Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.09.2013, Az. III ZR 202/13

III. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2601

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 202/13

vom

19. September 2013

in dem Rechtsstreit

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Der III.
Zivilsenat des [X.] hat am
19. September 2013
durch den Vizepräsidenten
Schlick
und
die Richter Dr. [X.], [X.], [X.] und [X.]

beschlossen:

Der Antrag des Beklagten, ihm wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 12. April 2013 -
6 [X.] -
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Klägerin, eine Bank, nimmt den beklagten Notar auf Schadensersatz wegen Verletzung eines Treuhandauftrags bei der Abwicklung eines Vertrags über den Erwerb einer Eigentumswohnung in Anspruch. Das [X.] hat die Klage abgewiesen, während das Berufungsgericht den Beklagten zur Zah--um-Zug gegen Abtretung von Darlehens-rückzahlungsansprüchen und Forderungen aus einer Grundschuldbestellung verurteilt hat. Das Berufungsurteil wurde den Prozessbevollmächtigten des [X.] gegen [X.] am 26. April 2013
zugestellt. Mit am 3.
Juni

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2013 beim [X.] eingegangenem anwaltlichen Schriftsatz hat der Beklagte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem zweitin-stanzlichen Urteil eingelegt und zugleich die Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand wegen der versäumten Frist zur
Vornahme dieser [X.] [X.].

Zur Begründung hat er ausgeführt, am 26. April 2013 habe im Büro
sei-ner zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten
die sorgfältig ausgebildete und überwachte, bislang stets zuverlässig arbeitende Rechtsanwalts-
und Notar-fachangestellte M.

S.

zusammen mit einer Auszubildenden den Posteingang der Kanzlei bearbeitet. In diesem Büro sehe die allgemeine An-weisung
zur Behandlung von Fristen vor, dass
diese an insgesamt vier Orten zu notieren seien, und zwar im Fristenbuch, im elektronischen [X.], auf dem Aktenvorblatt
und auf dem in der Handakte befindlichen Schriftstück selbst. Beiden Mitarbeiterinnen sei am 26. April 2013 der Fehler unterlaufen, an allen
Orten statt des 27. Mai 2013 den 26. Juni 2013
als Datum des Ablaufs der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde (jeweils mit [X.] zum 19. Juni 2013) zu notieren. Dies sei erst aufgefallen, als das Sekretariat die
Akte am 29. Mai 2013 zur anwaltlichen Bearbeitung vorgelegt habe.

II.

Das rechtzeitig angebrachte und begründete [X.] bleibt ohne Erfolg. Der Beklagte war nicht, wie es nach § 233 ZPO erforderlich ist, ohne Verschulden gehindert, die Frist zur Einlegung der Nichtzulassungs-beschwerde (§ 544 Abs. 1 Satz 2 ZPO) einzuhalten. Gemäß § 85 Abs.
2 ZPO steht das Verschulden des Prozessbevollmächtigten
der Partei ihrem eigenen 2
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gleich. Die Fristversäumnis beruht nicht lediglich auf einem dem Beklagten nicht zuzurechnenden Verschulden der [X.] seiner Rechtsanwälte. Vielmehr haben diese die Versäumung der Frist
selbst
schuldhaft mitverur-sacht.

1.
Zwar darf die Berechnung und Notierung einfacher Fristen grundsätzlich dem gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Büropersonal überlassen werden (vgl. st. Rspr., z.B. [X.], Beschluss vom 13.
Januar 2011 -
VII ZB 95/08, [X.], 1080 Rn. 9 [X.]). Nach der
Recht-sprechung des [X.] bedarf es aber, wenn -
wie regelmäßig und auch hier -
eine gerichtliche Entscheidung gegen [X.] zuge-stellt wird, eines besonderen Vermerks in den Handakten, wann die Zustellung
erfolgt ist, da nicht der Eingangsstempel, sondern
das Datum, unter dem das [X.] unterzeichnet ist, für den Beginn einer Rechtsmittelfrist maßgeblich ist ([X.], Beschlüsse 12. Januar 2010 -
VI [X.], NJW-RR 2010, 417 Rn. 9 und vom 17. September 2002 -
VI [X.], NJW 2002, 3782). Um zu gewährleisten, dass ein solcher Vermerk angefertigt
wird
und das maßgebende Datum zutreffend wiedergibt, darf der Rechtsanwalt das [X.] über eine Urteilszustellung nur unterzeichnen und zurückge-ben, wenn
in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, dass diese
im [X.] notiert worden ist (z.B.: [X.]
aaO sowie
Be-schlüsse
vom 2. Februar 2010 -
VI [X.], NJW 2010, 1080 Rn. 6
und vom 26. März 1996 -
VI [X.], 2/96, [X.], 1900, 1901 jew. [X.]). [X.] der Rechtsanwalt den Empfang eines ohne Handakten vorgelegten Urteils, so erhöht sich die Gefahr, dass die Fristnotierung unterbleibt oder unzutreffend ist

