Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 29.03.2023, Az. 10 C 2/22

10. Senat | REWIS RS 2023, 4304

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Gegenstand

Zugang zu Akten von Helmut Kohl; Ausschluss bei unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand zum Auffinden


Leitsatz

1. In entsprechender Anwendung von § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG ist ein Informationszugangsanspruch ausgeschlossen, soweit schon das Auffinden der von einem Antragsteller begehrten Informationen im Aktenbestand der Behörde in Anbetracht der Größe dieses Bestandes und der Notwendigkeit händischer Suche mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verbunden wäre.

2. Weder das Informationsfreiheitsgesetz noch das Bundesarchivgesetz gewähren einen Anspruch auf Wiederbeschaffung amtlicher Informationen, die zum Zeitpunkt der Antragstellung bei der informationspflichtigen Behörde nicht mehr vorhanden sind.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Journalistin, Historikerin und Publizistin. Sie begehrt vom [X.] Zugang zu Unterlagen aus der [X.] Dr. Helmut [X.]s (1982 bis 1998).

2

Die Klägerin beantragte Einsicht in sämtliche beim [X.] sowie bei privaten [X.] vorhandene amtliche Unterlagen des ehemaligen Bundeskanzlers [X.], hilfsweise aus dem Zeitraum 1982 bis Juni 1987, sowie Zugang zu den [X.] zu diesen Akten. [X.] hilfsweise beantragte sie Einsicht in die amtlichen Unterlagen des ehemaligen Bundeskanzlers [X.] im Hinblick auf die Themen deutsch-südamerikanische Beziehungen, [X.], [X.], [X.] und [X.]. Das [X.] gewährte ihr Einsicht in insgesamt 45 Unterlagen und lehnte den Antrag im Übrigen ab.

3

Ihre Klage auf Gewährung des Zugangs im beantragten Umfang wies das Verwaltungsgericht ab. Die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Dem begehrten Zugang zu [X.] der [X.] des [X.]s stehe mit Blick auf ein laufendes gerichtliches Verfahren der Einwand der doppelten Rechtshängigkeit entgegen. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Die thematisch nicht eingeschränkten Anträge seien nicht hinreichend bestimmt und könnten nicht sinnvoll bearbeitet werden. Hinsichtlich des Zugangs zu Unterlagen, die sich beim [X.] befinden, sei der Anspruch der Klägerin vollständig erfüllt. Das [X.] habe mit den genannten Stichworten in sämtlichen Registraturen recherchiert, die Recherchemöglichkeiten insoweit ausgeschöpft und aufgefundene Dokumente zur Verfügung gestellt. Die Beklagte habe hinreichend dargelegt, dass eine händische Suche unzumutbar sei, da eine solche die Durchsicht von 9 200 Aktenbänden mit jeweils 20 bis 400 Seiten in der [X.] sowie ca. 80 Akten mit rund 100 Bänden in der Hauptregistratur voraussetze. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Zugang oder Nutzung sich unter Umständen im Besitz der Witwe Helmut [X.]s befindlicher Unterlagen. Eine Wiederbeschaffungspflicht bestehe nicht. Die Klägerin habe zudem keinen Anspruch auf Zugang zu [X.].

4

Zur Begründung ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Die Anträge seien hinreichend bestimmt, da über Art und Inhalt der begehrten Informationen keine Zweifel bestünden. Die Forderung nach einer thematischen Eingrenzung und einer Orientierung an der behördeninternen Systematik der Archivierung sei allenfalls eine Frage der Verhältnismäßigkeit des Verwaltungsaufwands. Der Anspruch auf Informationszugang sei nicht erfüllt. Das [X.] habe nicht plausibel dargelegt, dass keine weiteren Unterlagen vorhanden seien, und eine händische Suche sei nicht erfolgt. Einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand habe die Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Der tatsächliche Aufwand an Kosten und Personal sei unklar. Ein etwaiger hoher Verwaltungsaufwand sei darauf zurückzuführen, dass das [X.] seiner Pflicht, ältere Aktenbestände so zu organisieren, dass [X.] effektiv erfüllt werden könnten, nicht nachgekommen sei. Bei einem - wie hier zu [X.] - Verstoß gegen die Verpflichtung zur Abgabe von Unterlagen an das [X.] habe der archivrechtliche [X.] und eine Anreizfunktion. Andere öffentliche Stellen müssten dieselben Anstrengungen wie das [X.] unternehmen, um Archivgut nutzbar zu machen. Es bestehe auch ein Anspruch auf Wiederbeschaffung von sich im Besitz privater Dritter befindlichen amtlichen Unterlagen sowie auf Zugang zu [X.].

5

Die Klägerin beantragt,

1. unter teilweiser Abänderung des Urteils des [X.] vom 26. Mai 2020 und des Urteils des [X.] vom 3. Juni 2022 die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides des [X.]es vom 26. Juni 2018

a) zu verpflichten, ihr die Unterlagen, die Helmut [X.] in seiner Funktion als Bundeskanzler unterschrieben oder mit seinem Namen versehen hat und die sich im [X.] oder im Besitz von Frau Maike [X.]-Richter befinden, bereitzustellen und ihr die Erlaubnis zur Einsichtnahme zu erteilen,

b) hilfsweise zu verpflichten, ihr die Unterlagen aus dem Zeitraum 1. Oktober 1982 bis 30. Juni 1987, die Helmut [X.] in seiner Funktion als Bundeskanzler unterschrieben oder mit seinem Namen versehen hat und die sich im [X.] oder im Besitz von Frau Maike [X.]-Richter befinden, bereitzustellen und ihr die Erlaubnis zur Einsichtnahme zu erteilen,

c) äußerst hilfsweise zu verpflichten, ihr die Unterlagen, die Helmut [X.] in seiner Funktion als Bundeskanzler unterschrieben oder mit seinem Namen versehen hat und die sich im [X.] oder im Besitz von Frau Maike [X.]-Richter befinden und die sich auf die Themen deutsch-südamerikanische Beziehungen und/oder [X.] und/oder [X.] und/oder [X.] und/oder [X.] beziehen, bereitzustellen und ihr die Erlaubnis zur Einsichtnahme zu erteilen,

und

2. die Beklagte zu verpflichten, ihr Zugang zu den [X.] hinsichtlich der in Ziffer 1 Buchst. a, hilfsweise in Ziffer 1 Buchst. b, äußerst hilfsweise in Ziffer 1 Buchst. c bezeichneten Akten zu verschaffen.

