Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.02.2013, Az. VI ZR 359/11

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7897

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI [X.]
Verkündet am:

26. Februar 2013

Holmes

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
GG Art. 1, Art. 2 Abs. 1; [X.] § 242 Be, § 401 Abs. 1, §§ 412, 611, 630g Abs. 3 Satz 3, §
810; [X.] § 116 Abs. 1 Satz 1; StGB § 203 Abs. 1 Nr. 1
a)
Der Anspruch des [X.] auf Einsicht in die [X.] geht gemäß §
116 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 401 Abs. 1 analog, §
412 [X.] auf den -
aufgrund des Schadensereignisses zu kongruenten Sozialleistungen verpflichteten
-
Sozialversiche-rungsträger über, wenn und soweit mit seiner Hilfe das Bestehen von [X.] geklärt werden soll und die den [X.] obliegende Pflicht zur [X.] einem [X.] nicht entgegensteht.
b)
Die Pflicht zur Verschwiegenheit steht einem [X.] in der Regel nicht entge-gen, wenn eine Einwilligung des Heimbewohners in die Einsichtnahme der über ihn ge-führten Pflegedokumentation durch den Sozialversicherungsträger vorliegt oder [X.] sein vermutetes Einverständnis anzunehmen ist, soweit einer ausdrücklichen Befrei-ung von der Schweigepflicht Hindernisse entgegenstehen.
c)
Es wird regelmäßig davon auszugehen sein, dass die Offenlegung der [X.] gegenüber dem Krankenversicherer dem mutmaßlichen Willen des verstorbenen Heimbewohners entspricht, wenn die Entbindung von der Schweigepflicht dem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen wegen der Verletzung von Betreuungspflichten des [X.] ermöglichen soll.
[X.], Urteil vom 26. Februar 2013 -
VI [X.] -
LG [X.]

[X.]

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf
die mündliche Verhandlung vom
26.
Februar 2013
durch den Vorsitzenden [X.], die Richter
[X.], Pauge und [X.] und die Richterin von Pentz
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 5.
Zivilkammer des [X.] vom 23.
November 2011 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin, eine Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung, nimmt den beklagten Heimträger aus übergegangenem Recht einer bei ihr versicher-ten Heimbewohnerin auf Herausgabe von Kopien der Pflegedokumentation in Anspruch.
Die Versicherte zog sich bei einem Sturz in dem von der Beklagten be-triebenen Pflegeheim am 13.
April 2009 erhebliche Verletzungen zu. Wegen dieser Verletzungen wurde sie stationär in einem
Krankenhaus aufgenommen und ärztlich behandelt. Sie verstarb am 4.
Mai 2009. Die für ihre Behandlung und für die Krankenhauspflege entstandenen Kosten in Höhe von 3.182,03

wurden von der Klägerin getragen. Um die Berechtigung eventueller auf sie 1
2
-

3

-

gemäß §
116 SGB
X übergegangener Schadensersatzansprüche prüfen zu können, forderte die Klägerin die Beklagte auf, ihr Kopien der über die Versi-cherte geführten
Pflegedokumentation zu überlassen. Die Beklagte lehnte dies ab.
Das Amtsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, der Klägerin Kopien der vollständigen Pflegedokumentation über den Aufenthalt der Versi-cherten für die [X.] vom 1.
Juli 2008 bis 13.
April 2009 Zug
um
Zug gegen Er-stattung angemessener Kopierkosten herauszugeben, und festgestellt, dass sich die Beklagte insoweit in Annahmeverzug befindet. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelasse-nen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Anspruch der am 4.
Mai 2009 verstorbenen Versicherten auf Herausgabe von Kopien der [X.] gemäß §
116 Abs.
1 [X.] i.V.m. §
401 Abs.
1 analog, §
412 [X.] auf die Klägerin übergegangen. Zwar habe die Versicherte die Beklagte nicht von der Pflicht zur Verschwiegenheit entbunden. Da sich die Versicherte auf-grund ihres Ablebens mit der Einsichtnahme in die Pflegedokumentation durch die Klägerin nicht mehr einverstanden erklären könne, genüge aber ihre [X.] Einwilligung. Von einer solchen sei vorliegend auszugehen. Zwar komme der Wahrung des Berufsgeheimnisses der Vorrang zu, soweit von der Schweigepflicht her ernstliche Bedenken gegen eine Einsichtnahme in die [X.] bestünden. Aus diesem Grund habe der Heimbetreiber gewissen-3
4
-

