Bundessozialgericht, Urteil vom 03.07.2012, Az. B 1 KR 23/11 R

1. Senat | REWIS RS 2012, 5058

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Krankenversicherung - Leistungspflicht für nicht in der Arzneimittelrichtlinie gelistete verkehrsfähige arzneimittelähnliche Medizinprodukte - Berichtigung des Streitobjekts im Falle der Umbenennung eines Medizinprodukts - Einstufung von Gepan instill als arzneimittelähnliches Medizinprodukt - Arzneimitteleigenschaft - keine Apothekenpflichtigkeit des Medizinprodukts


Leitsatz

1. Versicherte haben gegen ihre Krankenkasse im Rahmen der individuellen Krankenbehandlung Anspruch auf Versorgung mit solchen arzneimittelähnlichen Medizinprodukten, die verkehrsfähig und vom Gemeinsamen Bundesausschuss in die Versorgung einbezogen sind.

2. Nicht in der Arzneimittelrichtlinie gelistete verkehrsfähige arzneimittelähnliche Medizinprodukte sind in die Versorgung gesetzlich Krankenversicherter einbezogen, wenn jede andere Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses als die Einbeziehung willkürlich wäre.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 11. Januar 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die künftige Versorgung der Klägerin mit dem Mittel [X.].

2

Die bei der beklagten Krankenkasse ([X.]) versicherte Klägerin leidet seit Jahren an einer sog interstitiellen Cystitis (Sonderform der abakteriellen Cystitis unklarer Ätiologie). Die Erkrankung hat eine erhebliche Verringerung der Harnblasenkapazität und eine Harnblasenentleerungsstörung mit ausgeprägten Dehnungsschmerzen und starkem Harndrang zur Folge. Die Klägerin beantragte unter Hinweis auf eine vertragsärztliche Verordnung, ihr [X.] zu gewähren (Januar 2006). [X.], später in [X.] umbenannt, ist eine sterile Natrium-Chondroitinsulfat-Lösung zum vorübergehenden Ersatz der [X.] (GAG-Schicht), der Innenwand-Schutzschicht der Blase. Die [X.] über einen Katheter soll während der ersten vier Behandlungswochen einmal pro Woche erfolgen, anschließend bis zum Abklingen der Symptome einmal pro Monat. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, da [X.] ein nicht apothekenpflichtiges Medizinprodukt sei (Bescheid vom 16.1./15.2.2006, Widerspruchsbescheid vom 7.9.2006). Das [X.] hat die Klage auf Versorgung mit [X.] abgewiesen, da ein Wirksamkeitsnachweis für das Präparat fehle (Urteil vom 5.9.2007). Das L[X.] hat die Berufung zurückgewiesen: Die Klägerin habe ihre Klage auf Versorgung mit [X.] umgestellt, da der Hersteller das Mittel [X.] aus markenrechtlichen Gründen nunmehr unter der Bezeichnung [X.] vertreibe. Diese Klageänderung sei unzulässig, da weder die Beklagte eingewilligt habe noch Sachdienlichkeit bestehe (Urteil vom 11.1.2011).

3

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen 99 Abs 1 und 3 [X.]G) und materiellen Rechts (§ 27 Abs 1 und § 31 Abs 1 [X.]B V). Dazu trägt sie vor, das L[X.] habe verkannt, dass das Medizinprodukt lediglich eine Namensänderung erfahren habe und im Übrigen vollkommen unverändert geblieben sei. Sie habe jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Systemversagens Anspruch auf [X.], da der [X.] ([X.]) dieses zu Unrecht nicht zur Behandlung der interstitiellen Cystitis in [X.] [X.] ([X.]) aufgenommen habe.

4

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des [X.] vom 11. Januar 2011 und des [X.] vom 5. September 2007 sowie die Bescheide der Beklagten vom 16. Januar und 15. Februar 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin künftig auf vertragsärztliche Verordnung [X.] als Sachleistung zu gewähren,
hilfsweise,
den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] Niedersachsen-Bremen zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der [X.]lägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 [X.] SGG). Das [X.] hat im Ergebnis zu Recht die Berufung gegen das die [X.]lage abweisende [X.] zurückgewiesen. Zwar ist die [X.]lage entgegen der Auffassung des [X.] zulässig (dazu 1.) Die [X.]lägerin hat aber mangels Einbeziehung des Mittels in den Leistungskatalog der gesetzlichen [X.]rankenversicherung ([X.]) durch den [X.] keinen Anspruch gegen die beklagte [X.] auf Versorgung mit dem begehrten Medizinprodukt aus § 27 Abs 1 [X.] [X.], § 31 Abs 1 [X.] [X.] (dazu 2.). Die [X.]lägerin kann auch nicht verlangen, so gestellt zu werden, als habe der [X.] [X.] in die Versorgungspflicht einbezogen (dazu 3.). Die gesetzliche [X.]onzeption begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (dazu 4.).

8

1. Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) auf Versorgung mit [X.] ist zulässig. Der erkennende Senat bejaht die von ihm als Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfende Erfüllung der Sachurteilsvoraussetzungen.

9

a) Entgegen der Rechtsauffassung des [X.] liegt keine unzulässige [X.]lageänderung 99 Abs 1 und 2 SGG) darin, dass die [X.]lägerin ihren Antrag im Berufungsverfahren auf Gewährung von [X.] umgestellt hat. Das folgt schon daraus, dass sich die [X.] im Berufungsverfahren darauf eingelassen und einen Sachantrag gestellt hat (§ 99 Abs 2 SGG). Im Übrigen liegt in einer Namensänderung - weder bei einem Beteiligten noch bei einem begehrten Produkt - eine [X.]lageänderung. Das BSG geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die unrichtige Bezeichnung eines Beteiligten jederzeit - ohne die Beschränkungen des § 99 Abs 1 und 2 SGG - richtiggestellt werden kann (vgl [X.] vom 10.3.2011 - B 3 P 1/10 R - Rd[X.] 12 mwN). In gleicher Weise gilt dies für die Berichtigung aus Anlass einer Namensänderung eines Beteiligten. Nichts anderes hat hinsichtlich der Bezeichnung des Streitobjekts zu gelten, insbesondere im Falle der Umbenennung eines Medizinprodukts, wenn dieses auch nach seiner Umbenennung die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme (§ 6 Medizinproduktegesetz <[X.]>) erfüllen muss. Denn die damit verbundene Frage, ob das begehrte Medizinprodukt die nötige Produktsicherheit und Zwecktauglichkeit besitzt und in diesem Sinn auch den Anforderungen an die Q[X.]litätssicherung in der [X.] entspricht (vgl [X.], 133 = [X.] 4-2500 § 139 [X.], Rd[X.]7 mwN), ist keine Frage der Streitgegenstandsidentität, sondern der Erfüllung der materiellen Anspruchsvoraussetzungen (dazu sogleich unter 2.).

