Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.11.2019, Az. VIII ZR 344/18

8. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 1938

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Gegenstand

Pflicht zur Aufklärung eines Widerspruchs zwischen gerichtlichem Sachverständigengutachten und Privatgutachten


Leitsatz

Klärt das Gericht entscheidungserhebliche Widersprüche zwischen den Schlussfolgerungen eines gerichtlich bestellten Sachverständigen und denjenigen eines Privatgutachters nicht hinreichend auf, sondern folgt ohne logische und nachvollziehbare Begründung den Ausführungen eines von ihnen - vorliegend denjenigen des Privatgutachters -, fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die Überzeugungsbildung des Gerichts (§ 286 ZPO) und ist damit das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) derjenigen Partei, die sich das ihr günstige Beweisergebnis - vorliegend in Form eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens - zu eigen gemacht hat, verletzt (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2010 - VIII ZR 96/10, NJW-RR 2011, 704 Rn. 13; im Anschluss an BGH, Beschluss vom 14. Januar 2014 -VI ZR 340/13, NJW-RR 2014, 1147 Rn. 11; im Anschluss an BGH, Beschluss vom 5. Juli 2017 - IV ZR 508/14, NJW-RR 2017, 1062 Rn. 24).

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 13. Zivilsenats des [X.] vom 9. Oktober 2018 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben als hinsichtlich des geltend gemachten Trauermückenbefalls des gelieferten Substrats zu deren Nachteil entschieden worden ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 13. Zivilsenats des [X.] vom 9. Oktober 2018 zurückgewiesen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.]s, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Der Streitwert für das [X.] wird auf 80.234,03 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Klägerin, eine Pflanzengroßhändlerin, kaufte von der [X.] ein [X.] zur Aufzucht von Pflanzen. Dieses wurde am 19. Februar 2014 an die Klägerin geliefert, welche darin anderweitig bezogene und zum späteren Weiterverkauf bestimmte Setzlinge, die bei ihr am 26. Februar 2014 eintrafen, eintopfte. Ein Teil der Setzlinge wurde in ein anderes [X.] gepflanzt.

2

In der [X.] 2014 (17. bis 23. März 2014) wurde an den in das Substrat der [X.] gepflanzten Setzlinge ein [X.] festgestellt. Die Pflanzen waren, anders als diejenigen, die in dem anderen Substrat eingepflanzt wurden, nicht vermarktungsfähig.

3

Die auf Ersatz der Kosten für einen Deckungskauf in Höhe von 80.234,03 € nebst Zinsen gerichtete Klage hatte vor dem [X.]. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] - nach Anhörung der gerichtlich bestellten Sachverständigen sowie eines zweitinstanzlich seitens der [X.] herangezogenen [X.] - die Klage abgewiesen. Die Revision hat das [X.] nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils begehrt.

II.

4

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

5

Anders als das Landgericht vermöge der Senat nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Gewissheit festzustellen, dass das von der [X.] gelieferte [X.] mit [X.]n beziehungsweise -larven befallen gewesen und hierdurch die Setzlinge der Klägerin zerstört worden seien.

6

Das Substrat sei jedenfalls auf Dauer als Nahrungsquelle kaum geeignet. Dies schließe zwar nicht aus, dass Trauermücken ihre Eier auch in einem Substrat der [X.] ablegten. Jedoch lasse gerade die große Anzahl der in den [X.] aufgetretenen [X.] das Substrat als entscheidende Ursache unwahrscheinlich erscheinen.

7

Hinzu komme der zeitliche Ablauf. Da nach den Darlegungen des [X.] der [X.] die Entwicklungszeit von Trauermücken vom Ei bis zur Mücke bei guten Bedingungen nur etwa drei Wochen betrage und im Gewächshaus der Klägerin im März 2014, der sehr warm gewesen sei, ideale Bedingungen geherrscht hätten, sei es unwahrscheinlich, dass die [X.] schon bei Anlieferung (19. Februar 2014) in dem Substrat vorhanden, jedoch erst mehr als vier Wochen später ausgebildet gewesen sein sollten.

