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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
(Arbeitslosengeld - Anrechnung von Nebeneinkommen - Freibetrag nach § 141 Abs 2 SGB 3 - keine Gleichstellung des Bezugs von Lohnersatzleistungen mit der Ausübung einer entgeltlichen Erwerbstätigkeit)
Der Bezug von Verletztengeld in den letzten 18 Monaten vor Entstehung des Arbeitslosengeldanspruchs ersetzt nicht die vom Gesetz geforderte Ausübung einer Erwerbstätigkeit gegen Entgelt für die Anerkennung eines höheren Freibetrags bei der Anrechnung von Nebeneinkommen auf das Arbeitslosengeld.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 15. Juli 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
[X.] ist höheres Arbeitslosengeld [X.]) für die [X.] vom 2.2. bis [X.], insbesondere unter Berücksichtigung eines höheren Freibetrages für Nebeneinkommen.
Der 1948 geborene Kläger war ab 11.4.2001 versicherungspflichtig beschäftigt und übte daneben ab dem 1.10.2001 eine Beschäftigung (mit einem zeitlichen Umfang von unter 15 Wochenstunden) aus, bei der er im [X.]raum Dezember 2002 bis Dezember 2003 durchschnittlich über 400 Euro brutto monatlich verdiente. Am 12.12.2003 erlitt der Kläger im Rahmen seiner Hauptbeschäftigung einen Arbeitsunfall und bezog vom 23.1.2004 bis [X.] Verletztengeld, das unter Einbeziehung seines Einkommens aus der Nebentätigkeit berechnet war.
Am 10.6.2005 meldete sich der Kläger arbeitslos und bezog bis zum [X.] Alg. Im März 2006 nahm er seine Nebentätigkeit wieder auf; die Beklagte änderte die Alg-Bewilligung (Bescheid vom 2[X.]) ua für den streitigen [X.]raum wegen des erzielten Nebeneinkommens unter Berücksichtigung eines Freibetrags von 165 Euro monatlich ab (Bescheid vom 3.1.2007; Bescheid vom 8.2.2007 für die [X.] ab 1.9.2006; Widerspruchsbescheid vom 19.2.2007).
Die mit dem Ziel erhobene Klage, bei der Berücksichtigung des Nebeneinkommens einen höheren Freibetrag, errechnet aus dem Durchschnittsverdienst der bereits früher ausgeübten Nebentätigkeit, zugrunde zu legen, blieb erfolglos (Urteil des Sozialgerichts
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 141 Abs 2 [X.]. Der dortige Begriff des Arbeitsentgelts sei eng auszulegen und gelte nicht für Einkommen aus Lohnersatzleistungen. Eine Privilegierung der Einkommensanrechnung auf der Grundlage des § 141 Abs 2 [X.] sei zudem nicht geboten, wenn vor Entstehung des [X.] eine nicht geringfügige und damit versicherungspflichtige, aber weniger als 15 Wochenstunden umfassende Tätigkeit ausgeübt worden sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.] aufzuheben und die Berufung des [X.] gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 170 [X.] 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz
Gegenstand des Verfahrens sind wegen der Beschränkung des Streitgegenstandes auf die [X.] vom 2.2. bis [X.] nur die Bescheide vom 5.4., 10.5., 1.6. und 28.6.2007. Denn der Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.2.2007 ist insgesamt ersetzt durch den Bescheid vom 14.3.2007 (§ 39 [X.] 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz
Es handelt es sich um eine Teil-Anfechtungsklage (§ 54 [X.] 1 SGG), gerichtet auf [X.] unter Berücksichtigung eines um 69,30 Euro (234,30 Euro - 165 Euro) höheren Freibetrags, begrenzt in der Höhe [X.]. Bei einem solchen Streit sind Grund und Höhe des Anspruchs auf [X.] in vollem Umfang und unter allen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen (stRspr; vgl: [X.], 8 ff Rd[X.] 6 = [X.]-4300 § 140 [X.] 1; [X.], 191 Rd[X.] 13 = [X.]-4300 § 37b [X.] 2; BSG [X.]-4300 § 130 [X.] 3 Rd[X.] 9).
