Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.06.2016, Az. 23 W (pat) 18/14

23. Senat | REWIS RS 2016, 10432

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Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – "Verkehrsschild-Einrichtung" – Beschwerde gegen einen Beschluss des DPMA im Anmeldeverfahren – Beschwerdeeinlegung durch mehrere Patentanmelder – Zahlung einer Beschwerdegebühr – Zulässigkeit der Beschwerde – keine zweifelsfreie Erkennbarkeit des Umfangs der Gebührenzahlungspflicht – zum Rechtsstaatlichkeitsgebot


Leitsatz

Verkehrsschild-Einrichtung

a) Legen mehrere Patentanmelder eine Beschwerde nach § 73 PatG gegen einen Beschluss einer Prüfungsstelle des Deutschen Patent- und Markenamts im Anmeldeverfahren ein und zahlen Sie nur eine Beschwerdegebühr nach Nummer 401 300 des als Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG erlassenen Gebührenverzeichnisses in Höhe von 200 €, ist ihre Beschwerde zulässig.

b) Absatz 1 der Vorbemerkung vor Abschnitt I in Teil B des als Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG erlassenen Gebührenverzeichnisses lässt nicht zweifelsfrei erkennen, ob dann, wenn mehrere Patentanmelder eine Beschwerde gegen einen Beschluss einer Prüfungsstelle des Deutschen Patent- und Markenamts im Anmeldeverfahren einlegen, jeder von ihnen eine Gebühr nach Nummer 401 300 des Gebührenverzeichnisses zahlen muss, um zu verhindern, dass die Einlegung der Beschwerde nach § 6 Abs. 2 PatKostG als nicht vorgenommen gilt.

c) Das Rechtsstaatlichkeitsgebot gebietet den Zugang von Patentanmeldern zu einer gerichtlichen Instanz, wenn für die um Rechtsschutz nachsuchenden Patentanmelder der Umfang ihrer Zahlungspflicht nicht zweifelsfrei erkennbar ist und die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes nicht nur von der Einzahlung einer Gebühr abhängt, sondern die Beschwerde kraft Gesetzes als nicht eingelegt gilt, wenn die Zahlung der Gebühr nicht binnen der vorgesehenen Frist erfolgt (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 22. Februar 2011 – X ZB 43/08, GRUR 2011, 509, Rn. 14 – Schweißheizung).

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2013 103 576.0

hat der 23. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juni 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Dr. Strößner und der Richter [X.], Dr. [X.] und Dr. Himmelmann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die vorliegende Anmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2013 103 576.0 und der Bezeichnung „[X.] mit [X.] Beleuchtung“ wurde am 10. April 2013 beim [X.] eingereicht. Die Prüfungsstelle für Klasse [X.] hat im Prüfungsverfahren u. a. die Druckschrift

2

[X.] [X.] 20 2005 010782 U1

3

berücksichtigt und im einzigen Prüfungsbescheid vom 2. Dezember 2013 ihre Bedenken hinsichtlich der Patentfähigkeit der beanspruchten [X.] geäußert. In der daraufhin am 26. März 2014 durchgeführten Anhörung hat der Vertreter der Anmelder die Patenterteilung mit einem die Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 1, 6, 9 und 10 umfassenden Anspruch 1 beantragt, dessen Gegenstand von der Prüfungsstelle [X.]edoch als nicht patentfähig hinsichtlich der Druckschrift [X.] angesehen wurde, so dass sie in der Anhörung die Anmeldung mit der Begründung fehlender erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen hat. Ihre Entscheidung hat die Prüfungsstelle mit dem auf den 3. April 2014 datierten Beschluss schriftlich begründet.

4

Gegen diesen Beschluss, dem Vertreter der Anmelder am 8. April 2014 zugestellt, richtet sich die am 10. April 2014 beim [X.] eingegangene Beschwerde.

