Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.08.2006, Az. XII ZB 84/06

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 2312

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[X.][X.]/06
vom 2. August 2006 in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO §§ 85 Abs. 2, 233 B, [X.], 520 Abs. 2 Zu den [X.] an einen Rechtsanwalt bei Versendung eines Frist wahrenden Schriftsatzes per Telefax unmittelbar vor Fristablauf. [X.], Beschluss vom 2. August 2006 - [X.]/06 - [X.] - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 2. August 2006 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], [X.] Ahlt, die Richterin [X.] und [X.] beschlossen: Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Familiense-nats in [X.] des [X.] vom 28. März 2006 wird auf Kosten des Antragstellers als unzulässig [X.]. [X.]: 70.309 • Gründe: [X.] Der Antragsteller hat gegen das ihm am 14. September 2005 zugestellte [X.] am 14. Oktober 2005 Berufung eingelegt. Auf seinen Antrag [X.] die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 14. Dezember 2005 verlän-gert. Die Berufungsbegründung ging erst am 15. Dezember 2005 per Telefax beim Berufungsgericht ein. 1 Mit Schreiben vom 5. Januar 2006, das am gleichen Tag beim [X.] einging, beantragte der Antragsteller Wiedereinsetzung in den [X.] Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist. Zur [X.] trug er vor, der [X.] sei am 14. Dezember 2 - 3 - 2005 gegen 23.30 Uhr fertig gestellt und auf Seite 22 unterschrieben gewesen. Auf Seite 1 des Schriftsatzes sei unterhalb der Adresse des Berufungsgerichts vermerkt gewesen: "vorab per Telefax: 0561/912-288". Der Schriftsatz sei dann noch auf Vollständigkeit der Seiten und die vorhandene Unterschrift kontrolliert worden. Auf den Zuruf des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers "Fax-Nr. kontrolliert?" habe die äußerst sorgfältige Kanzleiangestellte [X.] "ja in Ordnung!". Dann sei der erste Teil des Schriftsatzes in das Faxgerät gelegt und die auf der ersten Seite angegebene Faxnummer gewählt sowie die Starttaste betätigt worden. Das Faxgerät habe die eingelegten Seiten problem-los eingezogen, danach aber kein Freizeichen, sondern ein Besetztzeichen gemeldet. In der Annahme, dass der [X.] beim Berufungsgericht be-setzt gewesen sei, sei der Wählversuch mehrfach wiederholt worden. Die ge-naue Anzahl der [X.] könne nicht mehr angegeben werden, es dürfte sich aber um mehr als drei Versuche handeln. Weil die [X.] —mehr als [X.] geworden sei, sei die auf dem Schriftsatz angegebene Faxnummer mit dem Briefkopf des [X.] verglichen worden, [X.] festgestellt worden sei, dass aus nachträglich nicht mehr festzustellenden Gründen auf der Berufungsbegründung statt der zutreffenden Endung "-2800" die falsche Endung "-288" aufgedruckt war. In größter Eile sei es dann gelun-gen, die zutreffende Nummer einzugeben und die Berufungsbegründung erfolg-reich zu übermitteln, leider aber um etwa 15 Minuten zu spät. Die auf Seite 1 der Berufungsschrift aufgedruckte Übermittlungszeit 1.04 Uhr sei nicht zutref-fend, weil das Gerät nicht von Sommerzeit auf Winterzeit umgeschaltet gewe-sen sei; tatsächlich habe die Übertragung um 0.04 Uhr begonnen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Antragstellers als unzulässig verworfen und seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet zurückgewiesen. Der verspätete Eingang der Berufungsbegrün-dung sei auf ein Verschulden des [X.]n des [X.] zurückzuführen, was dem Antragsteller gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurech-nen sei. Es könne dahinstehen, inwieweit Verzögerungen bei der Fertigstellung der Berufungsbegründung für die Fristversäumung bedeutsam seien, weil der Antragsteller das Risiko dieses Umstandes trage, wenn sein Prozessbevoll-mächtigter damit bis zur letzten Minute zugewartet habe. Nachdem der [X.] "gegen 23.00 Uhr" in übertragungsfähiger Form fertig gestellt gewesen sei, sei noch genügend Zeit für die Übermittlung verblieben. Denn für die Übertra-gung der insgesamt 23 Seiten seien nicht mehr als zehn Minuten notwendig gewesen. Die Fristversäumung sei deswegen darauf zurückzuführen, dass [X.] die Anwahl über eine falsche Telefaxnummer versucht worden sei. Zwar habe der [X.] des Antragstellers seine Kanzleiangestellte gebeten, diese Nummer zu überprüfen. Das entlaste ihn aber deswegen nicht, weil er sich spätestens nach dem dritten erfolglosen Übermittlungsversuch per-sönlich davon hätte überzeugen müssen, dass die richtige Faxnummer [X.] worden sei. Denn der Umstand, dass es trotz mehrerer Versuche nicht gelungen sei, eine Verbindung zum [X.] herzustellen, habe bei dem [X.]n des Antragstellers den Schluss nahe legen müssen, dass es dafür einen anderen Grund habe geben können als eine Stö-rung des Telefaxgerätes des Gerichts. Eine Überprüfung habe nach kürzester Zeit den Fehler aufdecken und eine noch rechtzeitige Übermittlung sichern können. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragstellers. 4 - 5 - I[X.] 5 Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthaft. Sie ist jedoch nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. 