Ob die streitgegenständlichen Änderungsbescheide nach § 48 [X.] 1 Satz 2 [X.] 3 SGB X iVm § 330 [X.] 3 Satz 1 [X.] dann ihrerseits wegen der Einkommensanrechnung jeweils für einen Monat wieder nach §§ 44, 45 oder nach § 48 SGB X zu korrigieren waren, weil evtl die ursprüngliche Einkommensanrechnung von Anfang falsch war (vgl hierzu mit Nachweisen aus der Rspr: [X.] in [X.], [X.], Stand März 2007, § 329 Rd[X.] 1 f), mag das [X.] prüfen. Das [X.] hat sich ausschließlich mit der Berechnung des Freibetrages nach § 141 [X.] 2 [X.] (in der Fassung, die die Norm durch das [X.] am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 - [X.] 2848 - erhalten hat) auseinander gesetzt. Bei der Berechnung des [X.]-Anspruchs ist dem Kläger allerdings kein Freibetrag nach § 141 [X.] 2 [X.] zuzugestehen.
Nach § 141 [X.] 1 Satz 1 [X.] ist das Arbeitsentgelt aus einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung, die der Arbeitslose während einer [X.] ausübt, für die ihm [X.] zusteht, nach Abzug der Steuern, der Sozialversicherungsbeiträge und der Werbungskosten sowie eines Freibetrages in Höhe von 165 Euro auf das [X.] für den Kalendermonat, in dem die Beschäftigung ausgeübt wird, anzurechnen. Nach § 141 [X.] 2 [X.] bleibt jedoch das Arbeitsentgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung nach [X.] 1 Satz 1 bis zu dem Betrag anrechnungsfrei, der in den letzten 12 Monaten vor der Entstehung des Anspruches aus einer geringfügigen Beschäftigung durchschnittlich auf den Monat entfällt, mindestens jedoch ein Betrag in Höhe des Freibetrages, der sich nach [X.] 1 ergeben würde, wenn der Arbeitslose in den letzten 18 Monaten vor der Entstehung des Anspruches neben einem Versicherungspflichtverhältnis eine geringfügige Beschäftigung mindestens 12 Monate lang ausgeübt hat.
Nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG) liegen die Voraussetzungen des § 141 [X.] 2 [X.] für das vom Kläger in der [X.] ab 2.2.2007 erzielte Arbeitsentgelt aus der Beschäftigung nicht vor. Der Kläger hat nicht in den vor Entstehung des [X.]-Anspruchs liegenden letzten 18 Monaten neben seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung eine geringfügige Beschäftigung mindestens 12 Monate lang ausgeübt. Entgegen den Ausführungen des [X.] im angefochtenen Urteil ist der Bezug von Verletztengeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung der tatsächlichen Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung in dem erforderlichen Umfang und [X.]raum nicht gleichzusetzen. Denn unabhängig von der Frage, ob und in welchem Umfang eine Unterbrechung der ausgeübten geringfügigen Beschäftigung die Berücksichtigung des Freibetrages nach § 141 [X.] 2 [X.] entfallen lässt (vgl hierzu [X.]
Während § 141 [X.] 1 [X.] den Zweck verfolgt, dem Arbeitslosen einen Anreiz zu geben, seine Arbeitskraft neben dem Bezug von Leistungen einzusetzen, um auf diese Weise seine Wiedereingliederung zu erleichtern (BT-Drucks 13/4941, zu § 141 - Anrechnung von Nebeneinkommen - [X.]), verfolgt [X.] 2 der Regelung ebenso wie der [X.] 3 die [X.]icht, dem Arbeitslosen die Nebeneinkünfte zu belassen, die schon längere [X.] vor Eintritt der Arbeitslosigkeit seinen Lebensstandard mitbestimmt haben (BT-Drucks 14/873 S 14 zu [X.] 21; s insgesamt hierzu [X.], 80 ff = [X.]-4300 § 141 [X.] 3, Rd[X.] 15 mwN). Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 141 [X.] 2 [X.] muss dabei allerdings die geringfügige Beschäftigung auch tatsächlich ausgeübt worden sein.
Diese Auslegung kann entgegen der Auffassung des [X.] nicht ausschließlich durch die Teleologie des Gesetzes geprägt werden. Vielmehr stellt das Gesetz ausdrücklich und bewusst auf die Ausübung einer Nebentätigkeit ab. Das Verletztengeld als Lohnersatzleistung fällt damit nicht unter die Vorschrift des § 141 [X.] 2 [X.], weil es kein tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt aus einer ausgeübten Tätigkeit ist. Der Bezug von Verletztengeld ersetzt gerade ein tatsächlich erarbeitetes Einkommen bzw Nebeneinkommen, tritt quasi an dessen Stelle, und kann aufgrund seines [X.] nicht dem tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt iS des § 141 [X.] 1 [X.] gleichgesetzt werden. Sozialleistungen wie das Verletztengeld fallen also nicht unter § 141 [X.], weil dort die Begünstigung lediglich für das "Arbeitsentgelt" vorgesehen ist.