4

-

haft zu prüfen, ob Anhaltspunkte dafür gegeben seien, dass die Verstorbene die Offenlegung der Pflegedokumentation gegenüber ihrer Krankenkasse mutmaß-lich gebilligt haben würde. Hierbei sei allerdings zu berücksichtigen, dass
das Interesse des Verstorbenen an der Geheimhaltung mit seinem Tode erloschen sein könne und sachfremde, weil nicht von der erkennbar gewordenen oder zu vermutenden Willensrichtung des Verstorbenen
gedeckte Gründe eine Verwei-gerung der Einsicht nicht rechtfertigen könnten. Dazu gehöre in der Regel auch die Befürchtung, dass durch die Einsichtnahme eigenes oder zurechenbares fremdes Verschulden aufgedeckt werden könne. In Fällen wie dem [X.] könne nur ausnahmsweise von einem Geheimhaltungswunsch des
Heim-bewohners
ausgegangen werden. Der Heimbetreiber müsse
deshalb
darlegen, dass und unter welchen allgemeinen Gesichtspunkten er sich durch die Schweigepflicht an der [X.] gehindert sehe.
Diesen An-forderungen genüge der [X.] nicht. Die Beklagte habe lediglich eine Vielzahl grundsätzlicher, insbesondere verfassungsrechtlicher Bedenken erhoben. Sie habe
hingegen nicht dargelegt, dass sich ihre Weigerung auf [X.] oder mutmaßliche Belange der Verstorbenen stütze. Die Klägerin habe ihr Einsichtsbegehren auch auf einen angemessenen [X.]raum vor dem Ableben begrenzt.

II.
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Klägerin gegen die Beklagte aus übergegangenem Recht ihrer Versicherten ein Anspruch auf Her-ausgabe von Kopien der diese betreffenden Pflegedokumentation für den gel-tend gemachten [X.]raum zusteht.
5
-

5

-

1.
Die Revision wendet sich nicht gegen die Annahme des Berufungsge-richts, dass die
Versicherte
zu Lebzeiten einen
Anspruch gegen die Beklagte auf Einsicht in die über sie geführte Pflegedokumentation hatte. Diese Beurtei-lung lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Nach der Rechtsprechung des erken-nenden Senats steht dem Heimbewohner grundsätzlich ein Einsichtsrecht in die ihn betreffende Pflegedokumentation als Nebenanspruch aus dem Heimvertrag zu (Senatsurteile vom 23.
März 2010 -
VI
ZR 249/08, [X.]Z 185, 74 Rn.
12; vom 23.
März 2010 -
VI
ZR 327/08, [X.], 971
Rn.
11; vgl. auch [X.], [X.] 1999, 252
ff.; [X.], [X.], 856; [X.],
[X.] 2010, 347; Roßbruch, [X.] 2010, 257, 262; [X.], [X.], 194 ff.; [X.], [X.] 2010, 261 ff.). Dieser zusätzliche Vertragsanspruch
beruht auf
der Ausstrahlungswirkung des Art.
2
Abs.
1 in Verbindung mit Art.
1 Abs. 1 GG
auf die vertragliche Beziehung zwischen Heimbewohner und Heimträger (vgl. [X.],
[X.] 1993, 232; [X.], 217, 218; ZUM 2011, 313 Rn.
19, jeweils mwN).
Das Recht auf Selbstbestimmung und die personale Würde des Heimbewohners gebieten es, ihm grundsätzlich einen Anspruch einzuräumen, sich über den Inhalt der
ihn betreffenden
Pflegedokumentation zu informieren.
Denn die [X.] mit ihren Angaben über die Pflegeanamnese, Pfle-geplanung, Pflegeverlauf
und
ärztliche Verordnungen betreffen den Pflegebe-dürftigen
unmittelbar in seiner Privatsphäre (vgl. Senatsurteile vom 23.
März 2010 -
VI
ZR 249/08, [X.]Z 185, 74 Rn.
12; vom 23.
März 2010 -
VI
ZR 327/08, [X.], 971 Rn.
11; zur Einsichtnahme in Krankenunterlagen: [X.],
[X.] 1999, 180; [X.] 2006, 419).
Deshalb hat dieser generell ein geschütz-tes Interesse daran, zu erfahren, wie mit ihm umgegangen wurde und welche Daten sich dabei ergeben haben. Zur Einsicht in die Pflegedokumentation muss er insbesondere kein besonderes
Interesse darlegen; dieses
ergibt sich
viel-mehr
-
wie beim Recht des Patienten auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen (vgl. Senatsurteile vom 2. Oktober 1984 -
VI
ZR 311/82, [X.], 1171 f.; 6
-

