Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.09.2013, Az. B 3 KR 3/13 B

3. Senat | REWIS RS 2013, 2598

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - fehlerhafte Zurückverweisung an das Sozialgericht - Abtretung des im Klageverfahren streitbefangenen Anspruchs - Rechtsnachfolge - irrtümlich angenommener Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes - Beseitigung des falschen Rechtsscheins


Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin zu 1. wird das Urteil des [X.] vom 29. November 2012 geändert, soweit der Rechtsstreit hinsichtlich des Urteils des [X.] vom 22. September 2010 zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen worden ist.

Auf die Beschwerde des [X.] zu 2. wird das Urteil des [X.] vom 29. November 2012 hinsichtlich des Urteils des [X.] vom 8. Februar 2012 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in allen Instanzen, soweit die Klägerin zu 1. betroffen ist; über die Pflicht zur Kostentragung im Übrigen wird das [X.] im Rahmen des erneut durchzuführenden Berufungsverfahrens zu entscheiden haben.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf insgesamt 106 071,59 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Der Kläger zu 2. (im Folgenden: Kläger) ist ein seit 1997 zugelassener Leistungserbringer für Hilfsmittel der Orthopädie-Schuhtechnik. Am [X.] unterzeichnete er ein bei der beklagten Krankenkasse vorformuliertes Schreiben, in dem er anerkannte, zum einen orthopädische Versorgungen abgegeben zu haben, die nicht den ärztlichen Verordnungen entsprachen, und zum anderen Leistungen nicht ordnungsgemäß abgerechnet zu haben; den hierdurch entstandenen Schaden in Höhe von 184 000 DM sei er bereit zurückzuzahlen. Der Kläger zahlte zunächst auch monatliche Raten an die Beklagte, stellte diese aber im Frühjahr 2003 ein, weil ihm Bedenken an der Rechtmäßigkeit seiner Zahlungsverpflichtung kamen. Ab Mai 2003 verrechnete die Beklagte ihre Restforderung mit Ansprüchen des [X.] aus anderen [X.], und zwar bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen dessen Zahlungsunfähigkeit am 20.5.2008. Ausweislich einer Aufstellung der Beklagten ist noch ein Restbetrag von 861,15 Euro offen.

2

Im Januar 2007 hat der Kläger beim [X.] die Rückzahlung der bereits geleisteten Raten sowie die Feststellung begehrt, zu weiteren Zahlungen nicht verpflichtet zu sein. Im September 2008 übernahm die Klägerin zu 1. (im Folgenden: Klägerin) den inzwischen aus der Insolvenzmasse freigegebenen Gewerbebetrieb "Fa. Orthopädie Schuhtechnik N." und mietete vom Insolvenzverwalter sämtliche für den Geschäftsbetrieb notwendigen Gegenstände. Zuvor und noch einmal während des Insolvenzverfahrens wurden alle etwaigen Forderungen des [X.] an die Klägerin abgetreten und diese Abtretung später auch von der Gläubigerversammlung genehmigt. Durch Beschluss vom [X.] hat das [X.] die Klägerin zunächst zum Verfahren beigeladen und durch weiteren Beschluss vom [X.] diese Beiladung wieder aufgehoben und gleichzeitig das Rubrum dahingehend geändert, dass "wegen [X.]" allein die Klägerin [X.] sei. Mit dem [X.] später ergangenen Urteil vom 2[X.] hat das [X.] die Klage abgewiesen, weil der Kläger der Beklagten gegenüber ein abstraktes Schuldanerkenntnis abgegeben habe und die Klägerin hieran gebunden sei.

3

Beide Kläger haben Berufung eingelegt. Das L[X.] hat die Beteiligten mit Schreiben vom 22.12.2010 darauf hingewiesen, dass die Annahme eines [X.] von Amts wegen wohl unrichtig und der Beschluss des [X.] vom [X.] verfahrensfehlerhaft zustande gekommen sein dürfte, weshalb im Hinblick auf die Berufung der Klägerin eine Zurückverweisung an das [X.] in Betracht komme; die Berufung des [X.] sei dagegen wohl unzulässig, da das ihn betreffende Klageverfahren nicht abgeschlossen und immer noch beim [X.] anhängig sei. Daraufhin hat der Kläger beantragt, die Akten zwecks Entscheidung über seine Klage an das [X.] zurückzusenden; dem ist das L[X.] im März 2011 nachgekommen.

