Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.12.2019, Az. 10 B 14/19

10. Senat | REWIS RS 2019, 220

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Gegenstand

Beschränkter Vorrang des Auskunftsrechts nach § 475 StPO


Leitsatz

Auskunftsbegehren über Ordnungswidrigkeitenverfahren, die sich allein auf verfahrensübergreifende Merkmale beziehen und sich nicht auf personenbezogene Daten Dritter richten, werden von dem in § 1 Abs. 3 IFG normierten Vorrang fachgesetzlicher Informationszugangsansprüche nicht erfasst.

Gründe

I

1

Die Klägerin, eine Wertpapierhandelsbank, die unter anderem an der [X.] tätig ist, begehrt von der beklagten [X.] auf der Grundlage des [X.] verschiedene Auskünfte über die Anzahl der in bestimmten Jahren an Wertpapierhandelsunternehmen gerichteten Auskunftsersuchen nach § 4 Abs. 3 WpHG a.F. - dies noch weiter nach Häufigkeit, Gegenstand und Adressaten aufgegliedert - sowie über die Anzahl der insoweit eingeleiteten Ordnungswidrigkeitenverfahren. Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab: Die erbetenen Zahlen seien bei der [X.] nicht als amtliche Aufzeichnung vorhanden. Jedenfalls würde die begehrte Informationserteilung einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verursachen. Auf die Berufung der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte zur Erteilung von Auskünften zur Gesamtzahl der [X.] sowie zur Gesamtzahl der insoweit eingeleiteten Bußgeldverfahren nebst weiterer konkretisierender Angaben über die Anzahl der zugrunde liegenden aufsichtsrechtlichen Anlassverfahren und die Anzahl der Betroffenen verpflichtet. Bei den Unterlagen zu den [X.] handele es sich um vorhandene amtliche Informationen. Eine inhaltliche Aufbereitung von Informationen könne zwar nicht gefordert werden, doch gehöre zum Anspruch auf Zugang zu Informationen auch, vorhandene Informationen zusammenzuzählen. Der erforderliche Aufwand für die Ermittlung der Anzahl der Ersuchen sei mithilfe der elektronischen Schriftgutverwaltung nicht unverhältnismäßig. Dem auf zahlenmäßige Angaben zu den Bußgeldverfahren gerichteten Auskunftsanspruch stehe der Vorrang der fachgesetzlichen Auskunftsansprüche nicht entgegen, wenn - wie hier - keine persönlichen Daten Dritter betroffen seien. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufung zurückgewiesen, weil die Erteilung weiterer Auskünfte mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre.

2

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil, soweit er der Berufung stattgegeben hat, nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der [X.].

II

3

Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

4

1. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten Abweichung des angefochtenen Urteils von einer Entscheidung des [X.] zuzulassen.

5

Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung u.a. des [X.] aufgestellten und dessen Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat ([X.], Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 26). Dem genügt das Vorbringen der [X.] nicht.

6

Die Beklagte entnimmt dem Urteil des [X.] vom 27. November 2014 - 7 [X.] 20.12 - ([X.]E 151, 1) folgenden Rechtssatz: "Eine amtliche Information ist auch dann vorhanden und damit tauglicher Anspruchsgegenstand im Sinne des § 1 Abs. 1 [X.], wenn die Behörde zur Erteilung dieser Information vorhandene, gleichartige 'Roh-'Informationen in ihren gegliederten [X.] addieren muss, soweit dies nur eine reine Übertragungsleistung der Behörde ist, die angesichts des Informationsinteresses und eines spezifischen Zugangsantrags keinen unzumutbaren Aufwand fordert." Davon sei der Verwaltungsgerichtshof abgewichen, indem er - ungeachtet sonstiger Umstände - allein die Zählbarkeit von (irgendwo) in den [X.] der Behörde enthaltenen Informationen für das Vorhandensein amtlicher Informationen ausreichen lasse.

