Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.05.2011, Az. 3 AZR 355/09

3. Senat | REWIS RS 2011, 6119

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Gegenstand

Anrechnung von Versorgungsbezügen auf betriebliche Altersversorgung im öffentlichen Dienst


Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 17. Dezember 2008 - 10 [X.]/08 - aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 26. Februar 2008 - 32 Ca 8549/07 - wird insoweit zurückgewiesen, als die Beklagte verurteilt wurde, an den Kläger ab dem 1. März 2007 monatlich einen zusätzlichen Betrag iHv. 940,99 Euro brutto als Betriebsrente zu zahlen.

Im Übrigen wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die beklagte Landeshauptstadt berechtigt ist, auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ein Ruhegehalt anzurechnen, das dem Kläger aufgrund der Wahrnehmung eines [X.] zusteht.

2

Der Kläger ist 1944 geboren. Er trat am 3. Oktober 1966 in ein Arbeitsverhältnis zur [X.]. Das Arbeitsverhältnis unterfällt kraft beiderseitiger Tarifbindung dem „Tarifvertrag zur Regelung der Eigenversorgung bei der [X.] vom 5. Mai 2005“ (im Folgenden: [X.]). Dieser lautet auszugsweise:

        

„...   

        

Abschnitt VI

        

Anrechnung

        

§ 18   

        

Anrechnung auf die Betriebsrente wegen Alters, die vorgezogene Betriebsrente wegen Alters und die Betriebsrente wegen Erwerbsminderung

                 
        

(1)     

Auf die Betriebsrente wegen Alters, die vorgezogene Betriebsrente wegen Alters und die Betriebsrente wegen Erwerbsminderung werden die in Abs. 2 bis 4 genannten Bezüge der Versorgungsempfängerin/des Versorgungsempfängers angerechnet.

        

(2)     

[X.] werden mit dem vollen Betrag

                 

(a)     

Betriebsrenten, Pensionen, Ruhegelder und sonstige Geldleistungen aus früheren Beschäftigungsverhältnissen oder Tätigkeiten und entsprechende Hinterbliebenenleistungen

                 

(b)     

Geldleistungen aus einer Zusatzversorgungseinrichtung

                 

(c)     

Geldleistungen aus der Kranken- und Arbeitslosenversicherung sowie Übergangsgelder vom Sozialversicherungsträger.

                 

Leistungen, die aus freiwilligen, von der /dem Beschäftigten aufgebrachten Beiträgen stammen, oder freiwillige Leistungen bleiben unberücksichtigt.

        

…       

        
        

(6)     

Die nach Anrechnung gemäß Abs. 2 bis 4 verbleibende Betriebsrente wegen Alters, vorgezogene Betriebsrente wegen Alters und Betriebsrente wegen Erwerbsminderung beträgt monatlich mindestens 26 €.

        

...     

        

Abschnitt VII

        

Ruhen der laufenden Versorgungsleistungen

        

§ 21   

        

Ruhen der Betriebsrente wegen Alters, ...

        

(1)     

Erzielt eine Versorgungsempfängerin/ein Versorgungsempfänger ein Einkommen aus selbständiger oder nicht selbständiger Arbeit, so ruht die Betriebsrente wegen Alters ... insoweit, als das Monatseinkommen zusammen mit der Betriebsrente und der Sozialversicherungsrente die Limitierungsgrenze nach Abs. 2 übersteigt. …

        

...     

        
        

Abschnitt XI

        

Allgemeine Bestimmungen

        

§ 32   

        

Zahlungsweise

        

(1)     

Die Rentenzahlungen werden monatlich im Voraus im Wege der Überweisung auf ein in der Europäischen Union einzurichtendes Bankkonto der Versorgungsempfängerin/des Versorgungsempfängers erbracht. …

        

...“   

        

3

Der Kläger war ab dem 8. Februar 1995 Erster Bürgermeister der [X.] und bei der [X.] zur Wahrnehmung dieses [X.] unter Fortfall seiner Vergütung beurlaubt. Das Arbeitsverhältnis zur [X.] endete durch Aufhebungsvertrag vom 15. Januar 2007 zum 31. Januar 2007, das Bürgermeisteramt bei der [X.] endete mit dem 7. Februar 2007.