8

Darüber hinaus spreche die Art und Weise der Lagerung sowie des Transports des Substrats gegen eine große Anzahl von [X.]n im Zeitpunkt der Anlieferung bei der Klägerin. Die Vermengung der einzelnen Bestandteile des Substrats und dessen Verbringung auf einen LKW zum Transport seien nach den Ausführungen des [X.] grobe Vorgänge, bei denen die sehr empfindlichen [X.] in großer Anzahl zerstört würden.

9

Ein Mangel des Substrats folge auch nicht aus dem Fehlen einer vereinbarten Beschaffenheit. Zwar sei die Zusammensetzung des Substrats aufgrund seiner Neigung zur Vernässung möglicherweise für die Setzlinge nicht geeignet gewesen. Da die fachkundige Klägerin jedoch selbst dafür verantwortlich sei, zu prüfen, welches Substrat sie benötige, komme eine Haftung der [X.] nur in Betracht, wenn ihr bekannt gewesen wäre, dass das Substrat gerade für die Aufzucht von Euphorbia-Pflanzen verwendet werden solle, was als Beschaffenheit hätte vereinbart sein müssen. Solches habe die Klägerin jedoch nicht bewiesen.

III.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, insbesondere ist der [X.] nach § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO erreicht. Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzt in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), da ihr Vorbringen nicht hinreichend gewürdigt wurde und das Berufungsgericht den Widerspruch zwischen den - sich durch die Klägerin zu eigen gemachten - Ausführungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen und denjenigen des seitens der [X.] herangezogenen [X.] nicht aufgeklärt, sondern vielmehr dem - mittels Privatgutachtens urkundlich belegten (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteile vom 5. Mai 1986 - [X.], [X.]Z 98, 32, 40; vom 14. Juli 2010 - [X.], [X.], 384 Rn. 19) - [X.]vortrag der [X.] ohne nachvollziehbare Begründung den Vorzug gegeben hat.

1. Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. In den Entscheidungsgründen müssen die wesentlichen Tatsachen- und Rechtsausführungen verarbeitet werden. Wenn ein bestimmter Vortrag einer [X.] [X.] des [X.]vorbringens darstellt und für den Prozessausgang von entscheidender Bedeutung ist, besteht für das Gericht eine Pflicht, die vorgebrachten Argumente zu würdigen und in den Entscheidungsgründen hierzu Stellung zu nehmen (st. Rspr.; vgl. [X.], Beschluss vom 27. Februar 2018 - 2 BvR 2821/14, NJW-RR 2018, 694 Rn. 18 mwN).

Dabei ist zu beachten, dass sich eine [X.] die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden, ihr günstigen Umstände - und damit auch die Ausführungen eines gerichtlich bestellten Sachverständigen - regelmäßig zumindest hilfsweise zu eigen macht (vgl. [X.], Beschlüsse vom 30. November 2010 - [X.], NJW-RR 2011, 428 Rn. 9; vom 24. März 2015 - [X.], NJW 2015, 2125 Rn. 17; vom 5. Juli 2017 - [X.], NJW-RR 2017, 1062 Rn. 23).

Ergeben sich zwischen den - für die [X.] günstigen - Feststellungen eines gerichtlich bestellten Sachverständigen und denjenigen anderer sachkundiger Personen - vorliegend eines [X.] - Widersprüche, ist das Gericht verpflichtet, diesen nachzugehen, denn erkennbar widersprüchliche Gutachten sind keine ausreichende Grundlage für die Überzeugungsbildung des Gerichts. Da Art. 103 Abs. 1 GG als Prozessgrundrecht sichern soll, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht (vgl. [X.]E 21, 191, 194), hat das Gericht die einander widersprechenden Ausführungen sorgfältig und kritisch zu würdigen sowie den Sachverhalt weiter aufzuklären.

