Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.12.2021, Az. 2 B 43/21

2. Senat | REWIS RS 2021, 362

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Gegenstand

Bemessung der Disziplinarmaßnahme; fehlende Ergebnisrelevanz eines Mangels des behördlichen Disziplinarverfahrens


Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] für das [X.] vom 28. Juli 2021 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

[X.]ie auf die grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache sowie auf einen Verfahrensmangel gestützte [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 67 Satz 1 [X.] NRW und § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 Vw[X.]O) ist zulässig, aber nicht begründet.

2

1. [X.]er 1960 geborene [X.]eklagte stand als [X.] im [X.]ienst des klagenden [X.]; mit Ablauf des Januar 2015 trat der [X.]eklagte in den Ruhestand. Ursprünglich war der [X.]eklagte in der Versorgungsverwaltung des [X.] beschäftigt. [X.]ort war der [X.]eklagte unter anderem mit der [X.]urchführung des Feststellungsverfahrens nach dem Schwerbehindertenrecht, mit der [X.]earbeitung von Änderungsanträgen sowie mit der Ausstellung und Verlängerung von [X.] befasst. Aufgrund der Übertragung der Aufgaben der [X.] auf die [X.] wurde der [X.]eklagte am 1. Januar 2008 als [X.] in den [X.]ienst des [X.] übernommen. Auch nach diesem Wechsel war der [X.]eklagte mit Aufgaben aus dem [X.]ereich des Schwerbehindertenrechts befasst, die im Wesentlichen seinen früheren Aufgaben beim [X.] entsprachen. Anfang April 2001 beantragte der [X.]eklagte erfolglos die Anerkennung als Schwerbehinderter wegen eines Wirbelsäulenleidens. [X.] stellte das [X.] auf einen weiteren Antrag des [X.]eklagten wegen Verschlimmerung des Rückenleidens einen [X.]rad der [X.]ehinderung von 20 fest. Im April 2008 wurde wegen einer psychosomatischen Erkrankung und einer Funktionseinschränkung der rechten Schulter der [X.]rad der [X.]ehinderung auf 30 erhöht. Zwei im September 2009 und März 2010 gestellte weitere Anträge auf Erhöhung des [X.]rades der [X.]ehinderung wurden abgelehnt. Mit [X.]escheid vom 16. August 2010 wurde dem [X.]eklagten unbefristet ab dem 15. Juni 2010 ein [X.]rad der [X.]ehinderung von 50 zuerkannt, wobei der seelischen Störung ein [X.]rad der [X.]ehinderung von 40 zugeordnet wurde. [X.]er [X.]eklagte erhielt einen entsprechenden Schwerbehindertenausweis ohne Merkzeichen.

3

Mitte Mai 2013 ging bei der [X.] ein Schreiben der [X.] ein, dem ein Anfang Mai aufgefundener Schwerbehindertenausweis auf den Namen des [X.]eklagten nebst [X.]eiblatt unter einem nicht existierenden [X.]eschäftszeichen beigefügt war. [X.] waren hierin ein [X.]rad der [X.]ehinderung von 70 und die Merkzeichen "[X.]" und "[X.]". [X.]as [X.]eiblatt für die unentgeltliche [X.]eförderung im öffentlichen Personennahverkehr, auf dem maschinenschriftlich der Name des [X.]eklagten und das Aktenzeichen aufgedruckt sind, war von Januar bis [X.]ezember 2013 gültig. [X.]er auf einem von der [X.]undesdruckerei für die [X.] gedruckten Ausweisformular hergestellte Ausweis war mit [X.]" unterzeichnet und mit einem Stempel eines früher bestehenden [X.]s gesiegelt. Anlässlich einer [X.]urchsuchung am Arbeitsplatz des [X.]eklagten wurde festgestellt, dass der [X.]eklagte im [X.]esitz eines weiteren Schwerbehindertenausweises vom 6. Oktober 2008 war, in dem ein [X.]rad der [X.]ehinderung von 80 festgestellt ist und die Merkzeichen "[X.]" und "[X.]" bescheinigt sind.

