Bundespatentgericht, Beschluss vom 31.01.2022, Az. 35 W (pat) 3/20

35. Senat | REWIS RS 2022, 1624

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Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Gebrauchsmuster 20 2008 018 036

(hier: Kostenauferlegung)

hat der 35. Senat ([X.]) des [X.] am 31. Januar 2022 durch [X.] sowie die Richterin [X.] und den Richter Eisenrauch

beschlossen:

1. Der Beitritt der Nebenintervenientin als notwendige Streitgenossin wird als unzulässig verworfen.

2. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den angefochtenen Beschluss wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass

im Rubrum des Beschlusses die Angabe „betreffend das Gebrauchsmuster Nr. 20 2008 018 014“ durch die Angabe „betreffend das Gebrauchsmuster Nr. 20 2008 018 036“ berichtigt wird.

3. Die Kosten der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin zu tra- gen. Die durch die Nebenintervention verursachten Kosten hat die Nebenintervenientin zu tragen.

Gründe

I.

1

Die Antragsgegnerin war ursprünglich alleinige Inhaberin des aus der [X.] Patentanmeldung [X.] 1452.7 mit Anmeldetag 6. Juni 2008 abgezweigten und am 9. Juni 2011 eingetragenen Gebrauchsmusters 20 2008 018 036 mit der Bezeichnung „Kantenleiste für Möbelstücke“ (i.F.: [X.]). Das [X.] ist am 30. Juni 2018 durch Zeitablauf erloschen.

2

Mit Urteil des [X.] … vom 15. September 2016 in der Fassung des [X.] vom 14. Oktober 2016 wurde die dortige Beklagte und vorliegende Antragsgegnerin verurteilt, der dortigen Klägerin und vor-liegenden Nebenintervenientin eine Mitberechtigung am [X.] einzuräumen, durch Erklärung gegenüber dem [X.] darin einzuwilligen, dass die Nebenintervenientin neben der Antragsgegnerin als Mitinhaberin des [X.]s in das Register des [X.]s eingetragen wird, und die im Rahmen der Anmeldung in Bezug auf das [X.] geführte Korrespondenz mit dem [X.] Patent- und Markenamt Zug um Zug gegen Erstattung der Beklagten entstandener anteiliger Kosten für die Ausarbeitung, Anmeldung, Aufrechterhaltung und Verteidigung in Höhe eines Mitinhaberanteils von 30 % zur Verfügung zu stellen. Das [X.] hatte die Revision gegen dieses Urteil nicht zugelassen. Es ist nach Zurückweisung der von beiden Beteiligten eingelegten Nichtzulassungsbeschwerden mit Beschluss des [X.] vom 4. September 2018 rechtskräftig geworden. Seit 7. März 2019 ist die Nebenintervenientin als Mitinhaberin des [X.]s im Register eingetragen.

3

Die Antragstellerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin hat gegen das [X.] am 12. Dezember 2014 Löschungsantrag gestellt, mit der die vollständige Löschung des Gebrauchsmusters verfolgt wurde.

4

Die Antragsgegnerin hat dem Löschungsantrag mit [X.] vom 23. Januar 2015 widersprochen. Mit [X.] vom 24. April 2015 hat sie ihren Widerspruch begründet und einen Hilfsantrag 1 mit einer geänderten Anspruchsfassung eingereicht.

5

Mit [X.] vom 29. Dezember 2016 hat die Gebrauchsmusterabteilung des [X.] den Beteiligten mitgeteilt, dass der Löschungsantrag voraussichtlich erfolgreich sein werde.

