Bundessozialgericht, Urteil vom 14.03.2012, Az. B 14 AS 17/11 R

14. Senat | REWIS RS 2012, 8220

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Hilfebedürftigkeit - Berücksichtigung des Einkommens des Stiefelternteils zugunsten des volljährigen, nicht leiblichen Kindes ab 1.8.2006 - Verfassungsmäßigkeit


Leitsatz

1. Die Einbeziehung volljähriger Kinder in die Bedarfsgemeinschaft ihres leiblichen Elternteils und dessen Partners und die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen des Stiefelternteils bei Bestimmung der Hilfebedürftigkeit des Kindes sind verfassungsgemäß.

2. Die Bedarfsgemeinschaft zwischen einem volljährigen Kind und seinem leiblichen Elternteil setzt das Bestehen einer Familiengemeinschaft voraus, die eine Schnittstelle von Merkmalen örtlicher, materieller und immaterieller Art darstellt.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 22. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung von höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] ([X.]) - Grundsicherung für [X.]rbeitsuchende - für die [X.] vom 1.1.2007 bis zum 30.4.2007.

2

Die am [X.] geborene Klägerin und ihr am 10.1.1990 geborener [X.] sind die Kinder von [X.] Ihr leiblicher Vater lebt mit unbekanntem [X.]ufenthalt in [X.] [X.] heiratete 1998 [X.] O, die Klägerin und ihr Bruder tragen den Namen des [X.]. Die Klägerin, ihr [X.], die Eheleute sowie deren am 22.1.1995 und am [X.] geborenen gemeinsamen Kinder [X.] und [X.] wohnten im streitigen [X.]raum in einem im Eigentum der Eheleute stehenden Haus mit einer Wohnfläche von 231,58 qm, für das monatliche Wohnkosten (inklusive Heizung) in Höhe von 1120,36 [X.] anfielen.

3

Die Klägerin absolvierte ein Berufskolleg und anschließend bis zum 31.12.2006 ein [X.]raktikum. Zum [X.] zog sie zu einer Freundin, nachdem ihr Stiefvater sie aufgefordert hatte, den gemeinsamen Haushalt zu verlassen. Seit dem [X.] wohnte sie wieder im [X.], wobei nach ihrem Vortrag von diesem [X.]punkt an die Zahlung von 385 [X.] monatlich an die Eltern (185 [X.] als Kosten der Unterkunft und 200 [X.] als [X.]) vereinbart war.

4

[X.]m 5.12.2006 beantragten die Klägerin und ihr [X.], die bis dahin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] bezogen hatten, bei der Rechtsvorgängerin des Beklagten die Fortzahlung dieser Leistungen ab dem 1.1.2007. [X.] gab in diesem Zusammenhang an, sie erhalte von ihrem Ehemann monatlich 650 [X.] Haushaltsgeld und 600 [X.] für die Klägerin und R als Darlehen, da die Zahlungen des Beklagten nicht immer pünktlich gewesen seien. Sie habe im Übrigen kein eigenes Einkommen. [X.] erklärte, er habe die Klägerin und ihren Bruder bisher finanziell nicht unterstützt und werde dies auch weiterhin nicht tun.

5

[X.] bezog im streitigen [X.]raum ein monatliches Bruttoerwerbseinkommen in Höhe von 3819,36 [X.] monatlich brutto inklusive eines Gehaltsbestandteils "Besitzstand Kind" von 362,28 [X.]. [X.]uf seiner Steuerkarte waren vier Kinderfreibeträge eingetragen. Von dem Nettobetrag in Höhe von 2536,12 [X.] (nach [X.]bzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen) wurden weitere Beiträge für Vermögensbildung sowie für eine RZVK-Zusatzrente (in Höhe von 150 [X.]) und ein Firmenticket (in Höhe von 47,50 [X.]) abgezogen. Daneben zahlte der Dienstherr ihm Kindergeld in Höhe von monatlich insgesamt 641 [X.] aus, sodass der [X.]uszahlbetrag im Februar 2007 insgesamt 2939,62 [X.] betrug. Für die übrigen Monate ergaben sich teilweise geringfügig höhere Beträge. Die Klägerin und ihr Bruder waren im streitigen [X.]raum über ihren Stiefvater in der gesetzlichen Krankenversicherung familienversichert.

6

Der Beklagte lehnte die [X.]nträge der Klägerin und ihres Bruders R unter Hinweis auf die Einbeziehung in die Bedarfsgemeinschaft ihrer Mutter und deren Ehemannes ab, in der der Bedarf durch das Einkommen des [X.] gedeckt sei (Bescheid vom 23.1.2007; Widerspruchsbescheid vom 18.4.2007).

