Bundessozialgericht, Urteil vom 01.07.2010, Az. B 11 AL 31/09 R

11. Senat | REWIS RS 2010, 5272

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Gegenstand

(Arbeitslosengeld - Anrechung von Nebeneinkommen - privilegierter Freibetrag nach § 141 Abs 2 SGB 3 - nahtlose Fortführung - Unterbrechung der Nebentätigkeit)


Leitsatz

Für die Anrechnungsfreiheit von Nebeneinkommen ist die nahtlose Fortführung einer vor Entstehung des Alg-Anspruchs ausgeübten Erwerbstätigkeit nicht erforderlich.

Tenor

Auf die Revision des [X.] werden die Urteile des [X.] vom 16. September 2009 und des [X.] vom 24. Juni 2008 sowie der Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Juni 2007 aufgehoben.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob Nebeneinkommen auf Arbeitslosengeld ([X.]) anzurechnen ist.

2

Der Kläger war vom [X.] bis 31.7.2006 bei der [X.] versicherungspflichtig beschäftigt. In der [X.] bis 31.7.2006 übte er zusätzlich eine geringfügige Beschäftigung im Umfang von bis zu 14 Stunden wöchentlich gegen ein monatliches Entgelt von 400 [X.] bei der Firma [X.] (R.) aus.

3

Die Beklagte bewilligte dem Kläger [X.] ab 1.8.2006 in Höhe von täglich 44,82 [X.] bzw ab 1.9.2006 wegen Änderung der Lohnsteuerklasse in Höhe von 38,18 [X.] bis einschließlich 30.7.2007. Am [X.] nahm der Kläger eine neue geringfügige Beschäftigung beim [X.]) gegen ein monatliches Entgelt von 400 [X.] auf und übte diese bis einschließlich [X.] aus.

4

Nach Anhörung hob die Beklagte mit Bescheid vom [X.] die [X.]-Bewilligung für die [X.] bis [X.] teilweise auf und rechnete wegen des [X.] von 400 [X.] einen Betrag von täglich 7,83 [X.] (400 [X.] abzüglich Freibetrag von 165 [X.], geteilt durch 30) an, sodass sich für den Änderungszeitraum noch ein täglicher Leistungsbetrag von 30,35 [X.] ergab. Der Widerspruch des [X.] blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom [X.]).

5

Das Sozialgericht ([X.]) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 24.6.2008). Das [X.] (L[X.]) hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen (Urteil vom [X.]). In den Entscheidungsgründen hat das L[X.] ua ausgeführt: Die Aufnahme einer mit einer monatlichen Entlohnung von 400 [X.] verbundenen geringfügigen Beschäftigung ab [X.] stelle eine Änderung der Verhältnisse iS des § [X.] ([X.]B X) dar. Dem Kläger stehe für das Nebeneinkommen lediglich ein Freibetrag von 165 [X.] gemäß § 141 Abs [X.] ([X.]B III) und nicht von 400 [X.] gemäß § 141 Abs 2 [X.]B III zu. Eine bei [X.] bereits beendete Erwerbstätigkeit begründe keinen privilegierten Freibetrag; § 141 Abs 2 [X.]B III sei vielmehr nur anzuwenden auf eine zur Zeit des [X.]s ausgeübte und damit fortgeführte Erwerbstätigkeit. Dies ergebe sich aus den Gesetzesmaterialien und aus der Kommentarliteratur zu § 141 [X.]B III. Der Kläger habe die geringfügige Beschäftigung nicht fortgesetzt, sondern sie zwischen [X.] und Aufnahme der Tätigkeit nahezu vier Monate unterbrochen; damit sei die Privilegierung nicht anwendbar. Dieses Ergebnis entspreche Sinn und Zweck des § 141 Abs 2 [X.]B III. Der Kläger habe das [X.] zunächst anrechnungsfrei erhalten, sodass die ursprüngliche Höhe des [X.] durch das spätere Arbeitseinkommen nicht beeinflusst worden sei. Sein Lebensstandard sei nicht nur durch die eingetretene Arbeitslosigkeit beeinflusst gewesen, sondern auch durch die Beendigung der geringfügigen Beschäftigung. Das Verschieben einer erneuten Beschäftigungsaufnahme während des Bezugs von [X.] habe nichts mehr mit der vom Gesetzgeber gewünschten Anknüpfung an den vor der Arbeitslosigkeit bestehenden Lebensstandard zu tun.