Dass der Bezug einer Entgeltersatzleistung nicht dem Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung gleichzustellen ist, ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des § 141 [X.] (s die Darstellung in BSG, Urteil vom [X.] - B 11 [X.] 31/09 R - Rd[X.] 19, zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen) und aus systematischen Erwägungen. Zwar bezogen sich die Ausführungen des BSG im Urteil vom 28.1.1992 ([X.] 3-4100 § 115 [X.] 3 S 13 f), dass nur das ausdrücklich genannte "Arbeitsentgelt", nicht aber damit zusammenhängende Lohnersatzleistungen wie das Verletztengeld von der Regelung umfasst seien, auf die Vorgängervorschrift des § 141 [X.] 1 Satz 1 [X.], den § 115 [X.] 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz. Allerdings bezieht sich § 141 [X.] 2 [X.] gleichfalls auf das Arbeitsentgelt in [X.] 1 der Vorschrift, sodass der [X.] in beiden [X.]ätzen nach der gesamten Struktur des § 141 [X.], denknotwendig einheitlich auszulegen ist. Insoweit stellt § 141 [X.] auf die in § 14 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - ([X.]) enthaltene Legaldefinition ab, wonach Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung sind.
Die Änderung des § 141 [X.] mit Wirkung zum 1.1.2009 durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom [X.] ([X.] 2917), mit der der Gesetzgeber den Begriff einer geringfügigen Beschäftigung aus dem Gesetzestext entfernt und durch eine Bezugnahme auf eine Erwerbstätigkeit iS des § 119 [X.] 3 [X.] ersetzt hat, der eine Tätigkeitszeit (Arbeitszeit) von weniger als 15 Stunden wöchentlich verlangt. Mit dieser Neuregelung sollte die nach altem Recht bestehende Ungleichbehandlung zwischen einem Arbeitslosen, der sein privilegiertes Nebeneinkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit erzielte und einem Arbeitslosen, der eine abhängige Nebenbeschäftigung ausübte, beseitigt werden. Denn das Nebeneinkommen aus einer abhängigen Beschäftigung wurde nur in vollem Umfang geschützt, wenn es im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung erzielt wurde ([X.] Euro monatlich), während Nebeneinkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit auch dann privilegiert war, wenn es mehr als geringfügig war, die Tätigkeit jedoch weniger als 15 Wochenstunden ausgeübt wurde (vgl: BT-Drucks 16/10810 [X.] zu [X.] 40). Die Gesetzesbegründung stellt mithin ausdrücklich auf Einkommen aus einer Tätigkeit ab.
Eine solche wörtliche Auslegung ist im Übrigen auch zur Gleichbehandlung abhängig Beschäftigter mit Selbstständigen nach § 141 [X.] 3 [X.] erforderlich, die nicht im Falle von Krankheit, Arbeitsunfällen etc von Gesetzes wegen versichert sind, bzw denen eine etwaige Versicherungsleistung unabhängig von dem Einkommen aus der selbstständigen Tätigkeit erbracht wird. Die vom [X.] zu Grunde gelegte teleologische Auslegung würde demgegenüber die abhängig Beschäftigten bei Berücksichtigung einer Lohnersatzleistung einseitig gegenüber den Selbstständigen bevorzugen.
Ob die Regelung des § 141 [X.] 2 [X.] wegen des Begriffs einer geringfügigen Beschäftigung in seiner bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung gegen Art 3 Grundgesetz verstößt und ob insoweit eine verfassungskonforme Auslegung erforderlich ist, kann hier dahinstehen. Denn es fehlt bereits an der vor der Arbeitslosigkeit erforderlichen Ausübung einer Beschäftigung.
Das [X.] wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Meta
01.03.2011
Urteil
Sachgebiet: AL
vorgehend SG Karlsruhe, 23. Oktober 2007, Az: S 9 AL 1490/07, Urteil
§ 141 Abs 1 S 1 SGB 3 vom 23.12.2003, § 141 Abs 2 SGB 3 vom 23.12.2003, § 14 SGB 4, § 47 Abs 1 SGB 7
Zitiervorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 01.03.2011, Az. B 7 AL 26/09 R (REWIS RS 2011, 9014)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 9014
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
B 11 AL 31/09 R (Bundessozialgericht)
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