7

Im Laufe der hiergegen von der Klägerin und ihrem [X.] geführten Klageverfahren vor dem Sozialgericht ([X.]) [X.] hat der Beklagte mit angenommenem Teilanerkenntnis vom 18.12.2007 die angefochtenen Bescheide geändert und der Klägerin für die [X.] vom 1.1.2007 bis zum [X.] monatliche Leistungen nach dem [X.] in Höhe von 3 [X.] bewilligt. Im Übrigen hat das [X.] die Klagen abgewiesen (Urteil vom 18.12.2007). Das [X.] (L[X.]) hat die Berufungen der Klägerin und ihres Bruders zurückgewiesen (Urteil vom [X.]). Die Klägerin sei Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft, zu der neben ihr ihre Mutter, ihr Stiefvater und ihre (Halb)Geschwister gehörten. Sie könne ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten, da sie außer dem Kindergeld über keine eigenen Einkünfte verfüge. [X.]llerdings sei über § 9 [X.]bs 2 Satz 2 [X.] das Einkommen des [X.] zu berücksichtigen. Ohne Belang sei, ob sich im Verhältnis des [X.] zu ihr ein [X.] feststellen ließe. Die § 9 [X.]bs 2 Satz 2 [X.] zugrunde liegende Typisierung, dass für die der Bedarfsgemeinschaft angehörenden Kinder ausreichende finanzielle Mittel durch das Zusammenleben mit dem [X.]artner des Elternteils zur Verfügung stehen, treffe auf die Klägerin zu. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Klägerin - wie ihrem [X.] von ihrem Stiefvater faktisch Unterhalt gewährt worden sei. Sie habe freie Unterkunft erhalten. Der Krankenversicherungsschutz sei im Rahmen der Familienversicherung sichergestellt gewesen. [X.] habe andererseits die steuerrechtlichen Möglichkeiten durch Eintragung von [X.] genutzt und einen Gehaltsbestandteil "Besitzstand Kind" erhalten. Darüber hinaus habe die Mutter der Klägerin mit einem Großteil des den Klägern zustehenden Kindergeldes und weiteren 650 [X.] Haushaltsgeld für sämtliche Familienmitglieder gewirtschaftet und insbesondere für die Verpflegung der gesamten Familie gesorgt. [X.] habe stets betont, dass er sich für die gesamte Familie verantwortlich fühle und lediglich finanziell nicht für die Klägerin und ihren [X.] aufkommen wolle. Ein Indiz für die gelebte Gemeinsamkeit sei auch der gemeinsame Familienname, der nach außen keine Differenzierung zwischen den Kindern der "[X.]atchworkfamilie" mehr möglich mache.

8

Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin. Sie macht geltend, § 9 [X.]bs 2 Satz 2 [X.] verstoße so, wie ihn das L[X.] ausgelegt habe, gegen Verfassungsrecht. Ein Haushalt bestehe ausschließlich mit ihrer Mutter. Ihr Recht auf Sicherstellung des Existenzminimums durch den Staat aus [X.]rt 1 iVm [X.]rt 20 Grundgesetz (GG) werde verletzt. Obwohl ihr der [X.]nspruch auf Sozialleistungen mit Verweis auf das Einkommen ihres [X.] genommen werde, gebe es keine [X.]nspruchsgrundlage zur Geltendmachung von Unterhalt ihm gegenüber. Er gewähre ihr tatsächlich aber keinen Unterhalt. [X.]uch wenn er finanzielle Vorteile durch das Zusammenleben mit ihr habe, kompensierten diese Vorteile die Lasten nicht annähernd. Die gesetzgeberische [X.]nnahme einer uneingeschränkten Einstandspflicht des [X.]teils für seine Stiefkinder entspreche nicht der Lebenswirklichkeit, insbesondere wenn dieser und seine leiblichen Kinder bei einem finanziellen Einstehen für die Stiefkinder selbst auf [X.] leben müssten. Die Regelung sei unverhältnismäßig. Es sei nicht ersichtlich, weshalb das gesetzgeberische Ziel, die Besserstellung unverheirateter [X.]artner gegenüber [X.] in § 9 [X.]bs 5 [X.] alte Fassung (aF) zu beseitigen, nicht mit einer [X.]ufnahme der unverheirateten [X.]artner in § 9 [X.]bs 5 [X.] aF hätte erreicht werden können. Ihre allgemeine Handlungsfreiheit werde verletzt. Solange sie mit ihrer Mutter und dem Stiefvater in einem gemeinsamen Haushalt lebe, würden ihr staatliche Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums nicht gewährt. Überdies sei ihre Gleichbehandlung mit leiblichen Kindern unzulässig, weil ihr anders als diesen kein zivilrechtlich statuierter und durchsetzbarer Unterhaltsanspruch gegenüber ihrem Stiefvater zur Seite stehe.

9

Die Klägerin beantragt,
die Urteile des L[X.] Nordrhein-Westfalen vom 22. Juli 2010 und des Sozialgerichts [X.] vom 18. Dezember 2007 zu ändern sowie den Bescheid des Beklagten vom 23. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. [X.]pril 2007 in der Fassung durch das Teilanerkenntnis vom 18. Dezember 2007 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr für die [X.] vom 1. Januar 2007 bis zum 30. [X.]pril 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 337,89 [X.] zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Er ist der [X.]uffassung, die Klägerin sei als Volljährige anders als minderjährige Kinder in der Lage, ihren Verbleib in der Bedarfsgemeinschaft selbstständig zu bestimmen. Falls die Klägerin tatsächlich ihr Existenzminimum in der Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Stiefvater gefährdet gesehen habe, sei sie rechtlich nicht gehindert gewesen, sich eine eigene Wohnung zu suchen. Dann liege jedenfalls ein schwerwiegender [X.] Grund iS des § 22 [X.]bs 2a Satz 2 Nr 1 [X.] vor. Entscheide sie sich dennoch für einen Verbleib in der Bedarfsgemeinschaft, sei dies die Kehrseite der allgemeinen Handlungsfreiheit.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist unbegründet. Ein Anspruch auf (höhere) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] ergibt sich nicht. Zutreffend hat das [X.] entschieden, dass die Klägerin nach § 7 [X.] 3 [X.] [X.] Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft zwischen ihrer Mutter, deren Partner und den übrigen Geschwistern ist. Damit kommt zu ihren Lasten die Regelung des § 9 [X.] 2 Satz 2 [X.] zur Anwendung mit dem Ergebnis, dass ihr Bedarf - wie der Bedarf der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft - durch das Einkommen des Stiefvaters gedeckt ist (im Einzelnen unter 2). Die zur Anwendung kommenden Regelungen verstoßen weder gegen Art 1 iVm Art 20 GG (dazu unter 3) noch gegen [X.]recht im Übrigen (dazu unter 4).