4

Im Hinblick hierauf leitete der Kläger im August 2013 gegen den [X.]eklagten ein [X.]isziplinarverfahren ein. Anfang April 2014 wurde das [X.]isziplinarverfahren auf den Vorwurf ausgedehnt, entgegen einer [X.]ienstvereinbarung Anträge von nahestehenden Personen bearbeitet sowie entgegen der bestehenden Weisungslage mehrfach ohne Angabe von [X.]ründen den [X.]rad der [X.]ehinderung unter Streichung des versorgungsmedizinischen Vorschlags heraufgesetzt zu haben. Im Juli 2014 dehnte der Kläger das [X.]isziplinarverfahren auf 36 weitere verdächtige Fälle der Abänderung des [X.]rades der [X.]ehinderung und von Nachuntersuchungsfristen im Rahmen der Sachbearbeitung durch den [X.]eklagten aus. [X.]ie Staatsanwaltschaft erhob Anklage wegen Falschbeurkundung im Amt in vier Fällen und wegen Urkundenunterdrückung. In der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht wurde das Verfahren hinsichtlich zweier Tatvorwürfe der Falschbeurkundung auf Antrag der Staatsanwaltschaft nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. [X.]as Amtsgericht verurteilte den [X.]eklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen Falschbeurkundung im Amt sowie wegen Urkundenunterdrückung zu einer [X.]esamtfreiheitsstrafe von acht Monaten, deren Vollstreckung zur [X.]ewährung ausgesetzt wurde. Im Verfahren vor dem [X.] wurde das Verfahren hinsichtlich der Urkundenunterdrückung auf Antrag der Staatsanwaltschaft gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Wegen Falschbeurkundung im Amt wurde der [X.]eklagte rechtskräftig zu einer [X.]eldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 45 € verurteilt.

5

[X.]egenstand der mit dem Ziel der Aberkennung des Ruhegehalts erhobenen [X.] vom Juni 2018 ist der Vorwurf, der [X.]eklagte habe durch die zweimalige Ausstellung gefälschter Schwerbehindertenausweise im Eigeninteresse Straftaten gemäß § 348 St[X.][X.] begangen (Vorwurf 1). Zudem habe er durch eigenmächtige Abänderung von Nachuntersuchungsfristen, [X.]raden der [X.]ehinderung und zuzuerkennender Merkzeichen in insgesamt 26 Fällen gegen die Pflicht zur Uneigennützigkeit sowie gegen die [X.] verstoßen (Vorwürfe 2 und 3). In der mündlichen Verhandlung hat das Verwaltungsgericht die in der Klageschrift vorgeworfenen Taten zu 2 und 3 aus dem [X.]isziplinarverfahren ausgeschieden. Im Urteil hat es dem [X.]eklagten das Ruhegehalt aberkannt. [X.]as Oberverwaltungsgericht hat die [X.]erufung des [X.]eklagten zurückgewiesen und zur [X.]egründung im Wesentlichen ausgeführt:

6

[X.]as behördliche [X.]isziplinarverfahren weise keine wesentlichen Fehler auf, die es geboten erscheinen ließen, dem klagenden [X.]ienstherrn eine Frist zu deren [X.]ehebung zu setzen. [X.]ie Vorschriften über die [X.]eteiligung der Schwerbehindertenvertretung sowie der [X.]eteiligung des Personalrats vor Erhebung der [X.] seien hier nicht anwendbar, weil sich der [X.]eklagte bei Erhebung der Klage bereits im Ruhestand befunden habe. [X.]er [X.]eklagte habe in zwei Fällen als Amtsträger, der zur Aufnahme öffentlicher Urkunden befugt sei, rechtlich erhebliche Tatsachen falsch beurkundet. [X.]as innerdienstliche [X.]ienstvergehen des [X.]eklagten führe nach einer [X.]esamtwürdigung sämtlicher zu berücksichtigender [X.]esichtspunkte zur Aberkennung des Ruhegehalts.

7

2. [X.]ie Rechtssache hat nicht die grundsätzliche [X.]edeutung, die ihr der [X.]eklagte beimisst.