b) Bei einer bloßen Umbenennung des streitbefangenen Produkts bedarf es auch keines neuen Verwaltungsverfahrens als Sachurteilsvoraussetzung einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG). Denn die behördliche Leistungsablehnung erfasst das betroffene Produkt jedenfalls dann noch, wenn sich lediglich seine Bezeichnung ändert. So liegt es hier nach den unangegriffenen Feststellungen des [X.] bei der Namensänderung von [X.] zu [X.]. Auch wenn man unter dem Aspekt einer generellen Tatsache (vgl dazu BSG [X.] 4-1500 § 160a [X.] mwN) eine Ausnahme von der grundsätzlichen Bindung nach § 163 SGG machen wollte, ergäbe sich keine weitere Ermittlungspflicht des Senats. Denn die Feststellung des [X.] entspricht dem publizierten Hinweis an die Ärzteschaft, dass [X.] bei gleichbleibendem Produktinhalt zur Schaffung einer einheitlichen internationalen Marke durch den Hersteller [X.] eine Namensänderung erfahren hat ([X.] 2007, A 3353).

2. Die [X.]lägerin kann nach den gesetzlichen Vorgaben Versorgung mit [X.] nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage (vgl dazu BSG [X.] 4-1500 § 54 [X.] 1; BSG [X.] 4-3250 § 69 [X.] 12 mwN) nicht beanspruchen, da es im hier maßgeblichen Rechtssinne kein Arznei- oder Hilfsmittel, sondern ein Medizinprodukt ist (dazu a), das der [X.] nicht für verordnungsfähig erklärt hat. Versicherte haben nur dann Anspruch auf Versorgung mit einem Medizinprodukt - wie hier [X.] - als Teil notwendiger [X.]rankenbehandlung, wenn das Mittel in den Leistungskatalog der [X.] fällt. So liegt es, wenn die allgemeinen und besonderen Voraussetzungen des Anspruchs auf notwendige [X.]rankenbehandlung erfüllt sind (vgl näher [X.], [X.] 2007, 461). Versicherte haben nach § 27 Abs 1 [X.] [X.] Anspruch auf [X.]rankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine [X.]rankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder [X.]rankheitsbeschwerden zu lindern. Die [X.]rankenbehandlung umfasst auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs 1 [X.] [X.], § 31 Abs 1 [X.] [X.]), der Medizinprodukte nur ausnahmsweise unterfallen. Der [X.] legt in Richtlinien nach § 92 Abs 1 [X.] [X.] 6 [X.] fest, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 [X.] 1 oder [X.] [X.] zur Anwendung am oder im menschlichen [X.]örper bestimmt sind (dazu b), ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs 1 S 5, 7 und 8 und [X.] sowie die §§ 35, 126 und 127 [X.] gelten entsprechend (vgl § 31 Abs 1 [X.] [X.] idF des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen [X.]rankenversicherung <[X.]-OrgWG> vom 15.12.2008, [X.] 2426). Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach [X.] gilt § 34 Abs 1 S 6 [X.] entsprechend (§ 31 Abs 1 [X.] [X.], dazu c). Auf die Apothekenpflicht des Medizinprodukts kommt es nicht an (dazu d). Notwendig ist indes die Verkehrsfähigkeit (dazu e). Entscheidend ist alsdann die rechtmäßige Festlegung durch den [X.] in Richtlinien (dazu f).

a) [X.] unterliegt dem Anspruchsregime der [X.] für arzneimittelähnliche Medizinprodukte (§ 31 Abs 1 [X.] [X.]) und nicht jenem für Arzneimittel (§ 31 Abs 1 [X.] [X.]) oder Hilfsmittel (vgl dazu § 33 [X.]). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist notwendige, nicht hinreichende Bedingung für die Q[X.]lität als [X.]-Arzneimittel (§ 31 Abs 1 [X.] [X.]), dass [X.] iS des Arzneimittelgesetzes (Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln <[X.]>, neugefasst durch Bekanntmachung vom 12.12.2005, [X.] 3394, zuletzt geändert durch Art 13 Gesetz vom 22.12.2011, [X.] 2983) besteht (vgl zB [X.], 103 = [X.] 4-2500 § 31 [X.], Rd[X.] 15 mwN - [X.] Öl). Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte iS des § 3 [X.] (neugefasst durch Bekanntmachung vom 7.8.2002 [X.] 3146, zuletzt geändert durch Art 13 Gesetz vom 8.11.2011, [X.] 2178) sind gemäß § 2 Abs 3 [X.] 7 [X.] nicht Arzneimittel, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel iS des § 2 Abs 1 [X.]. Nach dieser Regelung sind Arzneimittel "Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, … 2. die im oder am menschlichen … [X.]örper angewendet oder einem Menschen … verabreicht werden können, um entweder a) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder b) eine medizinische Diagnose zu erstellen". Das [X.] gilt seinerseits nicht für Arzneimittel iS des § 2 Abs 1 [X.] (vgl § 2 Abs 5 [X.] 1 [X.]).

b) § 3 [X.] definiert - soweit hier von Interesse - Medizinprodukte als alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen mittels ihrer Funktionen zum Zwecke a) der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von [X.]rankheiten, b) der Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder [X.]ompensierung von Verletzungen oder Behinderungen, c) der Untersuchung, der Ersetzung oder der Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs oder d) der Empfängnisregelung zu dienen bestimmt sind und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen [X.]örper weder durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus erreicht wird, deren Wirkungsweise aber durch solche Mittel unterstützt werden kann (§ 3 [X.] 1 [X.]). Zudem sind Medizinprodukte auch Produkte nach § 3 [X.] 1 [X.], die einen Stoff oder eine Zubereitung aus Stoffen enthalten oder auf die solche aufgetragen sind, die bei gesonderter Verwendung als Arzneimittel iS des § 2 Abs 1 [X.] angesehen werden können und die in Ergänzung zu den Funktionen des Produktes eine Wirkung auf den menschlichen [X.]örper entfalten können (§ 3 [X.] [X.]).

