] genügt ein Vorlagebeschluss nur, wenn die Ausführungen des Gerichts erkennen lassen, dass es sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschrift als auch ihre Verfassungsmäßigkeit sorgfältig geprüft hat (vgl. [X.] 127, 335 <355 f.>; stRspr). Hierfür muss das vorlegende Gericht in nachvollziehbarer und für das [X.] nachprüfbarer Weise darlegen, dass es bei seiner anstehenden Entscheidung auf die Gültigkeit der Norm ankommt und aus welchen Gründen es von der Unvereinbarkeit der Norm mit der Verfassung überzeugt ist (vgl. [X.] 105, 61 <67>; stRspr). Für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist grundsätzlich die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts maßgebend, sofern diese nicht offensichtlich unhaltbar ist (vgl. [X.] 2, 181 <190 f.>; 105, 61 <67>; 129, 186 <203>; 133, 1 <11>; 138, 136 <171>).

Zur Begründung der Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Norm muss der Sachverhalt umfassend dargestellt werden. Die Schilderung des Sachverhalts muss aus sich heraus, also ohne Studium der beigefügten Verfahrensakten, verständlich sein (vgl. [X.] 88, 187 <194>; 107, 59 <85>). Es muss dargelegt sein, dass und aus welchen Gründen das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit der für verfassungswidrig gehaltenen Rechtsvorschrift zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle der Ungültigkeit (vgl. [X.] 7, 171 <173 f.>; 79, 240 <243>; 121, 108 <117>). Das Gericht muss sich dabei eingehend mit der Rechtslage auseinandersetzen und die in der Literatur und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen berücksichtigen, die für die Auslegung der vorgelegten Rechtsvorschrift von Bedeutung sind (vgl. [X.] 65, 308 <316>; 94, 315 <323>; 97, 49 <60>; 105, 61 <67>; 121, 233 <237 f.>).

Das vorlegende Gericht muss von der Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Norm überzeugt sein und die für diese Überzeugung maßgeblichen Erwägungen nachvollziehbar darlegen (vgl. [X.] 78, 165 <171 f.>; 86, 71 <77 f.>; 88, 70 <74>; 88, 198 <201>; 93, 121 <132>). Der Vorlagebeschluss muss den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab angeben, die naheliegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte erörtern, sich sowohl mit der [X.] als auch mit der verfassungsrechtlichen Rechtslage auseinandersetzen, dabei die in der Literatur und Rechtsprechung entwickelten Rechtsauffassungen und insbesondere die maßgebliche Rechtsprechung des [X.]s berücksichtigen (vgl. [X.] 76, 100 <104>; 79, 240 <243 f.>; 86, 52 <57>; 86, 71 <77 f.>; 88, 198 <202>; 94, 315 <325>), wobei § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerf[X.] das vorlegende Gericht allerdings nicht verpflichtet, auf jede denkbare Rechtsauffassung einzugehen (vgl. [X.] 141, 1 <10 f. Rn. 22>).

Die Ausführungen des vorlegenden Gerichts zur Entscheidungserheblichkeit der zur Prüfung gestellten Normen erfüllen diese Anforderungen nicht.

1. Der Vorlage liegt die Annahme zugrunde, dass die Taten der Angeklagten des Ausgangsverfahrens geeignet seien, die auswärtigen Beziehungen der [X.] erheblich zu gefährden (§ 34 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 33 Abs. 1 [X.] a.F.). Diese Feststellung ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil erst dadurch die in § 33 Abs. 1 [X.] a.F. umschriebene Ordnungswidrigkeit zu einer Straftat erhoben wird. Vor dem Hintergrund, dass die Ordnungswidrigkeit gemäß § 33 Abs. 1 [X.] a.F. im gegenständlichen Verfahren bereits verjährt ist (vgl. § 33 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 31 Abs. 2 Nr. 1 OWiG), hängt die weitere Verfolgung der Tat maßgeblich von ihrer Einordnung als Straftat ab.