6

-

vom 6. Dezember 1988 -
VI
ZR 76/88, [X.]Z 106, 146, 148; [X.],
[X.] 2006, 419)
-
unmittelbar aus seinem Selbstbestimmungsrecht
(vgl.
[X.],
Sozialversicherungsrecht, §
116 [X.] Rn.
161a, (Stand: Juni 2012); Roßbruch, [X.] 2010, 257, 262; [X.], [X.], 194, 195; a.[X.], aaO, S.
253, 256).
2. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass der [X.] der Versicherten kraft Gesetzes
auf die Klägerin übergegan-gen ist.
a) Der erkennende Senat hat mit Urteilen vom 23.
März 2010 entschie-den, dass der Anspruch des [X.] auf Einsicht in die Pflegeun-terlagen
gemäß §
116 Abs.
1 Satz 1 [X.] i.V.m. §
401 Abs.
1 analog, §
412 [X.] auf den -
aufgrund des Schadensereignisses zu kongruenten Sozialleis-tungen verpflichteten
-
Sozialversicherungsträger übergeht, wenn und soweit mit seiner Hilfe das Bestehen von Schadensersatzansprüchen geklärt werden soll
und
die [X.] obliegende Pflicht zur Verschwiegenheit einem Gläu-bigerwechsel nicht entgegensteht.
Hiervon ist in der Regel
auszugehen, wenn eine Einwilligung des Heimbewohners in die Einsichtnahme der über ihn geführ-ten Pflegedokumentation durch den Sozialversicherungsträger vorliegt oder
zumindest sein
vermutetes
Einverständnis anzunehmen ist, soweit einer aus-drücklichen Befreiung von der Schweigepflicht Hindernisse entgegenstehen (vgl. Senatsurteile vom 23.
März 2010 -
VI
ZR 249/08, [X.]Z 185, 74 Rn.
14 ff., und
-
VI
ZR 327/08, [X.], 971 Rn.
13 ff.). Diese Entscheidungen haben in der Literatur weitgehend Zustimmung erfahren (vgl. [X.] in jurisPK-[X.],
2013, §
116 [X.],
Rn.
86; [X.], aaO; Didong in jurisPK-SGB V, 2.
Aufl., §
294a SGB V Rn.
7; [X.]/[X.], [X.], 72.
Aufl., §
401 Rn.
4; [X.], [X.] 2010, 347; Roßbruch, [X.] 2010, 257
ff.; [X.], [X.], 194
ff.; [X.]/Human in Berg-7
8
-

7

-

mann/Pauge/Steinmeyer, Gesamtes Medizinrecht, 2012, §
810 [X.] Rn.
13; a.[X.]/[X.], [X.], 973
ff.).
Sie werden auch von der Revision nicht in Frage gestellt.
b)
Die Versicherte konnte aufgrund ihres Ablebens die Beklagte bzw. die sie betreuenden Altenpfleger nicht
mehr
von der
-
sowohl aus dem Heimvertrag als auch aus §
203 Abs.
1 Nr.
1, Abs.
3
StGB (vgl.
§§
1, 3 Abs.
1 Satz 2 Nr.
2
AltenpflegeG;
OLG Hamm, [X.]W 2007, 849 Rn.
42 f.; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], StGB, 28.
Aufl., §
203 Rn.
35
mwN) abzuleitenden -
Pflicht zur Verschwiegenheit befreien.

c) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Be-rufungsgerichts, die Versicherte wäre
mit einer Einsichtnahme der Klägerin in die über sie geführte Pflegedokumentation mutmaßlich einverstanden gewesen.