[X.] ist ein Stoff oder eine Zubereitung aus Stoffen iS des [X.]. Das [X.] definiert den Begriff Stoff nicht. Auch das dem [X.] zugrunde liegende [X.] Sekundärrecht (vgl [X.]/[X.] des Rates vom 14.6.1993 über Medizinprodukte, [X.] vom [X.], [X.], zuletzt geändert durch die Richtlinie 2007/47/[X.] Europäischen Parlaments und des [X.], [X.] vom 21.9.2007, [X.]1; dazu d) enthält keine Definition des Stoffbegriffs. Im systematischen Gesamtzusammenhang kann jedoch der Stoffbegriff des [X.] erläuternd herangezogen werden. Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind 1. chemische Elemente und chemische Verbindungen sowie deren natürlich vorkommende Gemische und Lösungen, 2. Pflanzen, Pflanzenteile, Pflanzenbestandteile, Algen, Pilze und Flechten in bearbeitetem oder unbearbeitetem Zustand, 3. Tierkörper, auch lebender Tiere, sowie [X.]örperteile, -bestandteile und Stoffwechselprodukte von Mensch oder Tier in bearbeitetem oder unbearbeitetem Zustand, 4. Mikroorganismen einschließlich [X.] sowie deren Bestandteile oder Stoffwechselprodukte (§ 3 [X.]). Eine Zubereitung aus Stoffen besteht aus der Verarbeitung mehrerer Stoffe durch ihr Verbinden, Mischen, Filtern oder sonstige Vorgänge (vgl [X.] in [X.]/Wagner, [X.], 2. Aufl, 2010, § 3 Rd[X.] 1).

Die bestimmungsgemäße Hauptwirkung von [X.] im oder am menschlichen [X.]örper wird auch weder durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus erreicht. Entscheidend ist, dass die Zweckbestimmung vorwiegend auf physikalischem Weg erreicht wird. Die Zweckbestimmung muss medizinisch sein, sodass es auf die überwiegend physikalische Wirkung ankommt (hierzu BT-Drucks 12/6991 [X.]8; zur Abgrenzung vgl auch [X.] 2010, 435 - juris Rd[X.] 16; [X.] in [X.]/Wagner, [X.], 2. Aufl 2010, § 3 Rd[X.] 1).

Als vorwiegend physikalisch wirkender "Stoff" oder als Zubereitung aus Stoffen ist [X.] kein Hilfsmittel iS von § 33 Abs 1 [X.]. Hilfsmittel sind alle ärztlich verordneten Sachen, die den Erfolg der Heilbehandlung sichern oder Folgen von Gesundheitsschäden mildern oder ausgleichen. Dazu gehören insbesondere [X.]örperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel einschließlich der notwendigen Änderung, Instandhaltung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel ([X.], vgl zB [X.], 204, 206 = [X.] 3-2500 § 33 [X.] 41; [X.], 153 = [X.] 4-2500 § 27 [X.] 7, Rd[X.]7 - D-Ribose). Zwar ließe sich bei einem weiten sprachlichen Verständnis [X.] als Sache ansehen, die die Funktion hat, die Folgen von Gesundheitsschäden zu mildern oder auszugleichen. Ein solches Gesetzesverständnis würde aber die Gesetzessystematik vernachlässigen, welche Arzneimittel, Ernährungstherapien, Nahrungsergänzungsmittel und Stoffe sowie Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 [X.] 1 oder [X.] [X.] zur Anwendung am oder im menschlichen [X.]örper bestimmt sind, einer eigenständigen Regelung in § 31 [X.] unterworfen hat (vgl [X.] vom 5.7.2005 - B 1 [X.] 12/03 R - Quick & [X.]; [X.], 153 = [X.] 4-2500 § 27 [X.] 7, Rd[X.]7 - D-Ribose; [X.], 103 = [X.] 4-2500 § 31 [X.], Rd[X.] 51 mwN - [X.] Öl). Andererseits hat die beschränkte Einzelverweisung auf Stoffe sowie Zubereitungen aus Stoffen in § 31 Abs 1 [X.] [X.] zur Folge, dass beispielsweise Instrumente, Apparate und Vorrichtungen iS des § 3 [X.] 1 [X.] ggf als Hilfsmittel zu Lasten der [X.] verordnungsfähig sein können (vgl [X.], 133 = [X.] 4-2500 § 139 [X.], Rd[X.]7).

c) Es bedarf keiner Vertiefung, dass arzneimittelähnliche Medizinprodukte - entsprechend den Regeln für Arzneimittel - nicht Gegenstand des [X.]-Leistungskatalogs sind, wenn es sich um sog [X.] iS des § 34 Abs 1 S 7 und 8 [X.] handelt. Auch arzneimittelähnliche Bagatellmedizinprodukte gehören nicht zu den [X.]-Leistungen (§ 31 Abs 1 [X.] iVm § 34 Abs 1 S 6 [X.], entsprechend den [X.] bei sog geringfügigen Gesundheitsstörungen, § 34 Abs 1 S 6 [X.]), unabhängig davon, ob sie verschreibungspflichtig sind oder nicht ([X.] in [X.] [X.]omm, Stand April 2012, [X.], § 31 Rd[X.] 41; [X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.] Juni 2011, [X.] § 31 Rd[X.] 82). Diese Ausschlusstatbestände sind bei [X.] nicht erfüllt.