7

Eine revisionsrechtlich beachtliche Divergenz ist damit schon deswegen nicht dargetan, weil sich der von der [X.] formulierte Rechtssatz im angeführten Urteil des [X.] nicht findet. Das [X.] hat im genannten Urteil vielmehr darauf abgestellt, dass sich der [X.] nur auf vorhandene Informationen richtet; ein davon nicht mehr gedeckter Informationsbeschaffungsanspruch, auch durch eine inhaltliche Aufbereitung von Informationen, liegt weder in der erforderlichen Identifizierung der Information durch Beseitigung von in verwaltungstechnischen Erwägungen wurzelnden Hindernissen noch in der bloßen Addition gleichartiger Informationen, auf die sich ein Auskunftsbegehren bezieht ([X.], Urteil vom 27. November 2014 - 7 [X.] 20.12 - [X.] 404 Nr. 14 Rn. 37 ). Entgegen der Auffassung der [X.] hat das [X.] das Tatbestandsmerkmal der (vorhandenen) amtlichen Informationen nach § 1 Abs. 1 Satz 1, § 2 Nr. 1 [X.] nicht mit Elementen der Bewertung des Aufwands für die Verbescheidung des Antrags und die Erteilung der begehrten Auskunft angereichert. Dieser Aufwand, der sich auch nach der Art der Aktenführung und Aktengliederung und daraus folgend den Bedingungen eines Zugriffs auf die Information richten kann, wirkt sich auf das Vorhandensein der Informationen als solcher nicht aus. Er ist vielmehr im Rahmen des Ablehnungsgrundes des § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] zu würdigen ([X.], Urteile vom 17. März 2016 - 7 [X.] 2.15 - [X.]E 154, 231 Rn. 24 und vom 10. April 2019 - 7 [X.] 23.18 - juris Rn. 36). Davon ist auch der Verwaltungsgerichtshof bei seiner Prüfung zu Recht ausgegangen.

8

2. Die Grundsatzrüge greift ebenso wenig durch. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine klärungsbedürftige Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die in dem angestrebten Revisionsverfahren beantwortet werden kann, sofern dies über den Einzelfall hinaus zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts beiträgt. Die Beklagte legt nicht dar, dass diese Voraussetzungen von den von ihr aufgeworfenen Rechtsfragen erfüllt werden.

9

a) Die aufeinander bezogenen Fragen

"1. Ist vom Vorhandensein amtlicher Informationen im Sinne der §§ 1, 2 Nr. 1 [X.] auszugehen, wenn die begehrten statistischen Informationen selbst nicht aufgezeichnet, aber die für die Erstellung dieser Statistiken erforderlichen Rohdaten bei der Behörde zwar vorhanden sind, aber erst unter Anwendung mehrerer vom Antragsteller vorgegebener, nach-/nebeneinander anzuwendender [X.] statistischer Merkmale aus einem umfangreichen Bestand einer Vielzahl von Verwaltungsvorgängen und Aktenblättern, die nicht nach den begehrten statistischen Merkmalen, sondern nach den Bedürfnissen der Aufgabenwahrnehmung gegliedert sind, herauszufiltern sind?"

"2. Fällt es noch unter das Vorhandensein der amtlichen Informationen aufgrund bloßer Addition gleichartiger Informationen, wenn die begehrten statistischen Informationen unter Anwendung mehrerer vom Antragsteller vorgegebener, nach- oder nebeneinander anzuwendender [X.] statistischer Merkmale herausgearbeitet und zusammengestellt werden müssen und/oder wenn die aus der Gesamtmenge gewonnenen statistischen Rohdaten noch kategorisiert, z.B. verschiedenen Jahrgängen zugeordnet werden müssen?"

"3. Ist das Vorhandensein der amtlichen Informationen jedenfalls dann auszuschließen, wenn kumulativ, wie unter 1. beschrieben, ein umfangreicher nicht spezifisch gegliederter Aktenbestand als Basis für die unter 2. beschriebene statistische Auswertung dienen soll?"

rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht. Ein weiterer Klärungsbedarf zum Erfordernis einer vorhandenen amtlichen Information als eines tauglichen Gegenstands eines [X.]s nach § 1 Abs. 1 [X.] wird damit nicht aufgezeigt.

