Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2004, Az. NotZ 4/04

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2004, 2392

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.][X.] 4/04
vom 12. Juli 2004 in dem Verfahren

Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein

GG Art. 33 Abs. 2 [X.] §§ 4, 6

a) Die Landesjustizverwaltung übt ihr Organisationsermessen bei der Besetzung einer [X.] nicht deshalb fehlerhaft aus, weil sie in die Auswahl unter [X.] Bewerbern einen Notar einbezieht, der nach dem bei ihr allgemein eingeführten Vorrücksystem nicht zum Zuge käme.
b) Das Recht jedes [X.] auf einen nach Eignung, Befähigung und Leistung gleichen Zugang zu einem öffentlichen Amt (Art. 33 Abs. 2 GG) fordert bei der Entscheidung über die Besetzung einer [X.] ein Verfahren, das sich an [X.] und in den sachgegebenen Grenzen gerichtliche überprüfbare Me-thoden hält (Vorstellungsgespräch, im Anschluß an [X.], [X.]. v. 22. März 2004, [X.] 20/03, [X.], 241).
c) Die Landesjustizverwaltung verläßt nicht deshalb ihren Beurteilungsspielraum bei der Bestenauslese (§ 6 Abs. 3 [X.]), weil sie Dienstzeugnisse eines Bewerbers (hier: Notarassessor) berücksichtigt, über die ein Mitbewerber infolge seines be-ruflichen Werdegangs (Übertritt vom [X.]amt in den Notardienst eines neuen Bundeslandes) nicht verfügt.

- 2 - [X.], [X.]. v. 12. Juli 2004 - [X.] 4/04 - [X.]

wegen Übertragung einer [X.]

- 3 - Der [X.], [X.], hat auf die mündliche Verhand-lung vom 12. Juli 2004 durch [X.], [X.] und [X.] sowie die Notare [X.] und [X.] beschlossen: Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den [X.]uß des [X.]s für Notarsachen des [X.] vom 4. Februar 2004 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des [X.] zu tragen und die der Antragsgegnerin und der weiteren [X.] im [X.] entstandenen notwendigen
Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 • festgesetzt.

Gründe:
[X.]

Der Antragsteller ist seit 1.2.1994 Notar mit dem Amtssitz [X.]im Bezirk des [X.]. Zuvor war er Rechtsanwalt in [X.], [X.], ab [X.] auf Lebenszeit beim [X.]. Er bewarb sich um die vom [X.] 4 - nisterium [X.] am 15.3.2003 ausgeschriebenen [X.] in [X.]. Die Antragsgegnerin teilte ihm am [X.] mit, sie be-absichtige, die Stelle einem Mitbewerber, einem Notarassessor aus [X.], zu übertragen. Ihre Entscheidung begründete sie mit Schreiben vom 5.8.2003.

Der hiergegen gerichtete Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist vor dem [X.] ohne Erfolg geblieben. Mit der sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsteller seine Anträge, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm die [X.] zu übertragen, hilfsweise über seinen Antrag neu zu [X.], weiter. Er beantragt auch in der Beschwerdeinstanz den Erlaß einer einstweiligen Anordnung auf Untersagung der Besetzung der [X.] auf einen Mitbewerber. Die Antragsgegnerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

I[X.]
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 111 Abs. 4 [X.], § 42 Abs. 4 [X.]), hat in der Sache aber keinen Erfolg.