4

Am 30.5.2011 hat das [X.] seinen Beschluss vom [X.] aufgehoben und das ursprüngliche Rubrum gemäß Beschluss vom [X.] wieder hergestellt (Kläger zu 2. = Kläger, Klägerin zu 1. = Beigeladene), weil ein Parteiwechsel nicht stattgefunden habe. Mit einem im Wortlaut mit der Entscheidung vom 2[X.] weitestgehend übereinstimmenden Urteil vom 8.2.2012 hat das [X.] die Klage des [X.] abgewiesen. Hiergegen ist ebenfalls Berufung eingelegt worden.

5

Das L[X.] hat die bei ihm anhängigen Berufungen zunächst gemeinsam erörtert und dabei darauf hingewiesen, dass hinsichtlich des [X.]-Urteils vom 2[X.] eine Beschwer des [X.] nicht zu erkennen sei, weil es nur die Klägerin betreffe; daraufhin hat der Kläger seine diesbezügliche Berufung zurückgenommen. Auf die noch anhängigen Berufungen hat das L[X.] sodann die Urteile des [X.] vom 2[X.] (betreffs die Klägerin) und vom 8.2.2012 (betreffs den Kläger) aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen (Urteil vom 29.11.2012): Das [X.] habe durch die angefochtenen Urteile nicht sachlich auf die im Januar 2007 erhobene Klage entschieden. Der von ihm angenommene Parteiwechsel kraft Gesetzes sei unzutreffend; richtigerweise sei der Kläger weiterhin allein prozessführungsbefugt, auch wenn er nur Zahlung an die [X.] - die Klägerin - verlangen könne. Daran ändere das Urteil vom 8.2.2012 nichts, weil es wegen eines groben [X.] nichtig sei; das [X.] habe zu Unrecht erneut "in der Sache" entschieden, obwohl es keine Zurückverweisung gegeben habe und die Berufung des [X.] gegen das Urteil vom 2[X.] noch anhängig gewesen sei. Im Rahmen seines nach § 159 [X.]G auszuübenden Ermessens hat das L[X.] sodann nicht selbst in der Sache entschieden, sondern den Rechtsstreit zur Herbeiführung einer verfahrensfehlerfreien Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen und zudem darauf hingewiesen, dass allein der Kläger gemäß § 265 Abs 2 ZPO prozessführungsbefugt sei, aber nur Zahlung an die Klägerin/Beigeladene verlangen könne.

6

Hiergegen haben beide Kläger Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, mit der sie das Vorliegen eines Verfahrensfehlers rügen und Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen.

7

II. Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens ist das Urteil des L[X.] vom 29.11.2012, mit dem über die Berufungen der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 2[X.] und des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 8.2.2012 entschieden worden ist. Eine solche Verbindung von Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung ist zulässig (§ 113 [X.]G) und vorliegend auch sinnvoll, weil es im Ergebnis um einen einheitlichen materiell-rechtlichen Anspruch geht und die Aufspaltung in zwei Verfahren allein als Folge einer unzutreffenden Rechtsanwendung durch das [X.] anzusehen ist. Durch diese Verfahrensverbindung ist eine sog "unechte" Streitgenossenschaft (§ 74 [X.]G iVm § 60 ZPO) entstanden: Während es der Klägerin darum geht, nicht als [X.] im sozialgerichtlichen Verfahren behandelt zu werden, verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch weiter - diese unterschiedliche Zielsetzung ist auch in der Antragstellung vor dem L[X.] zum Ausdruck gekommen. Es handelt sich deshalb um zwei selbstständige Rechtsmittel, die zwar gemeinschaftlich eingelegt worden, aber unabhängig voneinander zu beurteilen sind.

8

Beide Nichtzulassungsbeschwerden sind zulässig (dazu Punkt 1) und begründet. Das L[X.] hat das Urteil des [X.] vom 2[X.] zwar zutreffend "aufgehoben", es hätte den Rechtsstreit hinsichtlich der Klägerin aber nicht an das [X.] zurückverweisen dürfen (dazu Punkt 2). Das Rechtsmittel des [X.] führt indes zur vollständigen Aufhebung des zweitinstanzlichen Urteils, soweit es die Berufung gegen das Urteil des [X.] vom 8.2.2012 zum Inhalt hat, und zur Zurückverweisung an das L[X.] (dazu Punkt 3).

