Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.12.2002, Az. NotZ 12/02

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2002, 423

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[X.]/02vom2. Dezember 2002in dem Verfahrenwegen Prüfungsanordnung- 2 -Der [X.], [X.], hat am 2. Dezember 2002durch den Vorsitzenden [X.] Dr. [X.] und die [X.] [X.] und [X.] die Notare [X.] und [X.]:Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den [X.] des [X.] vom 8. Februar 2002 wird zurückgewiesen.Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des [X.] zu tragen und der Antragsgegnerin die im Beschwerde-rechtszug entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.500 festgesetzt.- 3 -GründeI.Die als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts errichtete [X.] erhebt von den Notaren Abgaben entsprechend der jährlich erlasse-nen Abgabensatzung. Der Antragsteller war von April 1991 bis zum 5. Juli 1998Notar im Tätigkeitsgebiet der Antragsgegnerin. Im Jahre 1992 prüfte die An-tragsgegnerin die von dem Antragsteller mitgeteilten abgabepflichtigen Gebüh-ren für die [X.] von April 1991 bis März 1992; im Juli 1998 erfolgte eine Prü-fung für die [X.] von April 1991 bis Mai 1998. Am 20. September 2001 ordnetedie Antragsgegnerin erneut die Prüfung des Kosten- und [X.] ander ehemaligen [X.] des Antragstellers an. Die für den [X.] angekündigte Revision sollte die während der gesamtenAmtszeit des Antragstellers mitgeteilten abgabepflichtigen Gebühren und diediesen Beträgen zugrundeliegenden Kostenrechnungen umfassen.Mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Antragsteller [X.] begehrt, die Prüfungsanordnung der Antragsgegnerin vom [X.] 2001 aufzuheben. Nachdem die Prüfung stattgefunden hat, beantragt [X.] festzustellen, daß die vorgenannte Prüfungsanordnung rechtswid-rig gewesen sei. Das [X.] hat den Antrag zurückgewiesen. Hier-gegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, mit der er sei-nen Feststellungsantrag [X.] 4 -II.Die sofortige Beschwerde ist [X.] Feststellungsantrag des Antragstellers ist im Verfahren nach § 111[X.] als Fortsetzungsfeststellungsantrag entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4VwGO zulässig (vgl. Senatsbeschlüsse vom 9. Januar 1995 - [X.] 6/93 - NJW-RR 1995, 1081, 1082 und vom 31. Juli 2000 - [X.] 12/00 - [X.] 2000, 398,399). Denn der Antragsteller wäre sonst in seinen Rechten beeinträchtigt, unddie Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG könnte andernfalls leerlaufen.Durch die begehrte Feststellung werden Rechtsfragen geklärt, die sich beikünftigen [X.] stellen würden. Solche behielt sich die An-tragsgegnerin vor für den Fall, daß Unregelmäßigkeiten in der Art und Weiseder Kostenabrechnung durch den Antragsteller bekannt würden oder das [X.] mit allen Notarinnen und Notaren dazu zwinge. [X.] [X.]ablaufs würde es dann wahrscheinlich wiederum nicht zu einer ab-schließenden gerichtlichen Entscheidung [X.] ist unbegründet. Die Prüfungsanordnung der Antragsgegne-rin vom 20. September 2001 ist nicht rechtswidrig gewesen.[X.] nach § 113a Abs. 8 Satz 6 erster Halbsatz [X.] nach § 39 Abs. 7 Satz 6 erster Halbsatz der - bis zum Inkrafttreten [X.] Gesetzes zur Änderung der Bundesnotarordnung und anderer [X.] 31. August 1998 ([X.] I S. 2585) am 8. September 1998 geltenden -Verordnung über die Tätigkeit von Notaren in eigener Praxis vom 20. Juni 1990(GBl. I S. 475, künftig: [X.]) unterliegen einer eingeschränkten gerichtlichen- 5 -Überprüfung. Nach den vorgenannten, soweit hier maßgeblich, wortgleichenBestimmungen k a n n die Antragsgegnerin die Erfüllung der Abgabepflichteinschließlich der zugrundeliegenden Kostenberechnung durch den Notarnachprüfen. Der Antragsgegnerin ist ein Ermessen eingeräumt, ob und in wel-chem Umfang sie die Erfüllung der Abgabepflicht prüft. Der auf [X.] Rechtswidrigkeit einer solchen Ermessensentscheidung gerichtete [X.] nur darauf gestützt werden, daß die gesetzlichen Grenzen