6

Mit [X.] vom 27. April 2018 hat die Antragsgegnerin zusätzlich geänderte Schutzansprüche nach [X.] 2 bis 4 eingereicht und ihr Festhalten am Hauptantrag und an den [X.] 1 bis 4 begründet. Mit einer parallelen Eingabe vom 27. April 2018 hat die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin auf alle Ansprüche aus dem [X.] für die Vergangenheit und für die Zukunft verzichtet. Ferner hat sie darum gebeten, dass nicht mehr in der Restlaufzeit über die Schutzfähigkeit des [X.]s entschieden werde, da dessen maximale Schutzdauer bereits am 6. Juni 2018 erreicht sein werde.

7

Mit Schreiben vom 6. August 2018 hat die Gebrauchsmusterabteilung der Antragstellerin mitgeteilt, dass das Gebrauchsmuster nach Ablauf der höchstmöglichen Schutzdauer am 1. Juli 2018 erloschen sei. Ferner hat sie der Antragstellerin anheim gegeben, innerhalb einer Frist von 1 Monat ggf. Stellung zu nehmen und geänderte Anträge einzureichen.

8

Mit Eingabe vom 15. August 2018 hat die Antragstellerin die Hauptsache für erledigt erklärt.

9

Diese Erklärung wurde der Antragsgegnerin am 27. August 2018 mit Hinweis auf die Regelung des § 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO zugestellt.

Innerhalb der [X.] von zwei Wochen gemäß § 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO hat die Antragsgegnerin der Erledigungserklärung nicht widersprochen.

Am 26. Oktober 2018 beantragte die Antragsgegnerin, die Kosten des [X.] der Antragstellerin aufzuerlegen, hilfsweise, die Kosten gegeneinander aufzuheben. Sie ist der Auffassung, dass die Antragstellerin mit ihrem Löschungsantrag keinen Erfolg gehabt hätte und ihr Löschungsantrag mit Ablauf der Schutzdauer unzulässig geworden sei, da sie kein Feststellungsinteresse an der Löschung gehabt habe, nachdem eine Freistellungserklärung abgegeben worden sei.

Mit [X.] vom 30. Oktober 2018 beantragte die Antragstellerin, der Antragsgegnerin die Kosten des [X.] aufzuerlegen, da sich die Antragsgegnerin durch ihren Verzicht auf alle Ansprüche aus dem Gebrauchsmuster für die Vergangenheit in die Rolle des [X.] begeben habe. Zudem hätte der Löschungsantrag nach dem Sach- und Streitstand vor dem Verzicht Erfolg gehabt, wie sich aus dem [X.] der Gebrauchsmusterabteilung ergebe. Keine Rolle könne dabei mehr spielen, dass gleichzeitig mit dem Verzicht neue [X.] eingereicht worden seien, da deren Prüfung nicht mehr möglich gewesen sei.

Mit Beschluss vom 30. Oktober 2019 hat die Gebrauchsmusterabteilung der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auferlegt, da sie sich in die Rolle des Unterlegenen begeben habe, indem sie auf sämtliche Rechte und Ansprüche aus dem [X.] gegen die Antragstellerin für die Vergangenheit verzichtet habe. Da in der Kopfzeile auf der ersten Seite des angefochtenen Beschlusses das Aktenzeichen 20 2008 018 036.8 angegeben ist, ist klar, in welcher Sache der Beschluss ergehen sollte. Die falsche Angabe im Beschluss kann berichtigt werden (vgl. später unter Abschnitt III.).

Gegen den ihr am 6. November 2019 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 4. Dezember 2019 Beschwerde eingelegt.

Sie ist der Ansicht, die Nebenintervenientin hätte als notwendige Streitgenossin am Verfahren beteiligt werden müssen. Es läge keine Erledigung in der Hauptsache und auch kein Verzicht auf das Gebrauchsmuster vor, da die Nebenintervenientin nicht beteiligt worden sei. Es könne daher keine Rede davon sein, dass sie, die Antragsgegnerin, sich in die Stellung eines Unterlegenen begeben habe. [X.] hätte bei der Kostenentscheidung zudem die [X.] 2 bis 4 berücksichtigen müssen, da diese noch vor Ablauf der Schutzdauer gestellt worden seien.

Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,

die Nebenintervenientin am Beschwerdeverfahren als notwendige Streitgenossin zu beteiligen und den Beschluss vom 30. Oktober 2019 aufzuheben und die Kosten des [X.] der Antragstellerin aufzuerlegen.

Ergänzend beantragt die Nebenintervenientin sinngemäß die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Wiedereröffnung des [X.].

Darüber hinaus wird die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeregt, da das Rechtsstaatsprinzip die Gewährung rechtlichen Gehörs sämtlicher Beteiligter erfordere.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragstellerin hat sich mit dem Eintritt der [X.] in das Beschwerdeverfahren nicht einverstanden erklärt. Die Kostenentscheidung hält sie für zutreffend. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Wiedereröffnung des [X.] hält sie für nicht statthaft, unzulässig und zumindest unbegründet.

Beide Beteiligte haben zudem jeweils hilfsweise Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.

Mit Hinweis vom 27. Mai 2021 hat der Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Nebenintervenientin nicht als notwendige Streitgenossin anzusehen sei, sondern nur als Nebenintervenientin am Verfahren beteiligt sein dürfte, und hat zudem Zweifel an den Erfolgsaussichten der Beschwerde der Antragsgegnerin geäußert. Mit Blick auf § 128 Abs. 3 ZPO hat der Senat in dem rechtlichen Hinweis angekündigt, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten, insbesondere auch wegen des Wortlauts der Anspruchsfassungen nach [X.] 2 bis 4 aus dem [X.] der Antragsgegnerin vom 27. April 2018, wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

1. Gegenstand der vorliegenden Beschwerdeverfahren ist ausschließlich die mit dem angefochtenen Beschluss getroffene Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen Löschungsverfahrens. Eine Entscheidung über den Bestand bzw. die Wirksamkeit des [X.]s hat die Gebrauchsmusterabteilung hingegen nicht getroffen. Soweit sie in der Kostenentscheidung sich durch den Hinweis auf ihren [X.] vom 29. Dezember 2016 (fälschlicherweise dort [X.] vom 8. März 2018) zu den von der Antragstellerin geltend gemachten Löschungsgründen geäußert hat, handelt es sich um eine summarische, nur für die Zwecke der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO erfolgte Prüfung der Erfolgsaussichten des streitgegenständlichen Löschungsantrags. Da mit übereinstimmender Erklärung der Hauptsacheerledigung (siehe dazu i.E. unten Ziff. 3. b)) die Anhängigkeit des Löschungsantrags ohne Sachentscheidung endet (vgl. Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 91a, Rn. 9, 12), hat der angefochtene Beschluss bezüglich der Wirksamkeit des [X.]s keinerlei Wirkung; er stellt mithin eine sog. „isolierte Kostenentscheidung“ dar.

2. Für die Entscheidung über Beschwerden gegen eine isolierte Kostenentscheidung ist der [X.] in der Besetzung mit drei juristischen Mitgliedern zuständig.

Der [X.] entscheidet zwar gemäß § 18 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz, [X.] in der Besetzung mit einem juristischen und zwei technischen Mitgliedern, wenn es sich um eine Beschwerde gegen Beschlüsse der Gebrauchsmusterabteilung über [X.] handelt, jedoch wird mit der vorliegenden Beschwerde nicht eine Sachentscheidung über einen Löschungsantrag angegriffen, da eine solche auch gar nicht vorliegt, sondern lediglich eine isolierte Kostenentscheidung. Damit ist keine Beschwerde gegen eine Entscheidung über einen Löschungsantrag i.S.d. § 18 Abs. 3 Satz 2, 2. Alt. [X.] gegeben. Für die Besetzung ist gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 [X.] die allgemeine Bestimmung des § 67 Abs. 1 Nr. 4 [X.] maßgebend.