6

Mit der vom L[X.] zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 141 Abs 2 [X.]B III. Die Voraussetzungen für die Anrechnungsfreiheit des ab Dezember 2006 erzielten [X.] seien gegeben. Er habe in den letzten 18 Monaten vor Entstehen des Anspruchs mindestens zwölf Monate lang eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt. Der Freibetrag nach § 141 Abs 2 [X.]B III sei von keiner weiteren Voraussetzung abhängig, insbesondere nicht davon, dass die geringfügige Beschäftigung bei Eintritt der Arbeitslosigkeit noch ausgeübt werde.

7

Der Kläger beantragt,
die Urteile des L[X.] vom 16. September 2009 und des [X.] vom 24. Juni 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Juni 2007 aufzuheben.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision des [X.] zurückzuweisen.

9

Sie hält die Entscheidung des L[X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <[X.]>). Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen bleibt das vom Kläger in der [X.] von Dezember 2006 bis April 2007 aus einer geringfügigen Beschäftigung erzielte Arbeitsentgelt von monatlich 400 Euro gemäß § 141 Abs 2 [X.] anrechnungsfrei. Der angefochtene Anrechnungsbescheid ist deshalb aufzuheben.

1. Zu entscheiden ist ausschließlich über die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.], mit dem die Beklagte die ursprüngliche [X.]-Bewilligung nur für die [X.] vom 1.12.2006 bis [X.] teilweise aufgehoben, die Bewilligung im Übrigen aber unverändert belassen hat. Nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist somit die Frage, ob dem Kläger in den weiteren [X.]räumen (1.8. bis [X.] bzw 1.5. bis [X.]) [X.] zutreffend bewilligt worden ist.

2. [X.] vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] ist rechtswidrig. Eine wesentliche Änderung iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist im Vergleich zu den der [X.]-Bewilligung zu Grunde liegenden Verhältnissen nicht eingetreten.

Eine Änderung ist wesentlich iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X, wenn der Verwaltungsakt, so wie er ursprünglich erlassen wurde, nach neuer Sach- und Rechtslage nicht mehr ergehen dürfte; maßgebend ist das jeweilige materielle Recht (vgl ua BSGE 59, 111, 112 = [X.] 1300 § 48 [X.]). Zwar hat sich im Vergleich zur ursprünglichen [X.]-Bewilligung für die [X.] ab 1.8.2006 die Sachlage insofern geändert, als der Kläger ab 1.12.2006 ein Nebeneinkommen von 400 Euro erzielt hat. Nach dem einschlägigen materiellen Recht bleibt dieses Einkommen aber anrechnungsfrei.

a) Die Anrechnung von Nebeneinkommen aus einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung, die während einer [X.], für die dem Arbeitslosen [X.] zusteht, ausgeübt wird, richtet sich zunächst nach § 141 Abs 1 Satz 1 [X.] in der hier anwendbaren Fassung, die die Vorschrift durch das [X.] am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 ([X.] 2848) erhalten hat. Danach ist grundsätzlich das erzielte Arbeitsentgelt nach Abzug der Steuern, der Sozialversicherungsbeiträge und der Werbungskosten sowie eines Freibetrages in Höhe von 165 Euro für den Kalendermonat, in dem die Beschäftigung ausgeübt wird, anzurechnen. Eine Sonderregelung ist jedoch in § 141 Abs 2 [X.] in der vorbezeichneten Fassung für den Fall getroffen, dass der Arbeitslose in den letzten 18 Monaten vor der Entstehung des Anspruchs neben einem Versicherungspflichtverhältnis eine geringfügige Beschäftigung mindestens zwölf Monate lang ausgeübt hat; erzieltes Arbeitsentgelt bleibt dann bis zu dem Betrag anrechnungsfrei, der in den letzten zwölf Monaten vor der Entstehung des Anspruchs aus einer geringfügigen Beschäftigung durchschnittlich auf den Monat entfällt, mindestens jedoch ein Betrag in Höhe des Freibetrags, der sich nach Abs 1 ergeben würde.

b) Nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]) liegen die Voraussetzungen des § 141 Abs 2 [X.] für die [X.] des vom Kläger in der [X.] ab Dezember 2006 erzielten Arbeitsentgelts von 400 Euro monatlich vor. Der Anspruch des [X.] auf [X.] ist am 1.8.2006 entstanden. In den davor liegenden letzten 18 Monaten hat der Kläger neben seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung eine geringfügige Beschäftigung mindestens zwölf Monate lang ausgeübt, nämlich die Beschäftigung im Umfang bis zu 14 Wochenstunden gegen ein monatliches Entgelt von 400 Euro bei der Firma [X.] in der [X.] vom 1.8.2005 bis 31.7.2006. Hieraus folgt, dass das Arbeitsentgelt aus der vom Kläger während des [X.]-Bezugs ausgeübten geringfügigen Beschäftigung bei [X.] bis zu dem insgesamt erzielten Betrag von 400 Euro monatlich anrechnungsfrei bleibt; denn dieser Betrag entspricht demjenigen, der in den letzten zwölf Monaten vor der Entstehung des Anspruchs (August 2005 bis Juli 2006) durchschnittlich auf den Monat entfällt.

c) Der Gesetzeswortlaut gibt keinen Anhalt für die von der Beklagten geäußerte Auffassung, die Privilegierung bei der Anrechnung greife nur dann, wenn die ursprüngliche Tätigkeit weitergeführt werde, es sich also bei der vor Entstehung des [X.]-Anspruchs und der danach ausgeübten geringfügigen Beschäftigung um dieselbe Tätigkeit handele. Ebenso wenig spricht der Wortlaut des § 141 Abs 2 [X.] für die Annahme des [X.], die während des [X.]-Bezugs bzw der Anspruchsberechtigung ausgeübte Tätigkeit müsse sich ohne Unterbrechung und damit nahtlos an eine zuvor ausgeübte geringfügige Beschäftigung anschließen.

§ 141 Abs 2 [X.] nennt als Voraussetzung für die Privilegierung nur die Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung in den letzten 18 Monaten vor der Entstehung des Anspruchs mit einer Dauer von mindestens zwölf Monaten. Dem Gesetzeswortlaut ist somit zu entnehmen, dass [X.] auch in Fällen in Betracht kommt, in denen eine geringfügige Beschäftigung zeitweise nicht ausgeübt worden ist. Weder für die [X.] vor [X.] noch für die [X.] danach findet sich im Gesetz eine ausdrückliche Bestimmung, es müsse sich um eine einheitliche Beschäftigung handeln oder es sei eine zusammenhängende Ausübung zu verlangen. Dementsprechend wird im Schrifttum angenommen, dass die Gesamtdauer von zwölf Monaten auch durch Zusammenrechnung mehrerer geringfügiger Beschäftigungen erreicht werden kann und dass eine Identität von Arbeitszeiten und Verdiensten nicht erforderlich ist (Voelzke in [X.] Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 12 Rd[X.]0; [X.] in [X.], [X.], § 141 RdNr 114, Stand Oktober 2006).

d) Aus den im [X.]-Urteil erwähnten Gesetzesmaterialien, in denen von der "Fortführung" einer Tätigkeit die Rede ist (BT-Drucks 14/873 S 14, zu [X.]), lässt sich ebenfalls kein zwingendes Argument für die Auffassung herleiten, die [X.] nach § 141 Abs 2 [X.] erfordere die nahtlose Fortführung einer vor [X.] ausgeübten Tätigkeit. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die genannten Materialien die inzwischen aufgehobene Vorschrift des § 141 Abs 3 [X.] idF des Zweiten [X.]-Änderungsgesetzes (2. [X.]-ÄndG) vom 21.7.1999 ([X.] 1648), also die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit, betreffen. Unabhängig davon ist zu beachten, dass sich der Begriff der "Fortführung" nicht im Gesetzeswortlaut niedergeschlagen hat. Auch schließt eine "Fortführung" nicht notwendigerweise das Erfordernis der Nahtlosigkeit ein; eine früher ausgeübte geringfügige Beschäftigung kann auch nach einem zeitlichen Intervall später wieder aufgenommen und insofern fortgeführt werden. Soweit deshalb in der Kommentarliteratur zu § 141 Abs 2 [X.] davon die Rede ist, Abs 2 beziehe sich auf Fälle, in denen der Arbeitslose eine geringfügige Tätigkeit fortführe (zB Keller in NK-[X.], 3. Aufl 2008, § 141 RdNr 61; Hünecke in [X.], [X.]/[X.], § 141 [X.] RdNr 78, Stand Mai 2007), ergibt sich hieraus nicht zwingend die Folgerung, es müsse in jedem Fall eine vor [X.] verrichtete Tätigkeit nahtlos weiter ausgeübt werden.