Wie bereits zur [X.] ausgeführt, wird das Merkmal der vorhandenen amtlichen Information nicht von dem Aufwand (mit)bestimmt, den ihr Auffinden im Aktenbestand der informationspflichtigen Behörde erfordert. Auch die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass sie über Unterlagen verfügt, die die mit dem Auskunftsbegehren umschriebenen aufsichtsrechtlichen Verwaltungs- und Bußgeldverfahren zum Gegenstand haben. Diese sind dem Grunde nach tauglicher Gegenstand eines [X.]begehrens. Richtet sich dieses - sinnvollerweise - nicht auf Akteneinsicht, die zur Wahrung schutzwürdiger öffentlicher und privater Belange und insbesondere des Berufsgeheimnisses der [X.] nach § 3 Nr. 4 [X.] i.V.m. § 21 WpHG nur unter weitestgehender Schwärzung der Unterlagen gewährt werden könnte, sondern auf Auskunft, muss die informationspflichtige Stelle eine Transferleistung erbringen, weil die amtliche Information sich dem Antragsteller nicht unmittelbar selbst erschließt. Sie muss die in ihren Aufzeichnungen enthaltenen Informationen nach Maßgabe des [X.] wiedergeben und diese, wenn es um die Anzahl jeweils gleichartiger Informationen geht, zu diesem Zweck zusammenzählen. Es kann dahinstehen, ob eine solche Auskunft mit dem Vorbringen der [X.] als Teil einer (deskriptiven) Statistik anzusehen ist. Diese terminologische Einordnung ändert nichts daran, dass die erforderliche Addition gleichartiger Informationen keine vom [X.] nicht gedeckte Informationsverarbeitung darstellt. Eine weitere Aufbereitung so gewonnener Daten anhand statistisch-mathematischer Methoden, deren Analyse und Interpretation, die im Wege des [X.] nicht gefordert werden können, stehen hier nicht in Rede.

b) Die Beantwortung der Frage

"Erfordert der Terminus 'amtliche Informationen' im Sinne des § 2 Nr. 1 [X.], dass die begehrten (statistischen) Informationen selbst amtlichen Zwecken dienen (können), oder genügt es, dass die für die Erfüllung eines [X.] zu erstellende Statistik auf Rohdaten beruht, die ihrerseits amtlichen Zwecken dienen?"

bedarf nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, denn sie liegt auf der Hand.

Die amtliche Information als taugliches Objekt eines [X.]s ist von der Auskunft über die amtliche Information zu unterscheiden. Die in den Unterlagen und Aufzeichnungen der informationspflichtigen Stelle vorhandene Information muss amtlichen Zwecken dienen und insoweit auf ihre Tätigkeit als Behörde im funktionellen Sinne ([X.], Urteile vom 3. November 2011 - 7 [X.] 3.11 - [X.]E 141, 122 Rn. 13 und vom 28. Februar 2019 - 7 [X.] 23.17 - NVwZ 2019, 978 Rn. 15) bezogen sein. Diese Zweckbestimmung für die originäre behördliche Tätigkeit muss die Auskunft als solche nicht aufweisen. Sie dient nur insoweit behördlichen Zwecken, als der Aufgabenkreis der Behörde durch die Verpflichtungen nach dem [X.] erweitert worden ist.

c) Die Revision ist auch nicht wegen der Frage

"Geht die spezielle Zugangsregelung in § 475 [X.] i.V.m. §§ 46 Abs. 1, 49b OWiG dem [X.] nach § 1 Abs. 3 [X.] nur dann vor, wenn die begehrten Informationen persönliche Daten eines [X.] aus einem Ordnungswidrigkeitsverfahren betreffen?"

zuzulassen. Sie ist - soweit entscheidungserheblich - mit dem Verwaltungsgerichtshof im bejahenden Sinne zu beantworten. Dies ergibt sich bei Anlegung der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung ohne Weiteres aus dem Gesetz. Danach werden Auskunftsbegehren über Ordnungswidrigkeitenverfahren, die sich allein auf verfahrensübergreifende Merkmale beziehen und sich nicht auf personenbezogene Daten Dritter richten, von dem in § 1 Abs. 3 [X.] normierten Vorrang fachgesetzlicher [X.]ansprüche nicht erfasst.