5

Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor dem [X.] wurden die Anmelder auch auf die Relevanz der Druckschrift

6

[X.] KR 20-0448402 Y1

7

hingewiesen.

8

Die ordnungsgemäß geladenen Anmelder sind zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen.

9

Sie beantragen mit Schriftsatz vom 8. April 2014 sinngemäß:

1.

Den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse [X.] des [X.]s vom 26. März 2014 aufzuheben.

2.

Ein Patent zu erteilen mit der Bezeichnung „[X.] mit [X.] Beleuchtung“, dem Anmeldetag 10. April 2013 auf der Grundlage folgender Unterlagen:

- Patentanspruch 1 vom 8. April 2014, eingegangen im [X.] am 10. April 2014,

- noch anzupassende Unteransprüche,

- Beschreibungsseiten 1 bis 8,

- 2 Blatt Zeichnungen mit [X.]uren 1 und 2, [X.]eweils eingegangen im [X.] am Anmeldetag.

Der geltende Anspruch 1 hat unter Hinzufügung einer Gliederung folgenden Wortlaut:

„[X.] (100)

a) mit einem [X.] (110), dessen Oberfläche zur Aufnahme einer grafischen Gestaltung gemäß einer genormten Vorgabe der STVO dimensioniert ist,

b) wobei im Bereich zumindest eines Teils der grafischen Gestaltung der Oberfläche des [X.]s (110) Leuchtelemente (120) vorgesehen sind,

c) wobei mindestens ein mit dem [X.] (110) verbundenes Chassis (130) vorgesehen ist,

d) dessen Oberfläche mindestens teilweise mit [X.] (140) zum Erzeugen von elektrischem Strom bei Tageslicht versehen ist

e) und in dessen Inneren eine mit den [X.] (140) elektrisch verbundene [X.] sowie eine Steuereinheit zum Steuern sowohl eines Einschaltvorgangs als auch eines Ausschaltvorgangs der mit der [X.] zeitweise elektrisch verbindbaren Leuchtelemente (120) untergebracht sind,

dadurch gekennzeichnet,

f) dass ein Chassis (130) in zwei [X.] (131) aufgeteilt ist, die durch einen Zwischenraum (132) voneinander getrennt sind,

g) wobei die beiden [X.] (131) so weit voneinander entfernt angeordnet sind, dass ihre [X.]eweiligen Unterflächen eine stabile Standfläche der insgesamten [X.] (100) bilden,

h) wobei die beiden [X.] (131) im Querschnitt [X.]eweils im Wesentlichen dreieckförmig ausgebildet sind,

1 der Außenflächen schräg angeordnet ist derart, dass die Querschnittsfläche eines Chassis-Körpers (131) mit steigendem Abstand von dem [X.] (110) abnimmt,

[X.]) und ein Photovoltaik-Elemente (140) enthaltendes [X.] im Bereich der mindestens einen schräg angeordneten Außenfläche (133) eines [X.] (131) angeordnet ist.“

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die fristgerecht eingelegte Beschwerde der Anmelder ist zulässig aber unbegründet.

1. Die Beschwerde der Anmelder ist zulässig.

a) Die Anmelder haben am 10. April 2013 – beide vertreten durch Patentanwalt Dipl.-Phys. [X.] – Antrag auf Erteilung eines Patents gestellt. In der Anhörung vom 26. März 2014 hat die Prüfungsstelle für Klasse [X.] des [X.]es ([X.]) die Patentanmeldung zurückgewiesen. Die Zurückweisung hat die Prüfungsstelle mit Beschluss vom 26. März 2014 begründet. Gegen diesen Beschluss, der dem Vertreter der Anmelder am 8. April 2014 zugestellt worden ist, hat der Vertreter am 10. April 2014 mit folgenden Worten Beschwerde erhoben:

„Anmelder: [X.] u. a.