6

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Sie verteidigt das angefochtene Urteil des [X.].

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Zwar steht die Annahme des [X.], die thematisch unbeschränkten Anträge der Klägerin auf Informationszugang (Hauptantrag und erster Hilfsantrag) seien zu unbestimmt, nicht mit [X.]recht in Einklang (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Entscheidung stellt sich insoweit aber aus anderen Gründen, die auch den thematisch beschränkten zweiten Hilfsantrag der Klägerin betreffen, als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Im Einklang mit [X.]recht hat das Oberverwaltungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf Wiederbeschaffung beim [X.] im [X.] nicht mehr vorhandener amtlicher Unterlagen sowie auf Zugang zu den dort vorhandenen [X.] abgelehnt.

9

1. Soweit die Klägerin Zugang zu den [X.] auch der [X.] des [X.]s begehrt, ist die Klage unzulässig. Ihr steht die Rechtskraft der zwischen den Beteiligten zwischenzeitlich ergangenen Entscheidung des [X.] vom 23. Juni 2022 ([X.] 10 [X.] 3.21) entgegen (§ 121 VwGO). Der Senat hat mit diesem Urteil geklärt, dass die Klägerin keinen Zugang zu jenen [X.] beanspruchen kann.

2. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Zugang zu weiteren amtlichen Unterlagen sowie zu [X.] des [X.]s hat.

a) Rechtsgrundlage für das Zugangsbegehren der Klägerin ist hinsichtlich von bis zu 30 Jahren alten Unterlagen § 1 Abs. 1 Satz 1 des [X.] ([X.] - [X.]) [X.] der Bekanntmachung vom 5. September 2005 ([X.]), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. Juni 2020 ([X.] I S. 1328), hinsichtlich von älteren Unterlagen § 11 Abs. 6 i. V. m. § 10 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Nutzung und Sicherung von Archivgut des [X.] ([X.]archivgesetz - BArchG) [X.] der Bekanntmachung vom 6. September 2021 ([X.] I S. 4122), geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2022 ([X.] I S. 2759). Mit Bezug auf Unterlagen, die älter als 30 Jahre sind und noch der Verfügungsgewalt der öffentlichen Stellen des [X.] - hier des [X.]s - unterliegen, bei denen sie entstanden sind, haben die sonst für die Nutzung von Archivgut beim [X.]archiv geltenden Vorschriften in entsprechender Anwendung (§ 11 Abs. 6 BArchG) gegenüber den Vorschriften des [X.] als speziellere Anspruchsgrundlage nach § 1 Abs. 3 [X.] Vorrang ([X.], Urteil vom 23. Juni 2022 - 10 [X.] 3.21 - NVwZ 2022, 1904 Rn. 13 m. [X.]).

b) Entgegen der Auffassung des [X.] sind die thematisch unbeschränkten Anträge der Klägerin auf Zugang zu Unterlagen (Hauptantrag und erster Hilfsantrag) nicht zu unbestimmt. Insoweit steht das Berufungsurteil mit [X.]recht nicht in Einklang (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

Sowohl der [X.] nach § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] als auch der archivrechtliche Nutzungsanspruch nach § 11 Abs. 6 i. V. m. § 10 Abs. 1 Satz 1 BArchG sind [X.] (§ 7 Abs. 1 Satz 1 [X.], § 10 Abs. 1 Satz 1 BArchG). Diese Antragserfordernisse betreffen nicht nur die Einleitung des behördlichen Verfahrens (vgl. § 22 Satz 2 VwVfG), sondern fordern zugleich eine inhaltliche Begrenzung der zu nutzenden Unterlagen (vgl. [X.], Beschluss vom 17. November 2016 - 6 A 1.15 - juris Rn. 13 zu § 5 Abs. 1 Satz 1 BArchG a. F.). Der Antrag muss hinreichend bestimmt sein und insbesondere erkennen lassen, auf welche Unterlagen und Informationen er gerichtet ist. Dies wird zwar - anders als in § 4 Abs. 1 Satz 2 des [X.] ([X.] - [X.]) [X.] der Bekanntmachung vom 17. Oktober 2012 ([X.] I S. 2166), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. Juli 2021 ([X.] I S. 3146), und § 4 Abs. 2 Satz 1 des Umweltinformationsgesetzes [X.] der Bekanntmachung vom 27. Oktober 2014 ([X.] I S. 1643), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Februar 2021 ([X.] I S. 306) - weder im [X.]archivgesetz noch im [X.] ausdrücklich vorausgesetzt, folgt aber auch unabhängig davon aus dem Antragserfordernis selbst. Mit seinem Antrag bezeichnet der Antragsteller sein Begehren und damit den Gegenstand des Verwaltungsverfahrens. Nur ein hinreichend bestimmter Antrag, der die begehrten Informationen identifizierbar macht, setzt die [X.] in die Lage zu prüfen, ob diese Informationen vorhanden sind, die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs erfüllt sind und dem Anspruch keine Ablehnungsgründe entgegenstehen (vgl. [X.], Beschluss vom 11. Juni 2019 - 6 A 2.17 - [X.] 406.252 § 3 [X.] Rn. 7 ff. zu § 4 Abs. 2 Satz 1 UIG).