8

[X.]rundsätzliche [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 Vw[X.]O) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom [X.]eschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des [X.] erheblich sein wird (stRspr, [X.]Verw[X.], [X.]eschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 [X.] 78.61 - [X.]Verw[X.]E 13, 90 <91 f.>). [X.]as ist hier nicht der Fall.

9

a) [X.]er [X.]eklagte sieht die grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache zunächst in der Frage,

"ob eine vom Strafgericht als Falschbeurkundung im Amt lediglich mit einer unterdurchschnittlichen [X.]eldstrafe geahndete Tat die grundsätzliche Zuordnung zu einer bestimmten [X.]isziplinarmaßnahme wegen des in der Strafvorschrift vorgesehenen und vom Strafgericht auszufüllenden Strafrahmens rechtfertigt".

[X.]iese Frage vermag die grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache nicht zu begründen, weil sie in der Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts bereits im Sinne der Vorgehensweise des [X.]erufungsgerichts geklärt ist.

Nach § 13 Abs. 2 [X.] NRW ist die Entscheidung über die [X.]isziplinarmaßnahme insbesondere nach der Schwere des [X.]ienstvergehens und unter angemessener [X.]erücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des [X.]eamten sowie des Umfangs der [X.]eeinträchtigung des Vertrauens des [X.]ienstherrn oder der Allgemeinheit zu treffen. [X.]ie Schwere des [X.]ienstvergehens ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes [X.]emessungskriterium für die [X.]estimmung der erforderlichen [X.]isziplinarmaßnahme ([X.]Verw[X.], Urteil vom 29. Oktober 2013 - 1 [X.] 1.12 - [X.]Verw[X.]E 148, 192 Rn. 39 f.). [X.]ies beruht auf dem Schuldprinzip und dem [X.]rundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im [X.]isziplinarverfahren Anwendung finden ([X.]Verf[X.], [X.] vom 8. [X.]ezember 2004 - 2 [X.]vR 52/02 - [X.]Verf[X.]K 4, 243 <257>). [X.]ie gegen den [X.]eamten ausgesprochene [X.]isziplinarmaßnahme muss unter [X.]erücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des [X.]ienstvergehens und zum Verschulden des [X.]eamten stehen ([X.]Verw[X.], Urteile vom 20. Oktober 2005 - 2 C 12.04 - [X.]Verw[X.]E 124, 252 <258 f.>, vom 10. [X.]ezember 2015 - 2 C 6.14 - [X.]Verw[X.]E 154, 10 Rn. 12 und vom 16. Juni 2020 - 2 C 12.19 - [X.]Verw[X.]E 168, 254 Rn. 19).

Als Orientierung für die Schwere des [X.]ienstvergehens dient der zum Tatzeitpunkt geltende Strafrahmen. Mit der gesetzlichen Strafandrohung hat der [X.]esetzgeber seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens eines [X.]eamten verbindlich zum Ausdruck gebracht. [X.]iese grundsätzliche Ausrichtung am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarrechtliche Ahndung der [X.]ienstvergehen und verhindert, dass die [X.]isziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des [X.]ehalts eines [X.]ienstvergehens an die Stelle der [X.]ewertung des [X.]esetzgebers setzen. Maßgeblich ist damit die Einschätzung des demokratisch legitimierten [X.]esetzgebers, nicht die Vorstellung des jeweiligen [X.]isziplinargerichts ([X.]Verw[X.], Urteil vom 16. Juni 2020 - 2 C 12.19 - [X.]Verw[X.]E 168, 254 Rn. 21).

§ 348 Abs. 1 St[X.][X.] sieht bei einer von einem Amtsträger (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 a St[X.][X.]) begangenen Falschbeurkundung im Amt eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor. [X.]ementsprechend ist der Orientierungsrahmen bis hin zur [X.] eröffnet. [X.]er konkret vom Strafgericht ausgesprochenen strafrechtlichen Sanktion kommt für die [X.]emessung der [X.]isziplinarmaßnahme dagegen keine [X.]edeutung zu ([X.]Verw[X.], Urteile vom 24. Oktober 2019 - 2 C 3.18 - [X.]Verw[X.]E 166, 389 Rn. 34 und vom 16. Juni 2020 - 2 C 12.19 - [X.]Verw[X.]E 168, 254 Rn. 40 sowie [X.]eschlüsse vom 27. [X.]ezember 2017 - 2 [X.] 18.17 - NVwZ-RR 2018, 439 Rn. 9 und vom 12. August 2021 - 2 VR 6.21 - Rn. 17).