d) Nach der heute geltenden Fassung des § 31 Abs 1 [X.] kommt es nach Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte und Zielsetzung nicht mehr darauf an, ob das Medizinprodukt apothekenpflichtig ist. Allerdings ist der Anspruch des Versicherten im Arzneimittelsektor auf eine Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln beschränkt (§ 31 Abs 1 [X.] [X.], §§ 43 ff [X.] iVm § 7 Verordnung über apothekenpflichtige und freiverkäufliche Arzneimittel idF vom [X.], [X.] 314). Dies galt ursprünglich auch für arzneimittelähnliche Medizinprodukte, soweit sie bis zum Inkrafttreten des [X.] vom [X.] ([X.] 1963) dem Arzneimittelbegriff des [X.] unterfielen (vgl § 2 Abs 1 [X.] idF bis zum Inkrafttreten des [X.] am 1.1.1995). Mit Inkrafttreten des [X.] zur Umsetzung der Richtlinie 90/385/[X.] des Rates vom 20.6.1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über aktive implantierbare medizinische Geräte ([X.] vom 20.7.1990, [X.]7), zuletzt geändert durch die [X.]/[X.] (ABl L 220 [X.]), der [X.]/[X.] des Rates vom 14.6.1993 über Medizinprodukte ([X.] vom [X.], [X.]), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2001/104/[X.] ([X.]) und der [X.]/[X.] Europäischen Parlaments und des [X.] über In-vitro-Diagnostika ([X.] vom 7.12.1998, [X.]), gab es indessen Unklarheiten über den Anspruch des Versicherten auf Versorgung mit arzneimittelähnlichen Medizinprodukten. Durch das [X.] zur Änderung des Medizinproduktegesetzes (<2. [X.]-ÄndG> vom 13.12.2001, [X.] 3586) wurde daher in § 31 Abs 1 [X.] [X.] Halbs 1 mit folgendem Wortlaut eingefügt: "Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 [X.] 1 oder [X.] des [X.] am oder im menschlichen [X.]örper bestimmt und apothekenpflichtig sind und die bei Anwendung der am 31. Dezember 1994 geltenden Fassung des § 2 Abs 1 Arzneimittelgesetzes Arzneimittel gewesen wären, sind in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen…". Mit dieser Änderung sollte eine Anspruchsgrundlage für arzneimittelähnliche Medizinprodukte geschaffen werden, die vor dem Inkrafttreten des [X.] vom 1.1.1995 in den Regelungsbereich des [X.] einbezogen waren. Damit sollte klargestellt werden, dass insoweit ein Leistungsanspruch gegenüber den [X.]n besteht. Erfasst werden sollten ausschließlich arzneimittelähnliche Medizinprodukte (bereits auf dem Markt befindliche und künftig erscheinende), die bei Anwendung der am 31.12.1994 geltenden Fassung des § 2 Abs 1 [X.] als Arzneimittel anzusehen gewesen wären. Es handelte sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers bei diesen Produkten insbesondere um viskoelastische Substanzen (Hyaluronsäure), einige Spüllösungen (zB Ringer-Lösung) für Nase und Augen oder künstliche Tränen. Ehemalige Geltungsarzneimittel nach § 2 Abs 2 [X.] in der am 31.12.1994 geltenden Fassung wie zB Implantate oder Herzschrittmacher sollten dagegen nicht unter den Stoffbegriff fallen und daher nicht mittels dieser Regelung in die ambulante Arzneimittelversorgung einbezogen werden. Die [X.] sollte wie bei den Arzneimitteln Voraussetzung für die Leistungspflicht der [X.]n sein (BT-Drucks 14/6281 [X.]). Seit Inkrafttreten des 2. [X.]-ÄndG war daher für den Versorgungsanspruch des Versicherten zu prüfen, ob das Medizinprodukt apothekenpflichtig war. Die Apothekenpflicht hing [X.] davon ab, ob das Medizinprodukt nach der Verordnung über die Verschreibungspflicht von Medizinprodukten ([X.]) verschreibungspflichtig war (§ 11 Abs 3 [X.] iVm § 1 Abs 1 [X.] 1 Verordnung über Vertriebswege für Medizinprodukte <[X.]ertrV> vom [X.], [X.] 3148). Nach § 1 Abs 1 [X.] [X.] [X.] handelte es sich dabei [X.] um Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, welche der Verschreibungspflicht von Arzneimitteln nach der Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln - Arzneimittelverschreibungsverordnung ([X.]) unterlagen.

In der Folge führte die bisherige Fassung von § 31 Abs 1 [X.] [X.] in der Wahrnehmung des Gesetzgebers zu Schwierigkeiten in der praktischen Umsetzung. Ob [X.]osten eines arzneimittelähnliches Medizinproduktes tatsächlich erstattet werden konnten, war zum Teil Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen (vgl zum Erfordernis der namentlichen Nennung in der [X.] zB [X.] Urteil vom [X.] - [X.]8 [X.] 5/05; auch [X.] Berlin-Brandenburg Urteil vom 17.7.2008 - L 24 [X.] 149/07). Zur [X.]larstellung der [X.] hätte der [X.] im Rahmen des geltenden Rechtes aufgrund von § 92 Abs 1 [X.] [X.] zwar die Möglichkeit gehabt, in Richtlinien das Nähere zu den in der vertragsärztlichen Versorgung jeweils verordnungsfähigen Leistungen zu regeln. Diese Möglichkeit hat der [X.] bezogen auf die arzneimittelähnlichen Medizinprodukte nach Auffassung des Gesetzgebers indessen nicht genutzt (BT-Drucks 16/4455 [X.]). Mit dem Gesetz zur Änderung medizinprodukterechtlicher und anderer Vorschriften vom [X.] ([X.] 1066) hat der Gesetzgeber den [X.] daher unter Verzicht auf die bisherige gesetzliche Abgrenzung der Medizinprodukte nach ihrer Q[X.]lifizierung als apothekenpflichtige Arzneimittel zum Stand 31.12.1994 nunmehr zum [X.] verpflichtet, für die Beteiligten, insbesondere für Versicherte, Ärzte und [X.]n, Rechtssicherheit für die Versorgung in der täglichen Praxis zu schaffen, indem er in Richtlinien festlegt, welche arzneimittelähnlichen Medizinprodukte in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden (BT-Drucks 16/4455 [X.]; BT-Drucks 16/5280 [X.]3). Auf die Apothekenpflicht des Medizinprodukts kommt es demnach nicht mehr an. Mit dem Verzicht des Gesetzgebers auf die Apothekenpflicht ist auch außerhalb des [X.] (s dazu c) die Unterscheidung nach verschreibungspflichtigen und nicht verschreibungspflichtigen Medizinprodukten entbehrlich. Denn Apothekenpflicht und Verschreibungspflicht sind im Medizinprodukterecht - wie dargestellt - im Ansatz deckungsgleich (vgl § 11 Abs 3 [X.] iVm § 1 [X.] 1 [X.]ertrV).