6 Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist eine Entscheidung des [X.] zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht weder auf der Verletzung von Verfahrensgrundrechten, namentlich des Rechts auf Ge-währung rechtlichen Gehörs ([X.] 151, 221, 226 f.), noch verletzt sie den [X.] auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit dem Rechtsstaatsprinzip, vgl. Senatsbeschluss vom 31. August 2005 - [X.] ZB 116/05 - FamRZ 2005, 1901). 1. Zwar durfte der Antragsteller bei der Erstellung und Übermittlung der Berufungsbegründung die ihm dafür eingeräumte Frist bis zuletzt ausnutzen. Ein Rechtsanwalt, der einen fristgebundenen Schriftsatz am letzten [X.], muss aber sicherstellen, dass die Faxnummer des Empfängers zuverlässig festgestellt ist und ohne Schwierigkeiten darauf zu-rückgegriffen werden kann ([X.] Beschlüsse vom 18. September 2003 - [X.]/02 - NJW 2004, 516 und vom 26. Mai 1994 - [X.]/93 - NJW 1994, 2300). [X.] der Rechtsanwalt den [X.] erst kurz vor Ablauf der Frist per Telefax übermitteln, muss er besonders darauf achten, dass bei der Übermittlung keine Fehler passieren. Insbesondere hat er die [X.] des Gerichts präzise einzugeben, zumal ein Fehler dabei den Vorwurf der Fahrlässigkeit rechtfertigt (Senatsbeschluss vom 30. Oktober 2002 - [X.] ZB 18/01 - FamRZ 2003, 667). 7 - 6 - Bedient sich der Rechtsanwalt für diese nicht juristischen Aufgaben der Hilfe seines Büropersonals, ist er nach ständiger Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs grundsätzlich verpflichtet, für eine Büroorganisation zu sorgen, die eine Überprüfung der durch Telefax zu übermittelnden fristgebundenen Schrift-sätze auch auf die Verwendung der zutreffenden Empfängernummern hin ge-währleistet (Senatsbeschlüsse vom 18. Oktober 1995 - [X.] ZB 123/95 - [X.], 778 f. und vom 10. Mai 2006 - [X.] ZB 267/04 - [X.], 1104; [X.] Beschluss vom 18. Mai 2004 - [X.] - FamRZ 2004, 1275, 1276). 8 2. [X.] des Antragstellers hat gegen diese be-sonderen Sorgfaltspflichten verstoßen, indem er selbst die Berufungsbegrün-dung erst am Tag des [X.] gegen 23:30 Uhr fertig gestellt und in [X.] dessen den dringend erforderlichen sofortigen Versand des Schriftsatzes an das Berufungsgericht nicht hinreichend sichergestellt hat. Weil dem [X.] dieses Verschulden seines [X.]n nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist, scheidet eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 ZPO aus. 9 a) Dabei kann dahinstehen, ob allein die sehr späte Fertigstellung der Berufungsbegründung ein Verschulden des [X.]n recht-fertigt. 10 Allerdings war die Berufungsbegründung nach dem Inhalt der anwaltlich versicherten Begründung des [X.] nach schnellstmögli-cher Durchsicht erst am letzten Tag der Frist gegen 23.30 Uhr fertig gestellt. Wie der weitere zeitliche Ablauf zeigt, wäre ihm eine rechtzeitige Übermittlung der Berufungsbegründung selbst dann nicht gelungen, wenn er unverzüglich um 23:30 Uhr mit der Versendung des Schriftsatzes an die zutreffende [X.] des Berufungsgerichts begonnen hätte. Denn der [X.] - 7 - mächtigte des Antragstellers hat den Schriftsatz - wie sich aus den aufgedruck-ten Seitenangaben ergibt - in insgesamt fünf Teilen an das Berufungsgericht übersandt. Während die erste Seite nach dem in den Akten befindlichen [X.] um 1.04 Uhr beim Berufungsgericht eintraf, ging die letzte Seite erst um 1.36 Uhr dort ein. Selbst wenn der Schriftsatz - wie vom Antragsteller [X.] - wegen fehlerhafter Umstellung von der Sommer- auf die Winterzeit eine Stunde früher beim Berufungsgericht einging, ergibt sich aus dem [X.] eine Übertragungsdauer von 0.04 Uhr bis 0.36 Uhr, also von mehr als einer hal-ben Stunde. b) Jedenfalls ist der verspätete Eingang der Berufungsbegründung beim Berufungsgericht aber auf ein eigenes Verschulden des Verfahrensbevollmäch-tigten bei der Versendung der Berufungsbegründung zurückzuführen. 12 Denn zutreffend sieht das Berufungsgericht ein Verschulden des [X.] darin, dass dieser trotz der sehr weit fortgeschrittenen Zeit nicht sogleich einschritt, als die Übertragung an die ange-gebene Telefaxnummer scheiterte. Weil der Rechtsanwalt wusste, dass die Übermittlung - wenn überhaupt - nur knapp vor Fristablauf eingehen konnte, hätte er alle Fehlermöglichkeiten in seine Überlegungen einbeziehen und [X.] auch die eingegebene Telefaxnummer sogleich erneut kontrollieren 13 - 8 - müssen. Dabei hätte er alsbald die fehlerhafte Eingabe festgestellt. Weil der [X.] die Frist zur Berufungsbegründung bewusst bis zu-letzt ausnutzte, beschweren die dadurch begründeten besonderen Sorgfaltsan-forderungen den Antragsteller nicht in unzumutbarer Weise. [X.] [X.] Bundesrichter [X.] ist
urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben. [X.] Vézina Dose Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 24.08.2005 - 74 F 661/00 - [X.] in [X.], Entscheidung vom 28.03.2006 - 2 UF 373/05 -

Meta

XII ZB 84/06

02.08.2006

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.08.2006, Az. XII ZB 84/06 (REWIS RS 2006, 2312)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 2312

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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