4

Seit dem 1. Februar 2007 erhält der Kläger Altersrente der [X.] für langjährig Versicherte. Er bezieht seit dem 8. Februar 2007 zudem aufgrund eines Bescheides der [X.] eine beamtenrechtliche Versorgung des [X.] iHv. monatlich 2.362,81 Euro; für den Monat Februar 2007 erhielt er anteilig 1.772,11 Euro. Eine Anrechnung der von der [X.] gewährten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sieht dieser Bescheid nicht vor.

5

Mit Schreiben vom 10. Januar 2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, auf seinen Antrag hin erhalte er ab dem 1. Februar 2007 eine vorgezogene Betriebsrente wegen Alters. Nach Anrechnung seiner Versorgungsbezüge aus dem kommunalen Wahlamt auf die sich errechnende Rente in Höhe von 966,99 Euro monatlich verbleibe lediglich die nach dem [X.] garantierte Mindestversorgung von 26,00 Euro monatlich.

6

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Tarifvertrag schließe eine Anrechnung der seitens der [X.] gewährten Versorgungsleistungen auf die von der [X.] zu zahlende Betriebsrente aus. Die Beklagte sei daher verpflichtet, ihm eine zusätzliche monatliche Rente von 940,99 Euro zu gewähren.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn monatlich ab dem 1. Februar 2007 einen zusätzlichen Betrag iHv. 940,99 Euro brutto als Betriebsrente zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat sie auf die Berufung der [X.] abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen zuletzt gestellten Antrag weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Zu Unrecht hat das [X.] die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage ist, soweit sie sich auf Zahlung einer zusätzlichen monatlichen Betriebsrente in Höhe von 940,99 Euro brutto ab März 2007 richtet, begründet. Insoweit war daher das der Klage stattgebende erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen. Auch hinsichtlich der für [X.]ebruar 2007 begehrten Zahlung hätte das [X.] die Klage nicht mit der von ihm gegebenen Begründung abweisen dürfen. Der [X.] kann nicht abschließend entscheiden, ob die Klage insoweit begründet ist. Dazu bedarf es weiterer [X.]eststellungen, so dass der Rechtsstreit insoweit an das [X.] zurückzuverweisen ist.

I. Die Klage ist zulässig.

1. Der Kläger macht wiederkehrende Leistungen geltend. Seine Klage ist darauf gerichtet, dass die [X.] sowohl rückwirkend seit Eintritt des [X.] als auch künftig monatlich an ihn über den Betrag von 26,00 Euro hinaus weitere 940,99 Euro zahlt. Gem. § 32 Abs. 1 [X.] werden die Rentenzahlungen monatlich im Voraus erbracht. Der Kläger begehrt somit die Zahlung für die einzelnen Monate jeweils zum Monatsersten.

[X.]ür die so verstandene Klage liegen die Voraussetzungen des § 258 ZPO vor. [X.] hängen von keiner Gegenleistung ab. [X.]ür eine Klage auf künftige Ruhegeldzahlungen muss im Gegensatz zu § 259 ZPO nicht die Besorgnis bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde ([X.] 9. November 1999 - 3 [X.] - zu A 2 der Gründe, [X.] [X.] § 7 Nr. 96 = EzA [X.] § 7 Nr. 62).

2. Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger verlangt Zahlung an sich selbst und damit längstens für die Dauer seines Lebens. Das musste er nicht ausdrücklich in den Klageantrag aufnehmen ([X.] 29. April 2008 - 3 [X.] - Rn. 18, [X.] [X.] § 2 Nr. 58 = EzA [X.] § 2 Nr. 30).

II. Die Klage ist hinsichtlich der geltend gemachten Differenzbeträge ab März 2007 begründet. In Bezug auf die für [X.]ebruar 2007 begehrte Zahlung bedarf es weiterer [X.]eststellungen.