e) Notwendige weitere Voraussetzung für die Zugehörigkeit eines arzneimittelähnlichen Medizinprodukts zum [X.]-Leistungskatalog ist die Verkehrsfähigkeit des Produkts nach [X.]. Der erkennende Senat geht für den Bereich der Arzneimittelversorgung in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass [X.] mit Medikamenten, die nach den Vorschriften des [X.] der Zulassung als Voraussetzung des Inverkehrbringens bedürfen, von der Leistungspflicht der [X.] grundsätzlich nur umfasst werden, wenn sie über die erforderliche arzneimittelrechtliche Zulassung verfügen (vgl § 21 [X.] für Fertigarzneimittel). Ohne die erforderliche Zulassung fehlt es an der krankenversicherungsrechtlichen Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit dieser Arzneimitteltherapie (vgl § 2 Abs 1 [X.], § 12 Abs 1 [X.]; [X.], vgl statt vieler zB [X.], 252, 256 f = [X.] 3-2200 § 182 [X.] 17 - Goldnerz-Aufbaucreme; [X.], 153 = [X.] 4-2500 § 27 [X.] 7, Rd[X.]2 mwN - D-Ribose; [X.], 103 = [X.] 4-2500 § 31 [X.], Rd[X.]9 - [X.] Öl; [X.] vom 8.11.2011 - B 1 [X.] 20/10 R - juris Rd[X.] 12 - Leucinose, zur [X.] in [X.] und [X.] vorgesehen).

Für arzneimittelähnliche Medizinprodukte (§ 31 Abs 1 [X.] [X.]) beansprucht dieser Grundsatz der negativen Vorgreiflichkeit ([X.] 89, 184, 185 f = [X.] 3-2500 § 31 [X.] 8 [X.]9 f - Sandoglobulin; [X.] 107, 261 = [X.] 4-2500 § 35 [X.] 5, Rd[X.]9; [X.] 107, 287 = [X.] 4-2500 § 35 [X.] 4, Rd[X.] 40 mwN - Sortis) in gleicher Weise Geltung. Die arzneimittelähnlichen Medizinprodukte müssen hierfür die spezifisch medizinprodukterechtlichen Voraussetzungen der Verkehrsfähigkeit erfüllen. An die Stelle der arzneimittelrechtlichen Zulassung (§§ 21 ff [X.]) tritt insoweit grundsätzlich die CE-[X.]ennzeichnung, soweit sie nicht kraft ausdrücklicher Ausnahmeregelung entbehrlich ist oder an ihre Stelle eine Sonderzulassung tritt (vgl § 6 Abs 1 [X.] iVm § 11 Abs 1 [X.]). Mit der CE-[X.]ennzeichnung dürfen Medizinprodukte grundsätzlich nur versehen werden, wenn die Grundlegenden Anforderungen nach § 7 [X.], die auf sie unter Berücksichtigung ihrer Zweckbestimmung anwendbar sind, erfüllt sind und ein für das jeweilige Medizinprodukt vorgeschriebenes [X.]onformitätsbewertungsverfahren nach Maßgabe der Medizinprodukteverordnung ([X.]) durchgeführt ist (§ 6 Abs 2 [X.] [X.]).

Die Grundlegenden Anforderungen sind für aktive implantierbare Medizinprodukte die Anforderungen des Anhangs 1 der Richtlinie 90/385/[X.] des Rates vom 20.6.1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über aktive implantierbare medizinische Geräte ([X.] vom 20.7.1990, [X.]7), die zuletzt durch Art 1 der Richtlinie 2007/47/[X.] ([X.] vom 21.9.2007, [X.]1) geändert worden ist, für In-vitro-Diagnostika die Anforderungen des [X.] der [X.]/[X.] und für die sonstigen Medizinprodukte die Anforderungen des [X.] der [X.]/[X.] des Rates vom 14.6.1993 über Medizinprodukte ([X.] vom [X.], [X.]), die zuletzt durch Art 2 der Richtlinie 2007/47/[X.] ([X.] vom 21.9.2007, [X.]1) geändert worden ist, in den jeweils geltenden Fassungen (§ 7 Abs 1 [X.]). Die Grundlegenden Anforderungen werden damit im Wege der dynamischen Verweisung ohne Umweg über eine Rechtsverordnung dem Unionsrecht entnommen (vgl Wagner in [X.]/Wagner, [X.], 2. Aufl 2010, § 7 Rd[X.] 1 f). Sie umfassen nicht nur Anforderungen an die Produktsicherheit, sondern ebenso an die Eignung entsprechend der Zweckbestimmung und an die Vertretbarkeit unerwünschter Nebenwirkungen. Der Nachweis der Übereinstimmung mit den Grundlegenden Anforderungen muss überdies eine klinische Bewertung umfassen (vgl zB Anhang I und X [X.]/[X.], §§ 19, 20 [X.], hierzu [X.] in [X.]/Wagner, [X.], 2. Aufl 2010, § 19 Rd[X.] 1).