1. Der von der Nebenintervenientin begehrte Beitritt als Streitgenossin zum Beschwerdeverfahren ist nicht zulässig.

a) Wie oben unter 1. ausgeführt, ist Gegenstand des Beschwerdeverfahrens die im angefochtenen Beschluss getroffene Kostenentscheidung, die sich ausschließlich auf eine Kostentragung im Verhältnis zwischen Antragstellerin und Antragsgegnerin bezieht, die jedoch keinen Kostenausspruch zu Lasten der Nebenintervenientin enthält und gegen die deshalb auch kein Kostenfestsetzungsbeschluss gemäß § 103 Abs. 1 ZPO ergehen könnte. Der angefochtene Beschluss betrifft, wie ebenfalls bereits ausgeführt, gerade nicht die Wirksamkeit des [X.]s, an dem die Nebenintervenientin nunmehr als Mitberechtigte beteiligt ist. Es fehlt daher schon an den grundsätzlichen Voraussetzungen für eine Streitgenossenschaft nach den §§ 59 oder 60 ZPO, die gemäß §§ 18 Abs. 2 Satz 1 [X.], 99 Abs. 1 [X.] auch für das vorliegende Beschwerdeverfahren anzuwenden sind.

b) [X.] ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass das Löschungsverfahren durch übereinstimmende Erklärung der Beteiligten in der Hauptsache erledigt war.

Erledigendes Ereignis ist in diesem Zusammenhang das Erlöschen des [X.]s infolge Ablaufs der Schutzdauer am 30. Juni 2018 (§ 23 Abs. 1 [X.]). Die Antragstellerin hat mit [X.] vom 15. August 2018 das Löschungsverfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Antragsgegnerin hat dieser ihr am 27. August 2018 unter Hinweis auf § 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO zugestellten Erklärung innerhalb der nach dieser Bestimmung maßgebenden [X.], die am 10. September 2018 ablief, nicht widersprochen, so dass eine übereinstimmende Erledigungserklärung der Beteiligten vorlag; einer seitens der Gebrauchsmusterabteilung vorzunehmenden, weitergehenden Prüfung, ob tatsächlich ein Fall der Erledigung der Hauptsache vorliegt, bedurfte es dabei nicht (vgl. [X.], ZPO, 34. Aufl., § 91a, Rn. 12, sowie den Senatsbeschluss v. 23. Januar 2018, 35 W (pat) 406/15).

Eines Einverständnisses der Nebenintervenientin bedurfte es insoweit ebenfalls nicht. Sie war mangels einer eigenen Erklärung des Beitritts zum erstinstanzlichen Löschungsverfahren an diesem Verfahren nicht beteiligt, so dass ihr die Erledigungserklärung der Antragstellerin gar nicht zuzustellen war.