1. Dem Kläger steht seit März 2007 nach dem [X.] eine Betriebsrente in rechnerisch unstreitiger Höhe von 966,99 Euro monatlich zu. Da die [X.] ihm monatlich eine Betriebsrente in Höhe von 26,00 Euro zahlt, hat er Anspruch auf den von ihm begehrten Differenzbetrag in Höhe von 940,99 Euro monatlich. Die [X.] ist nicht berechtigt, die Versorgungsbezüge des [X.], die er als kommunaler [X.]r der [X.] erhält, auf den [X.] anzurechnen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob § 18 Abs. 2 Satz 1 (a) [X.] die Anrechnung der Versorgungsbezüge auf die Betriebsrente vorsieht. Dies widerspräche jedenfalls § 55 des Beamtenversorgungsgesetzes in der am 31. August 2006 geltenden [X.]assung. Diese Vorschrift ist im Streitfall anwendbar. Sie regelt nicht nur, inwieweit Versorgungsbezüge neben Renten aus einer zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angehörige des öffentlichen Dienstes zu zahlen sind, sondern schließt gleichzeitig die Anrechnung von Versorgungsbezügen auf eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angehörige des öffentlichen Dienstes aus.

a) Das Beamtenversorgungsgesetz ([X.]) ist in der am 31. August 2006 geltenden [X.]assung (Bekanntmachung vom 16. Dezember 1994, [X.]I S. 3858, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Dezember 1995, [X.]I S. 1942) nach seinem § 1 Abs. 1 auch auf Gemeindebeamte wie den Kläger anwendbar. Es gilt in dieser [X.]assung nach Art. 125a Abs. 1 [X.] und der derzeitigen [X.]assung des § 108 Abs. 1 [X.] für kommunale [X.] im [X.] als [X.]esrecht weiter.

aa) Art. 125a Abs. 1 [X.] regelt die Rechtsfolgen ua. der Aufhebung des Art. 74a [X.] und der Änderung des Art. 74 Abs. 1 [X.] mit Wirkung zum 1. September 2006 durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 ([X.]I S. 2034, in [X.] getreten gem. Art. 2 am Tag nach der Verkündung, verkündet am 31. August 2006). Mit diesem Gesetz wurde die Gesetzgebungskompetenz von [X.] und Ländern neu geregelt. Soweit ua. durch die Änderung der genannten Bestimmungen der [X.] keine Zuständigkeit zur Gesetzgebung mehr hat, gilt als [X.]esrecht erlassenes Recht, das aufgrund der Änderungen nicht mehr als [X.]esrecht erlassen werden könnte, nach Art. 125a Abs. 1 [X.] als [X.]esrecht fort, bis es durch Landesrecht ersetzt worden ist.

bb) Das [X.] fällt unter diese Regelung, soweit es nicht die [X.]esbeamten betrifft. Es wurde insoweit als [X.]esrecht auf der Grundlage des aufgehobenen Art. 74a Abs. 1 [X.] erlassen. Danach stand dem [X.] die konkurrierende Gesetzgebung ua. für die Versorgung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen, zu, soweit er nicht für die Rechtsverhältnisse der [X.]esbediensteten nach Art. 73 Nr. 8 [X.] die ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit hatte. Art. 74a [X.] wurde ersatzlos aufgehoben und hinsichtlich des in den Ländern geltenden Beamtenrechts durch Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 [X.] ersetzt. Danach steht dem [X.] zwar noch die konkurrierende Gesetzgebung für die Statusrechte und -pflichten der Beamten der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts zu, jedoch ist das [X.] ausdrücklich ausgenommen. Das [X.] könnte daher, soweit es die Gemeindebeamten betrifft, nicht mehr als [X.]esrecht erlassen werden.

cc) Das [X.] in der am 31. August 2006 geltenden [X.]assung gilt somit für die Gemeindebeamten als [X.]esrecht so lange fort, bis es durch Landesrecht ersetzt ist. Dies ist für die kommunalen [X.]n im [X.] nicht geschehen. Zwar wurde in [X.] inzwischen das [X.] Beamtenversorgungsgesetz vom 5. August 2010 erlassen (GVBl. S. 410). Dies ersetzt nach seinem Art. 117 weitgehend das [X.]. Jedoch gilt die Neuregelung nicht für kommunale [X.]. Hinsichtlich dieses Personenkreises wird vielmehr in Art. 1 Abs. 2 des [X.]n Beamtenversorgungsgesetzes auf ein besonderes Gesetz verwiesen. Ein solches wurde bislang nicht erlassen.