Mit der CE-[X.]ennzeichnung geht dementsprechend auch der [X.] für den [X.] davon aus, dass das als Hilfsmittel zu q[X.]lifizierende Medizinprodukt grundsätzlich geeignet ist, den medizinischen Zweck zu erfüllen, den es nach den Angaben des Herstellers besitzen soll, und dass es die erforderliche Q[X.]lität besitzt, die notwendig ist, um die Sicherheit seines Benutzers zu gewährleisten (vgl [X.] 93, 183 = [X.] 4-2500 § 33 [X.] 8, Rd[X.] 8 - C-Leg). Mit der CE-[X.]ennzeichnung gilt bei der Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis der Nachweis der Funktionstauglichkeit und Sicherheit grundsätzlich als erbracht (vgl § 139 Abs 5 [X.] [X.]). Mit der CE-[X.]ennzeichnung ist ein Hilfsmittel im Sinne der Produktsicherheit und Zwecktauglichkeit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne funktionstauglich, ohne dass dies von den [X.]n oder Gerichten noch eigenständig zu prüfen wäre (vgl [X.], 133 = [X.] 4-2500 § 139 [X.], Rd[X.]7 f - Vacoped).

Nach den Angaben der [X.]lägerin verfügt [X.] über die nötige CE-[X.]ennzeichnung.

f) Das weitere tatbestandliche Erfordernis, dass der [X.] in Richtlinien die Verordnungsfähigkeit der nach den aufgezeigten gesetzlichen Rahmenbedingungen in Betracht kommenden verkehrsfähigen arzneimittelähnlichen Medizinprodukte positiv festgelegt hat, ist zwar verfassungskonform, in der Sache aber nicht erfüllt. Der [X.] hat den Auftrag des Gesetzgebers zur Festlegung, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Medizinprodukte ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen sind (§ 31 Abs 1 [X.] [X.]), in seiner [X.] umgesetzt (vgl [X.] idF vom 18.12.2008/22.1.2009, [X.] [X.] 49a vom 31.3.2009, in [X.] getreten am [X.], [X.]apitel J: Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten).

Die Richtlinien des [X.] sind in der Rechtsprechung des [X.] als untergesetzliche Rechtsnormen anerkannt. Ihre Bindungswirkung gegenüber allen Systembeteiligten steht außer Frage (vgl § 91 Abs 9 [X.] idF des [X.], jetzt § 91 [X.] [X.]). Das BSG zieht die [X.]mäßigkeit dieser Art der Rechtsetzung nicht mehr grundlegend in Zweifel. Es behält sich aber vor, die vom [X.] erlassenen, im Rang unterhalb des einfachen Gesetzesrechts stehenden normativen Regelungen formell und auch inhaltlich in der Weise zu prüfen, wie wenn der Bundesgesetzgeber derartige Regelungen in Form einer untergesetzlichen Norm - etwa einer Rechtsverordnung - selbst erlassen hätte, wenn und soweit hierzu auf Grund hinreichend substantiierten [X.] konkreter Anlass besteht ([X.]; vgl grundlegend [X.], 190 = [X.] 4-2500 § 27 [X.] 12, Rd[X.] 14 ff mwN - [X.]; [X.] vom [X.] [X.] 18/10 R - juris Rd[X.] 17 mwN, zur [X.] vorgesehen in [X.]).

[X.] zur Behandlung der interstitiellen Cystitis ist in der Übersicht der verordnungsfähigen Medizinprodukte nicht gelistet ([X.], [X.] zu Abschn J, Stand 15.3.2012, abrufbar unter www.g-ba.de).

3. Die [X.]lägerin kann auch nicht verlangen, so gestellt zu werden, als habe der [X.] [X.] in die Liste der verordnungsfähigen Medizinprodukte aufgenommen. Weder besteht ein Fall des Systemversagens durch Untätigkeit (dazu a) noch durch rechtswidrige Verweigerung (dazu b).

a) [X.] wegen Untätigkeit des [X.] kann nach allgemeinen Grundsätzen bei arzneimittelähnlichen Medizinprodukten jedenfalls dann bewirken, dass Versicherte so zu stellen sind, als habe der [X.] das begehrte Medizinprodukt gelistet, wenn er grundlos willkürlich untätig geblieben ist und jede andere Entscheidung unvertretbar, also willkürlich wäre. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zu § 135 Abs 1 [X.], die allerdings zu Sachverhalten vor Inkrafttreten der Ergänzung durch [X.] und 5 ([X.]-WSG) ergangen ist, kann für Methoden iS von § 135 Abs 1 [X.] ungeachtet des im Gesetz aufgestellten Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Leistungspflicht einer [X.] ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem [X.] trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (sog Systemversagen). Diese Durchbrechung beruht darauf, dass in solchen Fällen die in § 135 Abs 1 [X.] vorausgesetzte Akt[X.]lisierung der Richtlinien rechtswidrig unterblieben ist und deshalb die Möglichkeit bestehen muss, das [X.] erforderlichenfalls auf andere Weise zu überwinden (vgl [X.] 81, 54, 65 f = [X.] 3-2500 § 135 [X.] 4 [X.]1; BSG [X.] 3-2500 § 92 [X.] 12 S 70: "rechtswidrige Untätigkeit des [X.]"; [X.], 190 = [X.] 4-2500 § 27 [X.] 12, Rd[X.] 18 mwN - [X.]). Dieser Rechtsgedanke muss auch in den Fällen des § 31 Abs 1 [X.] [X.] greifen, um effektiven Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 GG) zu gewährleisten.

Die Voraussetzungen einer willkürlichen Untätigkeit des [X.] sind hier indes nicht erfüllt. Vielmehr hat der [X.] den entsprechenden Antrag des Herstellers in vertretbarer [X.] abgelehnt. Der Gesetzgeber hat den [X.] - wie ausgeführt - erst zum [X.] verpflichtet, durch Richtlinien festzulegen, welche arzneimittelähnlichen Medizinprodukte in die Arzneimittelversorgung einzubeziehen sind (dazu II.2.d). Den Antrag des Herstellers vom [X.], [X.] in [X.] der [X.] aufzunehmen, hat der [X.] am 17.7.2008 beschieden und über den Widerspruch vom 3[X.] alsdann am 18.2.2010 entschieden.

b) Auch bei einer zeitlich vertretbaren Entscheidung des [X.] kann aber ein Versicherter verlangen, so gestellt zu werden, wie wenn der [X.] das begehrte Produkt gelistet hätte, wenn jede andere Entscheidung willkürlich wäre. Diese Voraussetzung ist ebenfalls nicht erfüllt. Das vor dem [X.] Berlin-Brandenburg schwebende Verfahren (L 7 [X.]A 7/[X.]) hindert den Senat insoweit nicht an einer eigenen Überprüfung der Entscheidung des [X.], [X.] nicht in die Liste der verordnungsfähigen Medizinprodukte aufzunehmen.