1. Streitgegenstand sind allein höhere Leistungen an die Klägerin für den [X.]raum vom 1.1.2007 bis zum [X.]. Soweit der Bruder der Klägerin im Klage- und Berufungsverfahren eigene Ansprüche geltend gemacht hat, ist das Verfahren nach Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde durch den [X.] mit Beschluss vom 15.12.2010 rechtskräftig abgeschlossen. Die ursprüngliche Ablehnung der Leistungen zur Gänze hat der Beklagte mit (angenommenem) [X.] vom 18.12.2007 dahin geändert, dass er der Klägerin vom 1.1.2007 bis zum [X.] Leistungen in Höhe von monatlich 3 Euro gewährt hat. Darüber hinaus hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] den Streitgegenstand weitergehend auf die [X.] vom 1.1.2007 bis zum [X.] beschränkt, nachdem die Beteiligten zuvor einen Teilvergleich betreffend den [X.]raum vom [X.] bis zum [X.] geschlossen haben. Gegenstand des Rechtsstreits ist damit nur (noch) der Bescheid vom 23.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.4.2007. Der auf einen erneuten Antrag für [X.]räume ab dem [X.] ergangene Bescheid vom [X.], über den das [X.] mitentschieden hat, ist dagegen nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens, denn er trifft keine Regelung für den noch streitigen [X.]raum.

2. Ein Anspruch auf (höhere) Leistungen besteht für die Klägerin im streitigen [X.]raum nicht. Nach § 7 [X.] 1 Satz 1 [X.] erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben ([X.]), erwerbsfähig ([X.]) und hilfebedürftig ([X.]) sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der [X.] haben ([X.]). Die Klägerin erfüllt nach den Feststellungen des [X.] zwar die in [X.] 1 [X.], 2 und 4 genannten Voraussetzungen. Sie ist aber nicht hilfebedürftig iS des § 7 [X.] 1 [X.] iVm § 9 [X.] 1 und 2 [X.], sodass über das die Klägerin (rechtswidrig) begünstigende Anerkenntnis des Beklagten in Höhe von 3 Euro monatlich hinaus ein Anspruch nicht besteht.

a) Zur Ermittlung der Hilfebedürftigkeit hat das [X.] in einem ersten Schritt den monatlichen Bedarf der Klägerin im streitigen [X.]raum zutreffend ermittelt, indem es gemäß § 20 [X.] 2 Satz 2 [X.] in der vorliegend maßgeblichen Fassung durch das Gesetz zur Änderung des [X.] und anderer Gesetze vom [X.] ([X.]-ÄndG <[X.] 558>) für die Klägerin als "sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft" (dazu sogleich) 276 Euro als monatliche Regelleistung zu Grunde gelegt und hierzu den auf sie entfallenden Kopfteil der Unterkunftskosten (1/6 von 1120,36 Euro) addiert hat. Von diesem Gesamtbedarf in Höhe von 462,73 Euro ist in einem ersten Schritt das für sie gezahlte Kindergeld (154 Euro abzüglich einer [X.]) abzusetzen (vgl § 11 [X.] 1 Satz 4 [X.] iVm § 3 [X.] Alg II-V), sodass ein ungedeckter Bedarf in Höhe von 338,73 Euro verbleibt.

b) Den so ermittelten Bedarf kann die Klägerin zwar nicht durch eigenes Einkommen und Vermögen decken. Zutreffend hat das [X.] aber entschieden, dass die Klägerin einer Bedarfsgemeinschaft mit ihrer Mutter, ihrem Stiefvater und ihren (Halb)Geschwistern nach § 7 [X.] 3 [X.], 3 und 4 [X.] in der ab dem [X.] geltenden Fassung durch das [X.]-ÄndG angehört und deshalb das Einkommen ihres Stiefvaters nach § 9 [X.] 2 Satz 2 [X.] in der seit dem 1.8.2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom [X.] ([X.] 1706) bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen ist.

Gemäß § 7 [X.] 3 [X.] [X.] gehören zur Bedarfsgemeinschaft die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den § 7 [X.] 3 [X.] bis 3 [X.] genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen beschaffen können.

Eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 [X.] 3 [X.] und 3 [X.] besteht - insoweit von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen - zwischen den Eheleuten O, die nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.] beide im streitigen [X.]raum erwerbsfähig sind, das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und (bei gewöhnlichem Aufenthalt in der [X.]) nicht dauernd getrennt in einem Haushalt leben.

Die Klägerin gehört nach § 7 [X.] 3 [X.] [X.] als unter 25-jähriges, leibliches Kind eines der erwerbsfähigen Partner dieser Bedarfsgemeinschaft an, weil sie zum einen - wie bereits dargelegt - in Ansehung ihres eigenen Einkommens und Vermögens hilfebedürftig ist. Daneben ist entscheidend, dass sie dem Haushalt der Mutter (der gemeinsam mit deren Ehemann besteht) angehört, der sich als Schnittstelle von Merkmalen örtlicher (Familienwohnung), materieller (Vorsorge, Unterhalt) und immaterieller Art (Zuwendung, Fürsorge, Begründung eines familienähnlichen Bandes) darstellt (im Einzelnen unter 3).