Soweit das [X.] Gesetz über kommunale [X.] in Art. 56 iVm. Abschn. [X.] enthält, konnten diese das [X.] nicht ersetzen, weil sie vor dem 31. August 2006 erlassen wurden. Sie bestanden bereits am 1. Januar 1977 (Bekanntmachung vom 19. November 1970, GVBl. S. 616, zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Dezember 1976, GVBl. S. 570) und traten daher ihrerseits im Wesentlichen nach § 105 Satz 1 iVm. § 109 Abs. 1 [X.] in seiner Ursprungsfassung (Gesetz vom 24. August 1976, [X.]I S. 2485) an diesem Tag außer [X.]. Nach diesen Bestimmungen wurden dem [X.] entsprechende oder widersprechende Rechtsvorschriften, also auch Landesgesetze, mit Inkrafttreten des [X.] am 1. Januar 1977 aufgehoben.

b) § 55 [X.] in der am 31. August 2006 geltenden [X.]assung steht einer Anrechnung der Versorgungsbezüge des [X.] auf seine von der [X.] bezogene Betriebsrente entgegen. Die Bestimmung ist auf den Streitfall anwendbar. Sie verbietet eine Anrechnung von Versorgungsbezügen auf Leistungen der zusätzlichen Altersversorgung im öffentlichen Dienst.

aa) Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 [X.] in der am 31. August 2006 geltenden [X.]assung werden Versorgungsbezüge neben Renten aus einer zusätzlichen Altersversorgung für Angehörige des öffentlichen Dienstes nur bis zu der in § 55 Abs. 2 [X.] näher bestimmten Höchstgrenze gezahlt. Soweit also ein Versorgungsempfänger Leistungen einer zusätzlichen Altersversorgung für Angehörige des öffentlichen Dienstes bezieht, ordnet die Bestimmung eine Kürzung der Versorgungsbezüge an, jedoch keine Verringerung der zusätzlichen Altersrente für Angehörige des öffentlichen Dienstes.

bb) Diese Bestimmung ist auf die Versorgungs- und [X.] des [X.] anwendbar.

(1) Bei der von der [X.] geleisteten Betriebsrente handelt es sich um eine zusätzliche Altersversorgung für Angehörige des öffentlichen Dienstes, da sie neben der gesetzlichen Sozialversicherungsrente gezahlt wird. Entgegen der Ansicht der [X.] beschränkt sich § 55 [X.] nicht darauf, das Verhältnis von Versorgungsbezügen zu Renten zu regeln, die von den für den öffentlichen Dienst typischen Versorgungskassen wie beispielsweise der Versorgungsanstalt des [X.]es und der Länder gezahlt werden. [X.]ür eine derartige Einschränkung gibt der Wortlaut des Gesetzes nichts her. Auch sein Zweck, eine Überversorgung aus öffentlichen Kassen zu vermeiden, steht einer derartigen Beschränkung entgegen.

(2) Es kann offenbleiben, ob - wie die [X.] meint - der [X.] seinerseits eine Anrechnung der Beamtenversorgung auf die tariflich geregelte Betriebsrente vorsieht. Auch dann ginge die gesetzliche Regelung vor (vgl. [X.]/Wiedow [X.] Stand April 2011 § 55 [X.] Rn. 16 f.).

(3) Ebenso wenig ist die Anwendung von § 55 [X.] deswegen ausgeschlossen, weil die [X.] bislang die von der [X.] zu leistende Betriebsrente nicht auf die Beamtenversorgung angerechnet hat.

Nach § 3 [X.] in der hier maßgeblichen am 31. August 2006 geltenden [X.]assung gilt hinsichtlich der Beamtenversorgung eine strenge Gesetzesbindung: Weder ist der Dienstherr berechtigt, eine über die gesetzlichen Ansprüche hinausgehende Versorgung zu gewähren, noch kann der Beamte auf seine Versorgungsbezüge verzichten. Die [X.] ist deshalb verpflichtet, im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen die Betriebsrente des [X.] auf die Beamtenversorgung anzurechnen.

cc) § 55 [X.] in der am 31. August 2006 geltenden [X.]assung regelt nicht nur die Anrechnung von zusätzlichen Altersversorgungsleistungen für Angehörige des öffentlichen Dienstes auf die Beamtenversorgung, er schließt darüber hinaus die Anrechnung der Beamtenversorgung auf diese Leistungen aus. Das ergibt sich aus Sinn und Zweck unter Berücksichtung der Entstehungsgeschichte der Vorschrift.