Es ist ferner darauf hinzuweisen, dass die Nebenintervenientin durch die von der Antragstellerin und der Antragsgegnerin bewirkten, das Löschungsverfahren in der Hauptsache beendenden Erklärungen auch nicht in eigenen Rechten beeinträchtigt wurde. Zum einen blieb das [X.] durch diese Hauptsacheerledigung in seinem Bestand bzw. seiner Wirksamkeit unberührt. Zum anderen hat die Nebenintervenientin selbst in ihrer Eigenschaft als Mitinhaberin des [X.]s nach Erledigung der Hauptsache kein rechtlich erhebliches Interesse an der Fortführung des Löschungs- bzw. Feststellungsverfahrens. Das gebrauchsmusterrechtliche, als kontradiktorisches Verfahren zwischen Antragsteller und Gebrauchsmusterinhaber gestaltete Löschungsverfahren dient nach ständiger Rechtsprechung dem Anliegen, schutzunwürdige Scheinrechte zu beseitigen, und damit in erster Linie der Wahrung öffentlicher Belange (vgl. z. B. bereits [X.] GRUR 1962, 140, [X.]. 3 – Stangenführungsrohre). Hiervon ausgehend ist z.B. auch ein vom Gebrauchsmusterinhaber selbst gestellter Löschungsantrag als unzulässig zu erachten, zumal ein Verfahren mit dem vom Gebrauchsmusterinhaber verfolgten Zweck, den Rechtsbestand des Gebrauchsmusters feststellen zu lassen, nicht geboten ist (so bereits die Entscheidung des damaligen [X.] des [X.] vom 18. Juli 1955, [X.] f. [X.] 1955, 299, s. auch [X.] GRUR 1963, 519, 522 - Klebemax; vgl. auch [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 16, Rn. 59; [X.], [X.], 2. Aufl., § 15, Rn. 8). Denn dem Gebrauchsmusterinhaber steht kein rechtlich erhebliches Interesse an der (weiteren) Durchführung eines vom Löschungsantragsteller in der Hauptsache für erledigt erklärten Löschungsverfahrens zu [X.]. 1957, 36). Vielmehr kommt es für die Zulässigkeit der Fortsetzung des Verfahrens zum Zwecke der Feststellung der Unwirksamkeit des [X.]s nach dessen Erlöschen allein auf das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers an, während das Interesse des Antragsgegners an der Rechtsbeständigkeit des [X.]s die (weitere) Durchführung des Verfahrens nicht rechtfertigt (vgl. auch [X.]/Goebel/[X.], [X.], 11. Aufl., § 15 [X.], Rn. 7a; vgl. auch den Senatsbeschluss vom 4. Oktober 2018, 35 W (pat) 412/17).

Vor diesem Hintergrund scheidet eine eigene rechtlich erhebliche Beeinträchtigung der Nebenintervenientin aufgrund des angefochtenen Beschlusses aus. Für die von ihr begehrte „Wiedereröffnung“ des [X.] ist daher kein Raum.

2. Die Nebenintervenientin war jedoch in dieser Funktion zur Beschwerde der Antragsgegnerin zuzulassen.

Gemäß §§ 18 Abs. 2 Satz 1 [X.], 99 Abs. 1 [X.], 66 Abs. 1 ZPO setzt die Zulassung als Nebenintervenient ein rechtliches Interesse am Obsiegen einer Beteiligten, hier: der Antragsgegnerin voraus.

Auch wenn, wie ausgeführt, der Bestand bzw. die Wirksamkeit des [X.]s durch die angefochtene Kostenentscheidung unberührt bleibt und sich diese Kostenentscheidung gerade nicht gegen die Nebenintervenientin und Mitinhaberin des [X.]s richtet, so ist zu berücksichtigen, dass ein weiteres, auf Unwirksamkeit des [X.]s gerichtetes Feststellungsverfahren dadurch nicht ausgeschlossen wird und dass bei Bestand der Kostentscheidung diese möglicherweise für das Innenverhältnis zwischen Antragsgegnerin und Nebenintervenientin als Mitinhaberinnen des [X.]s von Belang sein kann.

Nach alledem ist ein hinreichendes rechtliches Interesse i.S.d. § 66 Abs. 1 ZPO in Bezug auf die Beschwerde der Antragsgegnerin zu bejahen.

3. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die isolierte Kostenentscheidung der Gebrauchsmusterabteilung des [X.]s vom 30. Oktober 2019 ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig, jedoch nicht begründet.

[X.] ist bei ihrer Entscheidung zu Recht davon ausgegangen, dass das streitgegenständliche Löschungsverfahren in der Hauptsache erledigt war (s.o. Ziff. 3. b).).