c) Der zu ermittelnde monatliche Gesamtbedarf dieser Bedarfsgemeinschaft beträgt 2097,36 Euro. Neben dem Bedarf der Klägerin umfasst er den Bedarf ihrer Mutter und ihres Stiefvaters in Höhe von jeweils 497,73 Euro (Regelleistung in Höhe von 311 Euro zuzüglich Unterkunftskosten), ihres Bruders R in Höhe von 308,73 Euro, ihres älteren Halbbruders in Höhe von 239,72 Euro und ihres jüngeren Halbbruders in Höhe von 214,72 Euro. Dabei ist auch bei den minderjährigen Kindern, die ihren Bedarf nicht vollständig aus eigenem Einkommen und Vermögen decken können, das für sie gezahlte Kindergeld bereits bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen, anders als bei der volljährigen Klägerin aber keine [X.] abzusetzen (vgl zuletzt [X.] vom 16.2.2012 - [X.] AS 89/11 R - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen, Rd[X.]9 mwN).

d) Dieser Gesamtbedarf ist durch das (bereinigte) Einkommen des erwerbstätigen Partners der Bedarfsgemeinschaft, also des Stiefvaters der Klägerin, vollständig gedeckt. Auszugehen ist vom Nettoerwerbseinkommen in Höhe von 2536,12 Euro (Bruttoeinnahmen abzüglich Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen) bereinigt um die weiteren [X.]etzungen gemäß § 11 [X.] 2 [X.]. Dies sind nach den Feststellungen des [X.] die [X.] in Höhe von 30 Euro (§ 11 [X.] 2 Satz 1 [X.] [X.] iVm § 3 [X.] 1 [X.] Alg II-V), die Kosten für die Fahrkarte in Höhe von 47,50 Euro (§ 11 [X.] 2 Satz 1 [X.] 5 [X.] iVm § 3 [X.] 1 [X.]a Alg II-V) und Beiträge zur [X.] (§ 11 [X.] 2 Satz 1 [X.] [X.]). Offen bleiben kann, ob und ggf inwieweit die Beiträge zur [X.] vorliegend den in § 11 [X.] 2 Satz 1 [X.] [X.] in Bezug genommenen Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes (EStG) übersteigen. Das zu dessen Ermittlung erforderliche Jahreseinkommen des Vorjahres hat das [X.] nicht mitgeteilt. Jedenfalls verbleibt nach Abzug des [X.] nach § 30 [X.] in Höhe von 210 Euro ein zu berücksichtigendes Einkommen von 2098,62 Euro, das den Gesamtbedarf übersteigt. Der Freibetrag nach § 11 [X.] 2 Satz 2 [X.] in Höhe von 100 Euro geht dabei in den [X.]etzbeträgen nach Satz 1 [X.] bis 5 auf und ist nicht gesondert abzuziehen (vgl § 11 [X.] 2 Satz 3 [X.]).

3. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art 1 [X.] 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 [X.] 1 GG, das jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zusichert, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben unerlässlich sind (dazu [X.] <[X.]> Urteil vom [X.] - 1 BvL 1/09 ua - [X.] 125, 175 = [X.] 4-4200 § 20 [X.]2), ist durch die Einbeziehung volljähriger Kinder in die Bedarfsgemeinschaft ihres leiblichen Elternteils und dessen Partner und die Folgeregelungen des § 20 [X.] 2 Satz 2 [X.] und § 9 [X.] 2 Satz 2 [X.] nicht verletzt.

a) Der Gesetzgeber knüpft nicht an jedes Zusammenleben von einander nicht zur materiellen Unterstützung verpflichteten Personen unter einem Dach die dargestellten Rechtsfolgen, sondern lediglich an das Zusammenleben in einer Bedarfsgemeinschaft. Die Bedarfsgemeinschaft nach § 7 [X.] 3 [X.] ist im [X.] an die Rechtsprechung des [X.] zur Bedürftigkeitsprüfung im Recht der Arbeitslosenhilfe bei eheähnlichen [X.]en im Ausgangspunkt als eine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft zu verstehen, die über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht (vgl [X.] Urteil vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 - [X.] 87, 234 = [X.] 3-4100 § 137 [X.]). Im [X.] an diese Rechtsprechung schließt der Gesetzgeber bei Vorliegen bestimmter typisierter (familiär geprägter) Lebensumstände auf (typisierte) Haushaltseinsparungen und Unterstützungsleistungen innerhalb der [X.], die die Gewährung staatlicher Hilfe nicht oder nur noch in eingeschränktem Umfang gerechtfertigt erscheinen lassen. Vor dem Hintergrund der dargestellten staatlichen Verpflichtung aus Art 1 iVm Art 20 GG bedarf es indes einer besonderen Rechtfertigung, weshalb typisierend von so engen Bindungen ausgegangen werden kann, dass von den Mitgliedern dieser [X.] ein Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann. Eine entsprechende gesetzgeberische Typisierung muss in den Lebensumständen der (ansonsten ggf) hilfebedürftigen Personen im Einzelfall ihren Niederschlag finden.

aa) Nach der Rechtsprechung des [X.]s genügt bei einem minderjährigen Kind das rechtliche Band zwischen ihm und seinem leiblichen Elternteil als Grundlage für die gesetzgeberische Typisierung, die der Einbeziehung des minderjährigen Kindes in die Bedarfsgemeinschaft zwischen erwachsenen Partnern zugrunde liegt ([X.] [X.] [X.]/08 R - [X.], 76 = [X.] 4-4200 § 9 [X.]). Die gesteigerte Elternverantwortung des einen Partners gegenüber dem minderjährigen Kind (vgl § 1626 [X.] 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch ) und das Wissen des anderen Partners um diese Pflicht werden von vornherein Grundlage des Zusammenlebens der Partner und der Lebensgestaltung in der Bedarfsgemeinschaft sein. Hieran darf der Gesetzgeber die Vermutung knüpfen, das gemeinsame Wirtschaften unter diesen Voraussetzungen beeinflusse auch die tatsächlichen Lebensumstände der minderjährigen Kinder der Partner. Kommen die erwachsenen Partner der gesetzgeberischen ("typisierten") Erwartung nicht nach, für das minderjährige Kind zu sorgen, ist (nur) zu prüfen, ob die Bedarfsgemeinschaft zwischen ihnen (fort)besteht. Nur die entsprechende partnerschaftliche Bindung zwischen den Erwachsenen, nicht auch ein gesonderter "[X.]" gegenüber den minderjährigen Kindern des Partners, bedarf der Überprüfung im Einzelfall.