9

1. Ein Verfahrensfehler (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) ist dann formgerecht bezeichnet, wenn die ihn begründenden Tatsachen im Einzelnen angegeben sind und - in sich verständlich - den behaupteten Verfahrensfehler ergeben; außerdem muss dargelegt werden, dass und warum die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann (B[X.] SozR 1500 § 160a [X.]; eingehend [X.] in: [X.]/[X.]/[X.] [X.]G, 10. Aufl 2012 § 160 Rd[X.]6 ff mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung beider Kläger gerecht. Sie legen nachvollziehbar dar, dass das L[X.] die Rechtsstreite rechtsfehlerhaft an das [X.] zurückverwiesen und damit von dem ihm gemäß § 159 Abs 1 [X.]G eingeräumten Ermessen unrichtigen Gebrauch gemacht hat: Hinsichtlich der Klägerin habe überhaupt kein Ermessensspielraum zur Zurückverweisung mehr bestanden und in Bezug auf den Kläger habe das [X.] eine zwar falsche, aber keinesfalls nichtige Instanzentscheidung getroffen; deshalb hätte das L[X.] richtigerweise selbst eine Sachentscheidung treffen müssen. Ein solcher Vortrag kann grundsätzlich die Existenz eines [X.] begründen ([X.] in: [X.]/[X.]/[X.], aaO, § 159 RdNr 5c mwN). Erforderlich ist jedoch außerdem, dass der behauptete Verfahrensfehler auch tatsächlich vorliegt ([X.]/[X.], Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, IX. [X.] Rd[X.]37 mwN; [X.] in: [X.]/[X.]/[X.], aaO, § 160 Rd[X.]2a mwN) - das ist hier jeweils der Fall.

2. Jede Rechtsverfolgung setzt ein Rechtsschutzbedürfnis voraus, in der Rechtsmittelinstanz ist dieses in der Regel bei entsprechender Beschwer gegeben (vgl B[X.]E 86, 126, 129; B[X.]E 105, 10, 11; [X.] in: [X.]/[X.]/[X.], aaO, Vor § 143 RdNr 5 und § 160a Rd[X.]c - jeweils mwN). Eine solche Beschwer und damit der Anspruch auf revisionsgerichtliche Überprüfung des Sachverhalts auf der Basis der vorgetragenen [X.] ist für die Klägerin gegeben, obwohl das L[X.] ihrem geltend gemachten Anspruch entsprochen hat. Sie hat im Berufungsverfahren beantragt, das Urteil des [X.] vom 2[X.] aufzuheben bzw für gegenstandslos zu erklären. Dem ist das L[X.] nachgekommen: Im Satz 1 der verkündeten Urteilsformel ist die Aufhebung des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils konkret ausgesprochen worden; dies findet in den Urteilsgründen nochmals seine Bestätigung (L[X.]-Urteil, Umdruck [X.]). Soweit sich das L[X.] dabei der Terminologie des § 159 [X.]G - "Aufhebung" - bedient hat, ist dies unbeachtlich; richtigerweise hätte das L[X.] nur feststellen müssen, dass das Urteil des [X.] vom 2[X.] gegenstandslos ist.