Demgegenüber kann unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit des Antrags keine thematisch-inhaltliche Eingrenzung des [X.] gefordert werden. Weder ergeben sich hierfür gesetzliche Anhaltspunkte - etwa aus dem Begriff der amtlichen Information (vgl. § 2 Nr. 1 [X.]) - noch entspräche dies dem Leitbild voraussetzungslosen Zugangs zu amtlichen Informationen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 [X.]) bzw. zu Archivgut des [X.] (§ 10 Abs. 1 Satz 1 BArchG). Auch ist es einem Antragsteller weder möglich noch zumutbar, Gegenstand und Reichweite seines Antrags an dem - ganz wesentlich von Faktoren im Binnenbereich der informationspflichtigen [X.] abhängigen - Verwaltungsaufwand der Antragsbearbeitung oder den Recherchemöglichkeiten der [X.] auszurichten. Deshalb überzeugt es auch nicht, wenn das Oberverwaltungsgericht solchen Anträgen eine hinreichende Bestimmtheit absprechen will, die "an den Möglichkeiten der Recherche bei einer ordnungsgemäßen Aktenführung der [X.] deutlich vorbeigehen".

Den hiernach zu stellenden Bestimmtheitsanforderungen wird das Begehren der Klägerin auch hinsichtlich ihrer thematisch nicht beschränkten Anträge auf Informationszugang gerecht. Es ist zwar potenziell auf eine große Vielzahl amtlicher Unterlagen gerichtet. Diese sind aber anhand der von der Klägerin genannten Kriterien bestimmbar. Begehrt werden Unterlagen, die [X.] - insoweit erfolgt eine personelle Eingrenzung - unterschrieben oder mit seinem Namen versehen, also unter Setzung eines Namenszeichens eigenhändig abgezeichnet hat; aus Letzterem folgt auch eine formal-sachliche Begrenzung. Auf dieser Grundlage ist es der Beklagten prinzipiell möglich, ihre Aktenbestände nach solchen Unterlagen - erforderlichenfalls händisch - zu durchsuchen und sodann jeweils über das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen und etwaige Versagungsgründe zu befinden.

c) Der Erfüllung des ausweislich des [X.] wie auch beider Hilfsanträge von der Klägerin verfolgten Begehrens kann die Beklagte jedoch sowohl hinsichtlich von Unterlagen, die älter als 30 Jahre sind, als auch hinsichtlich jüngerer Unterlagen den Versagungsgrund unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands entgegenhalten. Insoweit erweist sich das Urteil des [X.] aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

aa) Die Nutzung von Unterlagen, die älter als 30 Jahre sind und seitens des [X.]s noch nicht dem [X.]archiv übergeben wurden, kann nach § 11 Abs. 6 i. V. m. § 13 Abs. 2 Nr. 2 BArchG eingeschränkt oder versagt werden, wenn durch sie ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand entstünde. Maßstäbe dafür, wann von einer Unverhältnismäßigkeit des Verwaltungsaufwands im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 2 BArchG auszugehen ist, lassen sich der Rechtsprechung des [X.] zu § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] entnehmen. Diese eng auszulegende Vorschrift soll die informationspflichtige Stelle vor institutioneller Überforderung und einer Beeinträchtigung ihrer Funktionsfähigkeit schützen. [X.] [X.]n müssen Vorsorge dafür treffen, dass durch die Aufbereitung und Sichtung von Akten sowie die Zusammenstellung der Unterlagen aus Anlass von [X.] die ordnungsgemäße Wahrnehmung ihrer sonstigen Aufgaben nicht erheblich beeinträchtigt wird. Sie sind daher grundsätzlich gehalten, sich in ihrer Arbeitsorganisation und Aktenführung auf die mit der Erfüllung von [X.] verbundenen ([X.] einzustellen. Der Verwaltungsaufwand ist zudem nicht schon dann unverhältnismäßig, wenn er eine Verlängerung der Bearbeitungszeit erfordert oder selbst mit höheren Gebühren nicht angemessen abgebildet werden kann. Von einer Unverhältnismäßigkeit des Verwaltungsaufwands ist aber dann auszugehen, wenn der Aufwand an Kosten oder Personal im Verhältnis zum Erkenntnisgewinn des Anspruchstellers und der Allgemeinheit unvertretbar wäre oder die Wahrnehmung der vorrangigen Sachaufgaben der [X.] - auch bei zumutbarer Personal- und Sachmittelausstattung sowie unter Ausschöpfung aller organisatorischen Möglichkeiten - erheblich behindert würde ([X.], Urteile vom 17. März 2016 - 7 [X.] 2.15 - [X.]E 154, 231 Rn. 24 und vom 23. Juni 2022 - 10 [X.] 3.21 - NVwZ 2022, 1904 Rn. 37). Die allgemeinen Grundsätze ordnungsgemäßer Aktenführung und einschlägige besondere rechtliche Vorgaben, hier nach der Registraturrichtlinie für das Bearbeiten und Verwalten von Schriftgut in [X.]ministerien vom 11. Juli 2001, sind zu wahren. Unbeschadet dessen besteht jedoch keine Verpflichtung der [X.]n, ältere Aktenbestände im Nachhinein in einer bestimmten Art und Weise (neu) zu organisieren oder digital aufzubereiten (vgl. [X.], Urteil vom 17. März 2016 - 7 [X.] 2.15 - [X.]E 154, 231 Rn. 44).