Aus der Entstehungsgeschichte des § 141 [X.] und den hierzu vorliegenden Gesetzesmaterialien ergeben sich auch im Übrigen keine Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Auffassung des [X.]. Im Vergleich zu § 115 Arbeitsförderungsgesetz ([X.]), der die Privilegierung noch an die ständige Ausübung einer kurzzeitigen Beschäftigung im Bemessungszeitraum geknüpft hatte (vgl § 115 Abs 2 [X.]), war § 141 [X.] idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes ([X.]) vom [X.] ([X.] 594) darauf ausgerichtet, die Anrechnung von Nebeneinkommen großzügiger zu gestalten (vgl BT-Drucks 13/4941 [X.]). § 141 Abs 2 [X.] idF des [X.] sah dementsprechend die Möglichkeit der [X.] bereits vor, wenn der Arbeitslose während des [X.] eine geringfügige Beschäftigung mindestens drei Monate lang ausgeübt hatte. Die nachfolgende Änderung des § 141 Abs 2 [X.] durch das 2.[X.]-ÄndG vom 21.7.1999 ([X.] 1648) mit der Einführung eines Rahmens von zwölf Monaten, in dem eine geringfügige Beschäftigung mindestens zehn Monate lang ausgeübt worden sein musste, sollte zwar Missbrauchsmöglichkeiten entgegenwirken und [X.] nur noch zulassen, wenn der Verdienst aus der Nebenbeschäftigung bereits über einen längeren [X.]raum den Lebensstandard mitbestimmt hatte (vgl BT-Drucks 14/873 S 14, zu [X.]). Weder der Begründung zum 2.[X.]-ÄndG noch den Materialien zur späteren Änderung des Abs 2 durch das [X.] am Arbeitsmarkt (aaO) mit Erweiterung des Rahmens auf 18 Monate und der für die vorherige Beschäftigung vorgeschriebenen Mindestdauer auf zwölf Monate (vgl BT-Drucks 15/1515 [X.], zu [X.]) ist aber zu entnehmen, der Gesetzgeber habe beabsichtigt, die [X.] von dem Erfordernis der nahtlosen Fortführung einer geringfügigen Beschäftigung abhängig zu machen.

e) Die Annahme der Notwendigkeit einer nahtlosen Fortführung lässt sich entgegen der Auffassung des [X.] auch nicht mit Sinn und Zweck des § 141 Abs 2 [X.] begründen, nämlich der Vermeidung einer Anrechnung wegen Nichtberücksichtigung des Entgelts aus der geringfügigen Beschäftigung bei der Bemessungsgrundlage (vgl BT-Drucks 11/4124 S 229 zur Vorgängervorschrift des § 115 Abs 2 [X.]) bzw der Wahrung des Lebensstandards durch Beibehaltung eines privilegierten Freibetrags bei weiterem Bezug von Einkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung (BT-Drucks 14/873 S 14 zu [X.] b).