b) Auch die weitere Frage,

"ob die Tatbestandsverwirklichung als Ausgangspunkt für weitere Erwägungen nach der Maßgabe des § 13 Abs. 2 und 3 [X.] NRW für die Zukunft für sich alleine schon die Annahme zu rechtfertigen vermag, dass einzig die Aberkennung des Ruhegehaltes als schwerste [X.]isziplinarmaßnahme geeignet und angemessen ist, um das Vergehen des [X.]eamten zu ahnden",

führt nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 Vw[X.]O.

[X.]ie Frage ist in sich widersprüchlich. Einerseits stellt sie auf einen "Ausgangspunkt" ab, d.h. sie impliziert weitere Zumessungserwägungen, die auch zu einer anderen [X.]ewertung führen können, andererseits spricht sie davon, dass die Verwirklichung des Tatbestands einer Strafrechtsnorm zwangsläufig zu einer bestimmten [X.]isziplinarmaßnahme - hier die [X.] - führe.

Zudem wird die Fragestellung den [X.]rundlagen der [X.]emessung der konkreten [X.]isziplinarmaßnahme nicht gerecht. Ausgehend von dem am Strafrahmen ausgerichteten Orientierungsrahmen sind bei der [X.]emessung der konkreten [X.]isziplinarmaßnahme sämtliche be- und entlastenden Umstände ungeachtet der konkreten strafrechtlichen Sanktion zu würdigen.

c) Ebenso ist die Frage,

"ob bei fehlender deliktsbezogener Zuordnung zu einer bestimmten [X.]isziplinarmaßnahme und strafgerichtlicher Verurteilung weit unterhalb des Strafrahmens dennoch von dem in der Strafvorschrift vorgesehenen Strafrahmen auszugehen ist",

keine im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 Vw[X.]O. Sie ist in der Rechtsprechung des [X.]s bereits geklärt.

[X.]er Strafrahmen der Strafrechtsnormen ist nur für die Festlegung des Orientierungsrahmens relevant, der seinerseits für die [X.]estimmung des generellen Ausgangspunkts der [X.]emessungsentscheidung nach § 13 [X.] NRW von [X.]edeutung ist. [X.]ie konkrete strafrechtliche Sanktion ist für die dem [X.]ienstgericht obliegende [X.]emessung der Maßnahme wegen der unterschiedlichen Zweckrichtung von Strafrecht und [X.]isziplinarrecht nicht von [X.]edeutung. [X.]avon zu trennen ist die Entscheidung des [X.]esetzgebers in § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]eamtSt[X.]. [X.]er [X.]esetzgeber hat hier Tatbestände bestimmt, bei denen der [X.]eamte als schlechthin untragbar für den öffentlichen [X.]ienst kraft [X.]esetzes seine [X.]eamtenrechte verliert, ohne dass es dazu einer nochmaligen individuellen Prüfung in einem Entlassungs- oder [X.]isziplinarverfahren bedarf ([X.]Verw[X.], Urteil vom 28. Mai 1998 - 2 C 3.98 - [X.]Verw[X.]E 107, 34 <36 f.>).

d) Schließlich begründet auch die Frage,

"ob es tatsächlich auf die Nutzung oder die Möglichkeit der Nutzung der hergestellten Urkunden bzw. deren wirtschaftlichen Wert ankommt",

nicht die grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache. Sie betrifft die wirtschaftliche Nutzbarkeit der vom [X.]eklagten erstellten Ausweise und damit einen Einzelaspekt der [X.]emessungsentscheidung im konkreten Einzelfall. [X.]ie Würdigung der konkreten be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls ist aber einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich. Soweit in der [X.]eschwerdebegründung der [X.]egriff der Regeleinstufung verwendet wird, ist darauf zu verweisen, dass der [X.] diese Kategorie aufgegeben hat ([X.]Verw[X.], Urteil vom 10. [X.]ezember 2015 - 2 C 6.14 - [X.]Verw[X.]E 154, 10 Rn. 19).