Abweichendes gilt hinsichtlich mehr als 30 Jahre alter Unterlagen auch dann nicht, wenn die betroffene öffentliche Stelle ihrer Anbietungspflicht nach § 5 Abs. 1 BArchG nicht nachgekommen ist. Es gibt weder einen gesetzlichen Ansatzpunkt dafür, dass der informationspflichtigen Stelle die Aufbereitung der eigenen Akten als Archivgut obliegt, noch für eine strikte Sanktionierung der Anbietungspflicht. Der Nutzungsanspruch nach § 11 Abs. 6 BArchG gegen die anbietungspflichtige Stelle hat insoweit lediglich eine Anreizfunktion ([X.], Beschluss vom 25. September 2017 - 6 A 4.15 - juris Rn. 5 und Urteil vom 23. Juni 2022 - 10 [X.] 3.21 - NVwZ 2022, 1904 Rn. 40 f.).

Andere Maßstäbe ergeben sich auch nicht aus der Rechtsprechung des [X.]. In der von der Klägerin insoweit aufgegriffenen Entscheidung zu Art. 10 [X.] hält der Gerichtshof die völlige Verweigerung des Zugangs zu Entscheidungen einer [X.] und das sich hieraus ergebende Informationsmonopol für unverhältnismäßig. Eine derartige völlige Verweigerung hinsichtlich des Zugangs zu amtlichen Informationen steht vorliegend nicht in Rede (vgl. [X.], Urteil der Ersten Sektion vom 28. November 2013 - Nr. 39534/07 [X.] Vereinigung zur Erhaltung, Stärkung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes gegen [X.] -).

bb) Für bis zu 30 Jahre alte Unterlagen, hinsichtlich derer sich der [X.] auf § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] gründet, fehlt es an einer § 13 Abs. 2 Nr. 2 BArchG entsprechenden allgemeinen Regelung zur Verhältnismäßigkeit des Verwaltungsaufwands bei der Informationszugangsgewährung. § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] trifft lediglich eine Teilregelung für den Fall, dass ein Anspruch auf Informationszugang nach den materiell-rechtlichen Vorgaben des Gesetzes, namentlich wegen der in §§ 3 bis 6 [X.] geregelten Ausschlussgründe, nur zum Teil besteht und eine teilweise Zugangsgewährung mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verbunden ist. Die Vorschrift erfasst hierbei nicht nur die Konstellation, dass die Separierung der als solche identifizierten geheimhaltungsbedürftigen von den nicht geheimhaltungsbedürftigen Informationen nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist, sondern gilt auch dann, wenn schon die konkrete Identifizierung der schutzwürdigen Angaben und damit die genaue Bestimmung des Umfangs des Teilanspruchs auf Informationszugang mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verbunden ist (vgl. [X.], Urteil vom 17. März 2016 - 7 [X.] 2.15 - [X.]E 154, 231 Rn. 19). § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist auch anzuwenden, wenn ein Informationszugangsantrag zwar auf Unterlagen beschränkt bleibt, hinsichtlich derer keine Versagungsgründe bestehen, der Aufwand für das Identifizieren schutzwürdiger und deshalb von dem Antrag nicht umfasster Angaben sich aber als unverhältnismäßig erweist (vgl. [X.], Urteil vom 10. April 2019 - 7 [X.] 23.18 - juris Rn. 36 ff.). Demgegenüber erfasst § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht den Fall, dass schon die Suche nach und die Zusammenstellung der Informationen, zu denen der Antragsteller Zugang begehrt, einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand erforderte.

Das [X.] weist insoweit eine planwidrige Lücke auf, die im Zuge einer analogen Anwendung des § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] zu schließen ist. In § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] anerkennt der Gesetzgeber - wie dargelegt - für den Fall eines nur teilweise bestehenden [X.]s zu amtlichen Informationen, dass ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand der Zugangsgewährung entgegenstehen kann. Die Regelung zielt nach der Begründung des Gesetzentwurfs auf die Gewährleistung der Transparenz und Verhältnismäßigkeit ([X.]. 15/4493 S. 15). Sie hat mithin eine doppelte Zielsetzung: Soweit sie die [X.] zu einer teilweisen Stattgabe des Antrags verpflichtet, dient sie dem Schutz des Antragstellers. Soweit sie die Ablehnung des Antrags wegen eines ansonsten erforderlichen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands ermöglicht, zielt sie auf den Schutz der informationspflichtigen Stelle vor institutioneller Überforderung und einer Beeinträchtigung ihrer Funktionsfähigkeit (vgl. [X.], Urteil vom 17. März 2016 - 7 [X.] 2.15 - [X.]E 154, 231 Rn. 24; [X.], [X.], 2. Aufl. 2016, § 7 Rn. 100). Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der ausdrücklichen Regelung zum teilweisen Informationszugang (durch nur teilweise Ablehnung des Zugangsantrags; [X.]. 15/4493 S. 15) in § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] zugleich festlegen wollte, dass im Übrigen - abgesehen von der in § 1 Abs. 2 Satz 3 [X.] behandelten Frage der Art der Zugangsgewährung - das Ausmaß des zur Bearbeitung eines Zugangsantrags notwendigen Verwaltungsaufwands generell und somit selbst dann unberücksichtigt zu bleiben hat, wenn sich die Interessenlage im Wesentlichen nicht anders darstellt als in der von § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] direkt erfassten Konstellation, bestehen nicht. Ein solcher im Wesentlichen vergleichbarer Fall liegt vor, wenn schon das Auffinden der von einem Antragsteller begehrten Informationen im Aktenbestand der [X.] in Anbetracht der Größe dieses Bestandes und der Notwendigkeit händischer Suche mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verbunden wäre. Nicht anders als in dem von § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] behandelten Fall der Notwendigkeit einer aufwändigen Abtrennung geheimhaltungsbedürftiger von nicht geheimhaltungsbedürftigen Informationen kann im Einzelfall auch eine aufwändige Suche nach bestimmten Informationen zur institutionellen Überforderung der [X.] und einer Beeinträchtigung ihrer Handlungs- und Funktionsfähigkeit führen. Eben hiervor will der Gesetzgeber die [X.] um der Erfüllung ihrer sonstigen Aufgaben willen schützen. Das Fehlen einer dem § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] entsprechenden Vorschrift für diese Konstellation erweist sich vor diesem Hintergrund als planwidrige Regelungslücke, die durch eine analoge Anwendung der gesetzlichen Regelung zu schließen ist (ebenso [X.], Urteil vom 28. Februar 2019 - 6 A 1805/16 - juris Rn. 115 m. [X.]).