Allerdings hat das L[X.] in Satz 3 der verkündeten Urteilsformel auch eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das [X.] zur erneuten Verhandlung und Entscheidung ausgesprochen, ohne zwischen den in Satz 1 und Satz 2 der Urteilsformel genannten Verfahren zu differenzieren. Dabei hat es sich offensichtlich von einer Entscheidung des 9. Senats des B[X.] ([X.]-3900 § 4 [X.]) leiten lassen, der seiner Entscheidung ua folgende Leitsätze vorangestellt hat: "Wird im sozialgerichtlichen Verfahren irrtümlich ein [X.] kraft Gesetzes angenommen, unterliegt ein dem Scheinbeteiligten gegenüber ergangenes Urteil … der Aufhebung und Zurückverweisung. Das Gericht, an das zurückverwiesen worden ist, hat den 'faktischen [X.]' in gleicher Weise rückgängig zu machen, als wenn nunmehr ein [X.] kraft Gesetzes eingetreten wäre." Maßgeblich hierfür war die Erwägung, dass in jenem Verfahren ein unzutreffender Rechtsschein gesetzt worden war, den es zu beseitigen galt. Solange nämlich nicht die zu Unrecht in den Prozess hineingezogene Partei wieder durch die "richtige" ersetzt, der erste [X.] also faktisch rückgängig gemacht wird, ist der vom Ausgangsgericht als Beteiligter Angesehene weiterhin als solcher zu behandeln und gilt der wirklich aktiv oder passiv Legitimierte als aus dem Verfahren ausgeschieden (B[X.] aaO, Juris Rd[X.]3). Im vorliegenden Fall gab es aber gar keinen fortwirkenden und von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensfehler, weil das [X.] seine unzutreffende Rechtsauffassung mit Beschluss vom 30.5.2011 korrigiert, den Beschluss vom [X.] aufgehoben und das ursprüngliche Rubrum gemäß Beschluss vom [X.] wieder hergestellt hatte (Kläger zu 2. = Kläger, Klägerin zu 1. = Beigeladene). Deshalb bestand kein falscher Rechtsschein mehr und auch keinerlei Veranlassung, den Rechtsstreit insoweit an das [X.] zurückzuverweisen.

In prozessualer Hinsicht hat das L[X.] den Sachverhalt allerdings zutreffend beurteilt. Gemäß § 202 [X.]G iVm § 265 Abs 2 ZPO hat die Abtretung des im Klageverfahren streitbefangenen Anspruchs keinen Einfluss auf den Rechtsstreit; der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung der Gegenseite in den Prozess einzutreten (vgl B[X.]E 83, 128, 130 = [X.]-2500 § 116 [X.] f mwN; [X.] in: [X.]/[X.]/[X.], aaO, § 141 Rd[X.]8b). Eine solche Zustimmung lag hier nicht vor, es handelte sich vielmehr um einen "aufgezwungenen" Parteiwechsel. Damit hatte das [X.] einen wesentlichen Verfahrensmangel begangen, wie das L[X.] zu Recht festgestellt hat. Dieser Verfahrensmangel ist nicht im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens geheilt worden. Dabei kann offen bleiben, ob § 295 ZPO über § 202 [X.]G im sozialgerichtlichen Verfahren überhaupt Anwendung findet. Denn zum einen erging der Beschluss vom [X.] völlig überraschend und ohne Anhörung der Beteiligten, zum anderen ist der Kläger in der kurz danach durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 2[X.] - für ihn folgerichtig - nicht erschienen; im Übrigen war auch die Rechtsmittelbelehrung des [X.] falsch, denn ein überraschender und vom Gericht aufgezwungener Parteiwechsel stellt keine Entscheidung iS von § 99 Abs 4 [X.]G dar.

Der aufgezwungene Parteiwechsel ist vom [X.] jedoch später wieder rückgängig gemacht worden, und zwar durch Beschluss vom 30.5.2011. Damit bestand kein falscher Rechtsschein mehr, den das [X.] in einem weiteren Verfahren hätte beseitigen können oder müssen. Die die Klägerin betreffende Zurückverweisung ist folglich verfahrensfehlerhaft, weil die Voraussetzungen des § 159 [X.]G nicht erfüllt sind und die Klägerin in keiner Weise mehr beschwert ist (vgl auch [X.] in: [X.]/[X.]/[X.], aaO, § 159 RdNr 5c). Wegen der eindeutigen Rechtslage hat der Senat vorliegend von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, das L[X.]-Urteil von sich aus zu ändern, soweit nämlich der Rechtsstreit hinsichtlich des Urteils des [X.] vom 2[X.] an das [X.] zurückverwiesen worden ist (vgl [X.] in: [X.]/[X.]/ [X.], aaO, § 160a Rd[X.]9 mwN). Mit dieser Entscheidung ist das Verfahren bezüglich der Klägerin endgültig abgeschlossen.