Es war daher nur noch über die Kosten des [X.] nach Maßgabe des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden (§§ 17 Abs. 4 [X.], 91a Abs1 Satz 1 ZPO), wobei [X.] zusätzlich auch nach § 17 Abs. 4 Satz 2 [X.] i.V.m. § 84 Abs. 2 Satz 2 [X.] zu berücksichtigen sind. Bei der Beurteilung der Erfolgsaussichten des streitgegenständlichen Löschungsantrags ist – bezogen auf den Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses – lediglich eine summarische, nicht jede für den Ausgang bedeutsame Rechtsfrage entscheidende Prüfung angezeigt (vgl. [X.], ZPO, 34. Aufl., § 91a, Rn. 27), die, wie ebenfalls bereits ausgeführt, eine materielle Entscheidung über Bestand oder [X.] des [X.]s in einem möglichen neuen Feststellungsverfahren weder ersetzt noch präjudiziert.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Auferlegung der Kosten auf die Antragsgegnerin nicht zu beanstanden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob bereits die Abgabe der Freistellungserklärung durch die Antragsgegnerin hinsichtlich der Kostenfolge einem Verzicht gleichgestellt werden kann.

Denn bis zum erledigenden Ereignis hätte der Löschungsantrag voraussichtlich in vollem Umfang Erfolg gehabt. Insoweit stimmt der Senat nach gemäß § 91a ZPO gebotener, summarischer Prüfung der im [X.] der Gebrauchsmusterabteilung vom 29. Dezember 2016 geäußerten Auffassung zu.

Zum Zeitpunkt des [X.]s vom 29. Dezember 2016 lagen jedenfalls der Hauptantrag und der Hilfsantrag 1 vor, die im [X.] berücksichtigt wurden.

Der geltende Anspruch 1 des [X.]s gemäß Hauptantrag der Antragsgegnerin zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses lautete:

„Kantenleiste (1) für Möbelstücke, umfassend eine Schmelzschicht (3) und eine mit der Schmelzschicht (3) verbundene Strukturschicht (2) aus Kunststoff, dadurch gekennzeichnet, dass die Schmelzschicht (3) sowohl polare als auch unpolare Anteile im [X.] enthält, wobei der Werkstoff der Schmelzschicht (3) Polyurethan (thermoplastisch) ist.“

Der [X.] betraf ein

„Möbelstück (4) mit einer Kantenleiste (1) nach einem der vorangegangenen Ansprüche, wobei die Schmelzschicht (3) zumindest abschnittsweise mit einer Kante (40) des Möbelstücks (4) stoffschlüssig verbunden ist.“

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 der Antragsgegnerin vom 24. April 2015 lautete:

„Kantenleiste (1) für Möbelstücke, umfassend eine Schmelzschicht (3) und eine mit der Schmelzschicht (3) ohne Zwischenschicht unmittelbar verbundene Strukturschicht (2) aus [X.] mit einer Dicke im Bereich von 0,8 bis 5 mm, dadurch gekennzeichnet, dass der Werkstoff der Schmelzschicht (3) Polyurethan (thermoplastisch) ist und chemisch derart modifiziert ist, dass er sowohl polare als auch unpolare Anteile im [X.] enthält, so dass die Schmelzschicht durch Aufschmelzen stoffschlüssig sowohl an polaren als auch unpolaren Werkstoffe unmittelbar anbindbar ist.“

Der nebengeordnete Anspruch 10 gemäß Hilfsantrag 1 lautete:

„Möbelstück (4) mit einer Kantenleiste (1) nach einem der vorgegangenen Ansprüche, wobei die Schmelzschicht (3) zumindest abschnittsweise mit einer Kante (40) des Möbelstücks (4) stoffschlüssig verbunden ist.“

Nicht zu beanstanden ist die Definition des zuständigen Fachmanns, wie sie im angefochtenen Beschluss und dem dort offensichtlich in Bezug genommenen, einschlägigen [X.] vom 29. Dezember 2016 zugrunde gelegt wurde, nämlich [X.]. Ingenieurs der Fachrichtung Kunststoff- oder Holzwerkstofftechnik, der über eine mehrjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung von Kantenleisten für Möbelstücke und deren Befestigung an Holz oder Holzwerkstoffen verfügt.