Die Maßstäbe dafür, wann in diesem Zusammenhang von einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand auszugehen ist, sind nicht anders zu bestimmen als im direkten Anwendungsbereich des § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] sowie im Rahmen von § 13 Abs. 2 Nr. 2 BArchG.

cc) Legt man diese Maßstäbe dem vorliegenden Fall zugrunde, sind die Voraussetzungen des Nutzungsversagungsgrundes des § 13 Abs. 2 Nr. 2 BArchG für die begehrten über 30 Jahre alten Unterlagen und des [X.] unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands entsprechend § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.] hinsichtlich der begehrten bis zu 30 Jahre alten amtlichen Unterlagen gegeben. Die Befriedigung des [X.] der Klägerin würde das [X.] - auch bei zumutbarer Personal- und Sachmittelausstattung sowie unter Ausschöpfung aller organisatorischen Möglichkeiten - bei der Wahrnehmung seiner vorrangigen Sachaufgaben erheblich behindern und wäre mithin mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verbunden. Die Beklagte hat nach den Feststellungen der Vorinstanz unwidersprochen vorgetragen, dass allein mit Blick auf den thematisch begrenzten zweiten Hilfsantrag der Klägerin insgesamt 9 200 Aktenbände mit jeweils 20 bis 400 Seiten in der [X.] sowie ca. 80 Akten mit rund 100 Bänden in der Hauptregistratur im Rahmen einer händischen Suche durchzusehen sein würden. Hieran anknüpfend ergibt sich auch hinsichtlich des thematisch unbeschränkten [X.] und des auf den Zeitraum vom 1. Oktober 1982 bis 30. Juni 1987 begrenzten, gleichfalls thematisch unbeschränkten ersten [X.] der Klägerin eine Unverhältnismäßigkeit des Verwaltungsaufwands. Die auch hinsichtlich dieser Anträge erforderliche händische Suche in einem äußerst umfangreichen, jedenfalls über nahezu fünf Jahre hinweg (erster Hilfsantrag) entstandenen Aktenbestand einer informationsintensiven [X.] behinderte das [X.] bei der Wahrnehmung seiner vorrangigen Sachaufgaben erheblich (vgl. bereits [X.], Urteil vom 23. Juni 2022 - 10 [X.] 3.21 - NVwZ 2022, 1904 Rn. 38). Anhaltspunkte dafür, dass der zu bewältigende Verwaltungsaufwand maßgeblich in einer nicht ordnungsgemäßen Aktenführung begründet wäre oder das [X.] sonstige Obliegenheiten bei der Aktenführung verletzt hätte, bestehen nach den Feststellungen des [X.] nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass sich der im Zuge händischer Suche entstehende Verwaltungsaufwand durch sachgerechte organisatorische Maßnahmen oder durch die Art und Weise der Verfahrensgestaltung auf ein verhältnismäßiges Maß begrenzen ließe. Eine Neuorganisation oder digitale Aufbereitung älterer Aktenbestände ist - wie dargelegt - nicht geschuldet.

d) Das Oberverwaltungsgericht hat im Einklang mit [X.]recht einen Anspruch der Klägerin auf Wiederbeschaffung beim [X.] im [X.] nicht mehr vorhandener, gegebenenfalls im Besitz eines privaten [X.] befindlicher Unterlagen verneint. Ein Anspruch auf die Wiederbeschaffung amtlicher Informationen, die vor Eingang des Antrags auf Informationszugang bei einer informationspflichtigen [X.] in den Besitz privater Dritter gelangt sind, besteht nicht. Er ergibt sich weder aus dem [X.] für bis zu 30 Jahre alte Unterlagen noch aus dem [X.]archivgesetz für mehr als 30 Jahre alte Unterlagen. Auch Verfassungsrecht und die [X.] gebieten die Annahme eines solchen Anspruchs nicht.

aa) Der durch § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] gewährte [X.] beschränkt sich - auch ohne ausdrückliche Erwähnung im Wortlaut der Vorschrift - im Regelfall auf Informationen, die im Zeitpunkt des Eingangs des Antrags auf Informationszugang bei der informationspflichtigen Stelle vorhanden sind. Eine Informationsbeschaffungspflicht besteht grundsätzlich nicht. Die Gewährung eines Zugangs zu Informationen setzt vielmehr voraus, dass der [X.] selbst tatsächlich Zugriff auf die begehrten Informationen hat (vgl. [X.], Beschluss vom 27. Mai 2013 - 7 B 43.12 - [X.] 404 [X.] Nr. 11 Rn. 11; Urteile vom 27. November 2014 - 7 [X.] 20.12 - [X.]E 151, 1 Rn. 37, vom 17. März 2016 - 7 [X.] 2.15 - [X.]E 154, 231 Rn. 41 und vom 10. April 2019 - 7 [X.] 22.18 - [X.] 404 [X.] Nr. 32 Rn. 15). Folgerichtig enthält das [X.] - wie auch das Archivrecht - keine Rechtsgrundlage, um gegenüber [X.]n und Privaten, die im Besitz amtlicher Informationen sind, ein Herausgabeverlangen durchsetzen zu können (vgl. schon [X.], Beschluss vom 27. Mai 2013 - 7 B 43.12 - [X.] 404 [X.] Nr. 11 Rn. 11).