In welcher (geeigneten) Weise der Tatrichter seiner Pflicht zur Aufklärung des Widerspruchs nachkommt, steht grundsätzlich in seinem Ermessen und kann zweckmäßigerweise etwa dadurch erfolgen, dass das Gericht den Sachverständigen unter Gegenüberstellung mit dem [X.] anhört (vgl. [X.], Urteile vom 20. Juli 1999 - [X.], [X.], 44 unter 6 a; vom 16. April 2013 - [X.], NJW 2014, 71 Rn. 19; Beschlüsse vom 18. Mai 2009 - [X.], NJW-RR 2009, 1192 Rn. 7; vom 7. Dezember 2010 - [X.], NJW-RR 2011, 704 Rn. 8). Kann der Sachverständige im Ergebnis die sich aus dem Privatgutachten ergebenden Einwendungen nicht ausräumen, muss der Tatrichter im Rahmen seiner Verpflichtung zur Sachaufklärung erforderlichenfalls gemäß § 412 Abs. 1 ZPO ein weiteres Gutachten einholen (vgl. [X.], Urteil vom 23. März 2004 - [X.], [X.], 790 unter II 1 a; Beschlüsse vom 18. Mai 2009 - [X.], aaO; vom 15. Dezember 2015 - [X.], NJW 2016, 639 Rn. 5 f.).

Erst wenn solche Aufklärungsbemühungen erfolglos geblieben sind, dürfen Diskrepanzen vom Tatrichter frei gewürdigt werden. Dabei muss das Gericht jedoch die einander widersprechenden Ansichten der Gutachter gegeneinander abwägen sowie mit einleuchtender und logisch nachvollziehbarer Begründung einem von ihnen den Vorzug geben (vgl. [X.], Urteile vom 24. September 2008 - [X.], [X.], 1676 Rn. 11; vom 3. Dezember 2008 - [X.], NJW-RR 2009, 387 Rn. 8; vom 28. August 2018 - [X.], NJW-RR 2019, 17 Rn. 19; Beschluss vom 6. April 2016 - [X.], juris Rn. 11).

2. Diesen Anforderungen ist das Berufungsgericht nicht gerecht geworden.

a) Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht bei seiner Entscheidungsfindung den Klägervortrag, wonach das Substrat infolge des Befalls mit [X.]n und -larven schon im Zeitpunkt der Anlieferung mangelhaft gewesen sei sowie die hiermit korrespondierenden, für die Klägerin günstigen, sich von ihr (sogar explizit) zu eigen gemachten Angaben der gerichtlich bestellten Sachverständigen nicht beziehungsweise nicht hinreichend berücksichtigt und den Widerspruch zwischen den Angaben der Sachverständigen und denjenigen des [X.] nicht weiter aufgeklärt hat.

Entgegen der Ansicht der [X.] handelt es sich dabei nicht "lediglich" um einen Fehler im Rahmen der Beweiswürdigung (§ 286 ZPO), welcher revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar wäre (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteile vom 5. Oktober 2004 - [X.], [X.]Z 160, 308, 316 f.; vom 29. März 2017 - [X.], [X.], 2819 Rn. 24). Vielmehr beruht die Würdigung des [X.], das [X.] sei im Hinblick auf den [X.] nicht mangelhaft, auf einer nicht tragfähigen Tatsachengrundlage, weil es bei seiner Beweiswürdigung entscheidungserheblichen Klägervortrag übergangen, den [X.] somit nicht vollständig hinsichtlich der für die Überzeugungsbildung wesentlichen Aspekte gewürdigt und damit das Verfahrensgrundrecht der Klägerin aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt hat (vgl. [X.], Beschlüsse vom 7. Dezember 2010 - [X.], aaO Rn. 13; vom 14. Januar 2014 - [X.], NJW-RR 2014, 1147 Rn. 11; vom 5. Juli 2017 - [X.], aaO Rn. 24).

aa) Das Berufungsgericht hat zwar die gegen die Beurteilung des Substrates als mangelhaft gerichteten Einwände des zweitinstanzlich seitens der [X.] herangezogenen [X.] im Rahmen einer Anhörung mit der gerichtlich bestellten Sachverständigen erörtert.

bb) Diese Anhörung war jedoch unvollständig, da die Sachverständige nicht zu allen Punkten, auf welche das Berufungsgericht - dem [X.] folgend - seine Entscheidung gestützt hat, befragt wurde. Das Berufungsgericht begründet seine fehlende Überzeugung bezüglich eines [X.]s des von der [X.] gelieferten Substrats auch mit den Feststellungen des [X.], wonach eventuell vorhandene [X.] beim Mischen des Substrats sowie dessen Transport zur Klägerin zerstört worden wären. Dieser von der Klägerin bestrittene Umstand wurde mit der Sachverständigen nicht erörtert.