bb) Auch bei volljährigen Kindern kommt als gesetzgeberische Rechtfertigung für die Einbeziehung in eine Bedarfsgemeinschaft ihrer Eltern bzw eines Elternteils, an die die Rechtsfolgen des § 20 [X.] 2 Satz 2 [X.] und (seit dem 1.8.2006) des § 9 [X.] 2 Satz 2 [X.] geknüpft sind, nur das besondere [X.] in Betracht. Allerdings reicht im Hinblick auf ein [X.] bei volljährigen Kindern der Hinweis auf die elterliche Sorge nicht aus. Die entsprechenden Verpflichtungen der leiblichen Eltern entfallen im Grundsatz mit Vollendung des 18. Lebensjahres, auch wenn die engen Eltern-Kind-Beziehungen im Übrigen nicht kalendermäßig mit dem Eintritt der Volljährigkeit enden.

Für das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft eines erwachsenen Kindes im Verhältnis zu seinen (leiblichen) Eltern ist damit entscheidend die Zugehörigkeit zum Haushalt des Elternteils (vgl bereits [X.] vom 19.10.2010 - [X.] [X.]/09 R - [X.] 4-4200 § 7 [X.]3 Rd[X.]9). Das [X.] ([X.]) hat das Tatbestandsmerkmal der "Haushaltsaufnahme" von Kindern (das sich etwa in § 2 [X.] 1 Bundeskindergeldgesetz <[X.]>, in § 56 [X.] 2 Sozialgesetzbuch [X.] oder in § 48 [X.] 3 [X.] Sozialgesetzbuch Sechstes Buch findet) im Laufe der [X.] mit unterschiedlichen Formulierungen umschrieben und hat insoweit zuletzt auf das Bestehen einer Familiengemeinschaft abgestellt, die eine Schnittstelle von Merkmalen örtlicher (Familienwohnung), materieller (Vorsorge, Unterhalt) und immaterieller Art (Zuwendung, Fürsorge, Begründung eines familienähnlichen Bandes) darstellt (vgl zu § 48 SGB VI [X.] Urteil vom 31.1.2002 - B 5 RJ 34/01 R - [X.] 3-2600 § 48 [X.] mwN). Die Herstellung einer lediglich räumlichen Verbindung im Sinne einer Duldung der Anwesenheit in der Wohnung genügt dagegen nicht (vgl bereits [X.]E 29, 292, 293; [X.]E 45, 67, 69). Dieser Auslegung schließt sich der [X.] für das Recht der Grundsicherung an. Ein weitergehendes Verständnis des § 7 [X.] 3 [X.] [X.] dahin, dass jedes Zusammenwohnen erwachsener Kinder mit ihren Eltern unter einem Dach unterschiedslos ein entsprechendes Einstehen für einander zur Folge hat, kann vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des [X.] zur eheähnlichen [X.] nicht als verfassungsgemäß angesehen werden.

Dabei geht es allerdings ausschließlich um die Beschreibung der Zugehörigkeit eines volljährigen Kindes zum Haushalt des leiblichen Elternteils. Wie der [X.] bereits mehrfach entschieden hat, kommt es zur Auslegung des Begriffes "Kind" in § 7 [X.] 3 [X.] [X.] unmittelbar nicht auf die in § 32 [X.] 1, § 63 EStG bzw § 2 [X.] 1 [X.] normierte Stief- bzw Pflegeelternbeziehung an ([X.] vom [X.] [X.] - [X.] 4-4200 § 11 [X.] Rd[X.]4 und [X.] vom 27.1.2009 - [X.]/7b [X.] - [X.] 4-4200 § 21 [X.] Rd[X.]4). Ist das Kind also in den Haushalt des leiblichen Elternteils aufgenommen, gehört es der über diesen Elternteil vermittelten Bedarfsgemeinschaft zwischen den Partnern an, ohne dass es einer weitergehenden Prüfung der familienhaften Beziehungen zwischen Kind und Stiefelternteil bedarf. Ein zusätzlicher [X.] seitens des Stiefelternteils ist auch bei erwachsenen [X.]n nicht zu fordern (vgl zum minderjährigen Kind bereits [X.] [X.] [X.]/08 R - [X.], 76 = [X.] 4-4200 § 9 [X.] Rd[X.]0).

Mit dieser Auslegung des Begriffs "dem Haushalt angehörenden" Kinder werden nur solche (auch faktische) [X.] erfasst, in denen einerseits die Bindungen zwischen Elternteil und Partner so eng sind, dass von ihnen ein gegenseitiges - auch wirtschaftliches - Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann ([X.] [X.] [X.]/08 R - [X.], 76 = [X.] 4-4200 § 9 [X.] Rd[X.]6) und in denen andererseits zumindest zwischen leiblichem Elternteil und erwachsenem Kind über das bloße Zusammenleben hinaus eine weitergehende Familienbeziehung erkennbar wird. Dies ist notwendig, aber auch ausreichend für die gesetzgeberische Annahme, dass das Existenzminimum in solchen [X.]en auch durch das Einkommen und Vermögen des Stiefelternteils gesichert ist.

cc) Ist die Haushaltsaufnahme einmal erfolgt, kann sie vom Elternteil oder vom volljährigen Kind durch willentliches Verhalten dadurch beendet werden, das die Voraussetzungen mindestens eines der drei genannten Kriterien für die Begründung der Haushaltsaufnahme dauerhaft nicht mehr erfüllt wird (vgl erneut zu § 48 SGB VI [X.] Urteil vom 30.8.2001 - [X.] RA 109/00 R - [X.] 3-2600 § 48 [X.]). Auch bei einem Zusammenleben unter einem Dach (nicht notwendigerweise in getrennten Wohnungen) kann bei erwachsenen Kindern damit von getrennten Haushalten und also zwei Bedarfsgemeinschaften auszugehen sein.