3. [X.]ie Revision ist auch nicht wegen des geltend gemachten [X.] zuzulassen.

Unklar ist zunächst der Verweis in der [X.]eschwerdebegründung auf § 67 Satz 1 [X.] NRW als diejenige Verfahrensnorm, die das [X.]erufungsgericht verletzt haben soll. [X.]enn diese Vorschrift regelt die [X.] der Revision gegen ein auf der [X.]rundlage des [X.]isziplinargesetzes für das [X.] gefällten Urteils des [X.]. [X.]en weiteren Ausführungen unter [X.] der [X.]eschwerdebegründung entnimmt der [X.] aber zu [X.]unsten des [X.]eklagten das Vorbringen, das [X.]erufungsgericht habe §§ 54 und 65 [X.] NRW verletzt.

[X.]er [X.]egriff des [X.] im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 Vw[X.]O erfasst Verstöße des [X.]erichts gegen verwaltungsprozessrechtliche Vorschriften und Rechtsgrundsätze, die den äußeren Ablauf des gerichtlichen Verfahrens, d.h. den Weg zur abschließenden Sachentscheidung und die Art und Weise ihres Erlasses, betreffen (stRspr; vgl. nur [X.]Verw[X.], [X.]eschlüsse vom 27. Juni 1994 - 6 [X.] 17.94 - [X.]uchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 Vw[X.]O Nr. 3 und vom 2. November 1995 - 9 [X.] 710.94 - [X.]uchholz 310 § 108 Vw[X.]O Nr. 266 S. 18 f.). Ein davon prinzipiell zu unterscheidender Mangel des behördlichen [X.]isziplinarverfahrens oder der Klageschrift zieht einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 Vw[X.]O nach sich, wenn das Verwaltungsgericht die sich aus § 54 [X.] NRW ergebende Verpflichtung verletzt hat, auf die [X.]eseitigung eines solchen Mangels durch den [X.]ienstherrn hinzuwirken. [X.]iese Verpflichtung gilt gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 [X.] NRW auch für das [X.]erufungsgericht. Im Hinblick auf das behördliche [X.]isziplinarverfahren und die Klageschrift kann Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 Vw[X.]O nur der Verstoß gegen §§ 54 und 65 [X.] NRW sein, nicht aber der Mangel des behördlichen [X.]isziplinarverfahrens oder der [X.]schrift selbst ([X.]Verw[X.], Urteil vom 24. Juni 2010 - 2 C 15.09 - [X.]Verw[X.]E 137, 192 Rn. 18 f.; [X.]eschluss vom 26. Februar 2008 - 2 [X.] 122.07 - [X.]uchholz 235.1 § 55 [X.][X.][X.] Nr. 2 Rn. 3 und vom 20. [X.]ezember 2016 - 2 [X.] 127.15 - [X.]uchholz 310 Nr. 96 Vw[X.]O Nr. 64 Rn. 6).

[X.]anach ist das Vorbringen unter [X.] der [X.]eschwerdebegründung nicht relevant, soweit unmittelbar vorgebracht wird, Rechte des [X.]eklagten seien dadurch verletzt worden, dass ihm der klagende Landkreis vor Erhebung der [X.] im Juni 2018 den [X.] nicht bekanntgegeben hat. [X.]erügt werden kann lediglich das Vorgehen des [X.] in [X.]ezug auf diesen vom [X.]eklagten geltend gemachten Mangel des behördlichen [X.]isziplinarverfahrens.

Im Hinblick auf den gerügten Verfahrensmangel hinsichtlich der [X.]ekanntgabe des [X.]s wird in der [X.]eschwerdebegründung auch nicht ausreichend zwischen der Annahme der Unwesentlichkeit und der "Heilung" - [X.]eseitigung - eines wesentlichen Mangels des behördlichen Verfahrens unterschieden. [X.]er [X.] wertet die [X.]arlegungen wiederum zu [X.]unsten des [X.]eklagten dahingehend, dass damit die Erwägungen des [X.]erufungsgerichts zur Wesentlichkeit des gerügten Mangels des behördlichen [X.]isziplinarverfahrens angegriffen werden ([X.] bis 25). [X.]ie Annahme des [X.]erufungsgerichts, es handele sich insoweit nicht um einen wesentlichen Mangel i.S.v. § 54 [X.] NRW, ist aber nicht zu beanstanden.

