Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.02.2013, Az. VI ZR 359/11

6. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7891

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Gegenstand

Übergang des Anspruchs des verstorbenen Pflegeheimbewohners auf Einsicht in die Pflegedokumentation auf den Krankenversicherungsträger zur Klärung von möglichen Schadensersatzansprüchen; Voraussetzungen der mutmaßlichen Einwilligung


Leitsatz

1. Der Anspruch des Pflegeheimbewohners auf Einsicht in die Pflegeunterlagen geht gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB 10 i.V.m. § 401 Abs. 1 analog, § 412 BGB auf den - aufgrund des Schadensereignisses zu kongruenten Sozialleistungen verpflichteten - Sozialversicherungsträger über, wenn und soweit mit seiner Hilfe das Bestehen von Schadensersatzansprüchen geklärt werden soll und die den Altenpflegern obliegende Pflicht zur Verschwiegenheit einem Gläubigerwechsel nicht entgegensteht.

2. Die Pflicht zur Verschwiegenheit steht einem Gläubigerwechsel in der Regel nicht entgegen, wenn eine Einwilligung des Heimbewohners in die Einsichtnahme der über ihn geführten Pflegedokumentation durch den Sozialversicherungsträger vorliegt oder zumindest sein vermutetes Einverständnis anzunehmen ist, soweit einer ausdrücklichen Befreiung von der Schweigepflicht Hindernisse entgegenstehen.

3. Es wird regelmäßig davon auszugehen sein, dass die Offenlegung der Pflegedokumentation gegenüber dem Krankenversicherer dem mutmaßlichen Willen des verstorbenen Heimbewohners entspricht, wenn die Entbindung von der Schweigepflicht dem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen wegen der Verletzung von Betreuungspflichten des Altenpflegepersonals ermöglichen soll.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des [X.] vom 23. November 2011 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung, nimmt den beklagten Heimträger aus übergegangenem Recht einer bei ihr versicherten Heimbewohnerin auf Herausgabe von Kopien der Pflegedokumentation in Anspruch.

2

Die Versicherte zog sich bei einem Sturz in dem von der Beklagten betriebenen Pflegeheim am 13. April 2009 erhebliche Verletzungen zu. Wegen dieser Verletzungen wurde sie stationär in einem Krankenhaus aufgenommen und ärztlich behandelt. Sie verstarb am 4. Mai 2009. Die für ihre Behandlung und für die Krankenhauspflege entstandenen Kosten in Höhe von 3.182,03 € wurden von der Klägerin getragen. Um die Berechtigung eventueller auf sie gemäß § 116 [X.] übergegangener Schadensersatzansprüche prüfen zu können, forderte die Klägerin die Beklagte auf, ihr Kopien der über die Versicherte geführten Pflegedokumentation zu überlassen. Die Beklagte lehnte dies ab.

3

Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, der Klägerin Kopien der vollständigen Pflegedokumentation über den Aufenthalt der Versicherten für die [X.] vom 1. Juli 2008 bis 13. April 2009 Zug um Zug gegen Erstattung angemessener Kopierkosten herauszugeben, und festgestellt, dass sich die Beklagte insoweit in Annahmeverzug befindet. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

I.