Ebenfalls keinen Bedenken begegnet die Auffassung der Gebrauchsmusterabteilung, dass die Schmelzklebstoffschicht aus Polyurethan denknotwendigerweise auch eine Schmelzschicht mit polaren und unpolaren Anteilen im [X.] ist, die durch Aufschmelzen stoffschlüssig sowohl an polaren als auch unpolaren Werkstoffen unmittelbar anbindbar ist.

Mit der Gebrauchsmusterabteilung ist ferner davon auszugehen, dass die so verstandenen Gegenstände nach Hauptantrag (eingetragene Fassung) mit Blick auf die [X.] ([X.] 20 2006 021 032 [X.]) und [X.] ([X.]) als nicht schutzfähig zu bewerten waren. Denn nach den insoweit schlüssigen, nachvollziehbaren und daher aus Sicht des Senats nicht in Frage zu stellenden Ausführungen der Gebrauchsmusterabteilung im [X.] vom 29. Dezember 2016 hat jede der beiden Druckschriften für sich die Gegenstände der Ansprüche 1 und 11 des [X.] neuheitsschädlich vorweggenommen.

Weiterhin ist im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung davon auszugehen, dass die Gegenstände nach Hilfsantrag 1 im Hinblick auf die Entgegenhaltungen D12 ([X.]: RAUKANTEX

Soweit die Antragsgegnerin mit [X.] vom 27. April 2018 zusätzliche, geänderte Schutzansprüche nach [X.] 2 bis 4 eingereicht hat, ist zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin mit der gleichzeitig eingereichten Freistellungserklärung darauf hingewiesen hat, dass die Schutzdauer demnächst ablaufe und keine Notwendigkeit bestehe, in der verbleibenden Restlaufzeit über die Schutzfähigkeit des [X.]s zu entscheiden.

Es war damit aus der Zeitfolge für alle Beteiligten bereits klar, dass über den Löschungsantrag und die neue Eingabe nicht mehr vor Ablauf der Schutzdauer verhandelt werden konnte und es auch auf die neu eingereichten [X.] nur noch ankommen würde, wenn ein Feststellungsinteresse für die Vergangenheit geltend gemacht werden würde.

Einem Feststellunginteresse der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin aber gerade mit der im parallelen [X.] vom 27. April 2018 abgegebenen Freistellungserklärung („Verzichtserklärung“) von vorneherein gleichsam den Boden entzogen.

Dann aber entspricht es der Billigkeit, wenn die mit der Eingabe vom 27. April 2018 noch eingereichten [X.] 2 bis 4 für die vorliegende ermessensgemäße Entscheidung über die Kostentragungspflicht nicht mehr berücksichtigt werden. Wie ausgeführt, sind diese [X.] zu einem Zeitpunkt und verbunden mit einer Freistellungserklärung zugunsten der Antragstellerin eingereicht worden, so dass die Antragsgegnerin aus zeitlichen und rechtlichen Gründen damit rechnen musste, dass sie im Verfahren keine Rolle spielen würden und insbesondere für die Frage der Schutzfähigkeit des [X.]s keine Relevanz mehr aufweisen werden.

Der Erfolg der [X.] führt auch nicht dazu, dass der Löschungsantrag erfolglos gewesen wäre, da er sich lediglich gegen die Antragsgegnerin richtete. Die von dem Anspruchsberechtigten nach § 13 Abs. 3 [X.] [X.] m § 8 [X.] begehrte Bewilligung zur Umschreibung im Register gilt zwar grundsätzlich mit Rechtskraft der Entscheidung gemäß § 894 ZPO als abgegeben, jedoch ist es vorliegend wegen der Zug-um-Zug-Leistung schon unwahrscheinlich, dass am 10. September 2018 bereits eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt worden war und zudem ist der Löschungsantrag an den eingetragenen Inhaber zu richten. Die Umschreibung war zum Zeitpunkt der Erledigung des [X.] noch nicht erfolgt.