3. In Bezug auf den Kläger hat der Senat das zweitinstanzliche Urteil vollständig aufgehoben und an das L[X.] zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

a) Die Entscheidung des L[X.], den Rechtsstreit des [X.] an das [X.] zurückzuverweisen, ist in mehrerer Hinsicht fehlerhaft. Zum einen liegen schon die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 159 Abs 1 [X.] und 2 [X.]G nicht vor: Das [X.] hat - wie vom L[X.] selbst angeregt ([X.] vom 22.12.2010) - das Verfahren trotz der damals noch anhängigen Berufung des [X.] weiterhin als erstinstanzlich anhängig angesehen und insoweit eine Sachentscheidung getroffen, nachdem es zuvor die fehlerhaften prozessualen Hindernisse ausgeräumt hatte (Beschluss des [X.] vom 30.5.2011). Sein Verfahren hat ebenfalls nicht an einem wesentlichen Mangel gelitten, insbesondere ist das Urteil vom 29.11.2012 nicht nichtig, denn es ist dem [X.] kein schwerer Verfahrensmangel vorzuwerfen (vgl die Aufzählung bei [X.] in: [X.]/ [X.]/[X.], aaO, § 125 RdNr 5b). Ausgehend von der Rechtsauffassung des L[X.] (vgl dazu [X.]/[X.], aaO, IX. [X.] RdNr 90) stand für dieses fest, dass über den Rechtsanspruch des [X.] noch nicht erstinstanzlich entschieden worden war. Nach der Entscheidung des L[X.] vom 29.11.2012 war dieser Fehler behoben und folgerichtig hat der Kläger seine frühere Berufung gegen das - ihn rechtsfehlerhaft nicht betreffende - Urteil vom 2[X.] zurückgenommen. Die Schlussfolgerung des L[X.] (L[X.]-Urteil, Umdruck [X.] Mitte), nunmehr leide das zweite Urteil des [X.] auch an einem groben Fehler, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Zum anderen hat das L[X.] von dem ihm im Rahmen des § 159 [X.]G eingeräumten Ermessen fehlerhaft Gebrauch gemacht: Das L[X.] hat zunächst der Tatsache, dass es sich um unterschiedliche Klageverfahren handelt, nicht ausreichend Bedeutung beigemessen und die Verfahren miteinander vermischt. Sodann hat es die Tragweite der oa Entscheidung des 9. Senats des B[X.] ([X.]-3900 § 4 [X.]) verkannt und nicht berücksichtigt, dass für die Beseitigung eines etwaigen falschen Rechtsscheins hier gar keine Veranlassung mehr bestand, nachdem das [X.] die prozessuale Lage "bereinigt" hatte. Im Übrigen hätte das L[X.] bedenken müssen, dass das [X.] [X.] eine fast wortgleiche Entscheidung abgesetzt hatte und seit der Klageerhebung mittlerweile fast sechs Jahre vergangen waren. Hätte das L[X.] diese Punkte ermessensgemäß bedacht, hätte es nicht zu einer Zurückverweisung - die Tatbestandsvoraussetzungen des § 159 [X.]G als erfüllt vorausgesetzt - kommen dürfen.

b) Auf die Frage, ob die Streitsache aus Sicht des [X.] auch grundsätzliche Bedeutung haben und deshalb die Revision zu den von ihm umrissenen Problemkreisen zuzulassen sein könnte, kommt es wegen der Zurückverweisung an das L[X.] nicht mehr an.

4. [X.] betreffs die Klägerin beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 197a [X.]G iVm § 154 VwGO; über die Pflicht zur Kostentragung im Übrigen wird das L[X.] im Rahmen des erneut durchzuführenden Berufungsverfahrens zu entscheiden haben. Die Entscheidung zur Festsetzung des Streitwerts und seiner Höhe beruht auf § 63 Abs 2, § 47 und § 52 Abs 3 GKG iVm § 100 Abs 1 ZPO.

Meta

B 3 KR 3/13 B

19.09.2013

Bundessozialgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Dortmund, 22. September 2010, Az: S 13 KR 1/07, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a SGG, § 159 Abs 1 SGG, § 202 SGG, § 265 Abs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.09.2013, Az. B 3 KR 3/13 B (REWIS RS 2013, 2598)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2598

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