§ 31 Abs 1 [X.] Halbs 2 [X.] eröffnet dem pharmazeutischen Hersteller zwar in entsprechender Anwendung der Vorschrift des § 34 [X.] [X.] über das Verfahren der Aufnahme nicht verschreibungsfähiger Arzneimittel in die OTC (over the counter)-Liste die Möglichkeit eines Antrags auf Listung verordnungsfähiger Medizinprodukte durch den [X.] und hieran anschließend eigene Rechtsschutzmöglichkeiten mit zentraler Zuständigkeit des [X.] Berlin-Brandenburg (§ 29 Abs 4 [X.] SGG). Ein Ausschluss der Inzidentprüfung der [X.] besteht nach dem gesetzlichen Rechtsschutzkonzept im Verhältnis zur Anfechtungs- und Leistungsklage des Versicherten bei Versagung des begehrten Medizinprodukts gleichwohl nicht (zum - allerdings anders gearteten - zweigeteilten Rechtsschutz nach § 35 [X.], vgl BSG Urteil vom selben Tage - B 1 [X.] 22/11 R, zur [X.] vorgesehen in [X.] und [X.]).

Soweit der oben (dazu [X.]) dargelegte gesetzliche Regelungsgehalt reicht, verbleibt dem [X.] kein Gestaltungsspielraum. Der [X.] entscheidet erst über die weitere [X.]onkretisierung des Gesetzes als Normgeber. Insoweit darf die sozialgerichtliche [X.]ontrolle ihre eigenen Wertungen nicht an die Stelle der vom [X.] getroffenen Wertungen setzen. Vielmehr beschränkt sich die gerichtliche Prüfung in diesen Segmenten darauf, ob die Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen sowie die gesetzlichen Vorgaben nachvollziehbar und widerspruchsfrei Beachtung gefunden haben, um den Gestaltungsspielraum auszufüllen (vgl [X.] vom [X.] [X.] 18/10 R - juris Rd[X.] 19, zur [X.] vorgesehen in [X.]; [X.] 107, 287 = [X.] 4-2500 § 35 [X.] 4, Rd[X.]8 mwN - Sortis). Nach diesem Maßstab hat der [X.] die [X.]riterien für die Aufnahme in die Liste der ausnahmsweise verordnungsfähigen Medizinprodukte in den [X.] formell und inhaltlich rechtmäßig festgelegt.

Der [X.] hat die im Interesse der verfassungsrechtlichen Anforderungen der [X.] ausgestalteten verfahrensrechtlichen Anforderungen gewahrt (vgl [X.]ap 1 und 4 Abschn 1 Verfahrensordnung <[X.]> des [X.] idF vom 18.12.2008, veröffentlicht im [X.] [X.] 84a vom [X.], zuletzt geändert am 19.1.2012, veröffentlicht im [X.] [X.]6, [X.] vom [X.]). Der [X.] hat zudem die [X.]riterien für die Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten unter Berücksichtigung des gesetzlich festgelegten [X.] (§ 31 Abs 1 [X.] Halbs 1 [X.]) auch inhaltlich rechtmäßig festgelegt. Die in [X.]ap 4 Abschn 5 [X.] festgelegten Anforderungen an die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Verordnungsfähigkeit des Medizinprodukts ([X.]ap 4 § 38 [X.]), die Bewertungskriterien zur Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit ([X.]ap 4 § 39 [X.]) sowie den Nachweis der medizinischen Notwendigkeit ([X.]ap 4 § 40 [X.]) harmonisieren durch die dort niedergelegten Erfordernisse der Verkehrsfähigkeit der Medizinprodukte, ihrer medizinischen Notwendigkeit nach Eignung, Interventionsbedürftigkeit, allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse des diagnostischen und therapeutischen Nutzens sowie fehlender Verfügbarkeit anderer, zweckmäßigerer Behandlungsmöglichkeiten, sowie ferner deren Nachweis anhand von Studien höchstmöglicher Evidenz und ggf weiterer Literatur mit dem gesetzlichen Regelungskonzept (§§ 27, 31, 34 [X.] iVm § 2 Abs 1 [X.], § 12 Abs 1 [X.]). Gleiches gilt für die ergänzenden [X.]onkretisierungen in §§ 27 ff [X.] zum Umfang des Anspruchs unter näherer Berücksichtigung der Verordnungsausschlüsse nach §§ 31, 34 [X.], zur zusätzlichen Bewertung nach § 135 Abs 1 [X.] [X.] im Falle der Anwendung einer ärztlichen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode (vgl zB [X.] vom [X.] [X.] 30/06 R - juris Rd[X.] 12 mwN - [X.]) sowie zur näheren Eingrenzung der arzneimittelähnlichen Medizinprodukte und der Notwendigkeit ihrer medizinischen Intervention unter Berücksichtigung von Spontanverläufen.

Anhand der dargelegten Prüfkriterien ist es nicht als Systemversagen zu beanstanden, dass der [X.] das Medizinprodukt [X.] bisher nicht in [X.] der [X.] aufgenommen hat (zur Beobachtungspflicht nach Beschlussfassung vgl [X.] 107, 261 = [X.] 4-2500 § 35 [X.] 5, Rd[X.] 73 ff; [X.] 107, 287 = [X.] 4-2500 § 35 [X.] 4, Rd[X.] 70 ff mwN - Sortis).

Angesichts der multifaktorellen Genese der interstitiellen Cystitis durfte der [X.] bereits berechtigte Zweifel an der Eignung von [X.] zur Behandlung der interstitiellen Cystitis hegen (Beschlussbegründungen vom 17.7.2008 [X.] und [X.] ff). Ebenso ist der [X.] in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass der therapeutische Nutzen von [X.] nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Verhältnisse entspricht, weil q[X.]litativ hochwertige, belastbare Studien der [X.] für [X.] in der vorgesehenen Indikation der interstitiellen Cystitis nicht vorhanden sind (Beschlussbegründungen vom 17.7.2008 [X.] und 18.2.2010 [X.]5 ff).

