Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.02.2019, Az. I B 28/18

1. Senat | REWIS RS 2019, 10402

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Gegenstand

Besonderes Kirchgeld in glaubensverschiedener Ehe


Leitsatz

NV: Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die Erhebung des besonderen Kirchgelds auch dann verfassungsgemäß ist, wenn der kirchenangehörige Ehegatte über ein eigenes Einkommen verfügt .

Tenor

Die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 21. Februar 2018 - 1 K 382/17 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die mit dem nicht kirchensteuerpflichtigen Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) verheiratete Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war im Streitjahr (2015) Mitglied der [X.] und wurde vom Beklagten und Beschwerdegegner ([X.]) zur Kirchensteuer in Form des besonderen Kirchgeldes herangezogen. Sie wandte dagegen u.a. ein, dass besonderes Kirchgeld aus verfassungsrechtlichen Gründen nur festgesetzt werden dürfe, wenn der kirchenangehörige Ehegatte über kein eigenes Einkommen verfüge. Weil sie im Streitjahr ein nicht unerhebliches Einkommen erzielt habe, könne der angegriffene Bescheid keinen Bestand haben.

2

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) München ließ in seinem Urteil vom 21. Februar 2018  1 K 382/17 die Revision nicht zu.

3

Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Beschwerde.

4

Ihr Gesuch, [X.] des Senats wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, hat der Senat --ohne Mitwirkung des abgelehnten [X.] mit Beschluss vom 19. Dezember 2018 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

II.

5

Die Beschwerde ist unbegründet und daher durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe liegen nicht vor.

6

1. Die sehr ausführlichen und geordneten Darlegungen der Kläger zu den verschiedenen geltend gemachten [X.] konzentrieren sich sämtlich auf die Frage, ob das Verfassungsrecht der Erhebung des besonderen Kirchgeldes entgegensteht, wenn der kirchenangehörige Ehegatte über ein eigenes, wenn auch geringes Einkommen verfügt. Die Kläger meinen, dass die Frage nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) zu bejahen sei. Sie berufen sich insbesondere auf eine ihres Erachtens klare Aussage des [X.] in seinem Urteil vom 14. Dezember 1965  1 BvR 606/60 ([X.]E 19, 268, unter [X.]. der Gründe). Ausgehend davon qualifizieren sie für Zwecke der Subsumtion unter die gesetzlichen Revisionszulassungsgründe das angegriffene [X.] als Divergenz- bzw. greifbar gesetzwidrige Entscheidung und die einschlägige bisherige Senatsrechtsprechung als überprüfungsbedürftig. Der [X.] habe, so die Kläger, widersprüchlich [X.] und seine früheren Urteile rechtsfehlerhaft begründet; wesentliche rechtliche Gesichtspunkte seien nicht beachtet worden. Aus alledem folge die rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Sache.

7

2. Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Rechtslage geklärt. Es sind keine Umstände ersichtlich, die eine neuerliche Befassung des Senats mit dieser Thematik im Rahmen eines Revisionsverfahrens rechtfertigen könnten. Die Rechtssache hat damit keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung.

8

a) Die Einwendungen der Kläger gegen die Rechtsprechung des [X.] beruhen im [X.] darauf, dass die Kläger die Aussagen im [X.]-Urteil in [X.]E 19, 268 anders verstehen als der Senat. Ausgehend von ihrem abweichenden Verständnis erscheint ihnen die Senatsrechtsprechung als rechtsfehlerhaft oder zumindest überprüfungsbedürftig; von diesem Vorverständnis her meinen sie auch Argumente ins Feld führen zu können, die neu, also vom Senat noch nicht geprüft sind. Allerdings kommt es für die Frage der Revisionszulassung nicht auf die Rechtsmeinung der Kläger, sondern allein auf die verfassungsrechtliche Beurteilung des Senats an.