1. [X.] gegen ihr Organisationsermessen bei der Besetzung der [X.], der die freie Berufsausübung des [X.]s (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG) beeinträchtigte (vgl. [X.]. v. 26. März 2001, [X.] 31/00; [X.] 2001, 243, v. 14. Juli 2003, [X.] 47/02, [X.] 2003, 470, Bewerbung des Antragstellers um eine [X.] in [X.]; dazu [X.], 1 BvQ 26/03 v. 17. Juli 2003), liegt nicht vor. Zu Unrecht wirft ihr der Antragsteller vor, vom sogenannten Vorrücksystem, das die Inhaber von - 5 - Planstellen bei der Konkurrenz mit Erstbewerbern begünstigt, abgewichen zu sein. Das Vorrücksystem ist ein zulässiges Mittel der Personalplanung, denn es kann, jedenfalls bei einem ausgeglichenen Verhältnis der vorhandenen Stel-len zum Beurkundungsbedarf (§ 4 [X.]), dazu beitragen, den stetigen Über-gang der Berufsanwärter (§ 7 [X.]) in das Amt zu fördern ([X.] [X.]Z 151, 252, 255 m.w.[X.]; vgl. auch [X.]. v. 14. Juli 2003, [X.] 47/02 aaO). Die mit dem Vorrücksystem verbundenen Vorteile für eine strukturell vernünfti-ge und vorausschauende, an den Bedürfnissen der Rechtspflege ausgerichtete Personalplanung können aber, was der Antragsteller verkennt, bei einem "[X.]", also der Aufgabe der Amtsstelle in einem anderen [X.], die beim Erfolg des Antragstellers vorläge, nicht eintreten ([X.]. v. 2. Dezember 2002, [X.] 13/02, D[X.] 2003, 228). Die Konzeption des [X.], einen landeseigenen Notariatsdienst zu unterhalten (§ 1 [X.]), legitimiert diese Sicht der Dinge.
Schließlich setzt der Antragsteller unzutreffend das Vorrücksystem mit einer Bevorzugung nach dem Dienstalter gleich. Die Dauer der bisherigen Amtsausübung bindet das organisatorische Ermessen der Justizverwaltung bei der Besetzung einer Stelle nicht. Sie stellt einen - allerdings nachrangigen ([X.]. v. 22. März 2004, [X.] 19/03; zum Dienstalter bei der Amtssitz-verlegung: [X.]. v. 5. Februar 1996, [X.] 25/95, D[X.] 1996, 906, 910; für die Dauer des Anwärterdienstes [X.]. v. 13. Dezember 1993, [X.] 58/92, D[X.] 1994, 332; zur anwaltlichen Vortätigkeit [X.]. v. 18. September 1995, [X.] 4/95, [X.] 1996, 43) - Gesichtspunkt bei der Auslese unter den geeigneten Bewerbern (§ 6 Abs. 1 [X.]) dar (§ 6 Abs. 3 [X.]).
- 6 - 2. Bei der Auswahl unter den persönlich und fachlich geeigneten Bewer-bern, zu denen die Antragsgegnerin den Antragsteller rechnet, ist dieser, im Verhältnis zu dem erfolgreichen Bewerber, kein Beurteilungsfehler ([X.] [X.]Z 124, 327) unterlaufen.