aa) Wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, reicht die Pflicht zur Verschwiegenheit grundsätzlich über den Tod des Betroffenen hin-aus (vgl. §
203 Abs.
4 StGB); sie gewährleistet damit, dass geheimhaltungsbe-dürftige Tatsachen aus seinem Lebensbereich auch nach seinem Ableben nicht oder jedenfalls nicht weiter als nötig aufgedeckt werden
(Senatsurteil vom 31.
Mai 1983 -
VI
ZR 259/81,
[X.], 834, 836; [X.], Beschluss
vom 4.
Juli 1984 -
IVa
ZB 18/83, [X.]Z 91, 392, 398). Auch nach dem Tode hängt es in erster Linie vom Willen des Verstorbenen ab, ob und in welchem Umfang der Geheimnisträger
zum Schweigen verpflichtet ist.
Hat der
Verstorbene
sich hierüber zu Lebzeiten geäußert, dann ist grundsätzlich dieser Wille maßge-bend. Lässt sich dagegen eine Willensäußerung des Verstorbenen nicht fest-stellen, muss sein
mutmaßlicher
Wille erforscht, also geprüft werden, ob er die Offenlegung durch den Geheimnisträger mutmaßlich gebilligt oder missbilligt haben würde. Dabei sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichti-9
10
11
-

8

-

gen, insbesondere
das Anliegen der
Einsicht begehrenden Person sowie der Umstand, dass frühere Geheimhaltungswünsche des Betroffenen infolge der durch sein Ableben veränderten Sachlage inzwischen überholt sein können.
Von der erkennbar gewordenen oder zu vermutenden Willensrichtung des Heimbewohners
nicht gedeckte Verweigerungsgründe sind sachfremd und [X.] unbeachtlich
(vgl.
zum Ganzen:
Senatsurteil vom 31. Mai 1983 -
VI
ZR 259/81, [X.], 834, 836; [X.], Beschluss
vom 4. Juli 1984 -
IVa
ZB 18/83, [X.]Z 91, 392, 399; BayObLG, [X.]W 1987, 1492;
VerfGH [X.], [X.] 2012, 51, 52; [X.], [X.]W 2010, 1222 Rn.
13; [X.], [X.] 2011, 1496;
[X.], 982, 983; [X.], [X.] 2011, 1452; vgl. auch §
630g Abs.
3 Satz
3 [X.] in der Fassung von Art.
1 Nr.
4 des [X.] vom 20. Februar 2013, [X.]l. I S.
277).
bb) Die Entscheidung, ob der Verstorbene den Heimträger bzw. die
ihn betreuenden Altenpfleger
mutmaßlich von der Pflicht zur Verschwiegenheit ent-bunden hätte,
obliegt dem (jeweiligen) Geheimnisträger. Ihm kommt insoweit ein Beurteilungsspielraum zu, der durch die Gerichte nur eingeschränkt [X.] ist. Denn andernfalls wäre
er gezwungen, das möglicherweise schutz-bedürftige Geheimnis preiszugeben.
Der Geheimnisträger ist deshalb zu einer gewissenhaften Überprüfung verpflichtet, ob Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Verstorbene
die ganze oder teilweise Offenlegung der Pflegeunterla-gen gegenüber seinen Rechtsnachfolgern mutmaßlich missbilligt haben würde. Um dem Gericht eine Überprüfung zu ermöglichen, ob der Geheimnisträger den ihm zukommenden Beurteilungsspielraum eingehalten hat, hat der [X.] allerdings darzulegen, unter welchen allgemeinen Gesichtspunkten er sich durch die Schweigepflicht an der Offenlegung der Unterlagen gehindert sieht.
Dabei genügt es nicht, wenn er sich nur auf grundsätzliche Erwägungen oder die
besondere Bedeutung der Pflicht zur Verschwiegenheit beruft.
[X.] muss er nachvollziehbar vortragen,
dass sich seine Weigerung auf kon-12
-