Abweichend von diesem Grundsatz hat die Rechtsprechung des [X.] eine Pflicht zur Wiederbeschaffung amtlicher Informationen - jedenfalls für den Fall, dass die Wiederbeschaffung im Rahmen der Inanspruchnahme von Amtshilfe möglich ist - lediglich hinsichtlich solcher Unterlagen bejaht, die erst nach Eingang eines Informationszugangsantrags - also gleichsam "sehenden Auges" - weggegeben worden sind ([X.], Urteile vom 17. März 2016 - 7 [X.] 2.15 - [X.]E 154, 231 Rn. 41 und vom 10. April 2019 - 7 [X.] 22.18 - [X.] 404 [X.] Nr. 32 Rn. 15).

Keinen Fall der Wiederbeschaffung bei der informationspflichtigen [X.] nicht mehr vorhandener amtlicher Informationen betreffen die Regelungen in § 1 Abs. 1 Satz 3, § 7 Abs. 1 Satz 2 [X.]. Nach ihnen richtet sich der Informationszugangsantrag bezüglich amtlicher Informationen, die sich bei einem privaten [X.] befinden, dessen sich eine [X.] zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient, gegen die [X.]. Geregelt wird mithin der besondere Fall, dass ein insoweit einer [X.] gleichgestellter Dritter selbst materiell informationspflichtige Stelle ist und sich lediglich in verfahrensmäßiger Hinsicht - als Vereinfachung zugunsten des Antragstellers - der Informationszugangsantrag an die [X.] zu richten hat, die sich des [X.] bedient. Diese Konstellation unterscheidet sich grundlegend von derjenigen einer Wiederbeschaffung von Unterlagen im Besitz sonstiger Dritter, derer sich die [X.] nicht zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben bedient. Insoweit kommt auch keine entsprechende Anwendung von § 1 Abs. 1 Satz 3 [X.] zur Begründung einer (allgemeinen) Wiederbeschaffungspflicht in Betracht.

bb) Eine Verpflichtung zur Wiederbeschaffung von zum Zeitpunkt der Antragstellung bei der informationspflichtigen [X.] nicht mehr vorhandenen Unterlagen lässt sich auch weder aus dem Sinn und Zweck des [X.] noch aus der [X.] oder dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz ableiten (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 20. Juni 2017 - 1 BvR 1978/13 - [X.]E 145, 365 Rn. 25 ff.).

Die Begründung zum Entwurf des [X.] ([X.]. 15/4493) ist für die Frage einer Pflicht zur Wiederbeschaffung amtlicher Informationen unergiebig. Danach zielen der Zugang zu Informationen und eine größere Transparenz behördlicher Entscheidungen darauf, die Voraussetzungen für die Wahrnehmung individueller Bürgerrechte zu befördern und die [X.] Meinungs- und Willensbildung zu unterstützen. Der Gesetzgeber wollte die Information über und die Partizipation an gegenwärtigen staatlichen Entscheidungen sowie die gleichgewichtige Informationsverteilung zwischen Staat und Bürger als Voraussetzung kooperativen Verwaltungshandelns stärken ([X.]. 15/4493 S. 6). Dass davon auch der Zugang zu amtlichen Informationen umfasst sein soll, die dem öffentlichen Akteur selbst nicht mehr zur Verfügung stehen und erst wiederbeschafft werden müssten, ist nicht erkennbar.

Auch eine Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] im Lichte der [X.] und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des [X.] weist nicht auf eine Verpflichtung zur Wiederbeschaffung bei der in Anspruch genommenen [X.] nicht mehr vorhandener Unterlagen. Nach Art. 10 Abs. 1 Satz 2 [X.] schließt das Recht auf freie Meinungsäußerung die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs kann die Versagung des Zugangs zu Informationen einen Eingriff in das aus Art. 10 Abs. 1 [X.] abgeleitete Recht, Informationen zu empfangen, darstellen. Anhaltspunkte für eine aus Art. 10 [X.] folgende Verpflichtung staatlicher Stellen zur Wiederbeschaffung von dort vor der Beantragung eines Informationszugangs abhandengekommenen Informationen sind der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs jedoch nicht zu entnehmen. Die Entscheidung der Zweiten Sektion vom 14. April 2009 - Nr. 37374/05 Társaság a [X.] gegen [X.] - bezieht sich auf den Zugang zu gerichtlichen Entscheidungen beim handelnden Gericht. Das Urteil der Ersten Sektion vom 28. November 2013 Nr. 39534/07 - [X.] Vereinigung zur Erhaltung, Stärkung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes gegen [X.] - betrifft - wie bereits dargelegt - die völlige Verweigerung des Zugangs zu eigenen Entscheidungen einer [X.]. In beiden Fällen sind Anhaltspunkte dafür, dass die begehrten Informationen beim angegangenen Gericht bzw. der in Anspruch genommenen [X.] nicht (mehr) vorhanden gewesen sein könnten, nicht ersichtlich. In der Entscheidung der [X.] Sektion vom 7. Februar 2017 - Nr. 63898/09 Bubon gegen [X.] - wurde eine Verletzung des Art. 10 [X.] verneint. Sie betraf die Bereitstellung statistischer Daten durch eine Polizeidienststelle, die in der vom Antragsteller begehrten Form dort (noch) nicht vorlagen. Der Gerichtshof verneinte entscheidungstragend, dass die begehrte Information bereit und verfügbar ("ready and available") war. Auf dieses Kriterium stellen auch das Urteil der Großen Kammer des Gerichtshofs vom 8. November 2016 - Nr. 18030/11 [X.] Helsinki Bizottság gegen [X.] - (NVwZ 2017, 1843 Rn. 169 f.: "ohne weiteres verfügbar" bzw. "bereits verfügbar") und die Entscheidung der [X.] Sektion vom 19. Oktober 2021 - Nr. 6106/16 Saure gegen [X.] - (NVwZ 2022, 533 Rn. 34 ff.: "aufbereitet und verfügbar") ab. Müssten Unterlagen durch die informationspflichtige [X.] erst wiederbeschafft werden, sind die in ihnen enthaltenen Informationen gleichfalls nicht - im Sinne dieser Rechtsprechung - bereit und verfügbar.