Dies macht der vorliegende Fall anschaulich, denn die Konflikte haben hier zumindest vorübergehend zu einer Auflösung des gemeinsamen Haushalts und damit der Bedarfsgemeinschaft geführt. Zutreffend geht der Beklagte davon aus, dass die mit dem [X.]-ÄndG zum [X.] bzw [X.] eingeführten, einschränkenden Regelungen des § 22 [X.] 2a [X.] (nunmehr § 22 [X.] 5 [X.]) und des § 20 [X.] 2a [X.] (nunmehr § 20 [X.] 3 [X.]) vorliegend für die [X.] ab dem [X.] keine Anwendung finden konnten. Ein Konflikt zwischen den Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft, der in der (ernstlichen) Weigerung einer materiellen und/oder immateriellen Unterstützung der Eltern für ihre erwachsenen Kinder mündet, berechtigt (volljährige) Kinder und Eltern zur grundsicherungsrechtlich folgenlosen Auflösung des gemeinsamen Haushalts. Nur eine entsprechend enge Auslegung des § 22 [X.] 2a [X.] wahrt die von [X.] wegen zu schützenden Belange der Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft.

b) Die Prüfung des Tatbestandsmerkmals der Zugehörigkeit zum Haushalt ergibt auf Grundlage der Feststellungen des [X.] vorliegend, dass die Klägerin im streitigen [X.]raum in den Haushalt ihrer Mutter aufgenommen war. Diese Feststellungen des [X.] hat die Klägerin im Revisionsverfahren nicht mit zulässigen [X.] angegriffen.

Das Bestehen einer gemeinsamen Familienwohnung ist von der Klägerin eingeräumt. Die Mutter leistete auch materielle Unterstützung. Sie hat als Miteigentümerin des Hauses gemeinsam mit [X.] der Klägerin dort eine kostenfreie Unterkunft eingeräumt. Sie sorgte mit dem Haushaltsgeld in Höhe von 650 Euro im Einverständnis mit ihrem Partner für die Mahlzeiten der Klägerin. Vorliegend hat im Übrigen auch der Stiefvater einen nicht unerheblichen Teil an materieller Unterstützung durch die Vermittlung eines Krankenversicherungsschutzes geleistet. Soweit er nunmehr vorträgt, die Klägerin (entgegen der Voraussetzung in § 10 [X.] 4 [X.]) tatsächlich nicht überwiegend unterhalten zu haben, ist dies für die vorliegende Entscheidung im Ergebnis ohne Belang. Für die Leistungsgewährung nach dem [X.] ist (wie auch für die Haushaltsaufnahme im Sinne der zitierten Rechtsprechung) unerheblich, ob und wie Unterhaltsansprüche nach bürgerlichem Recht gegen ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft bestehen und ggf realisiert werden. Folglich können gesetzgeberische Typisierungen im [X.] nicht an das Bestehen von Unterhaltspflichten geknüpft werden (vgl [X.] vom 19.10.2010 - [X.] [X.]/09 R - [X.] 4-4200 § 7 [X.]3 Rd[X.]6). Deshalb ist aber auch unerheblich, ob die Klägerin im vorliegenden Fall ihrer Mutter gegenüber Unterhaltspflichten geltend machen könnte und dass solche Verpflichtungen dem Stiefvater gegenüber (unmittelbar) nicht bestehen.

Auch die immaterielle Zuwendung im Sinne eines familienhaften Bandes hat nach den Feststellungen des [X.] zwischen der Klägerin und der Mutter über den Eintritt der Volljährigkeit hinaus bestanden. [X.] ist insoweit an das bis zum Eintritt der Volljährigkeit bestehende Betreuungs- und Erziehungsverhältnis des leiblichen Elternteils zum Kind, das mit zunehmendem Alter des Kindes abnimmt. Bei gemeinschaftlichem Zusammenleben unter einem Dach nach Eintritt der Volljährigkeit wird gleichwohl eine enge familiäre Verbundenheit mit der entsprechenden elterlichen Zuwendung (etwa eine Unterstützung bei Entscheidungen hinsichtlich der Berufswahl, im Umgang mit Behörden etc) eine gewisse [X.] lang über den Eintritt der Volljährigkeit fortbestehen. Die der Altersgrenze des § 7 [X.] 3 [X.] [X.] zugrunde liegende gesetzgeberische Typisierung, dies könne bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres regelhaft angenommen werden, hat der [X.] nicht beanstandet (vgl bereits [X.] vom 19.10.2010 - [X.] [X.]/09 R - [X.] 4-4200 § 7 [X.]3). Die Überprüfung im Einzelfall ergibt nach den Feststellungen des [X.] auch vorliegend, dass die Klägerin im streitigen [X.]raum nicht lediglich im Haus der (Stief)Eltern geduldet, sondern in den Familienverband eingebunden war. Vorliegend ist nach den Feststellungen des [X.] eine Verantwortlichkeit nicht nur der Mutter, sondern auch des Stiefvaters für alle Kinder erkennbar geworden. Lediglich der Wille des Stiefvaters, für die Klägerin (und ihren minderjährigen Bruder) uneingeschränkt materiell sorgen zu wollen, ist bestritten worden, was allein das immaterielle Band zwischen der Klägerin und ihrer Mutter nicht entfallen lässt. Erst mit dem Auszug der Klägerin zum [X.] sind Konflikte mit dem Stiefvater offenbar geworden, die typischerweise auch das Verhältnis zwischen leiblichem Elternteil und Kind nicht unbeeinträchtigt lassen. Im streitigen [X.]raum sind dagegen keine solchen Anhaltspunkte erkennbar geworden, die die entsprechende Verbundenheit zwischen der Klägerin und ihrer Mutter haben entfallen lassen.