4

Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Anspruch der am 4. Mai 2009 verstorbenen Versicherten auf Herausgabe von Kopien der Pflegedokumentation gemäß § 116 Abs. 1 [X.] i.V.m. § 401 Abs. 1 analog, § 412 [X.] auf die Klägerin übergegangen. Zwar habe die Versicherte die Beklagte nicht von der Pflicht zur Verschwiegenheit entbunden. Da sich die Versicherte aufgrund ihres Ablebens mit der Einsichtnahme in die Pflegedokumentation durch die Klägerin nicht mehr einverstanden erklären könne, genüge aber ihre mutmaßliche Einwilligung. Von einer solchen sei vorliegend auszugehen. Zwar komme der Wahrung des Berufsgeheimnisses der Vorrang zu, soweit von der Schweigepflicht her ernstliche Bedenken gegen eine Einsichtnahme in die Dokumentation bestünden. Aus diesem Grund habe der [X.] gewissenhaft zu prüfen, ob Anhaltspunkte dafür gegeben seien, dass die Verstorbene die Offenlegung der Pflegedokumentation gegenüber ihrer Krankenkasse mutmaßlich gebilligt haben würde. Hierbei sei allerdings zu berücksichtigen, dass das Interesse des Verstorbenen an der Geheimhaltung mit seinem Tode erloschen sein könne und sachfremde, weil nicht von der erkennbar gewordenen oder zu vermutenden Willensrichtung des Verstorbenen gedeckte Gründe eine Verweigerung der Einsicht nicht rechtfertigen könnten. Dazu gehöre in der Regel auch die Befürchtung, dass durch die Einsichtnahme eigenes oder zurechenbares fremdes Verschulden aufgedeckt werden könne. In Fällen wie dem vorliegenden könne nur ausnahmsweise von einem Geheimhaltungswunsch des Heimbewohners ausgegangen werden. Der [X.] müsse deshalb darlegen, dass und unter welchen allgemeinen Gesichtspunkten er sich durch die Schweigepflicht an der [X.] gehindert sehe. Diesen Anforderungen genüge der [X.] nicht. Die Beklagte habe lediglich eine Vielzahl grundsätzlicher, insbesondere verfassungsrechtlicher Bedenken erhoben. Sie habe hingegen nicht dargelegt, dass sich ihre Weigerung auf konkrete oder mutmaßliche Belange der Verstorbenen stütze. Die Klägerin habe ihr Einsichtsbegehren auch auf einen angemessenen Zeitraum vor dem Ableben begrenzt.

II.

5

Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Klägerin gegen die Beklagte aus übergegangenem Recht ihrer Versicherten ein Anspruch auf Herausgabe von Kopien der diese betreffenden Pflegedokumentation für den geltend gemachten Zeitraum zusteht.

6

1. Die Revision wendet sich nicht gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Versicherte zu Lebzeiten einen Anspruch gegen die Beklagte auf Einsicht in die über sie geführte Pflegedokumentation hatte. Diese Beurteilung lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats steht dem Heimbewohner grundsätzlich ein Einsichtsrecht in die ihn betreffende Pflegedokumentation als Nebenanspruch aus dem Heimvertrag zu (Senatsurteile vom 23. März 2010 - [X.], [X.], 74 Rn. 12; vom 23. März 2010 - [X.], [X.], 971 Rn. 11; vgl. auch [X.], [X.] 1999, 252 ff.; [X.], [X.], 856; [X.], [X.] 2010, 347; Roßbruch, [X.] 2010, 257, 262; [X.], [X.], 194 ff.; [X.], [X.] 2010, 261 ff.). Dieser zusätzliche Vertragsanspruch beruht auf der Ausstrahlungswirkung des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG auf die vertragliche Beziehung zwischen Heimbewohner und Heimträger (vgl. [X.], [X.] 1993, 232; [X.], 217, 218; ZUM 2011, 313 Rn. 19, jeweils mwN). Das Recht auf Selbstbestimmung und die personale Würde des Heimbewohners gebieten es, ihm grundsätzlich einen Anspruch einzuräumen, sich über den Inhalt der ihn betreffenden Pflegedokumentation zu informieren. Denn die Pflegeunterlagen mit ihren Angaben über die Pflegeanamnese, Pflegeplanung, Pflegeverlauf und ärztliche Verordnungen betreffen den Pflegebedürftigen unmittelbar in seiner Privatsphäre (vgl. Senatsurteile vom 23. März 2010 - [X.], [X.], 74 Rn. 12; vom 23. März 2010 - [X.], [X.], 971 Rn. 11; zur Einsichtnahme in Krankenunterlagen: [X.], [X.] 1999, 180; [X.] 2006, 419). Deshalb hat dieser generell ein geschütztes Interesse daran, zu erfahren, wie mit ihm umgegangen wurde und welche Daten sich dabei ergeben haben. Zur Einsicht in die Pflegedokumentation muss er insbesondere kein besonderes Interesse darlegen; dieses ergibt sich vielmehr - wie beim Recht des Patienten auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen (vgl. Senatsurteile vom 2. Oktober 1984 - [X.], [X.], 1171 f.; vom 6. Dezember 1988 - [X.], [X.], 146, 148; [X.], [X.] 2006, 419) - unmittelbar aus seinem Selbstbestimmungsrecht (vgl. [X.], Sozialversicherungsrecht, § 116 [X.] Rn. 161a, (Stand: Juni 2012); Roßbruch, [X.] 2010, 257, 262; [X.], [X.], 194, 195; a.A. [X.], aaO, [X.], 256).