a) Die Antragsgegnerin hat allerdings beim Vergleich der persönlichen Eignung einem Vorstellungsgespräch, an dem der Präsident der [X.] und deren Geschäftsführer, Vertreter von Notaren sowie die De-zernentin der Justizverwaltung teilgenommen haben, ausschlaggebende Be-deutung zugemessen. Einstellungsgesprächen in dieser Art kommt, wie der [X.] entschieden hat ([X.]. v. 22. März 2004, [X.] 20/03, [X.], 241, 243), nur eine eingeschränkte Bedeutung zu. Sie können von der [X.] nur eine "Momentaufnahme" vermitteln und stehen [X.] dienstlichen Beurteilungen über die Tätigkeit als Amtsanwärter (§ 7 [X.]) und hinter der Prüfung der Amtstätigkeit des Notars (§ 93 [X.]) zurück. Was die Prüfberichte angeht, [X.] das [X.] die Rechtspre-chung des [X.]s ([X.]. v. 5. Februar 1996, [X.] 25/95 aaO), wenn es meint, ihnen könne nur eine eingeschränkte Aussagekraft zukommen. Dem [X.] ging es darum, das Gewicht von formalen Beanstandungen, welche die inhaltliche Qualität der notariellen Amtsführung nicht berühren, zu begrenzen. Die nur nachrangige Bedeutung des Vorstellungsgesprächs dagegen steht mit dem Recht jedes [X.] auf einen, nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu dem öffentlichen Amt (Art. 33 Abs. 2 GG) in sachlichem Zusammenhang. Das Grundrecht fordert bei der Entschei-dung über eine Bewerbung ein Verfahren, das sich an objektivierbare und in den sachgegebenen Grenzen gerichtlich überprüfbare Methoden der Persön-lichkeitsbeurteilung hält. Dem genügen die Eindrücke einer Seite über den Ver-- 7 - lauf eines Gesprächs, das sich weitgehend außerhalb der Sachfragen der [X.] Amtsführung bewegt, nicht ohne weiteres. Im Falle des [X.] treten jedoch die Unzulänglichkeiten eines Vorstellungsgesprächs, die den [X.] in der Entscheidung vom 22. März 2004 zur Beanstandung veranlaßt haben, nicht in gleicher Weise hervor. Zutreffend hebt das [X.] darauf ab, daß eine Beurteilung über einen Anwärterdienst des Antragstellers nicht vorliegt, da dieser unmittelbar aus dem [X.]dienst in das Amt des No-tars übergetreten ist. Daß das den [X.] vorbereitende Praktikum, dem sich der Antragsteller noch als [X.] unterzogen hat, mit einer Leistungsbeur-teilung abgeschlossen hätte, die den Eindrücken im Gespräch vorzugehen [X.], trägt der Antragsteller nicht vor. Er hält es vielmehr für unangebracht, mit dem [X.] auf das Ausbleiben der Beurteilung abzustellen. Die Geschäftsprüfungsberichte des Präsidenten des [X.] vom 11. Mai 1995 und 11. Januar 1999 hat die Antragsgegnerin nicht [X.] gelassen. Sie hat den formellen Beanstandungen, mit der Recht-sprechung des [X.]s (vorstehend), keine wesentliche Bedeutung beigemes-sen. Daß sie dem sachlichen Gehalt der Berichte keine ausschlaggebende Be-deutung eingeräumt hat, bleibt noch im Rahmen ihres [X.]. Inhaltlich beschränken sich die Berichte darauf, dem Antragsteller zu beschei-nigen, daß er sein Amt ordentlich führe. Der Antragsgegnerin ist somit nicht anzulasten, daß sie aussagekräftige Erkenntnisquellen zur persönlichen [X.] des Antragstellers beiseite geschoben hätte. Der Verlauf des [X.] selbst, dessen schriftliche Protokollierung nicht unerläßlich ist (BVerwG, [X.]/[X.], Beamtenrecht des Bundes und der Länder, [X.]. [X.] 1.5, Nr. 21), tritt in dem Bericht des Präsidenten der Notarkam-mer, den sich die Antragsgegnerin zu eigen gemacht hat, in einer, die gerichtli-che Kontrolle noch ermöglichenden Weise hervor. Der Bericht qualifiziert den - 8 - Antragsteller nicht ab. Inhaltsarmen Passagen ("Sozialkompetenz strahlte [X.] ... in deutlich geringerem Umfang aus als ... ") stehen, auch für die Per-sönlichkeit des Antragstellers relevante, Erörterungen der Amtsführung, der Ergebnisse der juristischen Ausbildung und des Dienstalters gegenüber. [X.] des Vorwurfs der Voreingenommenheit der Antragsgegnerin, den der [X.] mit der Beschwerde aufrecht erhält, wird auf die Ausführungen des [X.]s Bezug genommen.