Nach § 1 Abs. 3 [X.] gehen Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen mit Ausnahme von § 29 VwVfG und § 25 SGB X vor. Diese Vorschrift dient der Sicherung des Vorrangs des Fachrechts gegenüber dem [X.]. Zu diesem Zweck wird das [X.] (nur) durch Normen verdrängt, die einen mit § 1 Abs. 1 [X.] - abstrakt - identischen sachlichen Regelungsgehalt aufweisen und sich als abschließende Regelung verstehen ([X.], Urteil vom 29. Juni 2017 - 7 [X.] 24.15 - [X.]E 159, 194 Rn. 12).

Nach § 475 Abs. 1 und 4 [X.], die gemäß § 46 Abs. 1, § 49b OWiG für das Bußgeldverfahren sinngemäß gelten, können einem Rechtsanwalt für eine Privatperson und für sonstige Stellen - und auch diesen selbst - Auskünfte aus Akten erteilt werden, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der öffentlichen Klage vorzulegen wären, soweit hierfür ein berechtigtes Interesse dargelegt wird. Auskünfte sind zu versagen, wenn der hiervon Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an der Versagung hat. § 475 [X.] enthält eine umfassende Regelung, die etwa auch für die Überlassung anonymisierter Abschriften strafgerichtlicher Entscheidungen an private Dritte gilt ([X.], Beschluss vom 20. Juni 2018 - 5 AR ([X.]) 112/17 - [X.]St 63, 156 Rn. 6), und tritt in ihrem Anwendungsbereich - als ebenfalls nicht [X.], aber [X.] Anspruch auf Verbescheidung nach pflichtgemäßem Ermessen - an die Stelle des voraussetzungslos gewährten Zugangsanspruchs nach § 1 Abs. 1 [X.] (siehe etwa [X.]. 15/4493 [X.]2; [X.], [X.], 2. Aufl. 2016, § 1 Rn. 350, 352; [X.], in: [X.]/Polenz/Blatt, [X.], 1. Aufl. 2017, § 1 Rn. 146; [X.], [X.], 1 <5>; siehe auch [X.], [X.] vom 18. März 2009 - 2 BvR 8/08 - NJW 2009, 2876 Rn. 20).

Der sachliche Anwendungsbereich der Auskunftsregelung nach § 475 [X.], § 46 Abs. 1, § 49b OWiG ist allerdings nicht so weit, dass er bei jeglichem Bezug auf ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eröffnet wäre. Schon der Wortlaut, der von Auskünften "aus Akten" spricht, die nach § 475 Abs. 2 [X.] ausnahmsweise auch durch die Gewährung von Einsicht in die Akten ersetzt werden können, deutet darauf hin, dass die Auskunft auf Informationen zielt, die die Kenntnis des Inhalts der spezifischen Akten voraussetzen. Dem stehen Auskünfte "über Akten" gegenüber, die sich - auch ohne detaillierten Einblick in die Akten - nach übergreifenden Merkmalen bestimmen. Eine solche Unterscheidung liegt jedenfalls dann nahe, wenn es - wie hier insbesondere bezogen auf die erste Auskunft unter Ziffer 4 des [X.] - allein um die Frage der Anzahl von Ordnungswidrigkeitenverfahren einer näher umschriebenen Art geht. Aber auch unabhängig von diesem am Wortlaut anknüpfenden Verständnis erschließt sich der insoweit beschränkte Anwendungsbereich der Vorschrift aus ihrem Regelungszweck, wie er durch die Entstehungsgeschichte belegt wird.