des Ermes-sens überschritten worden seien oder daß von dem Ermessen in einer [X.] der Ermächtigung nicht entsprechender Weise Gebrauch gemacht [X.] sei (§ 111 Abs. 1 Satz 3 [X.] i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). [X.] ist im Streitfall jedoch nicht erfüllt. Die Prüfungsanordnung [X.] vom 20. September 2001 ist nicht ermessensfehlerhaft ergan-gen.a) Es ist nicht als ermessensfehlerhaft zu beanstanden, daß die An-tragsgegnerin am 20. September 2001 die Prüfung des [X.] an der (ehemaligen) [X.] des Antragstellers anordnete, obwohlsolche Prüfungen bereits 1992 und 1998 stattgefunden hatten.§ 113a [X.] schreibt ebenso wie § 39 [X.] einen bestimmten [X.] nicht vor. Die Antragsgegnerin hat das ihr eingeräumte Ermessennicht durch ermessensleitende Verwaltungsvorschriften gebunden. Bei [X.] des Ermessens hatte sie aber darauf zu achten, daß die [X.] zwischen der Belastung des Notars durch die Prüfung gegenüberdem Zweck der Prüfung gewahrt blieb (vgl. Senatsbeschluß vom 26. März 1973- [X.] 1/73 - D[X.] 1974, 372 ff § 93 [X.]>). Denn der Notar wird durch die Prüfung nicht unerheblich- 6 -in Anspruch genommen. Er hat dem mit der Prüfung Beauftragten Einsicht [X.], Urkunden, Verzeichnisse und Bücher zu gestatten und die erfor-derlichen dienstlichen Aufschlüsse zu geben (§ 113a Abs. 8 Satz 6 zweiterHalbsatz [X.], § 39 Abs. 7 Satz 6 zweiter Halbsatz [X.]).aa) Die Prüfungsanordnung vom 20. September 2001 war sachlich ver-anlaßt. Zwar hatte die Antragsgegnerin bereits im Juli 1998 die Erfüllung [X.] in der [X.] von April 1991 bis Mai 1998, also nahezu für die [X.] Amtszeit des Antragstellers (April 1991 - 5. Juli 1998), geprüft, und zwarin der Form der sogenannten Totalprüfung. Die damalige [X.] aber - nach übereinstimmender Auffassung der Parteien im [X.] - an einem Rechtsfehler. Sie war gegenüber dem Notariatsverweser,nicht aber (allein oder zusätzlich) gegenüber dem Antragsteller, dem [X.] Notar, ergangen. In Hinsicht auf den Antragsteller lag möglicherweise einePrüfungsanordnung überhaupt nicht vor. Die Antragsgegnerin mußte gewärtigsein, daß die Prüfungsanordnung einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand-hielt und für rechtswidrig oder gar für nichtig erklärt wurde. Daraus konnte [X.] hinsichtlich der Prüfungsergebnisse folgen (vgl. [X.] 160,391, 393 f = DB 1990, 1803 ; [X.] 1987, 1274 ). Unter diesen Umständen war es nicht ermessens-fehlerhaft, wenn die Antragsgegnerin den vom Antragsteller gegen die [X.] vorgebrachten Bedenken Rechnung trug und am [X.] die Wiederholung der Prüfung anordnete (vgl. [X.] 118, 459, 465; 145,23, 25; 155, 4, 5; 156, 14, 15 f; [X.]/Schmitz BB 1996, 1468, 1474 ). [X.] nichts, daß die Antragsgegnerin aus Gründen der Klarstellung ver-- 7 -pflichtet gewesen sein mochte, zugleich ihre frühere Prüfungsanordnung auf-zuheben, das aber unterlassen hatte.bb) Die Prüfungsanordnung vom 20. September 2001 war nicht unzuläs-sig, weil sie die Prüfung auch auf einen [X.]raum erstreckte, für den die regel-mäßige Festsetzungsverjährung von vier Jahren (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.]analog, vgl. Senatsbeschluß vom 20. März 2000 - [X.] 1/00 und 9/00 - NJW2000, 2431, 2432; vgl. jetzt § 18 der Abgabensatzung der Antragsgegnerin)verstrichen war. Eine Abgabenfestsetzung konnte dann - die Zulässigkeit einerAnalogie zur Abgabenordnung insoweit unterstellt - nur in Betracht kommen,wenn Abgaben (vorsätzlich) "hinterzogen" worden waren und deshalb einezehnjährige Festsetzungsfrist anzunehmen wäre (§ 169 Abs. 2 Satz 2 ersteAlternative [X.]) oder im Fall einer leichtfertigen "Abgabenverkürzung" (§ 169Abs 2 Satz 2 zweite Alternative [X.]). Die Möglichkeit der Verjährung eines Ab-gabenanspruchs engte jedoch das Ermessen der Antragsgegnerin nicht dahinein, daß insoweit auf eine Prüfung hätte verzichtet werden müssen. § 113aAbs. 8 Satz 6 [X.] und § 39 Abs. 7 Satz 6 [X.] kann eine solche Ein-schränkung nicht entnommen werden. Die