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und dies erst nach Fristablauf bemerkt wird.
Um dieses Risiko auszuschließen, muss der Anwalt, falls er sich die mit dem entsprechenden Vermerk versehene Handakte nicht sogleich nachreichen lässt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 20. [X.] 2012 -
III ZB 47/12, juris Rn. 7 a.E. und vom 22. September 2011
-
III ZB 25/11, BeckRS 2011, 24117 Rn. 8 a.E. [X.]) oder er nicht selbst unver-züglich die notwendigen Eintragungen in der Handakte und im [X.] vornimmt, durch eine besondere Einzelanweisung die erforderlichen Notierun-gen veranlassen. Auf allgemeine Anordnungen darf er sich in einem solchen Fall nicht verlassen
([X.], Beschluss vom 2. Februar
2010
aaO).

Weiterhin hat der Rechtsanwalt, dem die Sache im Zusammenhang mit einer fristgebundenen [X.] zur Bearbeitung vorgelegt wird, die Einhaltung seiner Anweisung zur Berechnung und Notierung laufender Rechts-mittelfristen einschließlich deren Eintragung in den [X.] eigenver-antwortlich zu prüfen, wobei er sich grundsätzlich auf die Prüfung der Vermerke in der Handakte beschränken darf (Senatsbeschlüsse vom 20. Dezember 2012
aaO Rn. 7
und vom 22. September 2011 aaO Rn. 8), dies aber auch erforder-lich ist.

2.
Auf der Grundlage der allein maßgeblichen Angaben in der Begründung seines
[X.]s (vgl. Senatsbeschlüsse vom 20. Dezember 2012 aaO Rn. 9 und vom 24. Juni 2010 -
III ZB 63/09, BeckRS 2010, 16574 Rn.
14) hat der Beklagte ein für die Fristversäumnis [X.] Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten nicht ausräumen können. Bei Beachtung der vorstehend dargestellten Pflichten
wären
die von den [X.] vor-genommenen unrichtigen Fristeintragungen rechtzeitig bemerkt und korrigiert worden.

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a) In Betracht kommt zunächst und vor allem, dass dem sachbearbeiten-den Rechtsanwalt das [X.] von vornherein zusammen mit der Handakte vorgelegt wurde. Dann war er, da die Vorlage im Zusammenhang mit einer (künftigen) fristgebundenen [X.] stand, nach den oben zitier-ten Entscheidungen des Senats (Beschlüsse vom 20. Dezember 2012 aaO Rn.
7 und vom 22. September 2011 aaO) zur Überprüfung der Berechnung und Eintragung der Rechtsmittelfrist verpflichtet. Bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt hätte er hierbei bemerkt, dass diese unzutreffend ermittelt oder notiert war, und die Berichtigung veranlassen können.

b) Zum anderen besteht die Möglichkeit, dass
die Handakte des Verfah-rens
dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt bei Unterzeichnung des [X.] für das Berufungsurteil nicht vorlag.

Dann hätte er sie sich entweder sogleich nachreichen lassen müssen. In diesem Fall
gilt das gleiche wie bei der sofortigen Vorlage
dieser Akte.

Oder er hätte die Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde auch ohne Vorlage der Handakte selbst berechnen und anschließend an den entsprechenden Stellen selbst eintragen oder dies durch eine Einzelanweisung an sein Büropersonal sicherstellen müssen. In beiden Fällen wäre der vorange-gangene Fristberechnungsfehler aufgefallen und korrigiert worden. Hierzu ist jedoch nichts vorgetragen.

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c) Ein anderer Geschehensablauf, bei dem die Fristversäumnis nicht auf einem Pflichtenverstoß der Prozessbevollmächtigten des Beklagten beruhte, ist nicht ersichtlich.

Schlick
[X.]

[X.]

[X.]
[X.]
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 13.07.2011 -
84 [X.]/11 -

KG [X.], Entscheidung vom 12.04.2013 -
6 [X.] -

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Meta

III ZR 202/13

19.09.2013

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.09.2013, Az. III ZR 202/13 (REWIS RS 2013, 2601)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2601

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZB 95/08

VI ZB 64/09

VI ZB 58/09

III ZB 47/12

III ZB 25/11

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