Gegen den Beschluss vom 26. März 2014… wird Beschwerde eingelegt. Die [X.] in Höhe von € 200,- wird durch anliegende Einzugsermächtigung entrichtet.“

In dem Formular „Angaben zum Verwendungszweck des Mandats“ vom 10. April 2014 heißt es:

„(1) Das Mandat soll für folgende Verfahren verwendet werden:

Amtliches Aktenzeichen: [X.] Betrag in € Erläuterungen

10 2013 103 576.0 401 300 200,00 [X.]

 Gesamtbetrag: 200,00

Name des Schutzrechtsinhabers: [X.], u.a.“

Nach Nummer 401 300 des Gebührenverzeichnisses als Anlage zu § 2 Abs. 1 [X.] ist am 10. April 2014 eine Gebühr in Höhe von 200 € entrichtet worden.

b) Nach § 73 Abs. 1 [X.] findet gegen die Beschlüsse der [X.] die Beschwerde statt. Gemäß § 2 Abs. 1 [X.] werden Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu diesem Gesetz erhoben. In Anlage B des Gebührenverzeichnisses (Anlage zu § 2 Abs. 1 [X.]) sind die Gebühren des [X.]s in Form von Gebührentatbeständen aufgelistet. Gemäß Abs. 1 der Vorbemerkung vor Abschnitt I in Teil B des Gebührenverzeichnisses werden die Gebühren Nummer 400 000 bis 401 300 für [X.]eden Antragsteller gesondert erhoben. Im Beschwerdeverfahren, das in Abschnitt I geregelt ist, ist nach [X.] 401 300 in anderen als den in den [X.]n 400 000, 401 100 und 401 200 behandelten Fällen eine Gebühr von 200 € zu entrichten. Ist für die Stellung eines Antrags oder die Vornahme einer sonstigen Handlung durch Gesetz eine Frist bestimmt, so ist nach § 6 Abs. 1 Satz 1 [X.] innerhalb dieser Frist auch die Gebühr zu zahlen. Wird eine Gebühr nach § 6 Abs. 1 [X.] nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig gezahlt, so gilt nach § 6 Abs. 2 [X.] die Anmeldung oder der Antrag als zurückgenommen, oder die Handlung als nicht vorgenommen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

§ 6 Abs. 2 [X.] unterscheidet zwischen Antrag und sonstiger Handlung. Bei dieser Unterscheidung unterfällt die Beschwerde der letztgenannten Gruppe ([X.], Beschluss vom 18. August 2015 – [X.], [X.], 1255, Rn. 10 – [X.]; [X.], Beschluss vom 11. Oktober 2004 – [X.], [X.], 184, Rn. 7, 8 – Verspätete Zahlung der Einspruchsgebühr).

Nach Abs. 1 der Vorbemerkung vor Abschnitt I in Teil B des Gebührenverzeichnisses des [X.]es werden die dort genannten Gebühren „für [X.]eden Antragsteller gesondert erhoben“. Mit „Antragsteller“ ist der „Beschwerdeführer“ gemeint, weil es in Abschnitt I um „Beschwerdeverfahren“ geht (B[X.], Beschluss vom 3. Dezember 2013, 10 W (pat) 17/14, [X.], 227, Rn. 12 – Satz aus Mauersteinen; [X.], [X.], a. a. O., Rn. 11).

c) Abs. 1 der Vorbemerkung vor Abschnitt I in Teil B des Gebührenverzeichnisses ist durch das „Gesetz zur Änderung des patentamtlichen Einspruchsverfahrens und des [X.]“ vom 21. Juni 2006 in das [X.] eingefügt worden und am 1. Juli 2006 in [X.] getreten ([X.] vom 26. Juni 2006, S. 1318). Im Allgemeinen Teil der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 21. Februar 2006 (BT-Drucks. 16/735, A. Allgemeiner Teil, II. Grundzüge, 2. Änderung des [X.], S. 9 li. [X.]. unten)