Das war aber geboten, zumal der gerichtlich bestellten Sachverständigen der Herstellungsprozess sowie der Transportweg des Substrats bekannt waren. Ihr wurde im erstinstanzlichen Verfahren vorgegeben, das Gutachten unter Zugrundelegung des Umstands zu fertigen, dass das Substrat bei der [X.] in einer Mischanlage vermischt wurde. Sie hat diese Umstände nicht als Grund dafür angesehen, ihre Feststellung zum Befall des Substrates mit [X.]n bei Anlieferung zu relativieren. Die Frage, ob sie diesen Aspekt übersehen oder für nicht relevant erachtete, wäre mit ihr zu klären gewesen.

cc) Soweit das Berufungsgericht seine Auffassung weiter auf den zeitlichen Ablauf stützt, wonach das Auftreten der Trauermücken im Betrieb der Klägerin zu spät erfolgt sei, als dass die Ursache hierfür im von der [X.] gelieferten Substrat liegen könne, begründet es dies ausschließlich mit den Bewertungen des [X.].

Dieser hatte im Rahmen seiner Befragung durch das Berufungsgericht ausgeführt, es hätten im Gewächshaus der Klägerin "ideale Bedingungen" geherrscht, da es im März 2014 "sehr warm" gewesen sei, so dass die Entwicklungszeit der Trauermücken vom Ei bis zur Mücke nur etwa drei Wochen betragen habe. Hieraus hat das Berufungsgericht gefolgert, es sei dann sehr unwahrscheinlich, dass [X.] schon bei Anlieferung des Substrates im Betrieb der Klägerin (19. Februar 2014) vorhanden gewesen seien.

Die gegenteilige Beurteilung der Sachverständigen wird im Urteil des [X.] nicht erwähnt. Diese hatte unter Darlegung der Entwicklungsstadien von Trauermücken sowie der Temperaturverhältnisse sowohl bei Anlieferung des Substrates als auch im Gewächshaus der Klägerin einen Trauermückenzyklus von drei bis vier Wochen angenommen, so dass das Auftreten in der [X.] 2014 in zeitlicher Hinsicht den Rückschluss zulasse, [X.] seien schon im angelieferten Substrat vorhanden gewesen. Da es sich hierbei um eine zentrale, für die Beurteilung der Mangelhaftigkeit des Substrats erhebliche Frage handelt, muss aus der fehlenden Erwähnung dieser Feststellungen durch das Berufungsgericht auf die Nichtberücksichtigung dieses, sich durch die Klägerin zu eigen gemachten Vortrags im Rahmen der Überzeugungsbildung geschlossen werden.

Überdies verweist die Nichtzulassungsbeschwerde zutreffend darauf, dass das Berufungsgericht den Klägervortrag zum zeitlichen Ablauf auch im Übrigen nicht hinreichend beachtet hat. Hiernach habe die Entwicklung der sich im Substrat befindlichen Eier erst begonnen, als dieses in der 9. [X.] infolge des [X.] in das warme Gewächshaus gelangt sei. Zwischen der 9. [X.] und dem Auftreten des [X.]s in der [X.] lägen die - auch vom [X.] als Entwicklungszyklus angenommenen - drei Wochen.

dd) Zudem wurden die unterschiedlichen Ansichten der Gutachter zur Geeignetheit des Substrats als Nahrungsquelle für [X.] weder einer weiteren Klärung unterzogen noch vollständig und kritisch gewürdigt.