9

-

krete oder mutmaßliche Belange des Verstorbenen
und nicht auf sachfremde Gesichtspunkte
stützt. Die Substantiierung ist allerdings nicht in einem Umfang geschuldet, dass die damit zu rechtfertigende Geheimhaltung im Ergebnis [X.] würde (vgl. Senatsurteil vom 31. Mai 1983 -
VI
ZR 259/81, [X.], 834, 836; [X.], Beschluss vom 4. Juli 1984 -
IVa
ZB 18/83, [X.]Z 91,
392, 399
f.; BayObLG, [X.]W 1987, 1492, 1493; VerfGH
[X.], [X.] 2012, 51, 52; [X.], [X.] 2011, 1496; [X.], 982, 983; [X.]/[X.], Der [X.], Rn.
1637; [X.]/Pauge, Arzthaftungsrecht, 12.
Aufl.
Rn.
563; [X.], [X.], 1050, 1052; [X.], [X.] 2010, 347; [X.], [X.] 2011, 1452; [X.] in Laufs/[X.]/[X.], Arztrecht, 6.
Aufl., [X.]
IX Rn.
19 Fn.
29, Rn.
63 ff.).
Sofern die von dem Geheimnisträger
in diesem Rahmen angeführten Gründe nicht nachvollzogen werden und eine Weigerung nicht rechtfertigen können, ist von einer mutmaßlichen Einwilligung in die Offenlegung der Unterlagen
auszugehen
(vgl. BayObLG, [X.]W 1987, 1492, 1493; [X.], [X.] 2011, 1496; [X.], 982, 983).
cc) In Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Entbindung von der Schweigepflicht dem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung die [X.] wegen der Verletzung von Betreuungs-pflichten des [X.] ermöglichen soll, wird regelmäßig davon auszugehen sein, dass die Offenlegung der Unterlagen gegenüber dem Kran-kenversicherer
dem mutmaßlichen Willen des verstorbenen Heimbewohners entspricht (so auch
[X.], [X.] 2011, 1496; [X.], [X.] 2011, 1452, 1453; [X.], [X.] 2010, 347; [X.], [X.], 1050, 1052; Stef-fen/Pauge, Arzthaftungsrecht, 12.
Aufl., Rn.
563; [X.]/Human in Berg-mann/Pauge/Steinmeyer, aaO).
Es ist davon auszugehen, dass der
Bewohner eines
Altenpflegeheims, der im Heim zu Schaden gekommen ist,
sowohl an der Aufdeckung von Pflegefehlern als auch daran interessiert ist, dass etwaige ge-gen den Heimträger bestehende Schadensersatzansprüche von diesem [X.]
-

10

-

glichen werden und nicht zu Lasten der Solidargemeinschaft der Krankenversi-cherten gehen
(vgl. [X.], [X.]
2011, 1496; [X.], [X.] 2011, 1452, 1453; [X.], [X.] 2010, 347). Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass dem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung
ein nicht unerheblicher Teil
der in
der Pflegedokumentation enthaltenen sensiblen Gesundheitsdaten seines Versicherten
(ärztliche Diagnose, Behandlungsweise, Verordnungen)
aufgrund der Erbringung von Leistungen bereits
bekannt ist, so dass dessen
Geheimhaltungsinteresse entsprechend reduziert ist
(vgl. zur Datenübermittlung von den Leistungserbringern an die Krankenkassen: §§
106, 106a Abs.
1, 3, §§
275, 277, 284, 294 ff., 301 SGB V
sowie BSGE 90, 1;
BSG [X.]-2500 §
109 Nr.
16, Rn.
18 ff.;
[X.] in Laufs/[X.]/[X.], aaO,
Rn.
21).
dd)
Nach diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht
zu Recht von [X.] mutmaßlichen Einwilligung der Versicherten in die Überlassung von Kopien ihrer [X.] an die Klägerin ausgegangen.
Nach den von der [X.] nicht angegriffenen Feststellungen hat die Beklagte keine Tatsachen vorge-tragen, die ihre ablehnende Entscheidung nachvollziehbar erscheinen lassen,

14
-

11

-

sondern
ihre Weigerung lediglich auf nicht ausreichende grundsätzliche Beden-ken gestützt.
Galke
[X.]
Pauge

[X.]
von Pentz

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.11.2010 -
19 C 2234/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 23.11.2011 -
5 S 308/10 -

Meta

VI ZR 359/11

26.02.2013

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.02.2013, Az. VI ZR 359/11 (REWIS RS 2013, 7897)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7897

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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