b) Dem Gesamtzusammenhang der Auswahlbegründung, insbesondere dem hierzu herangezogenen Material, läßt sich entnehmen, daß die [X.] auch die fachliche Eignung des Mitbewerbers für überlegen angese-hen hat. Dies läßt keinen Beurteilungsfehler erkennen und würde, auch bei gleicher persönlicher Eignung der Konkurrenten, die Entscheidung rechtferti-gen. Grundsätzlich unzutreffend ist die Auffassung des Antragstellers, die An-tragsgegnerin hätte sich an den für die fachliche Eignung von Bewerbern um das Notariat im Nebenamt (§ 3 Abs. 2 [X.]) entwickelten Richtlinien halten müssen. Wie der [X.] bereits entschieden hat ([X.]. v. 22. März 2004, [X.] 19/03) läßt sich das System der Eignungspunkte, hier nach § 17 [X.] der Antragsgegnerin, nicht auf das hauptberufliche Notariat übertragen, denn für die sachliche Beurteilung bildet der Anwärterdienst nach § 7 [X.] die [X.] Grundlage. Soweit in besonders gelagerten Fällen (Seiten-einsteiger) die verwendeten sachlichen Kriterien der Eignung mit Merkmalen der Richtlinie übereinstimmen, beruht dies auf einer eigenständigen Interpreta-tion der Eignung für das Amt (§ 6 Abs. 1 [X.]), nicht auf einer Bindung an die Verwaltungsvorschrift. Die Antragsgegnerin hat die Ergebnisse des zweiten juristischen Staatsexamens (Antragsteller 9,60 Punkte in [X.]; [X.] 9,52 Punkte in [X.]) fehlerfrei als gleichwertig behandelt (vgl. [X.] 9 - [X.]. v. 13. Dezember 1993, [X.] 58/92, D[X.] 1994, 332 f.). [X.] hat sie das signifikant bessere erste Staatsexamen des Mitbewerbers (Antragsteller 4,38 Punkte in [X.]; Mitbewerber 9,0 Punkte in [X.]) als weiteres Kriterium herangezogen ([X.]. v. 22. März 2004, [X.] 20/03). Fortbildungsveranstaltungen sind, wie auch die vom Antragsteller ge-fertigte Zusammenstellung bestätigt, von beiden Bewerbern in erheblichem Umfang absolviert worden. Schließlich hat die Antragsgegnerin den herausra-genden dienstlichen Beurteilungen des Mitbewerbers, die u.a. eine längere und schwierigere Notariatsverwaltertätigkeit ([X.]. v. 3. Dezember 2001, [X.] 22/01, [X.], 970) zum Gegenstand haben, fehlerfrei größeres Ge-wicht beigemessen als den Berichten über die Geschäftsführung des [X.]s, die im Rahmen des [X.] verbleiben. Daß der [X.] im Hinblick auf seinen, vom gesetzlichen Regelfall abweichenden, Zugang zum Amt des Notars dienstliche Beurteilungen nicht vorzuweisen vermag, kann nicht zu Lasten des Mitbewerbers, etwa in dem Sinne gehen, daß dessen Zeugnisse außer Betracht zu bleiben hätten. Dies folgt nicht nur aus dem [X.] auf rechtsfehlerfreie und damit umfassende Würdi-gung seiner Eignungsvoraussetzungen, sondern auch aus dem öffentlichen Interesse an der Auswahl des Geeignetsten. Die öffentliche Hand ist nicht gehalten, mit Rücksicht auf den beruflichen Werdegang des Antragstellers den Kreis der eignungsrelevanten Tatsachen zu verengen. Der Antragsteller hat sich, als der Übertritt aus dem [X.]amt in das Notariat eines neuen [X.]es lukrativ erschien, der damals bestehenden Möglichkeit bedient, ohne Anwärterdienst zum Notar im Hauptberuf bestellt zu werden. Die Kehrseite hiervon, das Fehlen von [X.] muß er, nachdem sich seine per-sönlichen und wirtschaftlichen Erwartungen nicht erfüllt haben, akzeptieren. - 10 - Wegen aller weiteren Gesichtspunkte wird auf die Entscheidung des Oberlan-desgerichts Bezug genommen.
- 11 - 3. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung hat sich mit der Zurückweisung der sofortigen Beschwerde des Antragstellers erledigt.
[X.] Tropf
[X.]

Lintz

[X.]

Meta

NotZ 4/04

12.07.2004

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2004, Az. NotZ 4/04 (REWIS RS 2004, 2392)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2392

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.