9

b) Danach ist die Erhebung des besonderen Kirchgeldes auch bei einem eigenen Einkommen des kirchenangehörigen Ehegatten verfassungsgemäß, insbesondere liegt kein Widerspruch zum [X.]-Urteil in [X.]E 19, 268 vor. Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung hat der Senat in der Vergangenheit wiederholt Kirchgeldfestsetzungen bei [X.] des kirchenangehörigen Ehegatten ausdrücklich als rechtmäßig bestätigt, indem er die Rechtsfehlerfreiheit der erstinstanzlichen Urteile festgestellt hat (z.B. Senatsurteile vom 19. Oktober 2005 I R 76/04, [X.]E 211, 90, [X.], 274; vom 21. Dezember 2005 I R 44/05 und [X.], juris; vom 25. Januar 2006 I R 62/05, juris; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 22. Januar 2002 I B 18/01, [X.]/NV 2002, 674; vom 20. Dezember 2006 I B 43/06, juris).

c) In seinem Urteil in [X.]E 19, 268 hat das [X.] in einem Fall, in dem die getrennt veranlagten Ehegatten jeweils über ein eigenes Einkommen verfügten, Folgendes ausgeführt: "Es könnte unbillig erscheinen, wenn ein einer steuerberechtigten [X.] angehörender Ehegatte, dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sich durch die Ehe erhöht hat, weil sein - der [X.] nicht angehörender - Ehegatte ein hohes Einkommen bezieht, mangels eigenen Einkommens im Sinne des Einkommensteuergesetzes kirchensteuerfrei bliebe. Wenn diesen Bedenken Rechnung getragen werden soll, müßten, da die [X.] nur den ihr angehörenden Ehegatten besteuern darf, Besteuerungsmerkmale gewählt werden, die in dessen Person gegeben sind. Gegenstand der Besteuerung dürfte dann nicht das Einkommen (im Sinne des Einkommensteuerrechts) des anderen Ehegatten, sondern könnte etwa der '[X.]' des kirchenangehörigen Ehegatten sein. Die [X.]nsteuer müßte dann aber ihrer Höhe nach in angemessenem Verhältnis zu dem tatsächlichen Lebenszuschnitt des steuerpflichtigen Ehegatten stehen; sie dürfte nicht schematisch jeder Veränderung des Einkommens des anderen Ehegatten unbegrenzt folgen, weil jeder normale Lebensaufwand bestimmte Grenzen nicht überschreitet."

aa) Das [X.] hat damit in einem nicht entscheidungstragenden Teil eine Billigkeitsüberlegung angestellt. Es geht davon aus, dass sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des kirchenangehörigen Steuerpflichtigen durch die Ehe mit einer nicht kirchenangehörigen Person, die über ein hohes Einkommen verfügt, erhöht hat. Es erschien dem [X.] unbillig, dass der [X.]nangehörige trotz dieser eingetretenen Leistungsfähigkeitssteigerung steuerfrei bleibt, also nicht zur Finanzierung der kirchlichen Aufgaben herangezogen wird. Es hat daher die Meinung vertreten, dass der [X.] des kirchenangehörigen Ehegatten besteuert werden kann und sich die Bemessung des [X.]s am Einkommen des anderen Ehegatten orientieren darf, solange hierbei nicht schematisch verfahren wird.

bb) Zum Zwecke der Besteuerung dieses [X.]es des kirchenangehörigen Ehegatten haben die Landesgesetzgeber und zahlreiche kirchensteuererhebungsberechtigte Religionsgemeinschaften im Nachgang zum [X.]-Urteil in [X.]E 19, 268 die rechtlichen Grundlagen für die Erhebung des besonderen Kirchgeldes geschaffen (vgl. [X.]-Beschluss vom 14. Dezember 1983 II R 170/81, [X.]E 140, 338, BStBl II 1984, 332; Senatsurteil in [X.]E 211, 90, [X.], 274).