Mit § 475 [X.], der gemäß § 46 Abs. 1 OWiG auch für Bußgeldverfahren gilt, und der insoweit klarstellenden und konkretisierenden Regelung in § 49b OWiG hat der Gesetzgeber die Vorgaben aus dem Urteil des [X.] vom 15. Dezember 1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - ([X.]E 65, 1 <44>) umgesetzt, wonach Beschränkungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung einer gesetzlichen Grundlage bedürfen, aus der sich die Voraussetzungen und der Umfang dieser Beschränkung klar und für den Bürger erkennbar ergeben ([X.]. 14/1484 [X.], 16 und [X.]. 14/9001 [X.], 7). Diese Ausrichtung findet ihren Niederschlag insbesondere darin, dass nach § 475 Abs. 1 Satz 2 [X.] das - gegebenenfalls durch eine Abwägung der gegenläufigen Belange zu ermittelnde - schutzwürdige Interesse des von der Auskunftserteilung betroffenen [X.] einen zwingenden Versagungsgrund bildet (siehe hierzu [X.], in: [X.] Kommentar zur [X.], 1. Aufl. 2019, § 475 Rn. 22 m.w.N.). Die maßgeblichen Entscheidungsvorgaben gehen aber dann von vornherein ins Leere, wenn Dritte - hierzu zählen auch juristische Personen ([X.], Beschluss vom 13. Juni 2007 - 1 BvR 1550/03 u.a. - [X.]E 118, 168 <203 f.>) - in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht betroffen sein können, weil die Auskunft nur Angaben zum Gegenstand hat, die keinen individualisierbaren Bezug aufweisen. In dieser Situation wird § 475 [X.] auch seiner Doppelfunktion nicht mehr gerecht, denn neben der materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage für den Antragsteller soll die Vorschrift zugleich die gesetzliche Grundlage für Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sein ([X.], [X.] vom 18. März 2009 - 2 BvR 8/08 - NJW 2009, 2876 Rn. 17; [X.], Beschluss vom 20. Juni 2018 - 5 AR ([X.]) 112/17 - [X.]St 63, 156 Rn. 13).

3. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten Verfahrensfehler zuzulassen. Ein Verfahrensmangel ist im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur dann bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird. Dem wird das Vorbringen der [X.] nicht gerecht.

a) Die Beklagte zeigt nicht auf, dass der Verwaltungsgerichtshof seiner Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) nur unzureichend nachgekommen ist.

Eine Aufklärungsrüge erfordert die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des Verwaltungsgerichtshofs aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich oder geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellung dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer dem Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem [X.], insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, durch einen unbedingten Beweisantrag oder jedenfalls eine sonstige Beweisanregung hingewirkt worden ist und die Ablehnung der Beweiserhebung im Prozessrecht keine Stütze findet, oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (stRspr, vgl. etwa [X.], Beschluss vom 12. Juli 2018 - 7 [X.] - [X.] 451.224 § 26 KrWG Nr. 1 Rn. 23 m.w.N.).

Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Frage, ob die durch den Antrag Ziffer 4 erbetenen Auskünfte ohne unverhältnismäßigen Aufwand gegeben werden können, die Möglichkeiten einer erfolgversprechenden Durchsuchung des Aktenbestandes des für die Ordnungswidrigkeitenverfahren zuständigen Referats [X.] mithilfe der elektronischen Schriftgutverwaltung geprüft und dabei auf die Erkenntnisse hinsichtlich des Referats WA 23 verwiesen ([X.]). Weitere Ermittlungen zu einer - wie nunmehr vorgetragen - abweichenden Registrierungspraxis im Referat [X.] mussten sich dem Verwaltungsgerichtshof angesichts der im gesamten Bereich der [X.] einheitlichen Vorgaben für die elektronische Schriftgutverwaltung nicht aufdrängen. In dieser Situation wäre es vielmehr Sache der [X.] gewesen, auf eine weitere Beweiserhebung, insbesondere durch Stellung eines förmlichen Beweisantrags, hinzuwirken. Ein solches Versäumnis kann nicht durch eine Verfahrensrüge im Rechtsmittelverfahren kompensiert werden ([X.], Beschlüsse vom 20. Dezember 2011 - 7 [X.] - [X.] 445.4 § 58 [X.] Nr. 1 Rn. 26 und vom 16. Februar 2016 - 10 [X.] 4.15 - [X.] 415.1 [X.] Rn. 12 f. m.w.N.).

Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, dass sie keinen Anlass für eine in dieser Hinsicht sorgsame Prozessführung gehabt habe; denn nach dem Ablauf der mündlichen Verhandlung sei ihr nicht erkennbar gewesen, dass für den Verwaltungsgerichtshof auch der Klageantrag Ziffer 4 von Bedeutung gewesen sei. Dieser Vortrag ist schon angesichts des [X.] vom 19. September 2017, der sich in Ziffer 2 Buchst. d ausdrücklich auf den Klagantrag Ziffer 4 bezieht, und der Befragung des Zeugen M. zum Suchkriterium "[X.]" ohne nähere Ausführungen nicht nachvollziehbar.