Aus der Bindung der informationspflichtigen [X.] an den Gleichheitssatz (Art. 3 [X.]) folgt hier ebenfalls keine Wiederbeschaffungspflicht der Beklagten. Weder ist eine Ungleichbehandlung verschiedener am Informationszugang Interessierter untereinander noch eine solche von Zugangsinteressierten und [X.] erkennbar, an die amtliche Informationen gegebenenfalls gelangt sind (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 20. Juni 2017 - 1 BvR 1978/13 - [X.]E 145, 365 Rn. 30). Eine Ungleichbehandlung verschiedener Antragsteller auf einen Informationszugang nach § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] oder § 11 Abs. 6 i. V. m. § 10 Abs. 1 Satz 1 BArchG durch das [X.] als informationspflichtige [X.] ist schon im Ansatz nicht ersichtlich. Zugangsinteressierte und Dritte, an die abhandengekommene amtliche Informationen möglicherweise gelangt sind, werden ebenfalls nicht ungleich behandelt. Selbst wenn sich - was tatrichterlich ungeklärt geblieben ist - amtliche Unterlagen im Besitz der Witwe [X.]s befänden, macht auch die Klägerin nicht geltend, dass das [X.] ihr den Zugang zu ihnen bewusst und gewollt gewährt hätte.

cc) Auch die weiteren von der Klägerin angeführten Gesichtspunkte begründen keine Verpflichtung der Beklagten zur Wiederbeschaffung von im [X.] nicht mehr vorhandenen amtlichen Unterlagen. Auf Rechtsgrundlagen im Zivilrecht und im sonstigen öffentlichen Recht, auf die eine Rückforderung amtlicher Unterlagen gegebenenfalls gestützt werden könnte, lässt sich allenfalls eine rechtliche Möglichkeit zur Rückforderung, aber noch keine Verpflichtung hierzu oder gar eine diesbezügliche Anspruchsposition der Klägerin stützen.

Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 [X.] gebietet ebenfalls nicht die Annahme einer Wiederbeschaffungspflicht zugunsten der Klägerin. Der Schutzbereich der Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 [X.] bemisst sich, soweit es um den Zugang zu amtlichen Informationen geht, nach der Auslegung einfachen Rechts. Das Grundrecht gewährleistet insoweit grundsätzlich nur das Recht, sich ungehindert aus einer für die allgemeine Zugänglichkeit bestimmten Quelle zu unterrichten. Fehlt es an dieser Bestimmung, ist die Informationsbeschaffung in der Regel nicht vom Grundrecht der Informationsfreiheit geschützt ([X.], Beschluss vom 20. Juni 2017 - 1 BvR 1978/13 - [X.]E 145, 365 Rn. 19 f. m. [X.]; vgl. zum Ganzen auch [X.], Urteil vom 22. März 2018 - 7 [X.] 30.15 - [X.] 404 [X.] Nr. 26 Rn. 32 m. [X.]). Wie dargelegt, ergibt sich aus einfachem Recht - auch im Lichte der [X.] - keine Verpflichtung zur Wiederbeschaffung sich zum Zeitpunkt des Informationszugangsantrags (möglicherweise) im Gewahrsam Dritter befindlicher amtlicher Unterlagen. Insoweit handelt es sich bei Unterlagen, die im Zeitpunkt der Antragstellung nicht (mehr) bei der informationspflichtigen [X.] vorhanden sind, nicht um für die allgemeine Zugänglichkeit bestimmte Quellen im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 [X.]. Soweit Verfassungsrecht in Rede steht, vermag die Klägerin auch nicht deutlich zu machen, inwieweit sich aus der Auslegung des Art. 1 Abs. 1 [X.] im Lichte des Demokratieprinzips ein Anspruch auf Wiederbeschaffung von Unterlagen ergeben könnte.

dd) Für über 30 Jahre alte amtliche Unterlagen, die sich nicht im [X.]archiv, sondern noch bei der [X.] befinden, bei der sie entstanden sind, gilt im Ergebnis nichts Anderes. Auch auf das hinsichtlich solcher Unterlagen nach § 11 Abs. 6 BArchG anwendbare Archivrecht des [X.] lässt sich kein Anspruch auf Wiederbeschaffung gründen. § 11 Abs. 6 BArchG unterwirft öffentliche Stellen des [X.], die mehr als 30 Jahre alte Unterlagen noch nicht an das [X.]archiv abgegeben haben, dem Nutzungsanspruch nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BArchG. Bei unmittelbarer Anwendung des [X.]archivgesetzes ergibt sich schon aus dem Begriff des "[X.]" als der vom [X.]archiv übernommenen Unterlagen (§ 1 Nr. 2 BArchG), dass Gegenstand des archivrechtlichen Anspruchs (nur) im [X.]archiv vorhandene Unterlagen sind. Das [X.]verwaltungsgericht hat hierzu bereits entschieden, dass das [X.]archiv Einsicht nur in solche Unterlagen gewähren kann, die ihm vorliegen ([X.], Beschluss vom 27. Mai 2013 - 7 B 43.12 - [X.] 404 [X.] Nr. 11 Rn. 8 und Urteil vom 27. November 2013 - 6 A 5.13 - [X.] 402.71 BNDG Nr. 3 Rn. 14). Weitergehende Pflichten treffen die [X.], bei der die Unterlagen entstanden sind, nicht. Der gegen sie gerichtete archivrechtliche Nutzungsanspruch reicht nicht weiter, als wenn er gegenüber dem [X.]archiv geltend gemacht wird. Aus dem in § 11 Abs. 6 BArchG benutzten Begriff der "Verfügungsgewalt" kann sich deshalb kein Anspruch auf Verschaffung von bei der informationspflichtigen [X.] nicht vorhandenen Unterlagen ergeben (vgl. auch [X.], Urteil vom 23. Juni 2022 - 10 [X.] 3.21 - NVwZ 2022, 1904 Rn. 14).