Frage, ob Verjährung eingetretenist, oder ob andere Hindernisse - wie etwa die vom Antragsteller geltend ge-machte Sperrwirkung (§ 173 Abs. 2 [X.] analog) einer angeblichen Mitteilungentsprechend § 202 Abs. 1 Satz 3 [X.] - dem Erlaß eines [X.] könnten, wird sich vielfach erst dann zuverlässig [X.], wenn der Sachverhalt durch die Prüfung geklärt ist. Es ist nicht sinn-voll, die Ermittlungstätigkeit der notariellen Abgabeprüfung mit Erwägungen zubeschweren, welche die Verwertung der erst zu findenden [X.] betreffen (vgl. [X.] 145, 5 f; 151, 326, 327 f ; vgl. hingegen [X.] 1989,- 8 -90; [X.] 1984, 592; s. auch [X.] 145, 492, 494; [X.]/Rüsken,Abgabenordnung 7. Aufl. 2000 § 193 Rn. 21; [X.] 1984, 172, 176).Das gilt insbesondere dann, wenn wie hier [X.]räume, für die Festsetzungs-verjährung eingetreten sein könnte, lediglich [X.] werden sollen.cc) Die am 20. September 2001 angeordnete Wiederholung der Abga-beprüfung für die gesamte Amtszeit des Antragstellers verstieß nicht gegenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Prüfung betraf die ehemaligeAmtsstelle des Antragstellers. Weil er bereits aus dem Amt geschieden war,war eine Störung seines Geschäftsbetriebes nicht zu besorgen. Soweit ersicht-lich war die Prüfung für den Antragsteller nur mit Schriftverkehr verbunden.Daß er eventuell aus [X.] hätte anreisen und damit erhebliche Reisekostenauf sich nehmen müssen, war Folge seiner Entscheidung, dort einen neuenWohnsitz zu begründen.b) Die Antragsgegnerin hatte die Berechtigung, die Prüfung des Abgabe-und Kostenwesens an der ehemaligen [X.] des Antragstellers anzuord-nen, nicht verwirkt.Für die Verwirkung genügt die bloße Untätigkeit für eine gewisse [X.]nicht, sondern es müssen besondere Umstände auf beiden Seiten hinzutreten,die den Schluß rechtfertigen, daß die verspätete Geltendmachung gegen [X.] Glauben verstößt. Die Verwirkung knüpft an einen für den Gegner ge-schaffenen Vertrauenstatbestand an. Sie tritt ein, wenn der Betroffene aus [X.] der Gegenseite entnehmen konnte und durfte, daß sie sich endgültigabgefunden fühlt. Eine Befugnis oder Berechtigung kann nicht mehr geltendgemacht werden, wenn sie trotz Veranlassung zur Rechtsausübung längere- 9 -[X.] hindurch nicht ausgeübt wurde, der Verpflichtete daraus schließen durfte,der Berechtigte werde von seinen [X.] keinen Gebrauch mehrmachen, und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat. Die Verwirkungsetzt also ein Verhalten des Berechtigten, die Verletzung oder Gefährdung be-rechtigter Interessen des anderen Teils und einen gewissen [X.]ablauf voraus,der zusammen mit dem Verhalten des Berechtigten geeignet war, beim ande-ren Teil die Vorstellung zu begründen, daß die Befugnis oder Berechtigungnicht mehr geltend gemacht werden soll (Senatsbeschluß vom 31. Oktober1972 - [X.] 3/72 - D[X.] 1973, 379, 380; vgl. auch [X.] 156, 14, 17). [X.] der Streitfall indes nicht. Der Antragsteller hatte bei der erneuten [X.] dem durch § 113a Abs. 8 Satz 6 zweiter Halbsatz [X.] bzw. § 39 Abs. 7Satz 6 zweiter Halbsatz [X.] bestimmten Umfang mitzuwirken. Da er die [X.], die der Prüfung vom Juli 1998 zugrunde gelegen hatte, als rechts-fehlerhaft beanstandet hatte, konnte er nicht damit rechnen, von der [X.] verschont zu werden (vgl. [X.] 155, 4, 6). Der Antragsteller hat [X.] dafür, daß sich die Antragsgegnerin nach der Prüfung im Juli 1998nachhaltig so verhalten hätte, daß er auf einen Verzicht auf weitere [X.] hätte vertrauen können, nicht vorgetragen. Ein solcher Vertrau-enstatbestand wurde insbesondere nicht dadurch geschaffen, daß zwischender hier streitigen Prüfungsanordnung vom 20. September 2001 und der letztenPrüfung im Juli 1998 rund drei prüfungsfreie Jahre lagen.[X.][X.] Galke [X.]

Meta

NotZ 12/02

02.12.2002

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.12.2002, Az. NotZ 12/02 (REWIS RS 2002, 423)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 423

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