Ein Mangel des behördlichen [X.]isziplinarverfahrens ist wesentlich i.S.d. § 54 Abs. 1 bis 3 [X.] NRW, wenn sich nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen lässt, dass er sich auf das Ergebnis des gerichtlichen [X.]isziplinarverfahrens ausgewirkt haben kann. Hingegen kommt es für die Frage der Wesentlichkeit eines Mangels weder darauf an, ob er behebbar ist noch darauf, ob und ggf. wie intensiv schutzwürdige - insbesondere grundrechtsbewehrte - Rechtspositionen [X.]etroffener durch den Mangel berührt worden sind. Maßgeblich ist wegen der Funktion des [X.]isziplinarverfahrensrechts, bei der Prüfung und ggf. Ahndung von [X.]ienstvergehen gesetzmäßige Ergebnisse zu erzielen, vielmehr die Ergebnisrelevanz ([X.]Verw[X.], Urteil vom 24. Juni 2010 - 2 C 15.09 - [X.]Verw[X.]E 137, 192 Rn. 19 zur inhaltsgleichen Vorschrift des § 55 [X.][X.][X.]).

Es lässt sich mit hinreichender Sicherheit ausschließen, dass das Unterbleiben der [X.]ekanntgabe des [X.]s vor Erhebung der [X.] im Juni 2018 Auswirkungen auf das Ergebnis des gerichtlichen [X.]isziplinarverfahrens hat. [X.]ie Wahrnehmung seiner Interessen im gerichtlichen Verfahren ist dem [X.]eklagten durch das Unterlassen nicht erschwert worden. Nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.]erufungsgerichts zum Inhalt von [X.] und Klageschrift finden sich diejenigen Teile des [X.]s, die über den, dem [X.]eklagten übersandten Ermittlungsbericht des [X.] vom 21. April 2015 hinausgehen, wortwörtlich in der Klageschrift wieder. Wenn der [X.]eklagte der Auffassung gewesen sein sollte, zur Verteidigung gegen die [X.] sei es unabdingbar geboten, den Inhalt der Abschlussverfügung genau zu kennen, so hätte er sich diesen zudem vom [X.]ericht übersenden lassen oder Einsicht in die beim [X.]ericht vorliegenden Verwaltungsakten des [X.] nehmen können. [X.]ass dem [X.]eklagten durch das Unterlassen des [X.] eine Einflussnahme auf den [X.]ang des Verfahrens vor Erhebung der [X.] abgeschnitten ist und auch bleibt, ist für das Merkmal der Wesentlichkeit, wie oben dargelegt, gerade nicht ausschlaggebend.

[X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs. 1 [X.] NRW i.V.m. § 154 Abs. 2 Vw[X.]O. Einer Festsetzung des Streitwerts für das [X.]eschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil für das [X.]eschwerdeverfahren Festgebühren nach dem [X.]ebührenverzeichnis der Anlage zu § 75 [X.] NRW erhoben werden.

Meta

2 B 43/21

14.12.2021

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 28. Juli 2021, Az: 3d A 2195/19.O, Urteil

§ 13 Abs 2 DG NW 2004, § 13 Abs 3 DG NW 2004, § 54 Abs 1 DG NW 2004, § 54 Abs 3 DG NW 2004, § 65 Abs 1 S 1 DG NW 2004, § 67 S 1 DG NW 2004, § 11 Abs 1 Nr 2a StGB, § 348 Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.12.2021, Az. 2 B 43/21 (REWIS RS 2021, 362)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 362

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Referenzen
Wird zitiert von

M 3 E 21.18001

M 3 E 21.18010

M 3 E 21.18026

M 3 E 21.18006

M 13L DK 20.6296

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