„wird klargestellt, dass in bestimmten Verfahren vor dem [X.] und dem [X.], in denen mehrere Beteiligte gemeinsam einen Antrag stellen oder einen Rechtsbehelf bzw. ein Rechtsmittel einlegen, Gebühren von [X.]edem Beteiligten zu zahlen sind.“

Die Einfügung des Abs. 1 der Vorbemerkung vor Abschnitt I in Teil B des Gebührenverzeichnisses wird im Besonderen Teil des Gesetzentwurfs der Bundesregierung folgendermaßen begründet (BT-Drucks. 16/735, B. Besonderer Teil, Zu Artikel 6, Zu Nummer 6, [X.], [X.] aa, S. 17 re. [X.]. oben):

„Die Vorbemerkung wird neu eingeführt.

Nach Absatz 1 sollen in allen Beschwerdeverfahren die Gebühren – ebenso wie im patentamtlichen Verfahren – von [X.]edem Verfahrensbeteiligten erhoben werden (siehe Begründung zur Vormerkung zu Teil A des Gebührenverzeichnisses).“

d) Nach der Rechtsprechung des [X.] (Beschluss vom 22. Februar 2011 – [X.], [X.], 509, Rn. 14 – [X.]; ähnlich [X.], [X.], a. a. O., Rn. 17) ist es zur Vermeidung unzumutbarer Härten unabdingbar, dass für den um Rechtsschutz nachsuchenden Bürger der Umfang seiner Zahlungspflicht zweifelsfrei erkennbar ist, wenn die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes nicht nur von der Einzahlung einer Gebühr abhängt, sondern – wie nach § 6 Abs. 2 [X.] – ohne Weiteres gesetzlich die Rücknahme des entsprechenden Antrags fingiert wird, wenn die Gebührenzahlung nicht binnen der vorgesehenen Frist erfolgt.

e) Der Senat ist der Auffassung, dass die Beschwerdeführer nicht zweifelsfrei erkennen konnten, dass [X.]eder von ihnen eine Gebühr nach Nummer 401 300 der Anlage [X.] zu § 2 Abs. 1 [X.] in Höhe von 200 € zahlen musste, um zu verhindern, dass die Einlegung ihrer Beschwerde nach § 73 [X.] gegen den Beschluss der Prüfungsstelle des [X.] nach § 6 Abs. 2 [X.] als nicht vorgenommen gilt.

Zwar weist die Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses des [X.] vom 4. Februar 2014 darauf hin, dass die [X.] in Höhe von 200 € für [X.]eden Beschwerdeführer gesondert zu zahlen ist. Auch werden die Gebühren Nummer 400 000 bis 401 300 nach Abs. 1 der Vorbemerkung vor Abschnitt I in Teil B des Gebührenverzeichnisses des [X.]es ausdrücklich für [X.]eden Antragsteller gesondert erhoben.

Gleichwohl meint der Senat, dass die genannte Gesetzesbestimmung auslegungsbedürftig ist und für die Beschwerdeführer Zweifel an dem Erfordernis der Zahlung von zwei [X.]en blieben. Denn zum einen sollen die Gebühren nach der genannten Vorschrift für [X.]eden „Antragsteller“ gesondert erhoben werden, was den um Rechtsschutz nachsuchenden Bürger zu der Prüfung zwingt, ob dies auch für [X.]eden Beschwerdeführer gilt, was die schon angesprochene Rechtsprechung (B[X.], Satz aus Mauersteinen, a. a. O., Rn. 12; [X.], [X.], a. a. O., Rn. 11) be[X.]aht.