Dies behauptet auch die [X.]lägerin nicht. Sie ist vielmehr der Ansicht, der [X.] sei eine Wahrscheinlichkeitsaussage, die auf der best verfügbaren ("best available") Evidenz in der [X.]lassifikation der evidenzbasierten Medizin beruhe, mithin auf niedrigeren Rangstufen geführt werden könne, wenn eine höherrangige Evidenz nicht vorhanden sei (unter Bezug auf [X.]/[X.], [X.], 5). Zwar trifft es nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats zu, dass bei Fehlen höherrangiger Studien auf andere aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden kann (vgl auch [X.] 107, 287 = [X.] 4-2500 § 35 [X.] 4, Rd[X.] 62 mwN - Sortis). [X.]einer Beanstandung unterliegt indes die Verfahrensweise des [X.], generell den Beleg der medizinischen Notwendigkeit des Einsatzes eines Medizinprodukts anhand von Studien höchstmöglicher Evidenz und ggf weiterer Literatur zu fordern ([X.]ap 4 § 40 Abs 1 [X.]) und die Aufnahme in [X.] [X.] abzulehnen, wenn die vorgelegten Belege niederer Evidenz im konkreten Bewertungsfall unter [X.] nicht als ausreichend erscheinen. Bei der [X.]lassifizierung der Evidenzstufen ist im Hinblick auf die "höchstmögliche Evidenz" auf [X.]ap 4 § 7 Abs 4 [X.] zurückzugreifen, wo die einzelnen Evidenzstufen näher erläutert sind. Danach bedarf es grundsätzlich eines Beleges durch Unterlagen der [X.] (Ia: Systematische Übersichtsarbeiten von Studien der Evidenzstufe [X.], [X.]: Randomisierte klinische Studien). [X.]eine der vorliegenden [X.]en genügt diesen Anforderungen, so dass die verbleibenden Zweifel an einem durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerten [X.]onsens in den einschlägigen Fachkreisen über den diagnostischen oder therapeutischen Nutzen (vgl [X.]ap 4 § 40 Abs 2 [X.]) von [X.] die Entscheidung des [X.] nachvollziehbar erscheinen lassen.

4. Die nach § 31 Abs 1 [X.] [X.] gesetzlich nur eingeschränkte Öffnung des Leistungskatalogs der [X.] für Medizinprodukte beruht auf sachgerechten Gründen, ohne dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG zu widersprechen (vgl [X.] vom 8.11.2011 - B 1 [X.] 20/10 R - juris Rd[X.]6 mwN - Leucinose, zur [X.] vorgesehen in [X.] und [X.]). Die [X.]n sind von [X.] wegen nicht gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (vgl [X.] Beschluss vom 5.3.1997 - 1 BvR 1071/95 - NJW 1997, 3085; [X.]E 115, 25, 45 = [X.] 4-2500 § 27 [X.] 5; [X.], 153 = [X.] 4-2500 § 27 [X.] 7, Rd[X.]8 f mwN - D-Ribose; [X.], 103 = [X.] 4-2500 § 31 [X.], Rd[X.] 46 - [X.] Öl). Das [X.] hat vielmehr Medizinprodukte grundsätzlich aus dem Leistungskatalog der [X.] ausgeschlossen, sie also dem Bereich der Eigenverantwortung des Versicherten zugerechnet (§ 2 Abs 1 [X.] [X.]), mag hierfür den Versicherten auch krankheitsbedingt ein Mehraufwand entstehen. Damit trägt er der begrenzten Aufgabenstellung der [X.] Rechnung, sich auf gezielte Maßnahmen der [X.]rankheitsbekämpfung zu beschränken (vgl [X.], 103 = [X.] 4-2500 § 31 [X.], Rd[X.] 46 - [X.] Öl; vgl auch [X.] Beschluss 1. Senat 3. [X.]ammer vom 17.11.2010 - 1 BvR 556/09). Die ausnahmsweise Einbeziehung arzneimittelähnlicher Medizinprodukte nach Festlegung durch den [X.] beruht auf der sachlichen Nähe dieser Medizinprodukte zu Arzneimitteln und vermeidet [X.], die nach früherem Recht zu Unklarheiten geführt hatten (s dazu II.2.d).

5. Die [X.]ostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Meta

B 1 KR 23/11 R

03.07.2012

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Oldenburg (Oldenburg), 5. September 2007, Az: S 6 KR 229/06, Urteil

§ 2 Abs 1 S 1 SGB 5, § 2 Abs 1 S 3 SGB 5, § 12 Abs 1 SGB 5, § 27 Abs 1 S 1 SGB 5, § 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB 5, § 31 Abs 1 S 1 SGB 5, § 31 Abs 1 S 2 SGB 5 vom 15.12.2008, § 31 Abs 1 S 3 Halbs 1 SGB 5 vom 13.12.2001, § 31 Abs 1 S 3 SGB 5 vom 15.12.2008, § 33 Abs 1 SGB 5, § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB 5, § 135 Abs 1 SGB 5, AMRL, § 54 Abs 4 SGG, § 99 Abs 1 SGG, § 99 Abs 2 SGG, § 2 Abs 5 Nr 1 MPG, § 3 Nr 1 MPG, § 3 Nr 2 MPG, § 6 Abs 1 S 1 MPG, § 6 Abs 2 S 1 MPG, § 7 MPG, § 11 Abs 1 MPG, § 11 Abs 3 MPG, § 2 Abs 1 Nr 2 AMG 1976 vom 24.08.1976, § 2 Abs 2 AMG 1976 vom 19.10.1994, § 2 Abs 3 Nr 7 AMG 1976, § 21 AMG 1976, §§ 21ff AMG 1976, § 43 AMG 1976, §§ 43ff AMG 1976, § 7 AMVerkRV, § 1 Abs 1 Nr 1 MPVertrV, § 1 Abs 1 Nr 2 MPVertrV

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 03.07.2012, Az. B 1 KR 23/11 R (REWIS RS 2012, 5058)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5058

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