Die Beklagte hatte auch hinreichend Gelegenheit, die mit der Beschwerde beanstandeten vermeintlichen Ungenauigkeiten im Beweisbeschluss des Verwaltungsgerichtshofs und daraus resultierende Missverständnisse, die eine weitere Sachverhaltsaufklärung erfordert hätten, bereits im Verfahren vor dem [X.] zu rügen.

b) Der Beschwerde kann des Weiteren nicht gefolgt werden, soweit sie sich auf eine als Verfahrensfehler rügefähige Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes beruft. (Angebliche) Fehler der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des [X.]s, die dem Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 VwGO genügen muss, sind regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen ([X.], Beschluss vom 14. Juli 2010 - 10 B 7.10 - [X.] 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 66 Rn. 4 m.w.N.). Die Grenzen der Freiheit der richterlichen Überzeugungsbildung sind mit der Folge des Vorliegens eines Verfahrensfehlers aber dann überschritten, wenn das Gericht seiner Sachverhalts- und Beweiswürdigung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt, sondern nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt oder wenn die von ihm gezogenen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen oder sonst von objektiver Willkür geprägt sind (stRspr, vgl. etwa [X.], Beschlüsse vom 11. Mai 2015 - 7 B 18.14 - [X.], 85 Rn. 15 und vom 31. Juli 2017 - 10 B 26.16 - [X.] 316 § 36 VwVfG Nr. 19 Rn. 18, jeweils m.w.N.).

Hinsichtlich des Klageantrags Ziffer 1 Buchst. a beanstandet die Beklagte, dass der Verwaltungsgerichtshof aus der Aussage der Zeugin S. wegen eines unzutreffenden zeitlichen Bezugspunkts fehlerhafte, weil aktenwidrige Rückschlüsse gezogen habe. Die Aktenwidrigkeit ergebe sich aus einem Widerspruch zu ihren Ausführungen in der [X.]. Mit diesem Vorbringen verfehlt die Beklagte die Anforderungen an die Rüge einer aktenwidrigen Tatsachenfeststellung. Der Vorwurf, das Gericht habe einen Sachverhalt "aktenwidrig" festgestellt, kann auf eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes führen, wenn zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt ein offensichtlicher, keiner weiteren Beweiserhebung bedürftiger, zweifelsfreier Widerspruch vorliegt ([X.], Beschluss vom 28. März 2013 - 4 B 15.12 - juris Rn. 22). Akteninhalt in diesem Sinn ist demnach aber nicht der gesamte Inhalt der von den Beteiligten im Gerichtsverfahren gewechselten Schriftsätze, in denen sich gerade auch - und wie hier - noch weiter aufklärungsbedürftiger Sachvortrag findet. Vielmehr muss ein Widerspruch zu einer im Urteil durch die Bezugnahme auf die Akten festgestellten Tatsache aufgezeigt werden (vgl. [X.], Beschluss vom 11. August 2016 - 10 [X.] 2.15 - [X.] 430.4 Berufsständisches Versorgungsrecht Nr. 57 Rn. 8). Aus diesem Grund dringt die Beklagte auch mit ihrem Vorbringen zum Klagantrag Ziffer 4 nicht durch.