Zweifel an dem Erfordernis der Zahlung von zwei [X.]en bestanden für die Beschwerdeführer zum anderen und vor allem deshalb, weil es in der zitierten Begründung zu Abs. 1 der Vorbemerkung vor Abschnitt I in Teil B des Gebührenverzeichnisses heißt, dass im Beschwerdeverfahren die Gebühren „

Neben den schon genannten Gründen hält der Senat Abs. 1 der Vorbemerkung vor Abschnitt I in Teil B des Gebührenverzeichnisses des [X.]es trotz seines scheinbar eindeutigen Wortlauts, Gebühren für [X.]eden „[X.] gesondert zu erheben, auch deshalb für auslegungsbedürftig, weil die Antwort auf die Frage, ob der Wortlaut eines Gesetzes eindeutig und deshalb nicht auslegungsbedürftig ist, die Auslegung des Wortlauts des Gesetzes erfordert.

Der Senat setzt sich mit der geschilderten Auffassung nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des [X.] in dem Beschluss „[X.]“. Denn der [X.] hat dort (a. a. O., Rn. 8) die Auffassung des 10. Senats des [X.]s bestätigt, dass im Einspruchsverfahren für die Beschwerde von zwei Patentinhabern zwei [X.]en zu entrichten sind. Vorliegend geht es nicht um eine Beschwerde mehrerer Patentinhaber gegen eine Entscheidung einer Patentabteilung des [X.] im Einspruchsverfahren, sondern um die Beschwerde mehrerer Patentanmelder gegen die Entscheidung einer Prüfungsstelle des [X.] im Anmeldeverfahren. Soweit ersichtlich, ist die Frage, ob mehrere Personen, die sich gemeinsam gegen die Nichterteilung des von ihnen angemeldeten Patents wehren, eine oder mehrere [X.]en zahlen müssen, gerichtlich noch nicht entschieden (

Mehrere Anmelder, die sich zwangsläufig gemeinsam gegen die Zurückweisung ihrer Patentanmeldung durch eine Prüfungsstelle des [X.] beim B[X.] beschweren, zur Zahlung mehrerer [X.]en zu verpflichten, erscheint in der Sache zudem unberechtigt. Mehrere Einsprechende können gegenüber dem B[X.] durchaus unterschiedliche Einwendungen vorbringen und unterschiedliche Anträge stellen und damit einen Mehraufwand verursachen, der die Zahlung mehrerer [X.]en rechtfertigt. An einem entsprechenden Mehraufwand seitens des B[X.], der mehrere [X.]en rechtfertigen könnte, fehlt es aber, wenn nicht nur einer, sondern mehrere Anmelder Beschwerde gegen die Zurückweisung ihrer Patentanmeldung einlegen. Anders als mehrere Einsprechende sind mehrere Anmelder notwendige Streitgenossen, die einheitliche Anträge stellen müssen. Bei Streit ist das Verfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung eines Prozesses unter ihnen auszusetzen. Bleibt es bei unterschiedlichen Anträgen, ist wegen der Bindung an den Antrag die Beschwerde zurückzuweisen (

f) Würde(n) die Beschwerde(n) der Anmelder nach § 6 Abs. 2 [X.] als nicht eingelegt gelten, weil sie die [X.]en nicht bzw. nicht vollständig gezahlt haben, obwohl aus den genannten Gründen die um Rechtsschutz nachsuchenden Beschwerdeführer den Umfang ihrer Zahlungspflicht nicht zweifelsfrei erkennen konnten, würde dies auf eine mit dem Rechtsstaatlichkeitsgebot unvereinbare Erschwerung des Zugangs der Anmelder zu einer gerichtlichen Instanz hinauslaufen ([X.], [X.], a. a. O., Rn. 14). Darin läge ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, der als wesentliche rechtsstaatliche Verbürgung dem Einzelnen den lückenlosen Rechtsschutz gegen behauptete rechtswidrige Eingriffe der öffentlichen Gewalt in seine Rechte gewährleistet und dem im Verfassungsgefüge des Grundgesetzes als Grundsatznorm für die gesamte Rechtsordnung überragende Bedeutung zukommt ([X.], Beschluss vom 23. Juni 1981 – 2 BvR 1107/77, 2 BvR 1124/77, 2 BvR 195/79, NJW 1982, 507, Rn. 105 – Eurocontrol I).