Die Ausführungen des [X.] in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, wonach die Bestandteile des Substrats auf Dauer als Nahrungsquelle für die [X.] nicht geeignet seien, stehen in offenem Widerspruch zu den Angaben der gerichtlich bestellten Sachverständigen. Diese gab in der Anhörung vor dem Berufungsgericht an, nach ihren Recherchen seien [X.] und Holzfasern als Bestandteile des Substrats durchaus als Nahrungsquelle für [X.] nutzbar. Dies steht in Übereinstimmung mit ihren Angaben in der erstinstanzlichen Anhörung, wonach das Substrat aufgrund seiner Zusammensetzung, wozu die Sachverständige detailliert ausführte, "besonders trauermückenaffin" sei. Diesen Widerspruch hat das Berufungsgericht nicht aufgeklärt, sondern seiner Überzeugungsbildung ohne Begründung die Ausführungen des [X.] zugrunde gelegt.

Soweit das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang auf die große Anzahl der in den [X.] aufgetretenen [X.] abstellt und deswegen das Substrat der [X.] nicht als entscheidende Ursache für die Wachstumsstörung der Setzlinge ansieht, fehlt auch insoweit eine Auseinandersetzung mit den abweichenden Feststellungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen. Diese hat gerade die explosionsartige Entwicklung der Trauermücken als Grund dafür herangezogen, dass sich deren Eier beziehungsweise Larven bereits im Substrat befunden haben müssen.

Ferner wäre zu klären gewesen, inwiefern die aus Sicht des [X.] fehlende Eignung des Substrats als eine "dauerhafte" Nahrungsquelle für die Beurteilung des Befalls mit [X.] von Relevanz ist. Nach den Ausführungen der Sachverständigen in ihrem schriftlichen Gutachten ernähren sich nur die Larven davon, wohingegen die nur wenige Tage lebenden erwachsenen Tiere lediglich Feuchtigkeit aufnähmen. Die Nichtzulassungsbeschwerde weist daher zu Recht darauf hin, dass Feststellungen dazu fehlen, für welchen genauen Zeitraum das Substrat eine Nahrungsquelle für die große Anzahl aufgetretener Trauermücken bilden muss.

b) Diese dem Berufungsgericht unterlaufene Gehörsverletzung ist auch entscheidungserheblich (§ 544 Abs. 7 ZPO). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht nach umfassender Sachverhaltsaufklärung und Berücksichtigung möglicher Alternativursachen für das schlechte Wachstum der Setzlinge, wobei die unstreitigen Feststellungen, wonach die Setzlinge der gleichen Mutterpflanze und der gleichen Lieferung unter den gleichen Aufzuchtbedingungen lediglich unter Abweichung des verwendeten Substrats normal wuchsen, zu beachten sind, zu einer abweichenden Beurteilung der Mangelhaftigkeit der [X.] gelangt wäre.

3. Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde darüber hinaus den Vortrag der Klägerin zum Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB) sowie zur generellen Ungeeignetheit des Substrates zur Aufzucht von Beet- und Balkonpflanzen (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, Satz 3 BGB) als übergangen rügt (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 ZPO), hat der Senat dies geprüft, jedoch nicht für durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird insoweit abgesehen (§ 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO).

IV.

Bei der Zurückverweisung an das Berufungsgericht macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch, der auf den Fall einer Zurückverweisung nach § 544 Abs. 7 ZPO entsprechend anwendbar ist (Senatsbeschlüsse vom 3. Juli 2018 - [X.], [X.]Z 219, 161 Rn. 81; vom 5. März 2019 - [X.], NJW 2019, 1950 Rn. 23; jeweils mwN).

Dr. Milger     

      

[X.]     

      

[X.]

      

Kosziol     

      

Dr. Schmidt     

      

Meta

VIII ZR 344/18

05.11.2019

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Oldenburg (Oldenburg), 9. Oktober 2018, Az: 13 U 9/18

Art 103 Abs 1 GG, § 286 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.11.2019, Az. VIII ZR 344/18 (REWIS RS 2019, 1938)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 396-397 REWIS RS 2019, 1938

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