cc) Es liegt auf der Hand und bedarf eigentlich keiner gesonderten Begründung, dass es gemessen am Maßstab der zuvor wiedergegebenen Billigkeitserwägungen des [X.] ebenfalls unbillig erschiene, wenn ein kirchenangehöriger Ehegatte, der über ein geringes Einkommen verfügt, dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sich durch die Ehe mit einer Person, die ein hohes Einkommen bezieht, aber erhöht hat, trotz eingetretener Leistungsfähigkeitssteigerung kirchensteuerfrei bliebe und sich deswegen nicht an der Finanzierung der kirchlichen Gemeinschaftsaufgaben beteiligen müsste. Die Erhebung der [X.]neinkommensteuer am Maßstab der staatlichen Einkommensteuer führt sowohl bei fehlendem als auch bei geringem Einkommen des kirchenangehörigen Ehegatten --ohne Besteuerung des [X.] aufgrund von [X.] im Einkommensteuergesetz zu dessen [X.]nsteuerfreiheit im Sinne der Entscheidung des [X.]. Da es sich bei dessen Aussagen lediglich um eine nicht entscheidungstragende Billigkeitsüberlegung handelt, hat der Senat die verfassungsrechtliche Rechtslage in seiner daran anschließenden --oben zitierten-- Rechtsprechung dahingehend festgestellt, dass der [X.] --quantifiziert anhand der Ausgangsgröße des gemeinsamen Einkommens der [X.] sowohl bei fehlendem als auch bei geringem Einkommen des kirchenangehörigen Ehegatten zulässigerweise als Maßstab für die [X.]nsteuer in Form des besonderen Kirchgeldes gewählt werden kann.

dd) In seinem Beschluss vom 28. Oktober 2010  2 BvR 591/06 u.a. ([X.] --[X.]-- 2011, 98) hat das [X.] --zum wiederholten Male (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 30. August 1982  1 BvR 1109/81, [X.] 1984, 73; vom 5. August 2002  2 BvR 685/02, juris)-- der [X.] und damit in erster Linie dem [X.] bestätigt, dass er die durch die Heranziehung zum besonderen Kirchgeld aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen verfassungsgemäß konkretisierend beantwortet habe. Weil diesem Beschluss auch mehrere Verfassungsbeschwerden gegen Entscheidungen des [X.] und anderer Gerichte wegen der Heranziehung zum besonderen Kirchgeld im Falle eines eigenen Einkommens des kirchenangehörigen Ehegatten zugrunde lagen, bezieht sich die Aussage des [X.] ersichtlich auch auf diese Einzelfrage. Es hat folgerichtig in seinem Beschluss in [X.] 2011, 98 abschließend festgestellt, dass "danach ... auch die angegriffenen Entscheidungen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken" begegnen.

3. Die Beschwerde ist unbegründet, soweit geltend gemacht wird, dass das [X.] die Zulässigkeit der Klage des [X.] fehlerhaft verneint habe. Ein Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O) liegt nicht vor.

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der nicht kirchenangehörige Ehegatte nicht befugt, den an den kirchenangehörigen Ehepartner gerichteten Bescheid über besonderes Kirchgeld anzufechten (vgl. [X.]-Beschluss in [X.] 1984, 73). Mit der Erhebung des besonderen Kirchgeldes bei dem kirchenangehörigen Ehegatten wird an ein Besteuerungsmerkmal ([X.]) angeknüpft, das ausschließlich in dessen Person gegeben ist. Das gemeinsame Einkommen der Eheleute ist lediglich die Ausgangsgröße für die Bestimmung des typisierten [X.]s des kirchenangehörigen Ehegatten (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 211, 90, [X.], 274, m.w.N.). Zu einer Beeinträchtigung von Rechten des anderen Ehegatten kommt es daher nicht.

4. Eine Divergenz oder ein qualifizierter Rechtsanwendungsfehler liegen ebenfalls nicht vor. Das Urteil der Vorinstanz entspricht der geltenden, durch die Rechtsprechung des [X.] und des Senats konkretisierten Verfassungs- und Gesetzeslage.

5. Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]O).

6. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

I B 28/18

13.02.2019

Bundesfinanzhof 1. Senat

Beschluss

vorgehend FG München, 21. Februar 2018, Az: 1 K 382/17, Urteil

Art 2 Abs 1 GG, Art 3 GG, Art 4 GG, Art 6 GG, Art 4 Nr 3 KiStG BY vom 24.12.2001, Art 22 KiStG BY vom 24.12.2001

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.02.2019, Az. I B 28/18 (REWIS RS 2019, 10402)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 10402

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