2. Das vorlegende Gericht legt die seiner Vorlagefrage zugrunde gelegte Beweiswürdigung und die hieraus folgenden Feststellungen dar, ohne sich zu der Annahme, die Taten der Angeklagten des Ausgangsverfahrens seien geeignet, die auswärtigen Beziehungen der [X.] erheblich zu gefährden, näher zu verhalten. Im Vorlagebeschluss heißt es hierzu lediglich, die in der Hauptverhandlung zur Überzeugung des vorlegenden Senats getroffenen Feststellungen beruhten

hinsichtlich der äußeren Geschehensabläufe im Wesentlichen auf den verlesenen Urkunden, hierbei maßgeblich auf den bereits durch das [X.] mit Urteil vom 8. November 2013 rechtskräftig festgestellten Abläufen zum Nuklearprogramm des [X.] und den hiermit verbundenen [X.] des gesondert verfolgten [X.], des hiesigen Zeugen [X.] und der weiteren durch diese Entscheidung verurteilten Personen, sowie der umfangreichen sichergestellten und in die Hauptverhandlung eingeführten [X.] zwischen den Angeklagten und den weiteren am Geschehen beteiligten Personen.

Auf dieser Grundlage kann die Feststellung einer erheblichen Gefährdung der auswärtigen Beziehungen der [X.], die für die Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Norm von zentraler Bedeutung ist, vom [X.] nicht nachvollzogen werden (vgl. [X.] 2, 181 <190 f.>; 105, 61 <67>; 129, 186 <203>; 133, 1 <11>; 138, 136 <171>).

3. Das gleiche gilt, soweit das vorlegende Gericht von einer Strafbarkeit des Angeklagten [X.] gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 3 in Verbindung mit § 33 Abs. 1 [X.] a.F., §§ 5d Abs. 1, 70 Abs. 1 Nr. 2 [X.] a.F. ausgeht. Die Vorschrift des § 5d Abs. 1 [X.] a.F. setzt voraus, dass der Ausführer - hier der Angeklagte [X.] - vom [X.] unterrichtet worden ist, dass die zur Ausführung bestimmten Güter "ganz oder teilweise für die Errichtung, den Betrieb oder zum Einbau in eine Anlage für kerntechnische Zwecke im Sinne der Kategorie O des Teils I Abschnitt [X.] der [X.] (Anlage AL) bestimmt sind oder bestimmt sein können und das Käufer- oder Bestimmungsland [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.], [X.] oder [X.] ist". In der Folge handelt gemäß § 70 Abs. 1 Nr. 2 [X.] a.F. ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig Güter ohne Genehmigung nach § 5d Abs. 1 Satz 1 ausführt.

Der Vorlage lässt sich eine Feststellung, wonach der Angeklagte [X.] durch das [X.] entsprechend unterrichtet worden ist, nicht entnehmen. Das vorlegende Gericht hat insoweit lediglich festgestellt, das [X.] habe die Firma B. mit Schreiben vom 7. Dezember 2009 auf die mögliche Einbindung der [X.]n Firma [X.] in das [X.] Nuklearprogramm und damit in Zusammenhang stehende [X.] hingewiesen und um Mitteilung gebeten, ob die Firma B. Geschäftsbeziehungen zu [X.]n Unternehmen oder Personen habe, die mit diesem Sachverhalt in Verbindung stehen könnten. Das allein erfüllt die an einen Hinweis im Sinne von § 5d Abs. 1 [X.] a.F. zu stellenden Anforderungen nicht, ohne dass der Vorlage weitere Feststellungen zu diesem Punkt entnommen werden können.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvL 12/17

05.12.2017

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 2. Kammer

Beschluss

Sachgebiet: BvL

vorgehend KG Berlin, 16. Mai 2017, Az: (1) 3 StE 1/16-1 (1/16), Vorlagebeschluss

Art 100 Abs 1 GG, Art 103 Abs 2 GG, Art 104 Abs 1 S 1 GG, § 80 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 81a S 1 BVerfGG, § 33 Abs 1 AWG vom 04.11.2010, § 34 Abs 2 Nr 3 AWG vom 04.11.2010, § 5d Abs 1 AWV 1986, § 70 Abs 1 Nr 2 AWV 1986

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 05.12.2017, Az. 2 BvL 12/17 (REWIS RS 2017, 1270)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 1270

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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