2. Die Beschwerde erweist sich nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung als nicht begründet, denn die [X.] nach Anspruch 1 wird dem Fachmann durch die Druckschrift [X.] in Verbindung mit der Druckschrift [X.] nahegelegt, so dass diese gemäß § 4 [X.] wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig ist.

Bei dieser Sachlage kann die Zulässigkeit des Anspruchs 1 dahingestellt bleiben

Der zuständige Fachmann ist hier als ein berufserfahrener Ingenieur der Elektrotechnik mit Fachhochschulabschluss und Erfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von mit Solarzellen ausgestatteten, beleuchteten Verkehrsschildern zu definieren.

3. Die Anmeldung betrifft eine [X.] mit einem [X.], dessen Oberfläche zur Aufnahme einer grafischen Gestaltung gemäß einer genormten Vorgabe der STVO dimensioniert ist.

Solche [X.]en werden zur Regulierung des Verkehrs von Fahrzeugen auf öffentlichen Straßen verwendet. Die üblicherweise verwendeten Vorrichtungen weisen [X.]edoch den Nachteil auf, dass sie bei Dämmerung oder Dunkelheit für die Fahrer von Fahrzeugen oft nur schwer erkennbar sind.

Vor diesem Hintergrund liegt der Anmeldung als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, eine [X.] zu schaffen, deren Erkennbarkeit bei Dämmerung und Dunkelheit gegenüber den bekannten [X.]en verbessert ist,

Gelöst wird diese Aufgabe durch die Vorrichtung des Anspruchs 1.

Die beanspruchte [X.] zeichnet sich dadurch aus, dass sie ein [X.] und mindestens ein mit dem [X.] verbundenes Chassis aufweist, wobei die Oberfläche des [X.]s zur Aufnahme einer grafischen Gestaltung gemäß einer genormten Vorgabe der STVO dimensioniert ist und im Bereich zumindest eines Teils der grafischen Gestaltung der Oberfläche des [X.]s Leuchtelemente vorgesehen sind. Zum Erzeugen von elektrischem Strom bei Tageslicht ist die Oberfläche des Chassis mindestens teilweise mit [X.] versehen und im Inneren des Chassis ist neben einer mit den [X.] elektrisch verbundenen [X.] auch eine Steuereinheit untergebracht, die zum Steuern sowohl eines Einschaltvorgangs als auch eines Ausschaltvorgangs der mit der [X.] zeitweise elektrisch verbindbaren Leuchtelemente geeignet ist. Das Chassis ist zudem in zwei [X.] aufgeteilt, die durch einen Zwischenraum voneinander getrennt und so weit voneinander entfernt angeordnet sind, dass ihre [X.]eweiligen Unterflächen eine stabile Standfläche der gesamten [X.] bilden. Diese beiden [X.] sind im Querschnitt [X.]eweils im Wesentlichen dreieckförmig ausgebildet und zumindest eine obere Außenfläche des Chassis ist schräg angeordnet, so dass die Querschnittsfläche des [X.] mit steigendem Abstand von dem [X.] abnimmt, wobei zusätzlich ein Photovoltaik-Elemente enthaltendes [X.] im Bereich der mindestens einen schräg angeordneten Außenfläche des [X.] angeordnet ist.

Damit soll die Helligkeit aller oder zumindest wesentlicher Bestandteile der grafischen Gestaltung eines [X.] bei Dämmerung und Dunkelheit wesentlich erhöht und eine deutliche Verbesserung der optischen Wahrnehmung des [X.] seitens der Verkehrsteilnehmer erreicht werden,

4. Die Druckschrift [X.], vgl. deren [X.]. 1 bis 4 mit Bezugszeichenliste sowie die Beschreibung in den Abs. [0017] bis [0019], offenbart in Übereinstimmung mit dem Oberbegriff des Anspruchs 1 eine

[X.]

a) mit einem [X.]

b) wobei im Bereich zumindest eines Teils der grafischen Gestaltung der Oberfläche des [X.]s

c) wobei mindestens ein mit dem [X.]

d) dessen Oberfläche mindestens teilweise mit [X.]

e) und in dessen Inneren eine mit den [X.]