Soweit das [X.] in diesem Zusammenhang ausführt, der Kläger habe das [X.] zunächst anrechnungsfrei und damit unbeeinflusst von später erzieltem Arbeitseinkommen erhalten, verkennt es, dass § 141 Abs 2 [X.] für den Arbeitslosen erst dann relevant wird, wenn er ein Nebeneinkommen erzielt. Soweit das [X.] annimmt, der Lebensstandard des [X.] sei nicht nur durch die eingetretene Arbeitslosigkeit beeinflusst gewesen, sondern auch durch die Beendigung des geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses vor Beginn des [X.]-Bezugs, beachtet es nicht hinreichend den konkreten Regelungsinhalt. Denn der Gesetzgeber hat die Zielsetzung, dem Arbeitslosen Nebeneinkünfte zu belassen, die schon längere [X.] vor Eintritt der Arbeitslosigkeit seinen Lebensstandard mitbestimmt haben (vgl [X.], 80 = [X.] 4-4300 § 141 [X.], jeweils RdNr 15), nicht auf Fälle der Erzielung von Nebeneinkommen ohne Unterbrechung beschränkt. Für die Privilegierung des § 141 Abs 2 [X.] reicht es vielmehr aus, dass eine den Lebensstandard mitbestimmende geringfügige Beschäftigung vor [X.] nur zeitweise (nämlich zwölf Monate innerhalb des Rahmens von 18 Monaten) ausgeübt worden ist. Von einer Prägung des Lebensstandards durch das Nebeneinkommen kann deshalb auch dann gesprochen werden, wenn dieses Einkommen nicht durchgehend zur Verfügung steht.

Der Gesichtspunkt der Verminderung des Lebensstandards als Folge einer nur zeitweisen geringfügigen Beschäftigung ist in § 141 Abs 2 [X.] im Übrigen in die gesetzliche Regelung eingeflossen, wonach erzieltes Arbeitsentgelt nur bis zu dem Betrag anrechnungsfrei bleibt, der in den letzten zwölf Monaten vor Entstehung des Anspruchs durchschnittlich auf den Monat entfällt. Damit wird eine Beschränkung der [X.] in Fällen erreicht, in denen in den letzten zwölf Monaten vor Entstehung des [X.]-Anspruchs teilweise kein Nebeneinkommen und in der Folge davon ein im Vergleich zum späteren Nebenverdienst niedrigeres durchschnittliches Entgelt erzielt worden ist (vgl zu Wortlaut und Systematik des § 141 Abs 1 und 2 [X.] auch [X.], 80 = [X.] 4-4300 § 141 [X.], jeweils RdNr 17-18). Über diese ausdrücklich geregelte Beschränkung hinaus kann einer nur zeitweise ausgeübten geringfügigen Beschäftigung jedoch keine weitere Bedeutung im Sinne der Auffassung des [X.] zukommen.

f) Unter den Umständen des vorliegenden Falles kann offen bleiben, ob - was nach dem Wortlaut des § 141 Abs 2 [X.] nicht ausgeschlossen ist - nach [X.] die Aufnahme einer geringfügigen Beschäftigung beliebig lange aufgeschoben werden darf, ohne die Privilegierung einzubüßen. Denn der Kläger hat nach den getroffenen Feststellungen vor [X.] eine Nebenbeschäftigung bis Juli 2006 ausgeübt und dann nach einer Unterbrechung von weniger als vier Monaten wieder Nebeneinkommen ab [X.] erzielt. Da [X.] nach § 141 Abs 2 [X.] auch für Arbeitslose in Betracht kommt, die zunächst zwölf Monate lang geringfügig beschäftigt gewesen sind, dann aber bis zum Eintritt der Arbeitslosigkeit über sechs Monate hinweg keine Nebenbeschäftigung ausgeübt haben, kann die Privilegierung jedenfalls Arbeitslosen wie dem Kläger nicht versagt werden, bei denen ab Beginn der Arbeitslosigkeit in einem [X.]raum von weniger als sechs Monaten kein Nebeneinkommen erzielt worden ist.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 [X.].

Meta

B 11 AL 31/09 R

01.07.2010

Bundessozialgericht 11. Senat

Urteil

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Nürnberg, 24. Juni 2008, Az: S 13 AL 307/07, Urteil

§ 141 Abs 1 S 1 SGB 3 vom 23.12.2003, § 141 Abs 2 SGB 3 vom 23.12.2003

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 01.07.2010, Az. B 11 AL 31/09 R (REWIS RS 2010, 5272)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5272

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