Aus Verfassungsrecht und Europäischer Menschenrechtskonvention ergeben sich auch hier keine weitergehenden Anforderungen als beim [X.] nach § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] (s. o.). Soweit die Klägerin im Zusammenhang mit dem archivrechtlichen Nutzungsanspruch ergänzend die Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 [X.]) anführt und eine "Verweigerung des Archivzugangs" für einen Eingriff in die Forschungsfreiheit hält, überzeugt auch dieser Einwand nicht. Abgesehen davon, dass es bei der Frage der Wiederbeschaffungspflicht um keine Zugangsverweigerung geht, erweitert Art. 5 Abs. 3 Satz 1 [X.] nicht die der Forschung zugrunde gelegten Quellen über den Umkreis der allgemein zugänglichen Informationen hinaus (vgl. [X.], Urteil vom 23. Juni 2004 - 3 [X.] 41.03 - [X.]E 121, 115 <130> m. [X.]).

e) Ebenfalls in Übereinstimmung mit [X.]recht hat das Oberverwaltungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf Zugang zu den außerhalb der [X.] vorhandenen weiteren [X.] des [X.]s verneint. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus dem [X.]archivgesetz noch aus dem [X.]. Hierzu hat der Senat in einem vorhergehenden Verfahren der Klägerin - mit Bezug auf die Findmittel der [X.] des [X.]s - bereits ausgeführt ([X.], Urteil vom 23. Juni 2022 - 10 [X.] 3.21 - NVwZ 2022, 1904 Rn. 42 ff.):

"Ebenfalls ohne Verstoß gegen [X.]recht hat das Berufungsgericht erkannt, dass die Klägerin keinen Zugang zu den [X.] des [X.]s nach dem [X.]archivgesetz und nach dem [X.] beanspruchen kann.

(...) Der archivrechtliche Nutzungsanspruch aus § 11 Abs. 6 i. V. m. § 10 Abs. 1 Satz 1 BArchG verleiht entgegen der Ansicht der Klägerin keinen derartigen [X.]. Zwar ist der Begriff der Unterlagen, die, wenn ihnen ein bleibender Wert zukommt, gemäß § 1 Nr. 2 BArchG zu Archivgut des [X.] werden und nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BArchG genutzt werden können sowie zuvor gegebenenfalls einem Anspruch aus § 11 Abs. 6 i. V. m. § 10 Abs. 1 Satz 1 BArchG unterliegen, sehr weit. Denn nach § 1 Nr. 10 BArchG sind Unterlagen Aufzeichnungen jeder Art, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Der Gesetzgeber wollte mit dem Begriff der Aufzeichnung die unterschiedlichen Informationsträger und Speicherungsformen und damit das potentielle Archivgut möglichst umfassend erfassen ([X.]. 18/9633 S. 44 f.; [X.], Urteil vom 11. Dezember 2019 - 6 [X.] 21.18 - [X.]E 167, 173 Rn. 19). [X.] und Recherchemittel sind, solange sie in Gebrauch sind, gleichwohl keine Unterlagen in diesem Sinne. Sie dienen vielmehr der Auffindung solcher Unterlagen. Vor diesem Hintergrund geht es jedenfalls in den durch § 11 Abs. 6 BArchG erfassten Fällen nicht an, behördliche [X.] und Recherchemittel dem archivrechtlichen Nutzungsanspruch zwecks Effektuierung dieses Anspruchs zu unterstellen (vgl. [X.], Urteil vom 13. Januar 2022 - 6 A 7.20 u. a. - NVwZ 2022, 877 Rn. 61).

(...) Ohne Verstoß gegen materielles [X.]recht hat das Berufungsgericht im Hinblick auf die [X.] und Recherchemittel des [X.]es auch einen Anspruch der Klägerin auf Informationszugang nach dem [X.] verneint. Außerhalb der im [X.]archivgesetz geregelten Tatbestände gelten die Regelungen des [X.] ergänzend (vgl. [X.]. 18/9633 S. 71).

Die Mittel der Schriftgutverwaltung sind zwar, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, amtliche Informationen.

Mit Recht weist das Berufungsgericht indes darauf hin, dass es der Klägerin nicht um den Zugang zu Informationen in diesem Sinn geht, sondern dass sie die behördlichen Mittel der Schriftgutverwaltung zu nutzen beabsichtigt, um damit selbst in dem vorhandenen Schriftgut zu recherchieren. Ein solcher Anspruch ergibt sich aus dem [X.] nicht."

Darauf kann auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des [X.] auch vorliegend verwiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Meta

10 C 2/22

29.03.2023

Bundesverwaltungsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 3. Juni 2022, Az: OVG 12 B 17/20, Urteil

§ 13 Abs 2 Nr 2 BArchG, § 7 Abs 2 S 1 IFG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 29.03.2023, Az. 10 C 2/22 (REWIS RS 2023, 4304)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 4304

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Archivrechtlicher Nutzungsanspruch aus § 11 Abs. 6 i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 1 BArchG …


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