Wie zudem in [X.]. 3 und 4 der [X.] gezeigt, hat der Grundrahmen

Folglich ist aus der Druckschrift [X.] eine [X.] bekannt, die bis auf die Merkmale h) bis [X.]), wonach

h) die beiden [X.] im Querschnitt [X.]eweils im Wesentlichen dreieckförmig ausgebildet sind,

i) zumindest eine obere Außenfläche der Außenflächen schräg angeordnet ist derart, dass die Querschnittsfläche eines [X.] mit steigendem Abstand von dem [X.] abnimmt,

[X.]) und ein Photovoltaik-Elemente enthaltendes [X.] im Bereich der mindestens einen schräg angeordneten Außenfläche eines [X.] angeordnet ist,

sämtliche Merkmale der [X.] des Anspruchs 1 aufweist.

Diese verbleibenden Merkmale können [X.]edoch keine erfinderische Tätigkeit des Fachmanns begründen. Denn aus den [X.]uren der [X.] erkennt er sofort, dass die waagerechte Anordnung der Solarzelle im unteren Bereich des [X.] nachteilig ist, da sie dadurch häufig der Beschattung durch das [X.] ausgesetzt ist und zudem wegen der waagerechten Platzierung ineffizient arbeitet. Ausgehend von dieser Erkenntnis wird der Fachmann bestrebt sein, die Anordnung der Solarzelle hinsichtlich ihres Ertrags und ihrer Einbindung in das Chassis zu optimieren. In diesem Zusammenhang entnimmt er der Druckschrift [X.], vgl. deren Abstract mit [X.]ur, die vorteilhafte Lehre, bei einem Verkehrsschild die Solarzelle an einer erhöhten Stelle und geneigt anzuordnen, indem das Chassis entlang der Rückseite des [X.] nach oben hin vergrößert und mit einer geneigten Oberseite ausgebildet wird, auf der sich dann die Solarzelle befindet, was der Fachmann in naheliegender Weise bei dem Verkehrsschild nach der Druckschrift [X.] anwendet. Wie aus der [X.]ur des Abstracts von [X.] ersichtlich, ergibt sich bei einer solchen Ausgestaltung des Chassis automatisch eine im Querschnitt im Wesentlichen dreieckförmige Ausbildung des Chassis, dessen obere Außenfläche schräg angeordnet ist, wobei die Querschnittsfläche des [X.] mit steigendem Abstand von dem [X.] abnimmt und ein Photovoltaik-Elemente enthaltendes [X.] im Bereich der schräg angeordneten Außenfläche des [X.] angeordnet ist. Dabei wird der Fachmann, wie bereits in der [X.] angedeutet, das Chassis in zwei [X.] im linken bzw. rechten Bereich der Rückseite des [X.] aufteilen, um die [X.] (33) weiterhin an der Rückseite der Platte (11) schwenkbar befestigen können.

Damit ergeben sich die verbleibenden Merkmale (h) bis ([X.]) in naheliegender Weise aus der Druckschrift [X.], so dass die [X.] des Anspruchs 1 dem Fachmann durch die Druckschrift [X.] i. V. m. der [X.] nahegelegt und folglich wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig ist.

5. Bei dieser Sachlage war die Beschwerde der Anmelder zurückzuweisen.

Meta

23 W (pat) 18/14

07.06.2016

Bundespatentgericht 23. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 62 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 07.06.2016, Az. 23 W (pat) 18/14 (REWIS RS 2016, 10432)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 10432

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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X ZB 3/14

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