(1) § 55 [X.] dient dazu, Doppelversorgungen zu verhindern. Dies ergibt sich für das Zusammentreffen von Beamtenversorgung mit Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung aus § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] in der hier maßgeblichen [X.]assung, wonach Versorgungsbezüge neben Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung nur bis zum Erreichen bestimmter Höchstgrenzen gezahlt werden. Gleiches gilt nach § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] in der hier anwendbaren [X.]assung für zusätzliche Leistungen der Altersversorgung für öffentlich Bedienstete.

§ 55 [X.] ist eine Nachfolgeregelung zu § 160 des [X.]esbeamtengesetzes und § 85a des Beamtenrechtsrahmengesetzes, die durch Gesetz vom 31. August 1965 ([X.]I S. 1007) erlassen wurden. Systematisch waren diese Regelungen genauso ausgestaltet wie § 55 [X.] in der hier maßgeblichen [X.]assung. Ihnen lag ein Gesetzesentwurf der [X.]esregierung zugrunde (BT-Drucks. [X.]/2174). Danach war Ziel dieser Regelungen der Abbau von Doppelversorgung insbesondere durch den Bezug von Beamtenversorgung einerseits und gesetzlicher Rente andererseits. Dafür wurden drei Möglichkeiten gesehen: Die „Gewährung beider Versorgungen mit Beseitigung der [X.]olgen der Doppelversorgung durch eine Ruhensregelung im Beamtenrecht“, die „Gewährung nur der Beamtenversorgung mit Ablösung“ der anderen Versorgungsanwartschaften und die „Gewährung beider Versorgungen mit Beseitigung der Ursachen der Doppelversorgung im Beamtenrecht“. Der Gesetzesentwurf hat sich für die erste Lösungsmöglichkeit entschieden; die Beseitigung der Doppelversorgung sollte durch eine Ruhensregelung im Beamtenrecht erreicht werden (BT-Drucks. [X.]/2174 S. 18 f.). Diesen gesetzlichen Regelungen und damit auch § 55 [X.] in der hier maßgebenden [X.]assung lag also die Zielrichtung zugrunde, für das Problem der Doppelversorgung beim Zusammentreffen von Beamtenversorgung und anderen Leistungen wie der zusätzlichen Altersversorgung für Angehörige des öffentlichen Dienstes ausschließlich im Beamtenversorgungsrecht [X.]estlegungen zu treffen. Damit ist eine Anrechnung von Beamtenversorgung auf die anderen Leistungen, die zu einer Doppelversorgung führen, nicht vereinbar.

(2) Die spätere Rechtsentwicklung hat daran nichts geändert. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber zwischenzeitlich in anderem Zusammenhang die Beseitigung einer Doppelversorgung nicht im Beamtenversorgungsrecht geregelt hat.

Nach § 71 Abs. 4 SGB VI bleiben an sich rentensteigernde beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten bei der Berechnung der gesetzlichen Rente unberücksichtigt, soweit sie bei einer Versorgung aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis ruhegehaltsfähig sind. Diese Vorschrift ersetzt § 37c des Angestelltenversicherungsgesetzes und § 1260c der [X.]. Diese Bestimmungen wurden durch das [X.] (27. Juni 1977, [X.]I S. 1040) erlassen. Sie dienten der Konsolidierung der gesetzlichen Rentenversicherung. In diesem Zusammenhang wurde eine als Privilegierung angesehene Doppelversorgung durch Anordnung der Ruhegehaltsfähigkeit der genannten Zeiten für die Beamtenversorgung oder eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen einerseits und deren Berücksichtigung bei der Berechnung der gesetzlichen Rente andererseits dadurch beseitigt, dass die genannten Zeiten bei der Berechnung der gesetzlichen Rente unberücksichtigt bleiben (ausführlich: [X.] 4. Juni 1985 - 1 [X.] - [X.]E 70, 101). Die Beseitigung der Doppelversorgung wurde in diesem [X.]all also nicht im Beamtenversorgungsrecht, sondern im Sozialversicherungsrecht geregelt. Dabei handelt es sich um eine nur die gesetzliche Rentenversicherung betreffende punktuelle Ausnahme von der im Grundsatz aufrechterhaltenen gesetzlichen Systematik, nach der das Problem der Doppelversorgung ausschließlich im Beamtenversorgungsrecht geregelt ist.

c) § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.] in der am 31. August 2006 geltenden [X.]assung ist auch von den Tarifvertragsparteien zu beachten. Die durch Art. 9 Abs. 3 [X.] geschützte Koalitionsfreiheit wird dadurch nicht verletzt.

aa) Art. 9 Abs. 3 [X.] schützt die Tarifautonomie, die im [X.] der den Koalitionen eingeräumten Möglichkeiten zur Verfolgung ihrer Zwecke steht. Die durch diese Norm garantierte Koalitionsfreiheit kann durch Gesetz zum Schutz von Gemeinwohlbelangen eingeschränkt werden, denen gleichermaßen verfassungsrechtlicher Rang gebührt. Der Gesetzgeber kann [X.]ragen regeln, die Gegenstand von Tarifverträgen sein können, wenn er mit seiner Normsetzung den Schutz der Grundrechte Dritter oder anderer mit Verfassungsrang ausgestatteter Belange bezweckt und wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wird (vgl. nur [X.] 3. April 2001 - 1 [X.] - zu [X.] und 3 der Gründe, [X.]E 103, 293).

bb) § 55 [X.] dient dem Schutz derartiger mit Verfassungsrang ausgestatteter Belange. Die Vorschrift regelt mit dem Verbot der Anrechnung von Beamtenversorgung auf die zusätzliche Altersrente der Angehörigen des öffentlichen Dienstes zwar [X.]ragen des Arbeitsrechts, nämlich die [X.] der im öffentlichen Dienst tätigen Arbeitnehmer gegenüber ihren öffentlichen Arbeitgebern. Die Bestimmung regelt aber gleichzeitig die Versorgungsansprüche gegenüber dem Dienstherrn aus einer Tätigkeit als Beamter. Nach Art. 33 Abs. 5 [X.] ist das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln. Das beinhaltet einen Regelungsauftrag an den Gesetzgeber ([X.] 28. Mai 2008 - 2 [X.] - zu [X.] 1 a der Gründe, [X.]E 121, 205). Von diesem werden Regelungen erfasst, die den Abbau von Überversorgung beim Zusammentreffen von Beamtenversorgung und sonstiger im öffentlichen Dienst erworbener Altersversorgung bezwecken und die eine wirtschaftliche Auszehrung der Beamtenversorgung begrenzen.

Der damit verbundene Eingriff in die Tarifautonomie ist verhältnismäßig. Er begrenzt lediglich in einem Einzelaspekt die Gestaltungsmacht der Tarifvertragsparteien in Bezug auf die Versorgungsregelungen für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes.

2. Der [X.] kann nicht abschließend entscheiden, ob dem Kläger der geltend gemachte Differenzbetrag auch bereits für [X.]ebruar 2007 zusteht. Insoweit bedarf es weiterer [X.]eststellungen seitens des [X.]s. Der Kläger hat im Monat [X.]ebruar 2007 noch Bezüge als kommunaler [X.]r erhalten. Insoweit kommt ein Ruhen seiner Betriebsrente nach § 21 [X.] in Betracht. Dazu fehlt es bislang an Vorbringen der Parteien und [X.]eststellungen des [X.]s.

III. Das [X.] wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

        

    Gräfl    

        

    Zwanziger    

        

    Schlewing    

        

        

        

    Stemmer    

        

    Becker    

                 

Meta

3 AZR 355/09

31.05.2011

Bundesarbeitsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG München, 26. Februar 2008, Az: 32 Ca 8549/07, Urteil

Art 9 Abs 3 GG, Art 74 GG, Art 74a GG, Art 125a GG, § 55 BeamtVG vom 20.12.2001, § 105 S 1 BeamtVG, § 108 Abs 1 BeamtVG, Art 1 Abs 2 BeamtVG BY, Art 117 BeamtVG BY, Art 56 KomWBG BY, Abschn V KomWBG BY

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.05.2011, Az. 3 AZR 355/09 (REWIS RS 2011, 6119)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6119

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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