4. Da die Beschwerde keinen Erfolg hat, hat, wie im Tenor dieses Beschlusses ausgesprochen, die Antragsgegnerin die Kosten der Antragstellerin zu tragen, während die Nebenintervenientin die Kosten der Nebenintervention zu tragen hat (§ 18 Abs. 2 Satz 2 [X.], § 84 Abs. 2 [X.], § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 101 Abs. 1 ZPO). Billigkeitsgründe, die eine anderweitige Kostentragung geboten erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich.

5. Der Senat entscheidet gemäß §§ 18 Abs. 2 [X.], 84 Abs. 2 Satz 2, 99 Abs. 1 [X.] i.V.m. §§ 572 Abs. 4, 128 Abs. 4 ZPO ohne mündliche Verhandlung. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist ausschließlich die Kostenentscheidung der Gebrauchsmusterabteilung nach übereinstimmender Erledigungserklärung. Da hierdurch über den Bestand oder die Wirksamkeit des [X.]s gerade nicht entschieden wurde, sondern der streitgegenständliche Löschungsantrag als nicht mehr anhängig zu erachten ist, geht es gerade nicht (mehr) um eine Entscheidung über einen Löschungsantrag, d.h. um keine Hauptsacheentscheidung, sondern eine Nebenentscheidung; die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist daher auch nach § 17 Abs. 3 Satz 1 [X.] nicht angezeigt. Soweit der Beitritt der Nebenintervenientin als notwendige Streitgenossin als unzulässig verworfen wurde, ist ebenfalls keine mündliche Verhandlung vorgeschrieben (vgl. § 18 Abs. 2 Satz 1 [X.] [X.] m. § 79 Abs. 2 [X.]).

6. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 [X.] i.V.m. § 100 Abs. 2 [X.] besteht kein Anlass. Insbesondere widerspricht die Entscheidung des [X.] X ZR 69/11 – Fräsverfahren – nicht der vorliegenden Entscheidung. In Zusammenhang mit der Beurteilung der Verfahrensbeteiligung der Nebenintervenientin geht es um die Anwendung allgemeiner und anerkannter verfahrensrechtlicher Grundsätze, die keiner weiteren höchstrichterlichen Klärung bedürfen.

III.

Das Rubrum des angefochtenen Beschlusses war hinsichtlich des angegebenen [X.]-Aktenzeichens vom erkennenden Senat in entsprechender Anwendung von § 95 Abs. 1 [X.] zu berichtigen.

Auf der ersten Seite des angefochtenen Beschlusses erscheint sowohl das Aktenzeichen „20 2008 018 036“ als auch (im Rubrum) das Aktenzeichen 20 2008 018 014“. Bei der Nennung des zuletzt genannten Aktenzeichens handelt es sich um eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne von § 95 Abs. 1 [X.]. Dieses Aktenzeichen ist offensichtlich in das Rubrum des vorliegenden, angefochtenen Beschlusses gelangt, weil die Gebrauchsmusterabteilung in fehlerhafter Weise den Text einer der parallelen Entscheidungen als Beschlussvorlage herangezogen hat. Das falsche Aktenzeichen war im Rubrum – auch um Missverständnissen vorzubeugen – durch das richtige, nämlich „20 2008 018 036“, zu ersetzten. Liegt ein Berichtigungstatbestand vor, so kann auch das Rechtsmittelinstanz die Berichtigung vornehmen (vgl. [X.] NJW-RR 2006, 1628, 1630; [X.]Z 133, 184, 191; [X.], Beschluss vom 29. April 2019 – [X.] –, verfügbar bei Juris

Meta

35 W (pat) 3/20

31.01.2022

Bundespatentgericht 35. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 31.01.2022, Az. 35 W (pat) 3/20 (REWIS RS 2022, 1624)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 1624

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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X ZR 69/11

X ZB 5/17

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