Die Beklagte rügt des Weiteren, dass der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Gesamtwürdigung des behördlichen Aufwands für die Erteilung der begehrten Auskünfte von unzutreffenden Zahlenangaben sowohl hinsichtlich der im maßgeblichen Zeitraum betroffenen [X.] als auch der damals beteiligten Sachbearbeiter ausgegangen sei. Ob in Bezug auf die Anzahl der [X.] im maßgeblichen Zeitraum nach den oben aufgezeigten Maßstäben von einer aktenwidrigen Feststellung oder gegebenenfalls von einer Verletzung des Gebots, rechtliches Gehör zu gewähren, auszugehen ist, bedarf keiner Entscheidung. Gleichfalls offenbleiben kann, ob der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Zahl der [X.] irrtümlich einen allgemeinen Erfahrungssatz, d.h. einen jedermann zugänglichen, unzweifelhaft geltenden und von keiner Ausnahme durchbrochenen Satz ([X.], Urteil vom 20. Oktober 2016 - 7 [X.] 20.15 - [X.] 404 [X.] Nr. 21 Rn. 21) angenommen hat oder ob dieser Annahme bereits der Umstand entgegensteht, dass der Verwaltungsgerichtshof den Bezugszeitraum der mitgeteilten Zahlenangabe nicht weiter problematisiert hat. Denn auch wenn insoweit von Verfahrensfehlern auszugehen sein sollte, so ist jedenfalls auszuschließen, dass die angegriffene Entscheidung auf ihnen beruht. Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass einer Befragung von elf [X.]n zu den von ihnen üblicherweise beim Erstellen von [X.] verwendeten Formulierungen und Worte "keinen hohen Aufwand" erforderte ([X.]). Dass dies bei einer Befragung einer ebenfalls noch überschaubaren Zahl von 25 Beschäftigten anders zu bewerten wäre und angesichts des vom Verwaltungsgerichtshof zutreffend herangezogenen rechtlichen Maßstabs ([X.], Urteil vom 17. März 2016 - 7 [X.] 2.15 - [X.]E 154, 231 Rn. 24) zur Annahme eines unverhältnismäßigen Aufwands im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] führen könnte, ist in keiner Weise ersichtlich. Entsprechendes gilt für die Anzahl der betroffenen [X.]. Auch insoweit ist auszuschließen, dass allein die erforderliche Suche nach 45 anstatt 25 Instituten mithilfe der elektronischen Schriftgutverwaltung angesichts der Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs zum im jeweiligen Einzelfall benötigten zeitlichen Aufwand ([X.]) die in § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] festgelegte Grenze überschreitet.

c) Schließlich geht die Rüge fehl, das Urteil sei nicht mit Gründen versehen (§ 138 Nr. 6, § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Nach § 117 Abs. 2 Nr. 5, § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO müssen im Urteil die Gründe schriftlich niedergelegt werden, die für die Überzeugungsbildung des Gerichts maßgeblich waren. Nicht mit Gründen versehen ist eine Entscheidung nur dann, wenn die Entscheidungsgründe keine Kenntnis darüber vermitteln, welche tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte für die Entscheidung maßgebend waren, und wenn den Beteiligten und dem Rechtsmittelgericht deshalb die Möglichkeit entzogen ist, die Entscheidung auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen. Das ist nur dann der Fall, wenn die Entscheidungsgründe vollständig oder zu wesentlichen Teilen des Streitgegenstandes fehlen oder rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder aus sonstigen Gründen derart unbrauchbar sind, dass sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sind, den [X.] zu tragen. Der in § 138 Nr. 6 VwGO vorausgesetzte grobe Verfahrensfehler liegt indessen nicht schon dann vor, wenn die Entscheidungsgründe lediglich unklar, unvollständig, oberflächlich oder unrichtig sind (stRspr, vgl. nur [X.], Beschluss vom 21. April 2015 - 7 [X.] - [X.] 451.222 § 3 BBodSchG Nr. 3 Rn. 25 m.w.N.). Bei Anwendung dieses Maßstabs ist vorliegend für einen Begründungsmangel gemäß § 138 Nr. 6 VwGO nichts ersichtlich. Der Verwaltungsgerichtshof hat dargelegt, nach welchen rechtlichen Maßstäben und aufgrund welcher tatsächlicher Feststellungen er die Klage für begründet hält. Die Beklagte rügt angesichts dieser Ausführungen der Sache nach eine in ihren Augen unzureichende Begründungstiefe, die allerdings den groben Verfahrensmangel des § 138 Nr. 6 VwGO nicht darzutun geeignet ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Meta

10 B 14/19

18.12.2019

Bundesverwaltungsgericht 10. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 28. Februar 2019, Az: 6 A 1805/16, Urteil

§ 1 Abs 1 S 1 IFG, § 1 Abs 3 IFG, § 2 Nr 1 IFG, § 7 Abs 2 S 1 IFG, § 475 StPO, § 46 Abs 1 OWiG, § 49b OWiG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.12.2019, Az. 10 B 14/19 (REWIS RS 2019, 220)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 220

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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