4. Die Erweiterung der Bedarfsgemeinschaft um erwachsene Kinder bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres mit der gesetzlichen Folge des § 20 [X.] 2 Satz 2 [X.] (auf 80 vom Hundert abgesenkter Regelbedarf trotz Volljährigkeit) einerseits und die Einbeziehung auch des Einkommens und Vermögens von (echten oder faktischen) Stiefelternteilen in die [X.] bei solchen Bedarfsgemeinschaften nach § 9 [X.] 2 Satz 2 [X.] andererseits erweisen sich auch im Übrigen als verfassungsgemäß. Die allgemeine Handlungsfreiheit der Klägerin (Art 2 [X.] 1 GG), der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 [X.] 1 GG und der Schutz von Ehe und Familie (Art 6 [X.] 1 GG) sind nicht verletzt. Im [X.] ergibt sich kein Unterschied zu den entsprechenden Konstellationen beim minderjährigen Kind (dazu [X.] [X.] [X.]/08 R - [X.], 76 = [X.] 4-4200 § 9 [X.]) und der Bedarfsgemeinschaft von volljährigen Kindern allein mit ihren leiblichen Eltern (dazu [X.] vom 19.10.2010 - [X.] [X.]/09 R - [X.] 4-4200 § 7 [X.]3).

a) Die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art 2 [X.] 1 GG ist durch § 7 [X.] 3 [X.] iVm § 9 [X.] 2 Satz 2 [X.] nicht verletzt (dazu bereits [X.] [X.] [X.]/08 R - [X.], 76 = [X.] 4-4200 § 9 [X.] Rd[X.]8 ff). Zwar beeinflusst der über § 7 [X.] 3 [X.] iVm § 9 [X.] 2 Satz 2 [X.] (mittelbar) ausgeübte finanzielle Druck die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in ihrer gemeinsamen Lebensgestaltung, wobei von der Rechtsordnung Konflikte innerhalb der Bedarfsgemeinschaft in Kauf genommen werden. Diese Beeinträchtigungen der Handlungsfreiheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft durch § 9 [X.] 2 Satz 2 [X.] erweist sich aber vor Hintergrund des mit der Gewährung von Fürsorgeleistungen in sachlichem Zusammenhang stehenden Zwecks, Personen von der Gewährung staatlicher Hilfen zur Sicherung des Existenzminimums auszuschließen, die dieser Hilfe nicht bedürfen, als verhältnismäßig. Mit der Ausgestaltung der Bedarfsgemeinschaft zwischen erwachsenen Partnern in § 7 [X.] 3 [X.] [X.] zum einen und der Anknüpfung das Tatbestandsmerkmals der Haushaltsaufnahme in § 7 [X.] 3 [X.] [X.] zum anderen, führt nicht jede Wohn- und Lebensgemeinschaft zu einer Bedarfsgemeinschaft. Wie bereits dargelegt, ist vor allem § 22 [X.] 2a Satz 2 [X.] [X.] aF (und damit auch § 20 [X.] 2a [X.] aF) dahin auszulegen, dass die ernstliche Weigerung der Verteilung der Mittel durch die Eltern bzw den Elternteil einen schwerwiegenden Konflikt im Sinne dieser Vorschrift darstellt, der zur grundsicherungsrechtlich folgenlosen Auflösung des gemeinsamen Haushalts berechtigt. Macht die junge Erwachsene - wie vorliegend - von diesem Entscheidungsrecht keinen Gebrauch, verknüpft der Gesetzgeber damit zulässig die Vermutung, sie könne ihren Hilfebedarf ganz oder teilweise durch innerhalb der Bedarfsgemeinschaft vorhandenes Einkommen oder Vermögen decken.

Die wirtschaftlichen Folgen der Einbeziehung nach § 9 [X.] 2 Satz 2 [X.] für die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft werden durch die Regelungen über die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen ausreichend abgemildert, was der [X.] bereits im Einzelnen ausgeführt hat (vgl [X.] [X.] [X.]/08 R - [X.], 76 = [X.] 4-4200 § 9 [X.] Rd[X.]2 f). Die weitergehenden, im EStG normierten Vorteile für miteinander verheiratete Partner, die wie § 7 [X.] 3 [X.] an die Erwartung der finanziellen Unterstützung des [X.] anknüpfen, hat der Stiefvater für sich in Anspruch genommen. Für die Annahme einer besonderen finanziellen Härte (vgl [X.] [X.] [X.]/08 R, aaO Rd[X.]4) gibt auch der vorliegende Sachverhalt keine Anhaltspunkte.

b) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 [X.] 1 GG ist nicht verletzt. Auch insoweit ist auf die Ausführungen des [X.]s zur Bedarfsgemeinschaft mit minderjährigen Kindern (Urteil vom 13.11.2008 - [X.] [X.]/08 R - [X.], 76 = [X.] 4-4200 § 9 [X.] Rd[X.]5 ff) sowie zu Bedarfsgemeinschaften zwischen alleinstehenden Elternteilen mit volljährigen Kindern ([X.] vom 19.10.2010 - [X.] [X.]/09 R - [X.] 4-4200 § 7 [X.]3 Rd[X.]8 ff) zu verweisen. Die Bedarfsgemeinschaft erweist sich nach der vom [X.] vorgenommenen Auslegung des § 7 [X.] 3 [X.], 3 und 4 [X.] als ein familienähnliches Band, das über die in § 9 [X.] 5 [X.] geforderte [X.] hinausgeht (zum Begriff [X.] vom 19.2.2009 - [X.] [X.]/07 R - [X.], 258 ff = [X.] 4-4225 § 1 [X.] Rd[X.]3; Urteil vom 27.1.2009 - [X.] [X.]/08 R - [X.] 4-4200 § 9 [X.] 6 Rd[X.]5; Urteil vom [X.] - [X.] AS 32/08 R - [X.] 4-4200 § 9 [X.] 9 Rd[X.]1). Indem § 7 [X.] 3 [X.] [X.] - ausgedrückt in dem Merkmal der auch immateriellen Unterstützung - typisierend das Erfordernis einer [X.]familienbindung zwischen Kind und Elternteil aufstellt, ist der im Verhältnis zu § 9 [X.] 5 [X.] erfasste Personenkreis enger. Dies rechtfertigt die Ungleichbehandlung gegenüber den [X.]en des § 9 [X.] 5 [X.].

c) Art 6 [X.] 1 GG stellt die Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Als Freiheitsrecht verpflichtet Art 6 [X.] 1 GG den Staat, Eingriffe in die Familie zu unterlassen. Es berechtigt die Familienmitglieder, ihre [X.] nach innen in familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht frei zu gestalten ([X.] Beschluss vom 18.4.1989 - 2 BvR 1169/84 - [X.] 80, 81, 92). Der Schutz erfasst auch die häusliche [X.] zwischen Kindern und ihren Stiefeltern.

§ 7 [X.] 3 [X.] iVm § 9 [X.] 2 Satz 2 [X.] verletzt Art 6 [X.] 1 GG nicht, weil er nicht imperativ anordnet, dass der Stiefelternteil einen bestimmten Teil seines Einkommens an das Stiefkind weiterleiten muss, sondern - wie dargestellt - den Beteiligten gerade nicht vorgibt, wie die zur Deckung des Existenzminimums notwendigen Gelder verteilt werden. Erfährt das volljährige Kind durch seinen Elternteil (und damit mittelbar durch den Stiefelternteil) überhaupt keine finanzielle Unterstützung, werden die Voraussetzungen des § 7 [X.] 3 [X.] [X.] nicht vorliegen, sodass auch § 9 [X.] 2 Satz 2 [X.] keine Anwendung findet. Gehört das volljährige Kind dem Haushalt an, wird es also (auch) in materieller Hinsicht unterstützt, spiegelt § 9 [X.] 2 Satz 2 [X.] nur die tatsächliche Lebenssituation wieder. In solchen Bedarfsgemeinschaften, die auf einer Eheschließung der Partner beruhen, räumt der Gesetzgeber vor dem Hintergrund des Art 6 [X.] 1 GG weitgehende Möglichkeiten des Ausgleichs der finanziellen Lasten für die Unterstützung der Kinder ein. Dem entsprechend hat der Stiefvater sich nach § 32 [X.] 6 Satz 10 EStG den steuerlichen Kinderfreibetrag übertragen lassen. Zudem stammt ein Teil der Einkünfte des Stiefvaters aus einem Gehaltsbestandteil "Besitzstand Kind". [X.] partizipieren schließlich faktisch an dem Anspruch auf Familienunterhalt, der ihrem Elternteil in rechtlich gesicherter Form aus §§ 1360, 1360a BGB gegen den anderen Partner zusteht (vgl [X.] Beschluss vom 10.12.2004 - 1 BvR 2320/98 - [X.] 4-3800 § 1 [X.] 6 Rd[X.]4).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.

Meta

B 14 AS 17/11 R

14.03.2012

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Köln, 18. Dezember 2007, Az: S 24 AS 40/07, Urteil

§ 7 Abs 3 Nr 2 SGB 2 vom 20.07.2006, § 7 Abs 3 Nr 4 SGB 2 vom 20.07.2006, § 9 Abs 2 S 2 SGB 2 vom 20.07.2006, § 22 Abs 2a SGB 2 vom 20.07.2006, Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 GG, Art 20 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 14.03.2012, Az. B 14 AS 17/11 R (REWIS RS 2012, 8220)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8220

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 4 AS 67/11 R (Bundessozialgericht)

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Hilfebedürftigkeit - Berücksichtigung des Einkommens des Stiefelternteils zugunsten der nicht leiblichen …


B 14 AS 45/11 R (Bundessozialgericht)

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Zugehörigkeit eines volljährigen Stiefkindes zur Bedarfsgemeinschaft - Hilfebedürftigkeit - Berücksichtigung des …


B 4 AS 5/09 R (Bundessozialgericht)

(Grundsicherung für Arbeitsuchende - Zuschuss statt Darlehen nach § 9 Abs 4 SGB 2 - …


B 14 AS 54/13 R (Bundessozialgericht)

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Zusammensetzung der Bedarfsgemeinschaft bei einem Drei-Generationen-Haushalt - Höhe der Regelleistung - …


B 14 AS 14/17 R (Bundessozialgericht)

Arbeitslosengeld II - Unterkunft und Heizung - Zusammenleben eines Elternteils mit einem unter 25-jährigen Kind …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 BvL 1/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.