7

2. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass der [X.] der Versicherten kraft Gesetzes auf die Klägerin übergegangen ist.

8

a) Der erkennende Senat hat mit Urteilen vom 23. März 2010 entschieden, dass der Anspruch des [X.] auf Einsicht in die Pflegeunterlagen gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 401 Abs. 1 analog, § 412 [X.] auf den - aufgrund des Schadensereignisses zu kongruenten Sozialleistungen verpflichteten - Sozialversicherungsträger übergeht, wenn und soweit mit seiner Hilfe das Bestehen von Schadensersatzansprüchen geklärt werden soll und die [X.] obliegende Pflicht zur Verschwiegenheit einem [X.] nicht entgegensteht. Hiervon ist in der Regel auszugehen, wenn eine Einwilligung des Heimbewohners in die Einsichtnahme der über ihn geführten Pflegedokumentation durch den Sozialversicherungsträger vorliegt oder zumindest sein vermutetes Einverständnis anzunehmen ist, soweit einer ausdrücklichen Befreiung von der Schweigepflicht Hindernisse entgegenstehen (vgl. Senatsurteile vom 23. März 2010 - [X.], [X.], 74 Rn. 14 ff., und - [X.], [X.], 971 Rn. 13 ff.). Diese Entscheidungen haben in der Literatur weitgehend Zustimmung erfahren (vgl. [X.] in jurisPK-[X.], 2013, § 116 [X.], Rn. 86; [X.], aaO; Didong in jurisPK-[X.], 2. Aufl., § 294a [X.] Rn. 7; [X.]/[X.], [X.], 72. Aufl., § 401 Rn. 4; [X.], [X.] 2010, 347; Roßbruch, [X.] 2010, 257 ff.; [X.], [X.], 194 ff.; [X.]/Human in [X.]/Pauge/Steinmeyer, Gesamtes Medizinrecht, 2012, § 810 [X.] Rn. 13; a.[X.]/[X.], [X.], 973 ff.). Sie werden auch von der Revision nicht in Frage gestellt.

9

b) Die Versicherte konnte aufgrund ihres Ablebens die Beklagte bzw. die sie betreuenden Altenpfleger nicht mehr von der - sowohl aus dem Heimvertrag als auch aus § 203 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 StGB (vgl. §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 [X.]; [X.], [X.]W 2007, 849 Rn. 42 f.; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], StGB, 28. Aufl., § 203 Rn. 35 mwN) abzuleitenden - Pflicht zur Verschwiegenheit befreien.

c) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Versicherte wäre mit einer Einsichtnahme der Klägerin in die über sie geführte Pflegedokumentation mutmaßlich einverstanden gewesen.

aa) Wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, reicht die Pflicht zur Verschwiegenheit grundsätzlich über den Tod des Betroffenen hinaus (vgl. § 203 Abs. 4 StGB); sie gewährleistet damit, dass geheimhaltungsbedürftige Tatsachen aus seinem Lebensbereich auch nach seinem Ableben nicht oder jedenfalls nicht weiter als nötig aufgedeckt werden (Senatsurteil vom 31. Mai 1983 - [X.], [X.], 834, 836; [X.], Beschluss vom 4. Juli 1984 - [X.], [X.]Z 91, 392, 398). Auch nach dem Tode hängt es in erster Linie vom Willen des Verstorbenen ab, ob und in welchem Umfang der Geheimnisträger zum Schweigen verpflichtet ist. Hat der Verstorbene sich hierüber zu Lebzeiten geäußert, dann ist grundsätzlich dieser Wille maßgebend. Lässt sich dagegen eine Willensäußerung des Verstorbenen nicht feststellen, muss sein mutmaßlicher Wille erforscht, also geprüft werden, ob er die Offenlegung durch den Geheimnisträger mutmaßlich gebilligt oder missbilligt haben würde. Dabei sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere das Anliegen der Einsicht begehrenden Person sowie der Umstand, dass frühere Geheimhaltungswünsche des Betroffenen infolge der durch sein Ableben veränderten Sachlage inzwischen überholt sein können. Von der erkennbar gewordenen oder zu vermutenden Willensrichtung des Heimbewohners nicht gedeckte Verweigerungsgründe sind sachfremd und daher unbeachtlich (vgl. zum Ganzen: Senatsurteil vom 31. Mai 1983 - [X.], [X.], 834, 836; [X.], Beschluss vom 4. Juli 1984 - [X.], [X.]Z 91, 392, 399; BayObLG, [X.]W 1987, 1492; [X.], [X.] 2012, 51, 52; [X.], [X.]W 2010, 1222 Rn. 13; [X.], [X.] 2011, 1496; [X.], 982, 983; [X.], [X.] 2011, 1452; vgl. auch § 630g Abs. 3 Satz 3 [X.] in der Fassung von Art. 1 Nr. 4 des [X.] vom 20. Februar 2013, [X.]l. I S. 277).

bb) Die Entscheidung, ob der Verstorbene den Heimträger bzw. die ihn betreuenden Altenpfleger mutmaßlich von der Pflicht zur Verschwiegenheit entbunden hätte, obliegt dem (jeweiligen) Geheimnisträger. Ihm kommt insoweit ein Beurteilungsspielraum zu, der durch die Gerichte nur eingeschränkt nachprüfbar ist. Denn andernfalls wäre er gezwungen, das möglicherweise schutzbedürftige Geheimnis preiszugeben. Der Geheimnisträger ist deshalb zu einer gewissenhaften Überprüfung verpflichtet, ob Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Verstorbene die ganze oder teilweise Offenlegung der Pflegeunterlagen gegenüber seinen Rechtsnachfolgern mutmaßlich missbilligt haben würde. Um dem Gericht eine Überprüfung zu ermöglichen, ob der Geheimnisträger den ihm zukommenden Beurteilungsspielraum eingehalten hat, hat der Geheimnisträger allerdings darzulegen, unter welchen allgemeinen Gesichtspunkten er sich durch die Schweigepflicht an der Offenlegung der Unterlagen gehindert sieht. Dabei genügt es nicht, wenn er sich nur auf grundsätzliche Erwägungen oder die besondere Bedeutung der Pflicht zur Verschwiegenheit beruft. Vielmehr muss er nachvollziehbar vortragen, dass sich seine Weigerung auf konkrete oder mutmaßliche Belange des Verstorbenen und nicht auf sachfremde Gesichtspunkte stützt. Die Substantiierung ist allerdings nicht in einem Umfang geschuldet, dass die damit zu rechtfertigende Geheimhaltung im Ergebnis unterlaufen würde (vgl. Senatsurteil vom 31. Mai 1983 - [X.], [X.], 834, 836; [X.], Beschluss vom 4. Juli 1984 - [X.], [X.]Z 91, 392, 399 f.; BayObLG, [X.]W 1987, 1492, 1493; [X.], [X.] 2012, 51, 52; [X.], [X.] 2011, 1496; [X.], 982, 983; [X.]/[X.], Der [X.], Rn. 1637; [X.]/Pauge, Arzthaftungsrecht, 12. Aufl. Rn. 563; [X.], [X.], 1050, 1052; [X.], [X.] 2010, 347; [X.], [X.] 2011, 1452; [X.] in Laufs/[X.]/[X.], Arztrecht, 6. Aufl., [X.] IX Rn. 19 [X.]. 29, Rn. 63 ff.). Sofern die von dem Geheimnisträger in diesem Rahmen angeführten Gründe nicht nachvollzogen werden und eine Weigerung nicht rechtfertigen können, ist von einer mutmaßlichen Einwilligung in die Offenlegung der Unterlagen auszugehen (vgl. BayObLG, [X.]W 1987, 1492, 1493; [X.], [X.] 2011, 1496; [X.], 982, 983).

cc) In Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Entbindung von der Schweigepflicht dem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen wegen der Verletzung von Betreuungspflichten des [X.] ermöglichen soll, wird regelmäßig davon auszugehen sein, dass die Offenlegung der Unterlagen gegenüber dem Krankenversicherer dem mutmaßlichen Willen des verstorbenen Heimbewohners entspricht (so auch [X.], [X.] 2011, 1496; [X.], [X.] 2011, 1452, 1453; [X.], [X.] 2010, 347; [X.], [X.], 1050, 1052; [X.]/Pauge, Arzthaftungsrecht, 12. Aufl., Rn. 563; [X.]/Human in [X.]/Pauge/Steinmeyer, aaO). Es ist davon auszugehen, dass der Bewohner eines [X.], der im Heim zu Schaden gekommen ist, sowohl an der Aufdeckung von Pflegefehlern als auch daran interessiert ist, dass etwaige gegen den Heimträger bestehende Schadensersatzansprüche von diesem ausgeglichen werden und nicht zu Lasten der Solidargemeinschaft der Krankenversicherten gehen (vgl. [X.], [X.] 2011, 1496; [X.], [X.] 2011, 1452, 1453; [X.], [X.] 2010, 347). Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass dem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung ein nicht unerheblicher Teil der in der Pflegedokumentation enthaltenen sensiblen Gesundheitsdaten seines Versicherten (ärztliche Diagnose, Behandlungsweise, Verordnungen) aufgrund der Erbringung von Leistungen bereits bekannt ist, so dass dessen Geheimhaltungsinteresse entsprechend reduziert ist (vgl. zur Datenübermittlung von den Leistungserbringern an die Krankenkassen: §§ 106, 106a Abs. 1, 3, §§ 275, 277, 284, 294 ff., 301 [X.] sowie [X.], 1; [X.]-2500 § 109 Nr. 16, Rn. 18 ff.; [X.] in Laufs/[X.]/[X.], aaO, Rn. 21).

dd) Nach diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht zu Recht von einer mutmaßlichen Einwilligung der Versicherten in die Überlassung von Kopien ihrer Pflegeunterlagen an die Klägerin ausgegangen. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen hat die Beklagte keine Tatsachen vorgetragen, die ihre ablehnende Entscheidung nachvollziehbar erscheinen lassen, sondern ihre Weigerung lediglich auf nicht ausreichende grundsätzliche Bedenken gestützt.

[X.]                           Wellner                              Pauge

                [X.]                             von [X.]

Meta

VI ZR 359/11

26.02.2013

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Stuttgart, 23. November 2011, Az: 5 S 308/10

Art 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, § 242 BGB, § 401 Abs 1 BGB, § 412 BGB, § 611 BGB, § 630g Abs 3 S 3 BGB, § 810 BGB, § 116 Abs 1 S 1 SGB 10, § 203 Abs 1 Nr 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.02.2013, Az. VI ZR 359/11 (REWIS RS 2013, 7891)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7891

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